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Insgesamt 257 Bewertungen
Bewertung vom 21.09.2023
Lager 6437
Hildegard Rauschenbach

Lager 6437


ausgezeichnet

Das 1984 unter der ISBN 3-7921-0299-4 im Verlag Rautenberg erschienene Buch von Hildegard Rauschenbach geb. Mischke (1926-2010) "Lager 6437 - Ich war verschleppt nach Sibirien" ist Band 5 der Reihe "Stunde Null und danach - Schicksale 1945 - 1949" und hat mich trotz oder vielleicht auch gerade wegen seiner schlichten und doch eindrucksstarken Erzählweise auf Anhieb sehr beeindruckt.
Frau Rauschenbach, die u. a. mit dem Bundesverdienstkreuz für ihre Bemühungen um die guten Beziehungen zwischen dem russischen und dem deutschen Volk ausgezeichnet wurde, erzählt darin, wie sie als junges Mädchen aus dem Dorf Dickschen im Kreis Pillkallen/Ostpreußen mit ihren Eltern über die gefrorene Ostsee flüchten musste, dreieinhalb Jahre in einem sibirischen Gulag nahe Schadrinsk verbrachte und schließlich in Kleinmachnow bei Berlin wieder mit ihren Eltern zusammen traf.
Im Vorwort zu diesem Buch schrieb sie u. a.:
"Es war mein innerer Zwang, alles niederzuschreiben. Ich habe dabei nicht übertrieben, habe nichts beschönigt. Ich bin keine Schriftstellerin und habe alles mit einfachen Worten erzählt, die jeder kennt. Auch habe ich keine Untersuchungen durchgeführt und hoffe, dass es in meinem Buch keine tendenziellen Aussagen gibt. Meine tiefe Dankbarkeit gilt jenen russischen Menschen, die sich in unsere Lage versetzen konnten und uns halfen, obwohl sie selbst nur das Notwendigste zum Leben hatten. Dieses Buch soll den Menschen, darunter auch meinem Sohn, dem ich es widme, zeigen, dass ungeachtet aller Schwierigkeiten, die einem im Leben begegnen können, man vergeben können und gleichzeitig Optimist bleiben muss."
Das Nachwort verfasste Jan Bakker. Das Buch enthält ein etwa 1 Jahr vor dem erzählten Geschehen entstandenes Foto sowie eine Kopie des Interniertenausweises der Autorin und eine Landkarte.
Auf der Rückseite dieses Buches fragt Frau Rauschenbach, die im Krieg ihre beiden Brüder verlor, wann endlich begriffen wird, dass ein Krieg ,immer nur Leid und Verderben bringt, auch dem Volk des sogenannten Siegers.
Eine Frage, der man sich im Jahr 2023 nur anschließen kann.

Uneingeschränkte Leseempfehlung!

Bewertung vom 20.09.2023
Aenne und ihre Brüder
Beckmann, Reinhold

Aenne und ihre Brüder


sehr gut

Bereits beim Lesen des Prologs der 26 Seiten umfassenden Leseprobe von Reinhold Beckmanns am 31. 08. 2023 unter der ISBN 9783549100561 im Verlag Propyläen erschienenem 352-seitigen biografischen Sachbuch "Aenne und ihre Brüder - Die Geschichte meiner Mutter" hatte ich "Augenpipi", schlummert doch bei mir ein Päckchen mit Feldpostbriefen meines im Krieg gebliebenen Großvaters an seine Frau und die 3 kleinen gemeinsamen Kinder, von denen heute nur noch meine Mutter am Leben ist. Aufgrund ihrer Beschreibung habe mich noch nicht sie zu lesen getraut, werde dies jetzt jedoch schleunigst nachholen.
Kurz vor ihrem Tod erhielt der Verfasser von seiner Mutter, einer geborenen Anna Maria Haber, genannt "Aenne", einen in Sütterlin geschriebene Feldpostbriefe ihrer im Krieg gebliebenen Brüder Alfons, Hans, Franz und Willi enthaltenden Schuhkarton. Sie hatte ihrem Sohn aber - im Gegensatz zu vielen anderen Menschen ihrer Generation - schon früher viel aus ihrem Leben erzählt. Zusätzlich recherchierte der Autor auch in Quellen wie der Dorfchronik des nahe Osnabrück gelegenen Dorfes Wellingholzhausen.
Aenne und die Brüder sind auf dem Cover zu sehen, die Briefe im Einband.
Verständlicherweise ist der Schreibstil recht emotional, gelegentlicher Dialekt wird übersetzt und die überwiegend kurz gehaltenen Abschnitte erleichtern das Verständnis.
Es ist berührend, vom Schicksal der 4 jungen Männer zu lesen, von ihren Träumen, Sehnsüchten und Hoffnungen für das Leben nach dem Krieg - welches es dann leider für keinen von ihnen mehr geben sollte. Es werden keine Einzelheiten zum Kriegsgeschehen erwähnt, das kann der Zensur oder aber den Ängsten vor eben dieser Zensur oder davor, den lieben Daheimgebliebenen nur noch größere Sorgen zu bereiten, geschuldet sein.
Gleichzeitig gewährt das Buch einer Milieustudie ähnlich Einblicke in den Alltag daheim, die Sorgen um Verwandte, Liebste, Freunde oder gute Bekannte an der Front, Einschränkungen durch den Krieg, das daraus resultierende Zusammenhalten der Dorfgemeinschaft, Gedanken über die Haltung vieler Kirchenobersten...
Reinhold Beckmann begann dieses Buch wenige Tage vor dem russischen Angriff auf die Ukraine.

