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Bücherbrunnenkobold

Bewertungen

Insgesamt 88 Bewertungen
Bewertung vom 09.02.2017
Die Sieben Königslande von Westeros
Bettridge, Daniel

Die Sieben Königslande von Westeros


weniger gut

Das Cover ist vielversprechend: Auf einem hellen grau-weißen Kartenhintergrund prangt ein roter Drachenkopf, der Titel ist ebenfalls rot schattiert. Es fällt nicht schwer in der Farbwahl Eis und Feuer zu erkennen, eine Symbolik, die Fans der Serie sicher zu schätzen wissen.
Schlägt man das Buch auf entdeckt man den Drachenkopf - nun in schwarz-weiß - zu Beginn eines jeden Kapitels, außerdem schmücken hin und wieder grau hinterlegte Kästchen die Seiten. Es gibt keine Bilder, keine Grafiken, eine einzige, nicht sehr detaillierte Karte von Westeros über die letzten 4 Seiten gedruckt. Zur Sicherheit schaue ich nochmal auf den Titel: Ja, da steht wirklich “Reiseführer”. Darunter hatte ich mir etwas anderes vorgestellt.

Auch kein Vorwort, kein Nachwort und somit keinerlei Informationen darüber, woher der Autor die “Informationen” hat, die er hier präsentiert. Stimmen die vorgestellten Orte überhaupt mit denen aus den Büchern und/oder der Serie überein oder entstammt einiges vielleicht der Fantasie des Verfassers? Schwer zu sagen. Die meisten Gasthäuser, Sehenswürdigkeiten und Landschaftsmerkmale, über die berichtet werden, sind mir entweder wohlbekannt, oder sagen mir überhaupt nichts. Da keine Karten vorhanden sind und die Ortsbeschreibungen auch oft schwammig formuliert sind, kann ich die fraglichen Wegpunkte aber auch nicht näher untersuchen. Natürlich könnte ich google und meine Sammlung detaillierten Kartenmaterials zu Rate ziehen, aber wozu habe ich dann diesen “Reiseführer” wenn ich auf Hilfe angewiesen bin um etwas mit ihm anfangen zu können?
Unklar ist für mich auch, ob ich mir als Leser jetzt vorstellen soll, ich würde ins tatsächliche Westeros aus Game Of Thrones reisen oder ob es mehr um eine theoretische Version des Kontinents geht und ich meine Fantasie gar nicht so sehr bemühen soll. Über Touristenströme in Winterfell wird berichtet, der Rote Bergfried in Königsmund zur Besichtigung empfohlen, als sei das ein unbewohnter Bereich, in den man einfach so hinein spazieren kann. Das ist nicht das Westeros, das ich kenne; das klingt für mich eher wie eine Attraktion in einem Freizeitpark.
Schon klar, dass es hier um eine fiktive Welt geht, in der nicht alles hundertprozentig stimmen muss. Aber was ist der Sinn eines solchen Buches, wenn ich mir mit dessen Hilfe eben nicht ausmalen kann, wie es wäre, wenn Westeros ECHT wäre?
Eines muss man Daniel Bettridge lassen: Er schreibt recht humorvoll und findet immer wieder Möglichkeiten, auf Ereignisse in der Serie anzuspielen oder quasi daraus zu zitieren. Dass er meinen Humor damit nicht trifft und ich die meisten Anspielungen überhaupt nicht lustig finde, ist wahrscheinlich einfach Pech. Mich stört es viel zu sehr, dass er einmal als Experte auftritt und einen harten Westerosi-Ton anschlägt, dann aber wieder ausweichende und vage Formulierungen benutzt, als wolle er sich nicht festlegen, welchen “Stand der Dinge” er denn nun präsentiert. Natürlich ist Aktualität in Westeros eine schwierige Sache; ständig sterben Leute und der eiserne Thron wird von einem König zum nächsten weitergereicht. Aber wenn man die Vorgeschichte der Serie im Auge behält, ist die politische Unbeständigkeit ein noch ziemlich neues Phänomen. Ich hätte es daher vorgezogen, wenn in diesem Reiseführer auf vermeintliche Aktualität verzichtet worden wäre oder man sich wenigstens auf einen konkreten Zeitpunkt festgelegt und Fakten statt Andeutungen präsentiert hätte. Oder - und das ist jetzt eine ganz verrückte Idee - man hätte mit der Veröffentlichung einfach warten können bis die Serie zu Ende ist und damit ein Werk geschaffen, dass auch nach der letzten Staffel noch “richtig” und aktuell ist.
Alles in allem sind einzelne Abschnitte durchaus gelungen, aber ohne jegliche Anschaulichkeit und bei unklarer Kompetenz des Autors hat es mir überhaupt keinen Spaß gemacht das Buch zu lesen.

