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meggie3

Bewertungen

Insgesamt 118 Bewertungen
Bewertung vom 10.04.2021
Hensslers schnelle Nummer Bd.1
Henssler, Steffen

Hensslers schnelle Nummer Bd.1


ausgezeichnet

Ansprechende Rezepte

Das Kochbuch beinhaltet 100 Rezepte, die den Anspruch haben, schnell und einfach zubereitet werden zu können. Aufgeteilt ist das Buch in die Kategorien „Kartoffeln“, „Fisch & Meeresfrüchte“, „Fleisch“, „Gemüse“, „Pasta“, „Salate“, „Für Zwischendurch“ und „Desserts“. Zu jedem Rezept ist angegeben, wie viele Zutaten zuzüglich einiger Grundzutaten wie Öl oder Salz benötigt werden, die Zubereitungszeit und ob es sich um ein vegetarisches Gericht handelt.

Ich habe bisher kein TV-Format von Steffen Henssler verfolgt und hatte auch nicht das Gefühl, ein Buch über Steffen Henssler in den Händen zu halten. Es gibt einige Bilder des Kochs, aber im Fokus sind die Rezepte. Die Idee einfach und schnell zubereiteter und trotzdem abwechslungsreicher und nahrhafter Speisen finde ich für den Alltag gut. Die Aufteilung in die Kategorien habe ich als sehr sinnvoll empfunden, positiv hervorzuheben finde ich die eigene Kategorie „Kartoffeln“.
Die Bilder sind sehr ansprechend und appetitanregend. Ich esse wenig Fleisch und scheue in der Regel die Zubereitung, habe aber bei einigen der Rezepte mit Fleisch durchaus Lust, diese zuzubereiten. Die Beschreibungen der einzelnen Zubereitungsschritte sind knapp und aussagekräftig, also genau so, wie ich es in einem Rezept haben möchte. Die Seiten sind sehr übersichtlich gestaltet, die Tipps hilfreich. Beim Kochen bleibt das Buch problemlos aufgeschlagen liegen.

Nach Ausprobieren einiger Rezepte scheint mir die angegebene Zeit etwas knapp bemessen. Die Menge der Zutaten ist für zwei Personen angegeben und wirkt durchaus reichlich. Ansonsten finde ich es super, dass die Grundmenge für zwei Personen berechnet ist und nicht wie so oft sonst für vier Personen. Verdoppeln finde ich generell einfacher, als wenn ich halbieren muss und dann Mengen brauche, die oft nicht zu kaufen sind (z.B. einen halben Blumenkohl).

Einige Rezepte empfinde ich als doch etwas zu aufwendig für ein „schnelles“ Essen, trotzdem würde ich das Kochbuch empfehlen. Die Rezepte sind übersichtlich gestaltet und die Bilder ansprechend.

Bewertung vom 28.03.2021
Unter Wasser Nacht
Hauff, Kristina

Unter Wasser Nacht


gut

Zu hohe Erwartungen?

Nach dem Tod ihres Sohnes Aaron leben Sophie und Thies weiter auf einem Hof im Wendland, im Nebenhaus wohnen Inga und Bodo mit ihren Kindern Jella und Lasse. Die vor Aarons Tod sehr eng befreundeten Paare haben sich seit dem Verunglücken von Aaron voneinander entfernt, genauso wie sich auch Aarons Eltern fremd geworden zu sein scheinen. Als dann die geheimnisvolle Mara auftaucht, die auf fast alle Protagonisten einen ungeheuren Einfluss hat, kommt langsam heraus, was am Fluss mit Aaron wirklich passiert ist.

Mich hat dieser Roman vom Cover und von der Inhaltsbeschreibung her sehr gereizt und so bin ich mit entsprechend hohen Erwartungen gestartet. Die ersten Kapitel haben mich auch überhaupt nicht enttäuscht, die Beschreibungen der Flusslandschaft und des heimeligen Hofs haben mir fast das Gefühl gegeben, vor Ort zu sein. An irgendeinem Punkt hat mich der Sog des Buchbeginns aber verloren. Vermehrt habe ich mich in einigen Kapiteln schwergetan, die handelnden Personen zu verstehen und ihre Handlungen nachzuvollziehen. Während ich die Protagonisten zu Beginn noch als durchweg spannend empfunden habe, hat dies bei einigen leider auch nachgelassen. Vor allem die Charaktere Mara und Thies haben bei mir immer mehr unbeantwortete Fragen aufgeworfen. Auch die häufigen Perspektivwechsel haben mit der Zeit eher den Lesefluss gestört als dass sie wie zu Beginn die Spannung gesteigert hätten.

