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Der Medienblogger
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- Alles rund um Medien Für alle Serienjunkies, Leseratten, Kinoliebhaber, Eurovisionfans und Lautaufdreher genau das Richtige. Website: http://medienblogger.wixsite.com/jstreb.

Bewertungen

Insgesamt 132 Bewertungen
Bewertung vom 03.09.2019
Die Stadt der Überlebenden / Evolution Bd.1
Thiemeyer, Thomas

Die Stadt der Überlebenden / Evolution Bd.1


gut

Im deutschen Sprachgebrauch definiert der Begriff „Evolution“ allgemein die langsame, bruchlos fortschreitende Entwicklung besonders großer oder großräumiger Zusammenhänge. Jem und Lucie finden sich nach einer Notlandung nicht länger in der Welt wieder, die sie zuvor verlassen haben – sondern in einem menschenverlassenen, von Pflanzen bewachsenen Areal, in dem es die gesamte Tierwelt auf sie abgesehen zu haben scheint. Mit dem Terminus „Evolution ist unaufhaltsam. Evolution ist unausweichlich. Sie macht vor niemandem halt. Auch nicht vor uns“ führt Star-Autor Thomas Thiemeyer in das Szenario seiner gleichnamigen Jugendbuchtrilogie aus dem Arena-Verlag ein. Wie mir die Lektüre gefallen hat, das erfährst du in der folgenden Rezension.

Der rasante Beginn ermöglicht dem Leser einen reibungslosen, flotten Einstieg in das Geschehen. Thiemeyer schafft es, seine jugendliche Zielgruppe schnell an das Szenario heranzuführen und für sich zu begeistern. Das Buch ist leicht zu lesen, die Kapitellänge ziemlich kurz, sodass man für die Lektüre keinen hohen Zeitaufwand benötigt und auch „Lesemuffel“ hiermit ihren Spaß haben dürften.

Das Szenario hat viel Potenzial. Ich konnte mir bei den lebhaften Schilderungen des Autors die überwucherte Umgebung, die sich buchstäblich von der Natur zurückgeholt wurde, gut vorstellen und innerhalb dieser Welt von wilder Schönheit versinken. Thiemeyer trägt sekundär zivilisationskritische Noten heran, indem er seine Vision einer unbeschadeten, friedlichen Landschaft teilt. So würde es hier ohne Menschen aussehen – das ist der Ton, der dabei mitschwingt und, ohne zu sehr mit dem moralischen Zeigefinger zu argumentieren, zum Nachdenken anregt.

Wir verfolgen hauptsächlich Jem und Lucie als tragende Protagonisten, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird. Bei der Figurenausarbeitung habe ich mir weitaus mehr Tiefe gewünscht. Die Charaktere kratzen oft lediglich an der Oberfläche, die Motive nur grob skizziert. Leider bedient sich der Autor dabei vergangener, hölzerner Klischees, die schon lange nicht mehr den jugendlichen Zeitgeist treffen. Einige Personen wirken so stark marionettenhaft, ja starr in ihrem eigenen Tun und nicht wie einzelne schillernde Individuen, die zum Treffen eigener Entscheidungen befähigt sind.

Zudem weiß „Die Stadt der Überlebenden“ nicht so recht, wo es hinmöchte. Ich habe den zweiten Band im direkten Anschluss gelesen und konnte keinen thematischen Abbruch erkennen. Das vorliegende Buch hat keinen eigenen Spannungsbogen; innerhalb der Trilogie kein Alleinstellungsmerkmal; kein wirkliches Ziel, auf das es hinarbeitet. Es mangelt an einer antreibenden Kraft, die das Geschehen nach vorne treibt; und so wirkt der Roman teilweise nur wie eine Aneinanderreihung etappenweise spannender Sequenzen. Hier wünsche ich mir mehr Konsequenz bei der Ausarbeitung einer eigenen Grundhandlung für jeden Band der Trilogie, die im Schatten des Gesamtkonzepts steht.

Letztendlich lässt sich sagen, dass dieser Auftakt zur Jugendbuchreihe „Evolution“ ein nettes Leseabenteuer für eine junge Zielgruppe ist – mehr aber auch nicht. Ich fühlte mich über dreihundertfünfzig Seiten hinweg gut unterhalten, einen bleibenden Eindruck konnte der Roman in mir jedoch nicht hinterlassen. Daher spreche ich speziell für diejenigen eine Empfehlung aus, die sich vom Klappentext angesprochen fühlen.