Bewertung vom 31.01.2017
Omni
Brandhorst, Andreas

Omni


ausgezeichnet

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich bin von “Omni” ziemlich begeistert! Andreas Brandhorst überzeugt mich mit einem anspruchsvollen aber gut verständlichen Schreibstil; auch die Erzählgeschwindigkeit ist nach meinem Geschmack genau richtig gewählt, so dass der Roman durchweg spannend bleibt.
“Wissenschaftliche” Sprachelemente (und die zugehörigen Erklärungen) sind glaubhaft und könnten als “echt” durchgehen.
Neue Begriffe werden nach und nach eingeführt und immer wieder neu beleuchtet, so dass mein (häufig erwähntes) geringes Konzentrationsvermögen immer mithalten kann und ich mich nie fragen muss “Was heißt das nochmal?”. Am Ende des Buches findet sich sogar ein Glossar in dem alle wichtigen Begriffe erklärt werden; ich hatte während des Lesens allerdings nie das Bedürfnis nach einem Glossar zu suchen, deswegen habe ich es erst am Ende entdeckt und wohlwollend zur Kenntnis genommen. :)
Die Protagonisten werden zunächst recht knapp vorgestellt, Details fließen auch hier immer wieder beiläufig in die Erzählung ein, so dass ich schnell ein Bild der Charaktere vor Augen habe, das immer aktuell gehalten und vertieft wird.

Das gesamte Setting ist phänomenal und wurde offenbar detailliert ausgearbeitet; dabei ist das gigantische Ausmaß des “Omniversums” vorstellbar, der Leser erhält aber zunächst nur Einblick in ausgewählte Bereiche. Die Basis für viele weitere Romane ist vorhanden, meine Neugier auf mögliche Fortsetzungen ebenso.
Auch die einzelnen Schauplätze sind fantasiereich ausgestattet; dabei vermag der Autor mit wenigen präzisen Details ein großes Gesamtbild zu erschaffen und beweist eindrucksvoll, dass eine Geschichte nicht auf dem Papier sondern im Kopf des Lesers stattfindet. Ich will nicht ständig mit dem Begriff “Kopfkino” daherkommen, aber das ist es, was mir beim Lesen am meisten Spaß macht: wenn ich vergesse, dass ich überhaupt lese und ohne jede Anstrengung aus Worten Bildern werden. Omni gelingt es mühelos, diesen Prozess in Gang zu setzen!
Lust auf mehr macht auch der Anhang, der nicht nur das bereits erwähnte Glossar enthält sondern auch eine kurze Erklärung der im Buch erwähnten Zivilisationen sowie eine Chronologie, die ab dem Jahr 2049 schildert, welche Entwicklungen die Menschheit sowie die übrigen Zivilisationen der Milchstraße durchgemacht haben. Die Chronologie umfasst zwar lediglich drei Seiten, zeugt aber von einer gut durchdachten Gesamtstruktur, was mir sehr gefällt.
Die Protagonisten wirken teilweise leicht stereotyp, da sie aber über erfrischende Details und einzigartige Charakteristika verfügen stört mich das nicht im Geringsten. Wie bereits erwähnt sind alle Charaktere gut zu unterscheiden und mein geliebtes Kopfkino erstellt mühelos ein passendes Bild.
Der Handlungsstrang ist von Beginn an übersichtlich und gut nachvollziehbar. Dazu tragen auch geschickte und teilweise unerwartete Perspektivenwechsel bei, die dem Leser interessante Einblicke geben und mit Informationen versorgen. Dabei verliert der Autor sich aber nicht in überflüssigen Beiläufigkeiten und stellt stets die Verbindung zum Hauptgeschehen her. In einer kurzen Rückblende wird anschaulich die Vorgeschichte von Forrester und Zinnober geschildert.
Die einleitenden Geschehnisse und Wendungen sind recht absehbar, aber gut dargestellt und tragen dazu bei, dass man sich beim Lesen schnell “heimisch” fühlt.
Auch im weiteren Verlauf bietet die Romanhandlung keine allzu großen Überraschungen, was ich aber nicht störend fand. Im Gegenteil: der Handlungsverlauf ist harmonisch und wirkt dank fantasiereicher Details wie eine Geschichte, die man so ähnlich schon mal gehört hat, hier aber in völlig neuen Farben daher kommt. Das Buch konnte mich durchweg fesseln und ich hatte viel Spaß beim Lesen.
Wer mit Omni auf den Geschmack gekommen ist, muss auch nicht lange auf Nachschub warten: “Das Arkonadia-Rätsel” , das ebenfalls im “Omniversum” spielt, erscheint bereits am 2.Mai 2017.