Irgendwann waren es mir dann auch etwas zu viele Zufälle, die Geschichte um Mara ist mir zu konstruiert und hat mich eher von dem eigentlich sehr spannenden Thema des Umgangs mit dem Tod des Kindes abgelenkt. Die Herangehensweise an die Frage, wie unterschiedlich mit einem großen Unglück umgegangen werden kann, hat mir aber trotz einiger Abstriche gut gefallen. Auch hat mich der Schreibstil genauso wie die Charakterbeschreibungen der meisten Protagonisten sehr überzeugt.

Schlussendlich befürchte ich, dass meine Erwartungen an den Roman zu hoch oder vielleicht einfach falsch waren.

Bewertung vom 28.03.2021
Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1
Mohlin, Peter;Nyström, Peter

Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1


sehr gut

Guter Auftakt mit kleinen Schwächen

John Adderley kehrt nach einem Undercovereinsatz des FBIs und vielen Jahren in den USA unter neuer Identität zurück in sein Geburtsland Schweden. Dort wird er als Ermittler in eine Cold Case Einheit eingeschleust, die sich mit einem zehn Jahre zurückliegenden Vermisstenfall befasst. Bei der Vermissten handelt es sich um die junge Frau Emelie, die Tochter einer reichen Unternehmerin. Hauptverdächtiger damals wie heute ist Johns Halbbruder Billy.

Der Kriminalroman entwickelt sich langsam, wird aber zunehmend spannender. Der Schreibstil lässt sich sehr gut lesen und auch die Zeitsprünge zwischen 2009 und 2019 habe ich als passendes Stilmittel wahrgenommen. Die Ermittlungsarbeit wird detailliert geschildert und auch die Frustration der ErmittlerInnen ob einiger Stolpersteine wird stark beschrieben. Interessant sind auch die Passagen zum Ablauf eines Undercovereinsatzes, dem dazugehörenden Gerichtsprozess und der anschließenden Aufnahme ins Zeugenschutzprogramm. Die Bürde, die damit verbunden ist, wird sehr eindrücklich dargestellt. Auch die Belastungen für Billy, der heute wie damals erster Hauptverdächtiger ist, werden überzeugend transportiert.

Leider hat mich aber die Charakterbeschreibung des Protagonisten John nicht komplett überzeugen können. Immer wieder konnte ich nicht wirklich nachvollziehen, welche Beweggründe ihn zu bestimmten Handlungen getrieben haben, insbesondere in Bezug auf das Verhältnis zu seiner Mutter und seinem Halbbruder. Viele andere Charaktere konnten mich hingegen vollkommen in den Bann ziehen, so habe ich zum Beispiel die Entwicklung von Heimer, dem Vater von Emelie, sehr spannend gefunden. Insgesamt hat mich die Beschreibung des Binnenverhältnisses der Familie von Emelie überzeugt.

Die Autoren überraschen mit zahlreichen Wendungen und ich war zwischendurch unsicher, ob der Roman nicht thematisch etwas überfrachtet wird. Die Auflösung am Ende war dann leider nicht mehr ganz unvorhersehbar. Dennoch ist der Krimi sehr unterhaltsam und ein vielversprechender Auftakt der Reihe um den ehemaligen FBI-Agenten John.

Bewertung vom 28.03.2021
Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid
Schröder, Alena

Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid


ausgezeichnet

Sehr unterschiedliche Frauenfiguren

Hannah findet einen Brief einer Anwaltskanzlei bei ihrer Großmutter, indem von verschollenen Kunstwerken die Rede ist. Ihre Großmutter Evelyn möchte mit dem Brief nichts zu tun haben, hindert ihre Enkelin aber nicht daran, sich der Sache anzunehmen. Hannah selbst kämpft etwas halbherzig mit ihrer Germanistikpromotion und der Frage, inwieweit sie ihre Schwärmerei um ihren Doktorvater noch vor sich selbst rechtfertigen kann und wer sie überhaupt ist und sein will.

Der Roman erzählt in einigen Kapiteln die Geschichte von Senta, Evelyns Mutter, beginnend in den Zwanzigerjahren und die von Evelyns Kindheit und Erwachsenwerden bis in die Kriegsjahre. Die anderen Kapitel spielen in der heutigen Zeit und befassen sich mit Hannahs Leben und ihren Nachforschungen. So werden doch recht viele Themen und Handlungsstränge angerissen, ohne dass ich jedoch das Gefühlt hatte, dass es zu oberflächlich oder aber zu viel wäre.