„Evolution“ ist ein rasantes Leseabenteuer mit interessantem Grundszenario, das trotz einiger erzählerischer Schwächen kurzweilige Unterhaltung bietet.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.09.2019
Spinster Girls 02 - Was ist schon typisch Mädchen?
Bourne, Holly

Spinster Girls 02 - Was ist schon typisch Mädchen?


gut

Holly Bourne ist Autorin der großen „Spinster Girls“-Trilogie, die im dtv-Verlag erschienen ist. Jeder Band wird aus der Perspektive eines der drei Mitglieder des ursprünglichen „Spinster Clubs“ erzählt – einer Gruppe, die sich über alltägliche Probleme eines weiblichen Menschen austauschen. Zentral steht im zweiten Band „Was ist schon typisch Mädchen?“ Protagonistin Lottie, die aufgrund eines sexistischen Vorfalls ein Experiment startet, das bald schon viel größere Ausmaßen annimmt als zunächst gedacht. Ob dieser Teil mit dem hervorragenden Auftakt der Reihe mithalten kann und welche weiteren Leseeindrücke ich aus der Lektüre gewinnen konnte, erfährst du in der folgenden Rezension.

Die Autorin schafft einen unmittelbaren Einstieg in das Geschehen, sodass man sich als Leser schnell wieder in dem Szenario zurechtfindet. Der Perspektivwechsel von Band zu Band stellt sich zügig als kluge Idee heraus, da der Fortgang der Handlung nun durch ein neues Augenpaar beobachtet werden kann und der Roman somit einen eigenen Charakter verliehen bekommt, der ihn von seinem Vorgänger deutlich abgrenzt.

Der Schreibstil von Bourne ist lebendig und mitreißend. Sie erzählt die Geschichte so gewitzt, dass es teilweise so wirkt, als würde sie dir gerade von der besten Freundin erzählt werden. Die einzigartige Chemie zwischen den drei Mädchen des „Spinster Clubs“ stimmt auch in diesem Band und es bereitet echte Freude, sie während ihres Alltags zu begleiten.

Dass sich eine Jugendbuchreihe auf so herrlich unkomplizierte und unverkrampfte Art und Weise mit einer wichtigen Thematik wie Sexismus umgehen kann, das beweist dieser Band erneut. Mir hat das Buch echt die Augen geöffnet, wie genderunterschiedlich man sich teilweise in der Gesellschaft äußert. Doch hat „Was ist schon typisch Mädchen?“ mit einigen Schwächen zu kämpfen, durch die er im direkten Vergleich zum Vorgänger ermattet.

Lottie eignet sich nämlich nur bedingt als Protagonistin für den vorliegenden Roman. Auf Dauer entpuppt sie sich als sehr anstrengende Person, bei der es schwer fällt, sie über vierhundert Seiten lang zu begleiten; sie steht sich im Laufe des Buchs häufig selbst im Weg. Zwar selbstreflektiert sie gegen Ende hin, so fühlt sich der Großteil aber stark angestrengt und repetitiv an, da ständig auf dieselben Elemente Bezug genommen wird.

Ebenfalls hat der Roman selbst mit einigen sexistischen Problemen zu kämpfen: Der männliche Teil der Bevölkerung wird generalisierend mit negativen Attributen verknüpft, ja geradezu heruntergestuft. Was an sich schon problematisch ist, da die Autorin ja zur Gendergleichheit und nicht zu einer Überdominanz der Frau aufrufen möchte – dieses Gleichgewicht sehe ich hier nicht gegeben. Lässt man jegliche feministische Aspekte zur Seite, unterscheidet sich die Lektüre nicht stark von anderen Vertretern ihres Genres und deren belanglosen Plots: Die Protagonistin verliebt sich zunächst gegen ihren Willen in einen erst stumpfsinnigen scheinenden Jungen, der sich offen als antifeministisch ausgibt und der ihr allein wegen seines Äußeren gefällt. Das ist doch ein Widerspruch in sich selbst, oder etwa nicht?

Auch erscheint mir der enorm große Erfolg, mit der ihr öffentliches Experiment gekrönt ist, etwas unrealistisch und weit hergeholt. Natürlich kann die Autorin hier ein inspirierendes Fazit für ihre Leser ziehen und somit ihre Botschaft verdeutlichen; die Glaubwürdigkeit des Romans leidet jedoch ein Stück weit darunter.