Bewertung vom 11.01.2017
Nach dem Wochenende bin ich erst mal krank
Fischer, Tin;Goldwich, David;Häntzschel, Ole

Nach dem Wochenende bin ich erst mal krank


sehr gut

Kurzbeschreibung:

Die drei fleißigen Co-Autoren Tin Fischer , David Goldwich und Ole Häntzschel haben unzählige Fotos und die zugehörigen Hashtags (#) der Social-Media- Plattform Instagram ausgewertet um Trends zu analysieren und uns endlich Antwort auf die wichtigsten Fragen zu geben: Welchen Körperteil fotografieren wir am häufigsten? Womit gewinnt man die meisten “Likes”? Stimmt es, dass montags mehr Menschen #krank sind als an anderen Tagen? Und wann genau ist eigentlich die “Lebkuchenwende”?


Gestaltung:

Das Buch enthält wenig Text, dafür viele Bilder und hat somit das Potenzial sowohl Bücherliebhaber als auch nicht- (oder wenig-) lesende Instagram-Fans anzusprechen. Cover sowie Buchseiten sind vollständig schwarz, die Grafiken und Statistiken sind in leuchtenden Neonfarben dargestellt. Das sieht edel aus und gleichzeitig ziemlich cool und modern. Die einzelnen Grafiken sind kreative Eyecatcher und übersichtlich gestaltet. Häufig geben z.B. die Größenverhältnisse der Bilder Aufschluss über die Häufigkeit der analysierten Hashtags oder Likes. Einziges Manko: Die mattschwarzen Seiten ziehen Fingerabdrücke und Schmierflecke magisch an. Trotz sauberer Finger (nicht frisch gewaschen, aber alltags-sauber) sind direkt Flecken zu sehen, die mit der Zeit zwar ein wenig verblassen, aber nicht vollständig verschwinden. Da empfehlen sich tatsächlich Handschuhe bzw. extreme Vorsicht, insbesondere wenn man vor hat das Buch zu verschenken.


Meinung zum Inhalt:

Bilder schauen, statt lesen…

....und zwischendurch ist das ja mal ganz unterhaltsam. Obwohl ich Instagram schon seit einiger Zeit nicht mehr nutze, finde ich das Buch überraschend interessant und sogar informativ. Die analysierten Daten wurden meiner Meinung nach gut ausgewählt, so dass die Themen interessant bleiben. Häufig werden auch Zusammenhänge zwischen ähnlichen Inhalten bildhaft dargestellt.
So erhält man beispielsweise Einblick in die Geschichte der Selfiekultur, erfährt welche Bücher am meisten gelesen (oder zumindest fotografiert) wurden aber auch, welche Hashtags nicht gerne gesehen sind und sogar von Instagram gesperrt werden. Auch der allseits beliebte #foodporn und unsere geliebten Haustiere sind natürlich mit von der Partie.
Dabei erklären die Autoren in einem kurzen Text über ihre Methodik, dass es sich ganz klar nicht um eine wissenschaftliche Arbeit sondern ein Kunstwerk handelt. Für den optischen Anspruch ist das ganz klar gelungen.
Schade finde ich trotzdem, dass nicht ersichtlich ist, woher genau die Daten eigentlich kommen; Beispielsweise scheint es so, als seien nur Beiträge aus Deutschland oder Hashtags in Deutscher Sprache ausgewertet worden, allerdings taucht an einer Stelle eine köstliche und offensichtlich internationale Pizza-Statistik auf, an einer anderen Stelle wird der Hashtag #music auf Englisch einbezogen. Als ehemaliger Instagram-User weiß ich, dass viele deutsche Instagramer auch englische Kommentare und Hashtags nutzen um ein breiteres Publikum anzusprechen. Fallen die dann aus der Statistik?
Auch ist nicht eindeutig geklärt in welchem Zeitraum die Daten erhoben wurden. “Ein Jahr lang” heißt es in der Einleitung und das Jahr 2013 wird genannt. Häufig sind den einzelnen Grafiken aber detaillierte Zeitangaben beigefügt, auch von 2014 und ‘15. Das verwirrt, da offenbar nicht das gesamte Buch den gleichen Zeitraum repräsentiert. Unter dem Gesichtspunkt, dass es sich um ein “Kunstwerk” handelt kann man das wohl so durchgehen lassen, aber sonderlich aussagekräftig sind die Auswertungen dadurch nicht mehr, insbesondere da bei einem tagesaktuellen Medium wie Instagram Trends schnell zum“alten Hut” werden.
Trotz der kleinen Kritikpunkte hat mir das “Lesen” viel Spaß gemacht und ich kann das Buch weiter empfehlen.