Der Autorin gelingt es herausragend, die Geschichte von sehr verschiedenen Frauen zu erzählen, die zu unterschiedlichen Zeiten gelebt haben und doch durch den Stammbaum verbunden sind. Der Roman befasst sich mit Schuld und Vergebung, mit Erinnern und Nichterinnern wollen. Dies tut er auf ungezwungene Weise mit einer sprachlichen Leichtigkeit, die einerseits zum Nachdenken anregt und andererseits das Lesen zu einem Vergnügen macht.
Zwischenzeitlich skeptisch war ich im Hinblick auf Hannahs Entwicklung, die schon fast besessen von ihrem Doktorvater ist, sich aber durchaus über die Situation bewusst ist. Ich bin sehr froh, dass der Roman nicht zu kitschig geworden ist, sondern Hannah schlussendlich eine doch realistische und für mich als Leserin nachvollziehbare Entwicklung nimmt.

Die Rolle von Hannahs Mutter wird eher am Rand thematisiert und schien mir auch der eindimensionalste Charakter des Romans zu sein. Alle anderen Charaktere habe ich als sehr detailliert und authentisch beschrieben wahrgenommen.

Insgesamt hat mir dieser Roman sprachlich und von der Geschichte her sehr gut gefallen. Der Titel ist zwar absolut ungewöhnlich, macht aber nach Lesen des Buches Sinn und ist meinem Empfinden nach gut gewählt.

Bewertung vom 28.03.2021
Genug
Dalsgaard, Louise Juhl

Genug


sehr gut

Fragmente

In dem Roman „Genug“ geht es um eine junge Frau, die unter der psychischen Störung Anorexia nervosa leidet. Beschrieben wird ihre Entwicklung, vom Hineingleiten in die Störung bis zu den unterschiedlichen Therapien.

Aufgebaut ist der Roman sehr ungewöhnlich. Die Abschnitte scheinen nicht immer inhaltlich zusammenzuhängen, es sind manchmal nur kurze Gedanken oder schriftlich festgehaltene Fragmente und Erinnerungen an die Kindheit. Zwischendurch gibt es Arztberichte oder -protokolle, die sehr nüchtern den Zustand und die Kämpfe der Patientin mit sich und der Behandlung beschreiben. Zusammengehalten werden die Abschnitte durch die Sprache, die je nach Inhalt angepasst ist. Mal etwas derber, dann wieder philosophisch intellektuell oder sachlich in den Berichten des Sozialdienstes oder der Ärzte und Therapeuten. Viele Abschnitte lassen sich flüssig herunterlesen, bei anderen bin ich hängengeblieben und habe sie mehrmals gelesen. Manchmal aufgrund des berührenden Inhalts, manchmal aufgrund der sprachlichen Mittel.

Das Werk, das Louise Juhl Dalsgaard geschaffen hat, ist voll von Poesie. Es ist absolut ungewöhnlich und hat mich zugegebenermaßen etwas ratlos zurückgelassen. Ich habe es als ein Lesen zwischen den Extremen empfunden. Manchmal konnte ich mich sehr gut in die Protagonistin hineinversetzen und habe ihre Gedanken als sehr nachvollziehbar wahrgenommen, in anderen Abschnitten war sie mir ein einziges Rätsel. Auch sprachlich habe ich einige Abschnitte als großartig empfunden, mit anderen bin ich überhaupt nicht zurechtgekommen. Generell würde ich mein Empfinden beim Lesen als ambivalent beschreiben, meistens aber als positiv ambivalent. Einige Fragen sind für mich am Ende offen geblieben, ob das schlimm oder ein negativer Kritikpunkt ist, kann ich gar nicht wirklich sagen.

Abschließend möchte ich festhalten, dass „Genug“ ein ungewöhnlicher Roman ist, dessen Inhalt auch nach Zuklappen des Buches lange nachhallt.

Bewertung vom 22.03.2021
Kleine Wunder um Mitternacht (eBook, ePUB)
Higashino, Keigo

Kleine Wunder um Mitternacht (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Wunderbar geschriebener Roman

Drei Kleinkriminelle begehen einen Überfall und müssen anschließend für den Rest der Nacht untertauchen. Sie wählen einen alten, verlassenen Gemischtwarenhandel als Versteck aus. Schon bald stellen sie fest, dass etwas mit dem Haus nicht stimmt und Briefe von Ratsuchenden durch den Briefschlitz gesteckt werden. Sie beginnen sich mit den Problemen der Schreibenden zu befassen und zu antworten.