Der Konflikt, dem sich die Hauptfigur zunehmend ausgesetzt ist, mildert zumindest teilweise die Tragweite meiner genannten Kritikpunkte. Lottie befindet sich in einer Phase der Selbstorientierung: Ist ihr sexistisches Experiment oder doch ihre akademische Zukunft wichtiger; sollte man die eigenen Ziele mit aller Gewalt erreichen, wenn sich die gesamte Umgebung gegen dich zu stellen scheint? , [...]

Fortsetzung auf meinem Blog, siehe Beschreibung.

Bewertung vom 01.09.2019
Ich gehöre ihm
Gilges, Angela

Ich gehöre ihm


ausgezeichnet

Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wo ich bei dieser Rezension anfangen soll: Im Februar erschien im Oetinger Taschenbuchverlag ein Buch, das meiner Meinung nach viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hat – ein Buch, das mich vollkommen überrumpelt hat und auf dessen Wucht ich nicht gefasst war. So ist diese Rezension weniger eine kritische Bewertung als vielmehr eine Buchempfehlung anzusehen. „Ich gehöre ihm“ von Angela Gilges widmet sich wichtigen Tabuthemen wie sexueller Gewalt und Zwangsprostitution und gibt Betroffenen eine Stimme.

Die Autorin hat einen mitreißenden, sehr direkten Schreibstil; sie redet nicht lang „um den heißen Brei herum“, würde man im Volksmund vermutlich sagen. Allein der beklemmende Prolog zieht sofort jegliche Aufmerksamkeit des Lesers an sich und lässt ihn bis zum letzten Kapitel, der letzten Seite, dem letzten Wort nicht mehr los – ja, ich habe die Lektüre an einem einzigen Abend ausgelesen.

Mit Caro etabliert sie eine junge greifbare Protagonistin, die aus dem echten Leben hätte stammen können, so realistisch entwirft die Autorin das Bild ihrer Hauptfigur. Die charakterliche Ausarbeitung in diesem Roman ist außerordentlich gut gelungen. Zwar ist das Figurenensemble zahlenmäßig stark reduziert; Gilges haucht jedoch jedem Individuum genau das richtige Maß an Tiefe ein, sodass jedwede Motive nachvollziehbar erscheinen.

Vor allem aber die Beziehung zwischen Caro und Nick, die hier die tragende Rolle erfährt, wird so plastisch dargestellt, dass ihr verzweifeltes Klammern an (un)erfüllte Wünsche verständlich ist: Sie, und das muss man sich unbedingt vor Augen führen, jederzeit Opfer der Umstände und keineswegs schuldig durch eigene Schwäche. Die innere Entwicklung erscheint äußerst glaubwürdig, von blindem erstem Durch-rosarote-Brille-Sehen bis zur vollständigen Abhängigkeit. Als Leser war ich gut in das Szenario involviert, habe mit den Figuren mitgefühlt und konnte mich sehr gut in die verschiedenen Rollen hineinversetzen.

Ihre Direktheit rechne ich der Lektüre hoch an: Sie will schockieren, möchte unter allen Umständen darauf aufmerksam machen, dass so etwas in der wahren Welt geschieht. Dabei hält sie nicht nur ein eindrucksvolles Plädoyer über die Unterdrückung und schamlose Ausnutzung junger, hilfloser Mädchen bis hin zur Zwangsprostitution auf dem Strich, sondern funktioniert auch als mitreißende Familiengeschichte, die die menschlichen Abgründe näher beleuchtet. Es wird nicht zu sehr mit moralisch erhobenem Zeigefinger erzählt. Der Perspektivwechsel im letzten Drittel des Buchs gibt einen spannenden Einblick in das Innenleben eines Außenstehenden, der in das Szenario ungewollt involviert wird. Das stetige Unterdruckstehen und die Unsicherheit über die nächsten Handlungsmöglichkeiten werden besonders gut deutlich.