Bewertung vom 15.12.2016
Whisky für drei alte Damen oder Wer geht denn hier am Stock? / Drei alte Damen Bd.2
Lindgren, Minna

Whisky für drei alte Damen oder Wer geht denn hier am Stock? / Drei alte Damen Bd.2


gut

Schreibstil:
Minna Lindgren schreibt sehr ausführlich, beschreibt detailliert den Alltag der alten Damen und die damit verbundenen Komplikationen. Vor allem zu Beginn schildert sie liebevoll die Gedanken und Gefühle ihrer Protagonistin Siiri. Die Erzählung ist nicht durchgängig, oft fehlen Tage oder Wochen, die ohne Erklärung ausgelassen wurden. Hin und wieder werden allerdings auch Kapitel mit einer Beschreibung des Tages eingeleitet, später stellt sich jedoch heraus, dass es noch der gleiche Zeitpunkt ist wie im vorhergehenden Kapitel.
Meinung:
“Whisky für drei alte Damen” entspricht leider gar nicht meinem Geschmack. Dem Klappentext nach zu urteilen soll der Roman humorvoll sein, meinen Humor trifft er allerdings nichts. Langatmig und schrecklich deprimierend wird immer wieder beschrieben, wie die alten Leute auf sich selbst gestellt sind und mehr oder weniger hilflos durch ihren Alltag rudern. Dabei kommt man an Themen wie “Sterbehilfe”, “Misshandlung durch Pflegekräfte” oder “würdevolles Altern” nicht vorbei - meiner Meinung nach sehr wichtige Themen, über die man sprechen sollte! Aber ich möchte sowas bitte nicht in einem Roman untergejubelt bekommen, der so tut als wäre er lustig. Die im Buch erwähnten “Missstände” und Probleme halte ich für einigermaßen realitätsnah und das finde ich gar nicht witzig sondern einfach nur traurig.
Ich habe den Vorgängerroman “Rotwein für drei alte Damen” nicht gelesen und hatte daher anfangs Schwierigkeiten die Protagonisten auseinanderzuhalten. Es werden mehr als drei alte Damen vorgestellt und für mich war bis zum Schluss nicht klar, warum ausgerechnet drei der Damen nun die Hauptpersonen sind und die vierte sowie der alte Herr nichts im Titel verloren haben. Obwohl ich den Vorgänger nicht kannte, war mir die “Einleitung” aber trotzdem zu lang und spannungsfrei - es passiert schlicht gar nichts Aufregendes. Leider trifft das auch auf den Rest des Romans zu.
Es wird zwar hin und wieder das mysteriöse Verschwinden und Wiederauftauchen eines Gegenstandes erwähnt, sowie fremde Menschen, die sich in der Nähe der Rentner-WG herumtreiben oder sich sogar Zutritt zur Wohnung verschaffen wollen, die alten Damen (und der Herr) interessieren sich aber kaum dafür und die Sache wird nicht weiter verfolgt. Man könnte vermuten das mangelnde Interesse der Senioren an solchen Geschehnissen sei auf Senilität und Verwirrtheit zurückzuführen. Andererseits werden sie aber als “aufgeweckt” und “agil” beschrieben, lösen Sudokus, schreiben Beschwerdebriefe und diskutieren über finnische Grammatik... Natürlich sind alte Menschen (wie junge übrigens auch) nicht jeden Tag gleich “fit”, aber dass die Protagonisten bei bestimmten Themen plötzlich jeglichen gesunden Menschenverstand verlieren erscheint mir einfach unglaubwürdig. Dass eine der Damen immer wieder ohne jeglichen Zusammenhang “Döden, döden döden” in den Raum wirft und eine andere gelegentlich einen Hahn imitiert, verbessert meinen Eindruck nicht gerade. “Döden” ist übrigens laut google-Übersetzer Schwedisch (Ja, Schwedisch, nicht Finnisch) für “Tod”. Was daran witzig sein soll und warum ausgerechnet dieses Wort in Schwedisch da stehen muss und nicht übersetzt wird ist mir unverständlich.
Um Seite 280 herum habe ich aufgehört zu lesen, da der Roman mich nur noch frustriert und gelangweilt hat.
Vergebene Sterne setzen sich wie folgt zusammen:
Ein Stern für mein Versäumnis, den Vorgänger zu lesen, der mich vielleicht auf Band 2 vorbereitet hätte.
Ein Stern für die letzten (nicht gelesenen) ca 70 Seiten, die vielleicht doch noch interessant gewesen wären.
Und ein Stern für die Weltanschauung der Autorin, die ich glaube zwischen den Zeilen zu lesen und die ich wirklich sympathisch finde. Leider ist mir nicht klar, in welchem Umfang die geschilderten sozialen Missstände der Fantasie der Autorin entspringen und was genau auf gewissenhafter Recherche beruht. Ich kann dem Roman also nicht einmal einen gewissen Informationsgehalt abgewinnen.