Fazit: Uneingeschränkte Leseempfehlung!

Bewertung vom 17.09.2023
Der Trip - Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.
Strobel, Arno

Der Trip - Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.


gut

Der unter der ISBN 978-3-596-70802-4 am 30. 08. 2023 im Fischer Taschenbuch Verlag erschienene 352-seitige Psychothriller "Der Trip – Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand" von Arno Strobel bescherte mir etliche Stunden spannender Unterhaltung.
Erzählt wird eine in mehrfacher Hinsicht interessante Geschichte, die zu unterschiedlichsten Spekulationen verleitete und zu einem nachvollziehbaren Ende führte.
Im Prolog geht es um einen kleinen Jungen, der von 2 Männern auf einem Campingplatz gefangen gehalten, seelisch und körperlich missbraucht und gefoltert wird.
Jahre später:
Ein Serienmörder treibt auf Campingplätzen sein Unwesen und mordet auf brutale Weise. Evelyn Jancke, Anfang 50, zieht nachts durch Oldenburgs Kneipen und trinkt und folgt Fremden zu einem One Night Stand. Tagsüber ist sie als forensische Psychologin tätig und arbeitet derzeit mit Kriminalhauptkommissar Gerhard Tillmann am Fall "Camper". Jancke und Tillmann waren einmal liiert, aber sie löste die Verbindung und stufte sie gegen seinen Willen auf bloße Freundschaft herab, als vor 2 Jahren ihr Bruder Fabian nebst Ehefrau Isabel auf einer Wohnmobiltour durch Europa spurlos verschwand. Es gibt zunehmend Indizien, dass Fabian noch leben und der "Camper" sein könnte.
Ein 8 Monate nach der letzten Handlung angesiedelter Epilog löst alle Fragen.
Gelegentlich war das Verhalten einiger mit dem Fall befasster Personen nur schwer nachvollziehbar.
Hinweis:
Prolog und in Kursivschrift eingeflochtene Sequenzen des "Campers" sind nur schwer zu ertragen.
Fazit:
Die Geschichte macht dem Genre "Psycho"thriller alle Ehre, weist aber gelegentliche Schwächen auf.

Bewertung vom 16.09.2023
Tief im Schatten / Hanna Ahlander Bd.2
Sten, Viveca

Tief im Schatten / Hanna Ahlander Bd.2


ausgezeichnet

Mit "Tief im Schatten - Der zweite Fall für Hanna Ahlander" (im Original "Dalskuggan", übersetzt von Dagmar Lendt) erscheint unter der ISBN 978-3-423-28365-6 am 2. Okt. 2023 bei dtv nach dem Nr. 1-Bestseller "Kalt und still" der 2. Band der Are-Krimis der Stockholmer Autorin Viveca Sten.
Der mit einem Lesebändchen sowie einem ansprechenden und passenden Cover versehene 512-seitige Kriminalroman enthält nach guter alter Karl May-Verlag-Manier drei unterschiedlich große Skizzen in den vorderen und hinteren Coverinnenseiten, was der Leserschaft das Nachvollziehen der Wege von Bösewichtern, Ermittlern, Verdächtigen und Opfern erleichtert.
Das in zwei jeweils deutlich gekennzeichneten Handlungssträngen erzählte Geschehen baut in kurzen Kapiteln durchgehend große Spannung auf.
Es beginnt damit, dass ein ehemaliger Weltklasse-Skifahrer ermordet aufgefunden und das Team um Hanna Ahlander und Daniel Lindskog mit den Ermittlungen betraut wird. Bald gibt es mehrere etwa gleich stark Verdächtige, aber immer, wenn ich dachte "Ha, der war's!" und im Geiste für die Rezension ein "vorhersehbar" notieren wollte, zauberte die Autorin neue Hinweise sozusagen aus der Polarmütze und so gab es lange Zeit unterhaltsames Mitfiebern und Mitfühlen, denn es finden auch persönliche Probleme der Ermittler Erwähnung.
Im parallelen Handlungsstrang geht es um eine junge Frau, die einer ziemlich extrem anmutenden freikirchlichen Glaubensgemeinschaft angehört.
Der schlüssigen Auflösung folgen abrundende Erläuterungen der Autorin.
Fazit:
Uneingeschränkte Leseempfehlung!