Das Ende ist mir dabei besonders im Gedächtnis geblieben – eine äußerst düstere und eindringliche Vision, die eine wichtige Geschichte geeignet abschließt. Hier wird geschickt der Bogen zum Anfang der Handlung geschlagen und ein erschreckender Teufelskreis geschlossen, der im Kopf bleibt. Auch im direkten Vergleich zum gleichnamigen ARD-Film (den ich mir im direkten Anschluss zu Gemüte geführt habe) möchte ich die Lektüre als Leseempfehlung herausstellen: Das Buch vermittelt seine Botschaft durch mehr Härte und Bodenständigkeit und viel tieferen Einblicken in die verletzte Gefühlswelt der Figuren, als es der Film schafft.

„Ich gehöre ihm“ ist eine wichtige und schockierende Lektüre, die ich jedem ans Herz legen kann – sie wird dich noch bis weit nach dem Ende fesseln.

Bewertung vom 01.09.2019
Erebos Bd.2
Poznanski, Ursula

Erebos Bd.2


sehr gut

2010 erschien ihr erster und bis heute wahrscheinlich auch berühmtester Roman; er wurde u.a. mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet und zudem heute auch gerne als Schullektüre verwendet. Gleich nach Erscheinungsdatum habe ich „Erebos“ gelesen und seitdem hat Star-Autorin Ursula Poznanski bei mir eine Art Abonnement sicher, was ihre jährlichen Veröffentlichungen anbelangt. Die gesamte Bloggerlandschaft zeigte sich völlig überrascht, als sie das Erscheinen eines zweiten Bandes ankündigte, der auf die abgeschlossene Handlung des ersten folgen sollte. Mit neugieriger Erwartungshaltung bin ich an „Erebos 2“ herangegangen. Ist die Existenz dieses Buchs gerechtfertigt oder hätte man sich den zweiten Teil auch sparen können? – Genau dieser Frage möchte ich die folgende Rezension widmen.

Allein durch sein Design sticht „Erebos 2“ schon vollkommen heraus: Ein schwarzes Auge starrt dem Leser auf einem ansonsten grellgelben Buchdeckel ernst entgegen, der Buchschnitt ist schwarz und auf den Seiten prangt ein großer Schriftzug, der in weißen Lettern den Buchtitel wiedergibt und eine goldgeprägte Signatur der Autorin – eine wirklich ansprechende Gestaltung, die sofort ins Auge springt (und das im wahrsten Sinne des Wortes).

Das Szenario – ein außergewöhnliches Computerspiel, das Menschen rekrutiert und vor Aufgaben stellt, die ein reales Ziel verfolgen – ist nach wie vor packend. Poznanski schafft es erneut, zwei Universen zu entfalten, die sich aneinander reiben und miteinander zunehmend verschmelzen: die Realität und die Spielwelt. Sie ergänzt ihre Idee hier geschickt durch moderne technische Entwicklungen, um sich trotz der bleibenden Kernessenz dem Lauf der Zeit anzupassen.

In einer unvorhersehbaren Handlungsentwicklung schafft sie es, ein Computerspiel zu einem Antagonisten zu etablieren, der a) bedrohlich und b) durch seine schwere Greifbarkeit unbesiegbar erscheint. Der Terminus „wir beobachten dich“ öffnet eine Ebene der stetigen Unsicherheit, die den Leser ab der ersten Seite fesselt.

Geschickt verbindet sie hierbei Altes mit Neuem. Sei es die Grundidee, die mit neuen technischen Möglichkeiten verknüpft wird, als auch die beiden Hauptfiguren, deren Handlungsstränge sich langsam ineinander verweben: Nick kennen wir bereits als Protagonisten des ersten Teils; er fungiert hier, zehn Jahre später, erneut als Erzählender. Derek hingegen ergänzt das bekannte Figurenensemble und sammelt erste eigene Erfahrungen mit dem Programm „Erebos“. So fühlt sich das Szenario nicht lediglich wie eine Aufwärmung alten Stoffs an.

Der Schreibstil der Autorin ist, wie man es bereits aus ihren übrigen Titeln gewohnt ist, von der ersten Seite an mitreißend. Sie hält das Spannungsniveau konstant auf einem hohen Level. Die Figurenausarbeitung ist ihr gut gelungen – einmal abgesehen von Ausnahmen wie Dereks nicht ganz nachvollziehbarem Anschmachten Maias. Die Motivationen und Entscheidungen der Charaktere erscheinen überwiegend logisch und nachvollziehbar. Lobenswert ist auch die gut platzierte Einbindung einiger weiterer Personen aus dem ersten Teil.