Bewertung vom 12.12.2016
Plötzlich Banshee
MacKay, Nina

Plötzlich Banshee


ausgezeichnet

Autorin Nina MacKay schreibt “locker vom Hocker”, frisch und frech drauf los. Ihre Protagonistin Alana erzählt in der Ich-Form und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Sie ist eine moderne, junge Frau und genauso drückt sie sich eben auch aus. Das wirkt authentisch, ist ungemein unterhaltsam und hin und wieder ist man geneigt, ein neues Wort in den eigenen Sprachschatz aufzunehmen (Ich sage nur : “Nilpferdkacke”). Die Ich-Erzähler-Form ist natürlich eine besonders spannende Art, eine Geschichte zu erzählen; insbesondere wenn man, wie in “Plötzlich Banshee”, die Erzählerin fast ununterbrochen in ihrem Alltag begleitet und so schnell das Gefühl hat, an ihrem abenteuerlichen Leben teilzuhaben.
Zeitweise wechselt die Autorin die Perspektive und berichtet in der dritten Person, was andere Charaktere erleben. Dabei gelingt es ihr sehr gut, den Sachverhalt klarer darzustellen ohne jedoch den Erzählfluss unnötig zu unterbrechen.

“Plötzlich Banshee” ist mal wieder so ein Roman, den ich mir nicht selbst ausgesucht habe und daher nur halb freiwillig gelesen habe. Umso überraschter war ich, wie gut ich unterhalten wurde! Schon früh wird Spannung aufgebaut, nicht nur durch die eigentliche Storyline sondern auch durch zahlreiche kleine Geheimnisse und Anspielungen auf eine Vorgeschichte, die immer wieder in die Erzählung einfließen.
Das Buch ist durchweg spannend und teilweise zum Schreien komisch. Trotz wenig Ernsthaftigkeit ist es der Autorin aber gelungen, ihre Heldin Alana glaubwürdig und echt wirken zu lassen, so dass man ihr auch komplizierte und schwierige Emotionen abkauft. Und das alles im herrlich alltagssprachlichen Ton, wie beim Kaffeekränzchen unter Freunden.

Auch die übrigen Charaktere finde ich sehr gelungen, sie wirken größtenteils sympathisch und oft auch geheimnisvoll. Es ist nicht ganz einfach, herauszufinden, wer auf welcher Seite steht, was dem Leseerlebnis zusätzlichen Ratespaß hinzufügt.
Der Roman enthält zahlreiche Fantasy-Elemente, die meines Wissens nach vor allem aus der keltischen Mythologie entlehnt sind und im Laufe der Erzählung detaillierter werden und mit einer soliden Vorgeschichte verknüpft werden. Dabei bleibt die Handlung nachvollziehbar; Hintergrundinformationen werden geschickt eingestreut, ohne mit allzu vielen komplizierten Details zu langweilen.

Der modern-urbane Schauplatz stellt einen schönen Kontrast zu all dem “Märchenhaften” dar und vermeidet, dass die Geschichte in pseudoromantischen Kitsch abdriftet.
A propos Romantik: Die beinhaltete “Liebesgeschichte” ist leider nicht so ganz mein Fall, sowas finde ist einfach schnulzig. Aber da der Roman eine deutlich jüngere Zielgruppe als mich ansprechen soll und die Autorin nun wirklich nichts dafür kann, dass ich so romantisch veranlagt bin wie eine Kettensäge, ziehe ich dafür mal keine Punkte ab. ;-)

Ein bisschen übertrieben fand ich die häufigen Missgeschicke der Protagonistin. Obwohl die Autorin dafür eine wirklich gute Erklärung parat hat, habe ich beim Lesen irgendwann ein bisschen den Spaß an “Oh, noch ein Unglück” verloren. Zum Glück ist mir nur eine solche Szene in Erinnerung geblieben. Insgesamt liest sich der Roman sehr schnell und entspannt und bleibt durchweg interessant!