Bewertung vom 13.09.2023
Die Geister von Triest
Klinger, Christian

Die Geister von Triest


sehr gut

Der Leseprobe von Christian Klingers unter der ISBN 978-3-7117-2122-8 am 30.08.2023 im Verlag "Picus" erschienenem 300-seitigen Historienkrimi "Die Geister von Triest - Gaetano Lamprecht ermittelt" hätte es eigentlich angesichts der Buchbeschreibung überhaupt nicht mehr bedurft, denn diese "hatte" mich auf Anhieb.
Zwar war mir der "leidenschaftliche Rennradfahrer Gaetano Lamprecht, Ispettore der Triester Polizei" bisher noch nicht über den Weg geradelt, sprich: Ich kenne seinen ersten Fall "Ein Giro in Triest" nicht, der Autor konnte mich jedoch bereits vor einigen Jahren durch seinen Roman "Die Liebenden von der Piazza Oberdan" überzeugen.

Die Ereignisse reichen zurück bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Das Buch beginnt mit einer Art Prolog, in dem ein Mann um diese Zeit zu Tode kommt. Anschließend springt die Handlung in das Triest des Monats August 1914. Eine als "Hexe" bezeichnete alte Frau wird bestialisch ermordet. Angesichts des wenige Monate zuvor von Gavrilo Princip in Sarajevo begangenen Doppelmordes - er hatte Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich (seit dem Selbstmord des Kaisersohnes Rudolf Thronfolger) und seine Gemahlin Sophie erschossen - erregt das nur wenig Aufmerksamkeit, bedarf jedoch natürlich trotzdem einer Aufklärung, wodurch Inspektor Gaetano Lamprecht ins Spiel kommt.
Der vorhergehende Band, sein 1. Fall, "Ein Giro in Triest", findet zwar gelegentlich Erwähnung, seine Kenntnis ist jedoch nicht Voraussetzung zum Verstehen des aktuellen Buches. Auch familiäre und amouröse Aspekte aus dem Privatleben des Ermittlers werden erwähnt.
Die Tode des anfangs erwähnten Mannes und der "Hexe" stehen miteinander in Verbindung, was durch zwei am Ende des Buches einen Brief und einen Stammbaum enthaltende Anhänge verdeutlicht wird.

Fazit:
Die Lektüre der mit einem zum Geschehen passenden Cover versehenen und ebenso spannenden wie ob des angenehmen Schreibstils leicht lesbaren Geschichte hat mich trotz einiger den damaligen Verhältnissen geschuldeten düsteren Passagen gut unterhalten.

Bewertung vom 12.09.2023
Henriette lächelt
Heinisch, Andrea

Henriette lächelt


weniger gut

Andrea Heinischs 208-seitiger Roman "Henriette lächelt" (ISBN: 978-3-7117-2142-6, Erscheinungsdatum: 13. 09. 2023 im Picus Verlag) verfügt über ein schönes Cover (allerdings bedauerlicherweise auch über sehr scharfe Ecken).

Er handelt von der 50-jährigen, mit 190 kg extrem adipösen Henriette, die nicht nur unter den daraus resultierenden Problemen wie beispielsweise eingeschränkter Beweglichkeit mit allen daraus wiederum resultierenden Folgen, sondern auch unter ihrer überaus dominanten Mutter leidet.