Einzig und allein das Ende ist, was nicht hundertprozentig schmecken möchte. Hier hätte sich die Autorin, meinem Erachten nach, ruhig mehr Zeit lassen können und die fehlenden Puzzleteile nicht so lieblos abhaken müssen. Die Auflösung kommt überraschend und unvorhergesehen; erscheint aber ziemlich wirr, konfus und konstruiert. Die Motive hinter der Reaktivierung von „Erebos“ kratzen leider nur an der Oberfläche.

Vergleicht man beide „Erebos“-Bände miteinander, – denn obgleich der neuen Elemente ähneln sie sich zumindest strukturell stark – so kann dieser mit seinem Vorgänger nicht ganz mithalten; mag es entweder an dem etwas schwächeren Ende oder dem fehlenden Alleinstellungsmerkmal liegen. Daher möchte ich die obig gestellte Frage beantworten: Nein, dieser zweite Teil ist nicht zwingend notwendig. Aber nichtsdestotrotz ist er eine gute Ergänzung für alle, die den ersten

Bewertung vom 01.09.2019
Stranger Things: Finsternis - DIE OFFIZIELLE DEUTSCHE AUSGABE - ein NETFLIX-Original
Christopher, Adam

Stranger Things: Finsternis - DIE OFFIZIELLE DEUTSCHE AUSGABE - ein NETFLIX-Original


sehr gut

Für mich gehört „Stranger Things“ zweifelsohne zu den besten Serien, die momentan auf dem Markt abrufbar sind. Von der ersten Episode an konnten mich die Macher durch die düstere 80er-Jahre-Atmosphäre, die an Werke wie „Stephen Kings Es“ erinnert, facettenreiche und glaubwürdige Charaktere und eine auf mehreren Ebenen vielschichtige Handlungsentwicklung begeistern und fesseln. Über eine angekündigte Buchreihe, die die Hintergrundgeschichten einzelner Figuren näher beleuchtet, freute ich mich daher sehr. Ob vorliegendes Werk mit dem starken „Suspicious Minds“, das sich Elfis Vorgeschichte widmet, mithalten kann und welche weiteren Leseeindrücke ich daraus gewinnen konnte – das erfahrt ihr in der folgenden Rezension.

„Finsternis“ ist der deutsche Titel des Romans aus dem „Stranger Things“-Universum, das, wie auf dem Buchdeckel angegeben, die „Wahrheit über Jim Hopper“ erzählt. Weshalb man den Originalnamen „Darkness On The Edge Of Town“ in eine solch sperrige, nichtssagende Übersetzung transponieren musste, ist mir nicht geläufig; man hat es ja schließlich bereits beim Vorgänger bei der ursprünglichen Bezeichnung gelassen.

Jim Hopper funktioniert, wie bereits in der Serie, als authentischer und nahbarer Protagonist. Seine sture und impulsive, aber unermüdliche und beharrliche Art zeigt er hier als Detective bei der Lösung eines besonders verzwickten Falls in New York. Zusammen mit seiner taffen, schlagfertigen Kollegin Delgado bildet er ein sympathisches Ermittlerduo, das ich als Leser gerne mitverfolge. Noch dazu, und das rechne ich der Lektüre hoch an, distanziert man sich gelungen von der Vorlage; „Finsternis“ funktioniert somit als eigenständiges Werk, das auch Lesern Freude bereiten kann, die nicht mit der Serienhandlung vertraut sind.

Die einzig ständige Verknüpfung geschieht durch kleine Zwischensequenzen mit Elfi als Basis für die Handlung, in denen zwar das rührende Vater-Tochter-Verhältnis der beiden deutlich und gefestigt wird, die ansonsten aber, meiner Meinung nach, jeglicher Notwendigkeit für den Handlungsfortschritt entbehren.

Hopper und Delgado ermitteln in einem interessanten Fall mit einer rasanten, fesselnden Plotentwicklung, die für einen sich geschickt steigernden Spannungsbogen verantwortlich ist. Dabei kommt dieses Buch fast vollkommen ohne paranormale Elemente aus. Die knappe Kapitellänge und ein fesselnder Schreibstil führen zu echtem Suchtpotenzial, die mich persönlich zu einem schnellen Beenden des Buchs geführt haben.