Das Ende erschien mir etwas abrupt und zu schnell und lieblos erzählt wofür ich nun doch geneigt war, einen Stern abzuziehen. Da aber der eigentliche Handlungsstrang hervorragend zu Ende gebracht wurde und ich so viel Spaß beim Lesen hatte, bleibe ich bei 5 Sternen.

Bewertung vom 17.11.2016
Schattenkaiser
Hardebusch, Christoph

Schattenkaiser


sehr gut

Mit “Schattenkaiser” bin ich zum ersten mal in den Genuss eines Romans von Chistoph Hardebusch gekommen. Detailliert und bildhaft vermag er es, Orte und Charaktere zu beschreiben, insbesondere haben mich häufig die geschilderten Gespräche beeindruckt, bei denen das berühmt-berüchtigte “Kopfkino” besonders angesprochen wird. Ich konnte die Szenen förmlich vor mir sehen, mir die Stimmen der einzelnen Personen vorstellen, sowie die geschilderte Umgebung als “Bühnenbild” wahrnehmen.
Die einzelnen Kapitel lesen sich flüssig, die Atmosphäre ist greifbar. Die Protagonisten sind sorgfältig ausgearbeitet und ansprechend, einzig das Mädchen Ariadne erscheint mir etwas “farblos”, so dass ich bis zum Ende kein klares Bild von ihr vor Augen habe. Möglicherweise ist das beabsichtigt, um Ihre Rolle ein wenig im Dunkel zu halten.
Schwierigkeiten beim Lesen bereiteten mir die zahlreichen verschiedenen Handlungsstränge, die alle mit der gleichen Sorgfalt und Ausführlichkeit behandelt werden, sich aber fast gar nicht überschneiden und erst sehr spät überhaupt in einen Zusammenhang gebracht werden.

Insgesamt erinnern der Aufbau des beschriebenen Imperiums der Menschen, sowie viele verwendete Begriffe, an das Antike Römische Reich, was jedem, der einmal die Nase in einen Asterix Comic gesteckt hat, das Gefühl geben wird, etwas Vertrautes zu lesen. Der Kreativität des Autors ist es zu verdanken, dass trotz angenehmer Vertrautheit kein schlechter Abklatsch herausgekommen ist, sondern aus alten Wurzeln etwas erfrischend Neues gewachsen ist. Dabei stellte sich für mich lediglich die Schwierigkeit heraus, die “Regeln” der beschriebenen Welt zu begreifen. Inwieweit Magie vorhanden ist und genutzt werden kann und auch welche Arten von (Lebe-)Wesen ich erwarten kann, waren mir nicht ganz klar. Ich konnte so nur schlecht spekulieren wie die “Auflösung” sein würde, was ich ein bisschen schade fand.

Wie bereits erwähnt, gibt es zahlreiche Handlungsstränge, die mein geringes Konzentrationsvermögen ziemlich herausgefordert haben.
Aus diesem Grund konnte der Roman mich nicht dauerhaft fesseln, denn nach einer Lesepause musste ich mich immer wieder neu orientieren, was mir nur deshalb einigermaßen problemlos gelang, weil die Protagonisten wirklich gut zu unterscheiden sind, ihre Besonderheiten immer wieder geschickt beiläufig erwähnt werden und man sich mmeist problemlos in sie hineinversetzen kann. Namen kann ich mir nicht sonderlich gut merken, trotzdem konnte ich jeden Charakter nach einer oder zwei Seiten “wieder erkennen”.

Trotzdem sind alle einzelnen Handlungsstränge und damit der gesamte Roman sehr gelungen und absolut lesenswert. Wer über die nötige Geduld und Konzentrationsfähigkeit verfügt, die gut 400 Seiten auf einmal zu verschlingen, wird sicher auch weniger Schwierigkeiten mit den “Anschlüssen” haben.
Schade fand ich allerdings, dass trotz großartigem Epilog, das Romanende kein wirkliches Ende ist und stark auf eine Fortsetzung hindeutet. Da ich das nicht erwartet hatte, war ich ein wenig enttäuscht.
Die Protagonisten der verschiedenen Handlungsstränge wurden mehr oder weniger in eine typische Cliffhanger-Position gebracht, was ich im Nachhinein als geschickte und sorgfältige Planung deute. Bei einigen Charakteren war mir während des Lesens aber noch nicht klar, dass ich hier das (vorläufige?) Ende ihrer Geschichte erlebe, so dass ich mich schon jetzt kaum noch daran erinnern kann, in welcher Situation sie sich gerade befinden und ich das Buch noch einmal lesen müsste, bevor ich mich über eine mögliche Fortsetzung hermache.
Noch ein Wort zum Prolog: Brilliant!!! Selbst wenn der Rest des Romans schnarchlangweilig gewesen wäre, hätte ich auf jeden Fall weitergelesen, nur um hinter das Geheimnis der ersten vier Seiten zu kommen!