Aus meinen Erfahrungen mit einer nahezu gleichaltrigen und nur etwa 20 Pfund weniger wiegenden Freundin mit ähnlichen Problemen (sie ließ sich vor einigen Jahren in eine Magenband-OP "hineinquatschen", die vermutlich zumindest mit-ursächlich für ihr vor einigen Monaten erfolgtes Ableben war) weiß ich, wie schwer es im wahrsten Sinne des Wortes mit solch einem starken Übergewicht ist.
Allein durch Ernährungsveränderung ist dauerhafter Gewichtsverlust kaum zu schaffen, Fitnessgeräte sind fast immer nur für 100 bis 120 kg zugelassen und der Aktionsradius ist bereits aus rein logistischen Gründen nicht selten massiv eingeschränkt.
Depressionen - häufig durch das Verhalten des Umfelds, sei es nun aus Bosheit, Gedankenlosigkeit oder vielleicht sogar mit besten Absichten, verstärkt - können gelegentlich auftretende Phasen von Mut zu Problembewältigungsversuchen zum Erliegen bringen und diese enden nicht selten in Trost/Frust-Essen, welches zu genießen man dann aus schlechtem Gewissen nicht einmal in der Lage ist.

Meiner Meinung nach wird das Buch dieser Thematik nicht ganz gerecht.

Bewertung vom 10.09.2023
Als wir an Wunder glaubten
Bürster, Helga

Als wir an Wunder glaubten


sehr gut

Bereits die Lektüre der 27 Seiten umfassenden Leseprobe von Helga Bürsters unter der ISBN 978-3-458-64388-3 vom Insel Verlag zum 11. 09. 2023 angekündigten 285-seitigen Roman "Als wir an Wunder glaubten" sprach mich sowohl thematisch, weil sie mich ein wenig an mein bevorzugtes Genre, den historischen Roman, erinnerte, als auch stilistisch, weil angenehm lesbar, an.
Allerdings hatte ich mit dem mit einem ebenso originellen wie Aufmerksamkeit weckenden Cover versehenen Buch dann bedauerlicherweise zwischendurch gelegentlich Schwierigkeiten. Der häufige Gebrauch von Plattdeutsch war eher weniger das Problem, denn fast immer konnte ich dieses zumindest sinngemäß verstehen, nein, es lag meist an Längen, Wiederholungen und vor allem an nicht immer sofort als solche erkennbaren Rückblicken in eine Zeit, als es noch einen König gab.
Die Geschichte spielt überwiegend in den ersten Jahren nach dem zweiten Weltkrieg und berichtet - einer Milieustudie ähnlich - von den Konflikten, welche dessen Folgen unter den Einwohnern des kleinen in einer ostfriesischen Moorlandschaft gelegenen Dörfchens Unnermoor hervorrufen. Es gibt außerdem Probleme durch Aberglauben, die durch geschäftstüchtige "Wunderheiler" noch angeheizt werden.
Im in der Gegenwart angesiedelten Epilog schließt sich ein Kreis, was auf gewisse Weise versöhnlich wirkt und mich nach beendeter Lektüre dann doch recht zufrieden zurücklässt.

Bewertung vom 02.09.2023
Always love you / Ikonen ihrer Zeit Bd.11
Faber, Hanna

Always love you / Ikonen ihrer Zeit Bd.11


sehr gut

Schon die 27-seitige Leseprobe von Hanna Fabers Roman(biografie) "Always love you - Musik war Whitney Houstons Leben" aus der Reihe "Ikonen ihrer Zeit", gefiel mir gut.
Sie beginnt mit einem "November 1974" datierten Prolog und führt uns zunächst in die Sakristei der New Hope Baptist Church, wo sich die 11-jährige Whitney ("Nip/Nippy") aufhält, bis sie von ihrem Halbbruder Gary zum regelmäßig dort stattfinden Gospelsingen abgeholt wird.
Im knapp 20 Jahre später auf S. 17 beginnenden 1. Kapitel des 1. Teils treffen wir die gerade ihrer Tochter Krissy das Fläschchen gebende Nip und Gary wieder, dem sie kurz darauf ein Röhrchen aus der Hand nimmt und "die beiden übrigen Lines (sniefte), ohne noch einmal aufzublicken".

So haben wir die wichtigsten Themen in Nips Leben bereits kennen gelernt: Familie, Musik und Drogen.

Das Taschenbuch mit 416 Seiten wurde am 31. 08. 2023 unter der ISBN 978-3-548-06821-3 im Ullstein Taschenbuch-Verlag veröffentlicht.
Es endet - gefolgt von einem sehr guten Nachwort! - 1994 an dem Abend, an welchem sie für ihre Rolle als "Rachel Marron" neben Kevin Costner in dem Film "The Bodyguard" und für ihr wohl berühmtestes - hier den Buchtitel lieferndes - Lied "I Will Always Love You" gefeiert wird.