Autor Adam Christopher knüpft an zahlreiche spannende thematische Ansätze an. Schade daher, dass sich die Erzählung in ein Ende staffelt, das weit hinter den Erwartungen und auch seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Die Auflösung entpuppt sich als weit zu karg und enttäuschend; hier rutscht man leider in eine Nullachtfünfzehn-Schiene rein, die nicht hätte sein müssen, die der gesamten Handlung schadet: Dadurch erscheinen die Motive des Antagonisten zu blass, die Überzeugungskraft des gesamten Szenarios leidet darunter. Hier wäre mehr drin gewesen.

Letztendlich führt der nicht geglückte Abschluss vielleicht zu einer kleinen Milderung meiner Begeisterung, hindert mich aber nicht daran, eine Leseempfehlung für all diejenigen auszusprechen, die sowieso Fans von der Serie sind und oder sich vom Klappentext angesprochen fühlen – es lohnt sich.

„Stranger Things: Finsternis“ erzählt die rasante und fesselnde Vorgeschichte der beliebten Serienfigur Jim Hopper und funktioniert als ganz eigenständiges Werk. Ein wahrlich interessanter Exkurs v.a. für Fans der Serie.

Bewertung vom 20.08.2019
Es - Das Buch zum Film
King, Stephen

Es - Das Buch zum Film


ausgezeichnet

Wohl einer der berühmtesten Vertreter der Horrorliteratur gerät derzeit durch die zweigeteilte Neuverfilmung stark in das öffentliche Interesse zurück: Mit dem über fünfzehnhundert Seiten starken Roman „Es“ liefert der US-amerikanische Autor Stephen King ein schon durch die Wucht seines Umfangs beeindruckendes Werk, das sich verschiedener Genres geschickt bedient und eine fesselnde, rasante Handlung zu erzählen versteht. Einige Leseeindrücke, die ich bei der genannten Lektüre gewinnen durfte, möchte ich im Folgenden unterbreiten.

Erzähltechnisch zieht King hier, buchstäblich seinem Namen Ehre bereitend, alle Register: Hervorstechend ist ganz besonders die Strategie, mit der er seine umfangreiche Geschichte strukturiert und den Lesern präsentiert. Geschickt verknüpft er mehrere Zeitebenen miteinander und lässt so Handlungsstränge parallel nebeneinander laufen. Mit verblüffender Leichtigkeit weist er die Repetition des Geschehens in der Kleinstadt Derry auf und vermischt diese Fronten.

Seine Hauptfiguren, allen voran Bill Denbrough, etabliert er auf eindrückliche Art und Weise, indem er dem Leser in der Lektüre das tiefere Eintauchen in die Gefühls- und Fantasiewelt und Einblicke in deren größte Ängste ermöglicht. Dafür passt er den Charakteren seinen Schreibstil an und skizziert deren innere Handlung und soziales Milieu. Teilweise bedient er sich für meinen Geschmack einer zu vulgären Ausdrucksweise, mit der er unter allen Umständen schockieren will. Das wahre Grauen jedoch schafft er durch unvorhersehbaren Abwechslungsreichtum und grausige Ideen, die er auf die Seiten bannt. Durch ausschweifende Gesten und einer undurchdringlichen Ruhe beim Schreiben, für die King jedoch häufig kritisiert wird, kann ebenfalls ein spannender Einblick in das Innenleben der Nebenfiguren gewonnen werden. Das namenlose Böse, hier als Es betitelt, ist nicht der einzige Antagonist; King hält vielmehr ein überschwängliches Plädoyer über den Menschen als sein eigener Feind. Motivisch hierfür benutzt er dafür Tabuthemen wie impulsive Gewaltausübung, sei es aus frauenunterdrückenden, homophoben oder rassistischen Gründen – und entwirft somit ein glaubwürdiges Gleichnis der damaligen sozialen Umstände.

In „Es“ wartet King mit einem atmosphärisch äußerst dichten Szenario auf, das aufgrund seiner schieren Länge über einen längeren Zeitraum hinweg, einer guten Serie gleich, begleitet und fesselt. Der Autor wühlt tief und bedient sich vielschichtiger Genre. So ist vorliegende Lektüre keineswegs „bloß“ der Horrorliteratur zuzuordnen; vielmehr erzählt sie eine mitreißende und herzerwärmende Freundschaftsgeschichte, die durch eben diese grauenvollen Umstände besiegelt wird. Die Charaktere durchschreiten zusammen authentische Entwicklungen durch. Man kommt hier zu einem versöhnlichen, zufriedenstellenden Ende mit einigen berührenden, fast nostalgischen Endsequenzen, das eine rundum außergewöhnliche Geschichte abschließt.