Fazit: Ein ausgezeichneter Roman, dessen Stil einfach nicht vollkommen meinen Lesebedürfnissen entspricht.

Bewertung vom 26.09.2016
Dark Wood
Finn, Thomas

Dark Wood


ausgezeichnet

Kurzbeschreibung:

Sechs Kollegen einer Hamburger Werbeagentur nehmen an einer abenteuerlichen Reality-TV Show teil. Das Show-Konzept: Firmen, die kurz vor der Insolvenz stehen, erhalten die Chance auf ein 500 000 € Preisgeld, das die Firma vor dem Bankrott retten könnte. Als persönlicher Anreiz lockt die Teilnehmer außerdem ein zusätzlicher Preis für "das beste Teammitglied". Auf geht's also ins schöne Norwegen, in die Wildnis am "Ende der Welt", wo die Gruppe gemeinsam Aufgaben erfüllen soll um sich des Gewinns als würdig zu erweisen und nebenbei natürlich ein Millionenpublikum zu unterhalten. Während die Kandidaten zwischen Nervosität, Unlust und Vorfreude schon beginnen die sorgsam inszenierte Harmonie untereinander zu gefährden, lässt ein einheimischer Wirt Minuten vor Beginn des Wettbewerbs eine kryptische Warnung verlauten: "Da draußen" seien Menschen verschwunden und "irgendetwas" Beängstigendes lauere in dem riesigen Waldgebiet. Aber wer glaubt schon den Märchen eines ängstlichen Hinterwäldlers...

Cover:

Wald, nichts als Wald, dazwischen einige schemenhafte Gestalten. Sind es Menschen oder.....? Man kann es nicht deutlich erkennen. Alles liegt im Nebel verborgen, es ist gleichzeitig hell und dunkel. Und ist das etwa ein Totenkopf, der durch die Bäume schimmert?
Das Cover in zwei Worten: angenehm schaurig! Passend also zum Inhalt, macht es gleich Lust aufs Lesen!

Schreibstil:

Wie gewohnt stellt Thomas Finn seine Charaktere ausführlich vor, inklusive sorgfältig erarbeiteter, detailreicher Hintergründe. Sogar mein bescheidenes Namensgedächtnis hat so bis Seite 50 alle Namen intus und eine bildhafte Vorstellung der einzelnen Personen. Und dafür habe ich nur gefühlte 5 Minuten gebraucht, denn das Buch liest sich in atemberaubender Geschwindigkeit. Meisterhaft erzählt der Autor aus verschiedenen Blickwinkeln und gibt dem Leser so Einblick in die ganz persönlichen Dramen und Geheimnisse der Protagonisten. Geschickt verwendetes Fachvokabular zeugt von gewissenhafter Recherche und harmonisiert perferkt mit dem insgesamt hohen sprachlichen Niveau. Trotzdem wirft Herr Finn nicht mit überflüssigen, schwer zu verstehenden Fremdwörtern um sich, so dass der Lesefluss ungebrochen ist.

Meinung:

Sechs Männlein sind in den Wald gegangen, sie wollten einen Goldschatz fangen…

...Und dann kommt alles anders als erwartet!
Von der ersten bis zur letzten Seite hat dieser Roman mich gefesselt! Durchweg interessant und spannend, kann man das Werk ohne Probleme an einem einzigen Nachmittag (oder noch besser in einer einzigen schaurigen Nacht) lesen. Und ja, "bis zur letzten Seite" meine ich wörtlich, denn sogar das Ende konnte mich noch überraschen!
Das "Kopfkino" läuft auf Hochtouren, ich habe die Buchstaben geradezu vom Papier gesaugt und sogar die Seiten auf denen "nichts passiert" sind fesselnd und spannend, da stets eine düstere, unheilvolle Atmosphäre aufrechterhalten wird.
Dass es sich um einen "Horror-Thriller" handelt hätte mich fast ein bisschen abgeschreckt, da ich kein Fan von nervenaufreibendem und blutrünstigem Horror bin. Aber glücklicherweise hat "Dark Wood" für meinen Geschmack genau die richtige Grusel-Intensität: Anschaulich, aber nicht geschmacklos; schaurig, aber nicht so, dass einem vor Angst der Spaß am Lesen vergeht.
Die Thematik ist natürlich nicht ganz neu. Die Art und Weise wie verschiedene altbekannte Themen hier verknüpft und mit neuen Ideen aufgefrischt werden, ist aber außergewöhnlich und vermeidet klischeehafte oder genretypische Lösungen. So bleibt die Spannung stets erhalten, auch wenn man manchmal das Gefühl hat zu wissen "was jetzt kommt"... denn man weiß es eben doch nicht! Gerne würde ich mehr verraten, aber ich will euch nicht den Spaß verderben, alles selbst raus zu finden *zwinker*