Im weiteren Verlauf des Romans werden die Geschichten verschiedener Personen erzählt, die in irgendeiner Form mit Namiya Gemischtwaren in Verbindung stehen. Erst langsam werden die Zusammenhänge zwischen den Personen deutlich und bilden so erst gegen Ende des Buches ein Ganzes. Zu Beginn des zweiten Kapitels habe ich mich sogar kurz gefragt, ob es sich um Kurzgeschichten handelt, da eben erst mit der Zeit die Verknüpfungen offenbart werden. Als dann klar wurde, dass immer Zusammenhänge bestehen, hat dies bei mir für eine ganz besondere Spannung gesorgt.

Der Schreibstil hat mir ausgezeichnet gefallen und es ist mir überhaupt nicht schwergefallen, mich auf die doch ungewöhnliche Geschichte einzulassen. Die Personen werden so detailliert und dreidimensional beschrieben, dass ich das Gefühl hatte, sie zu kennen und die Geschehnisse als direkte Zuschauerin zu erleben.

Keigo Higashino hat es in diesem Roman geschafft, Wunder und Merkwürdigkeiten sehr realistisch zu beschreiben. Obwohl ich mich mit fantastischen Inhalten oftmals schwertue, war dies bei „Kleine Wunder um Mitternacht“ überhaupt nicht der Fall. Die Sprache hat mich sofort in ihren Bann gezogen und die Charakterzeichnungen sind sehr überzeugend. Vor „Kleine Wunder um Mitternacht“ hatte ich noch keinen Roman von Keigo Higashino gelesen, jetzt möchte ich auf jeden Fall mehr von ihm lesen.

Bewertung vom 06.03.2021
Kein Entkommen / Katja Sand Trilogie Bd.1
Wortberg, Christoph

Kein Entkommen / Katja Sand Trilogie Bd.1


sehr gut

Spannender Auftakt der Trilogie

In München wird ein ertrunkener Mann in einem See gefunden. Weder die Rechtsmedizin noch die kriminaltechnische Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass der Tod durch Fremdeinwirkung eingetreten ist. Die ermittelnde Beamtin Katja Sand und ihr Kollege Dorfmüller gehen trotzdem von einem Mord aus. Als es einen zweiten Todesfall gibt und die Ermittlungen voranschreiten, werden sie von höherer Stelle ausgebremst. Besonders Katja beißt sich an dem Fall fest und ist durch Argumente kaum aufzuhalten.

Neben den Ermittlungen geht es auch zu einem nicht geringen Anteil um die Protagonistin Katja Sand, insbesondere liegt der Fokus auf ihrer Beziehung zu ihrer Tochter und Mutter und dem Trauma, das sie erlebt hat. Auch nach Abschluss des Buches ist nicht klar, was Katja Sand vor der Geburt ihrer Tochter widerfahren ist, das ihr Leben und ihre Lebensentscheidungen so stark beeinflusst hat. Allein deshalb werde ich die beiden kommen Bände der Trilogie sicher lesen. Trotzdem war mir der Anteil rund um das Privatleben der Kommissarin etwas zu groß und dramatisch, ohne dass ich den Charakter wirklich fassen konnte.

Generell beschäftigt sich der Roman viel mit psychologischen Traumata, mit denen der Opfer, des Täters und eben auch dem der Ermittlerin. Christoph Wortberg gelingt es geschickt, viele Informationen zu der Thematik in die Handlung einfließen zu lassen, sodass dies nicht etwa der Spannung Abbruch getan, sondern im Gegenteil sogar Spannung erzeugt hat.
Sprachlich lässt sich der Thriller sehr gut lesen, mich hat er durchgängig gefesselt. Ganz überraschend kamen einige Wendungen für mich jedoch leider nicht. Die Protagonisten bekommen viel Raum. Besonders intensiv sind die Einschübe aus der frühen Kindheit des Täters, die sehr eindrücklich die Traumatisierungen eines Kleinkindes schildern.

„Trauma – Kein Entkommen“ ist der solide Auftakt zu einer Trilogie um eine Protagonistin mit Ecken und Kanten.