In bunter Reihe - glücklicherweise stets datierten - Abschnitten werden aussagekräftige Situationen aus Nips Leben geschildert und viele berühmte Namen finden Erwähnung.
Diese nüchterne Beschreibung vermag nicht zu vermitteln, wie sehr mich Nippys Schicksal berührt hat.
Trotzdem fielen mir leider etliche Sinn- und Grammatikfehler auf.
Das Cover ist angemessen, den fühlbaren Goldflimmer halte ich hingegen - zumal sowohl umweltfreundliche Herstellung als auch Nachhaltigkeit Erwähnung finden - für verzichtbar.

Trotzdem: Leseempfehlung nicht nur für Musikinteressierte

Bewertung vom 01.09.2023
Zeiten der Langeweile
Becker, Jenifer

Zeiten der Langeweile


gut

Das unter der ISBN 978-3-446-27804-2 am 21. 08. 2023 vom Verlag Hanser Berlin in Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG herausgegebene 240-seitige Buch "Zeiten der Langeweile" von Jenifer Becker konnte mich nicht allein sehr gut unterhalten, sondern mir zugleich noch etliche recht interessante Denkanstöße vermitteln, was mir mindestens genauso wichtig ist.
Dieses Romandebüt behandelt am Beispiel der 30-jährigen Protagonistin Mila die Thematik Abhängig- und Sichtbarkeit von bzw. in den sozialen Medien.
Sie verschreibt sich eine Auszeit von der digitalen Welt und setzt dies auch überaus konsequent, ja manchmal geradezu obsessiv um, indem sie große Löschaktionen durchführt, damit der kleinste Hauch ihrer Spur verschwindet.
Da kann man sich fragen, ob der Vorsatz, sich nirgends mehr einzuloggen, nicht bereits ausreichen würde, aber wer wirklich jeden möglichen Verführungsfaktor auszuschließen versuchen will, löscht eben; genau wie ein Süßigkeiten-Junkie über den Vorsatz "Du brauchst ja keine Tafel Schokolade mehr zu essen" hinaus vorsichtshalber erst gar keinen Vorrat mehr daheim haben sollte.
Da ich selbst weder accounts bei Facebook, Instagram oder Twitter incl. aller Vorgänger oder Nachfolger noch irgendwelche Streamingdienste nutze, bin ich wohl diesbezüglich nicht "detox-bedürftig", empfehle dieses Werk aber trotzdem weiter, wenn mir auch der offene Schluss nicht sonderlich behagte.

Bewertung vom 31.08.2023
Das Glück der Geschichtensammlerin
Page, Sally

Das Glück der Geschichtensammlerin


gut

Sowohl die Beschreibung als auch die Leseprobe von Sally Pages am 13. 07. 2023 unter der ISBN 978-3-423-21879-5 im Deutschen Taschenbuch Verlag erschienenem Roman "Das Glück der Geschichtensammlerin" (Originaltitel: "The Keeper of Stories", aus dem Englischen in die deutsche Sprache übersetzt von Carolin Müller) hatten mein Interesse wecken können.
Irgendwie hatte ich mir eine gelungene Mischung von Paul Gallicos "Mrs. Harris"-Büchern und "Das Café ohne Namen" von Robert Seethaler vorgestellt, sah in dem mit einem ansprechenden Cover versehenen 416-seitigen Buch diese meine Erwartungen jedoch bedauerlicherweise nicht erfüllt.

Erzählt wird hier die Geschichte von Janice, einer unverständlicherweise in unglücklicher Ehe mit dem grobschlächtigen, rücksichtslosen und überhaupt in jeder Hinsicht unsympathischen Mike ausharrenden Putzfrau mittleren Alters. Janice ist bescheiden, freundlich und verfügt über ein angenehmes Wesen. Während sie gründlich ihre Arbeit verrichtet, hört sie sich geduldig die Lebensgeschichten ihrer Arbeitgeber an, lebt gewissermaßen deren Leben mit. Eine Ausnahme stellt "Mrs. B." dar, eine lebenskluge 90-Jährige, der es nach einer Weile gelingt, Janice' Lebensgeschichte ans Tageslicht zu bringen. Janice schafft es, in ihrem Leben positive Veränderungen vorzunehmen und erfährt schließlich auch Mrs. Bs eigene Geschichte.

Eine trotz einiger Längen flüssig erzählte Handlung, die mich zwar nach anfänglichen Bedenken erreichte, bei der ich mir jedoch mehr Tiefe gewünscht hätte.

Fazit:
Nette Unterhaltung, aber die bei der interessanten Thematik vorhandenen Möglichkeiten wurden m. E. nicht ausgeschöpft.