Fazit:

Vorsicht Suchtgefahr! Zu Risiken und Nebenwirkungen, lesen Sie alles was der Autor jemals geschrieben hat, und fragen Sie Ihren Blogger oder Bibliothekar!

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.07.2016
Die Stadt der Träumenden Bücher / Zamonien Bd.4
Moers, Walter

Die Stadt der Träumenden Bücher / Zamonien Bd.4


ausgezeichnet

Ein Reisebericht der besonderen Art

„Die Stadt der träumenden Bücher“ ist der vierte Zamonien-Roman von Walter Moers, benötigt jedoch keine Vorkenntnisse und ist meiner Meinung nach ein toller Einstieg in die zamonische Literatur.
Hier ist noch zu erwähnen, dass Herr Moers sich selbst ausschließlich als Übersetzer nennt, denn der Autor des Werks ist selbstverständlich der berühmte zamonische Schriftsteller Hildegunst von Mythenmetz.

Den eigensinnigen Lindwurm muss man einfach ins Herz schließen. Obwohl er mehrfach auf sein genetisches Dinosaurier-Erbe anspielt -nicht ohne Stolz, wie ich meine- ist der angehende Autor keinesfalls ein wildes, unabhängiges Raubtier. Nein, er schätzt die Zivilisation, ausgiebige und regelmäßige Mahlzeiten und vor allem natürlich ausgezeichnete Literatur. Über seine neurotische Ader und seine „kreativen Ängste“, die sich mit an Arroganz grenzender Selbstüberschätzung abwechseln, kann man so manches Mal herzlich lachen. Ein durchweg glaubhafter und menschlicher Charakter (was für einen Lindwurm durchaus was zu heißen hat)!

Auch die übrigen Charaktere sind liebevoll gestaltet und authentisch. Schon nach kurzer Zeit glaubt man sie zu kennen wie gute, alte Freunde (oder Feinde, je nachdem).
Durch sie wird die Geschichte lebendig und spannend, so dass auch die zahlreichen Abschweifungen und Umwege, durch die wir dem Helden folgen, interessant bleiben.

Die Handlung enthält viele humoristische Elemente, entbehrt jedoch nicht einer gewissen Tiefe und Dramatik, so dass es einem leicht fällt, mit den Protagonisten – so fremdartig sie auch sein mögen- mitzufühlen und man am Ende möglicherweise sogar ein verstohlenes Tränchen aus dem Augenwinkel wischen kann.

Die gigantische Welt Zamonien (ein vergessener Kontinent unseres Planeten übrigens, der irgendwo zwischen Amerika und Europa verborgen liegen soll) sprudelt nur so über vor außergewöhnlichen und verrückten, Dingen, Orten und Wesen und ich kann nur immer wieder die blühende Fantasie des Autors bewundern!
In „Die Stadt der träumenden Bücher“ finden sich zahllose Anspielungen auf Walter Moers weitere Romane, die den erfahrenen Zamonien-Reisenden erfreuen werden, aber subtil genug sind um den Neueinsteiger nicht zu verwirren.

Walter Moers versteht es wie kein anderer mit den Worten zu „malen“ und den Leser mit derart bildhaften Formulierungen zu beglücken, dass man am Ende glaubt, einen Film gesehen zu haben. Dabei variiert er geschickt die Erzählgeschwindigkeit, vermittelt Action und Spannung um dann wieder im Augenblick zu verharren und in aller Ausführlichkeit den Gedankengängen des Protagonisten zu folgen.
Ein besonderes Talent hat Herr Moers für die Schöpfung neuer, grotesker Worte und ausgefallener Namen, was mich häufig zum Schmunzeln gebracht hat. Besonders gefällt mir aber, wie der Autor immer wieder auf ironisch-humorvolle Weise auf historische Persönlichkeiten und Begebenheiten in unserer Welt anspielt und damit auch vor der eigenen Branche nicht Halt macht.