Bewertung vom 31.01.2021
2,5 Grad - Morgen stirbt die Welt
Richter, Noah

2,5 Grad - Morgen stirbt die Welt


gut

Sehr bedrohliches Zukunftsszenario

Leela ist von ihrem Freund Jakob schwanger, der als Glaziologe auf einer Forschungsstation in der Arktis arbeitet. Kurz bevor er bei der Havarie der Forschungsstation ums Leben kommt, schickt er Leela geheime und hochbrisante Dokumente, die den Einfluss von Großkonzernen auf politische Entscheidungen beweisen. Sie beschließt, Jakobs Kampf gegen die voranschreitende Klimakatastrophe und den Einfluss der übermächtigen Wirtschaftsunternehmen fortzuführen.

In „2,5 Grad“ werden die Auswirkungen der Klimakatastrophe in einer sehr nahen Zukunft sehr eindrücklich und auch bedrohlich beschrieben. Norddeutschland ist überflutet, die Permafrostböden in der Arktis und in Sibirien schmelzen in einem rasanten Tempo und riesige Gebiete in Australien stehen in Flammen. Viele Regionen der Welt sind nicht mehr zu retten, Millionen Menschen obdachlos und auf der Flucht vor den Naturgewalten.

Noah Richters flüssiger Schreibstil hat mir gut gefallen. Der 450-Seiten umfassende Roman entwickelt sich langsam, zum Ende hin nimmt er deutlich an Fahrt auf. Es gibt einige Handlungsstränge, die für mich lange Zeit noch nicht recht zusammenzuführen waren. Vielleicht sind es ein bis zwei Handlungsstränge zu viel, obwohl diese für sich durchaus interessant waren. Trotzdem habe ich es zwischenzeitlich als etwas zu viel und der Spannung abträglich empfunden. Auch sind mir leider einige Szenen unlogisch vorgekommen, auch die Entwicklung der Protagonistin Leela war für mich nicht immer ganz nachvollziehbar. Die Verflechtungen der vielen Akteure sind auf der einen Seite komplex, auf der anderen Seite wirken sie als etwas zu stark vereinfacht.

Insgesamt hat „2,5 Grad“ bei mir ein sehr ungutes Gefühl hinterlassen. In diesem Fall ist das aber wohl eher positiv zu sehen, da es dem Autor gelungen ist, die (auch unmittelbare) Bedrohlichkeit der Klimakatastrophe intensiv darzustellen. Nach einigen Längen zu Beginn hat der Roman durchaus Spannung und Fahrt entwickelt. Dennoch glaube ich, dass in und mit dem Roman zu viel Inhalt verpackt und dadurch ein bisschen Tiefe verschenkt wurde.

Bewertung vom 31.01.2021
Sprich mit mir
Boyle, T. C.

Sprich mit mir


ausgezeichnet

Sam ist Sam

Die Studentin Aimee sieht in einer Fernsehshow den Schimpansen Sam, der mittels Gebärdensprache mit dem an ihrer Universität arbeitenden Professor Guy Schemerhorn kommunizieren kann. Kurz darauf stößt sie auf eine Stellenanzeige von Guy Schemerhorn, der eine Betreuungsperson für Sam sucht. Die sehr zurückhaltende Aimee bekommt den Job und entwickelt eine innige Beziehung zu dem Schimpansen. Als das Projekt gestoppt und Sam auf eine Schimpansenfarm verfrachtet wird, beschließt Aimee zu handeln.

Ich habe Aimee als sehr spannenden Charakter empfunden, die sich im Laufe des Buches in meinen Augen stark entwickelt. Obwohl die Veränderung doch deutlich und radikal war, habe ich sie als nachvollziehbar und authentisch empfunden. Die Geschichte wird aus drei Perspektiven erzählt, der von Aimee, von Guy und von Sam. Der Wechsel der Perspektiven und auch die Überschneidungen, die die unterschiedlichen Sichtweisen verdeutlichen, sind ein wirksames Stilmittel. Auch die kurzen Kapitel aus Sams Sicht sind gut gemacht, da sich die Sprache stark abhebt und Sams Individualität deutlich wird.

Der Roman befasst sich mit den großen Fragen, was Bewusstsein, Persönlichkeit, Sprache und Individualität ist und inwieweit bzw. ob nicht menschliche Primaten über entsprechende Fähigkeiten und Eigenschaften verfügen können. Neben diesen philosophisch und psychologisch geprägten Fragen geht es in dem Roman aber auch darum, wie der wissenschaftliche und universitäre Betrieb läuft und welche Prozesse bestimmte Handlungsweisen fördern.

Als schwer zu ertragen habe ich die Passagen empfunden, in denen die Bedingungen auf der Schimpansenfarm und der Umgang mit den Menschenaffen dort geschildert wurden. Auch der Verweis darauf, auf welche Art und Weise Lebewesen für Experimente und Medikamentenversuche benutzt werden, hat mich betroffen gemacht.

Insgesamt habe ich „Sprich mit mir“ sehr gerne gelesen. Der Roman regt zum Nachdenken an und behandelt ein spannendes, aber auch komplexes Thema. T.C. Boyle ist es gelungen, sich diesem Thema mit einer interessanten Protagonistin zu nähern und hat so einen schönen Roman geschaffen. Auch der Schluss ist realistisch und authentisch geblieben und nicht in ein, zu dem Roman eigentlich nicht passenden, Happy End gedriftet.

Bewertung vom 08.01.2021
Erinnerungen aus Glas
Dobson, Melanie

Erinnerungen aus Glas


gut

Spannender und gut geschriebener Roman mit für mich zu starkem Bibelbezug

Ich finde es schwierig diesen Roman zu rezensieren, da ich mich persönlich ab der Hälfte des Buches sehr schwergetan habe, obwohl mir die Geschichte und auch der Schreibstil gefallen haben.

In „Erinnerungen aus Glas“ gibt es zwei Zeitstränge, der eine spielt in der heutigen Zeit und wird aus der Sicht der jungen US-Amerikanerin Ava erzählt und dann gibt es Kapitel, die sich mit den Erlebnissen der beiden Frauen Josie und Eliese während des zweiten Weltkrieges in den Niederlanden befassen.

Ava wurde von der sehr reichen Familie ihrer Mutter nach deren Tod aufgenommen und so arbeitet sie nach dem Studium für die Familienstiftung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, wohltätige Projekte und Organisationen finanziell zu unterstützen. Um Förderanträge zu prüfen, fliegt Ava nach Uganda und lernt dort Landon kennen, der gemeinsam mit seiner Schwester eine Kaffeeplantage und ein Waisenhaus aufgebaut hat und den Kaffee in Cafes in den USA vertreibt. Zeitgleich stößt Ava auf Ungereimtheiten im Lebenslauf ihres Urgroßvaters, auf dessen Geschäften das heutige Vermögen der Familie beruht.

In den historischen Kapiteln wird die Geschichte von Eliese, einer jüdischen Frau, die als Registrierungskraft für die Nazis in Amsterdam arbeiten muss und Josie, die für ihren Bruder im Widerstand Briefe von A nach B bringt, erzählt. Josie arbeitet in der Kinderkrippe gegenüber dem Theater, in dem viele niederländische Juden registriert und dann in Lager gebracht werden. So kreuzen sich die Wege der beiden Jugendfreundinnen wieder und gemeinsam versuchen sie viele der Kinder, die registriert werden sollen, zu retten.

Ich habe den Beginn des Romans sehr gerne gelesen, der Schreibstil ist schön und die Geschichte fesselnd und lehrreich. Stück für Stück wurde es mir aber leider zu viel Bezugnahme auf die Bibel, Gott und Jesus. Das ist für mich persönlich schwierig, mag aber für andere LeserInnen überhaupt kein Kriterium sein. Mir ist dies vielleicht etwas zu fremd, wodurch ich zeitweise auch einige Charaktere als weniger überzeugend und authentisch empfunden habe. Vielleicht ist es mir mit der Zeit auch etwas zu viel an zufälligen Begegnungen und Verflechtungen geworden. Am Rande taucht noch der Begriff „Missionsarbeit“ auf, die von Landons Organisation betrieben wird. Leider wurde dieser Bereich nicht weiter ausgeführt und blieb für mich unspezifisch. Entsprechend hatte ich, was diese Passagen anbelangt, nach der Lektüre einige ungeklärte Fragen.

Für alle, die Romane mit religiöser Prägung mögen, ist „Erinnerungen aus Glas“ ein schöner, sehr spannender und fesselnder Roman. Ich empfinde es als schade, dass ich den Roman nicht mehr so gerne weiterlesen mochte wie auf den ersten 150 Seiten. Dennoch möchte ich festhalten, dass die Geschichte nachvollziehbar aufgebaut und sehr schön lesbar und spannend geschrieben ist. Der Schreibstil der Autorin zieht durchaus in den Bann. Ich vergebe aufgrund meiner persönlichen Vorbehalte 3,5 Sterne.