Die Lobhudelei abschließend, ist auf der Contra-Seite nur wenig anzubringen: Die Antwort auf die letztendliche Frage, was Es ist, befriedigt mich persönlich nicht hundertprozentig: Zwar kann auch hier ein interessanter Einblick gewonnen und die Perspektiven gewechselt werden, doch hätte ich mir klarere Ecken und Kanten in der Auflösung gewünscht. Zudem, aber das ist bei einer Geschichte dieses Umfangs nicht weiter verwunderlich, erscheint die Handlung über einige Strecken gesehen etwas überraschungskarg und ist gegen Ende hin etwas stockend oder nur träge voranschreitend.

Fazit:
„Es“ ist ein faszinierendes Horrormeisterwerk, das auf voller Linie überzeugen und in seinen Bann ziehen kann.

Bewertung vom 03.07.2019
Morgen irgendwo am Meer
Popescu, Adriana

Morgen irgendwo am Meer


ausgezeichnet

Adriana Popescu hat vergangenen Sommer etwas geschafft, was nur wenigen Autoren gelingt. Mit ihrem Werk „Mein Sommer auf dem Mond“ erschuf sie Protagonisten, mit denen ich mitleiden, mitlachen und mitwachsen konnte. Eine Lektüre, die mich nachwirkend ins Staunen gebracht hat und dass ich damals, völlig zu Recht, als eines meiner Lieblingsbücher bezeichnet und ihm die Höchstwertung verliehen habe. Daher nicht besonders verwunderlich, dass ich mich ungemein auf das neue Buch der Schriftstellerin gefreut habe und die Erwartungshaltung an die Lektüre vergleichbar hoch war.

Es ist kein großes Geheimnis, dass ich momentan in einer kreativen Tiefphase stecke, die aus der Unzufriedenheit an mir selbst entstand und unter der auch der Spaß am Lesen und Bloggen leidet. Die Autorin schaffte es aber während den knapp fünfhundert Seiten Buchlänge mit ihrem leichten, authentischen Schreibstil, in mir die Freude an der Literatur zu erwecken und man bekommt schnell Lust, die Lektüre in einem Rutsch durchzulesen. Was ich, nebenbei erwähnt, auch getan habe.

„Morgen irgendwo am Meer“ lässt sich zwar sehr gut mit seinem Vorgänger vergleichen und weist unverkennbar Parallelen auf, distanziert sich jedoch von diesem am Ende, weil er eine ganz andere Richtung einschlägt. Ich bekomme richtig Lust auf Urlaub, Sonne, Strand und das jugendliche Leben unter Liebe und Freunden, wenn ich das Buch lese: Es eignet sich daher perfekt als Sommerlektüre.

Die Autorin konstruiert geschickt unterschiedlichste Charaktere, die sie auf diesem zunächst etwas merkwürdig erscheinenden Road-Trip zusammenwürfelt und wie in einem chemischen Versuch miteinander reagieren lässt. Jede Figur hat ihr eigenes Päckchen zu tragen, eine eigene, glaubwürdige Hintergrundgeschichte, nachvollziehbare Beweggründe für die Weise, wie sie sich verhalten. Dadurch, dass das Buch in den vier verschiedenen Perspektiven verfasst ist, gibt Popescu ihren Hauptfiguren genügend Raum zum Entfalten. Ehrlich gesagt hatte ich anfangs ein paar Probleme, da sie zunächst schwer fassbar erscheinen, sich aber im Laufe des Romans immer mehr sich selbst und den anderen gegenüber öffnen, was eine tolle Beobachtung für den Leser ist.

Es stimmt so vieles an dem Buch, was sich löblich in dieser Rezension erwähnen lässt. Das Erzähltempo stimmt völlig, es geht immer schön treibend voran. Man fühlt sich als Leser involviert in diese sonderbare, nicht immer ganz bequeme Reise. Die Zwischenmenschlichkeit, die Beziehung unter den Figuren erscheint authentisch. Die Autorin trifft meiner Meinung nach mit ihrem Können den jugendlichen Nerv der Zeit und erschafft lebensechte und berührende Situationen, die mich faszinieren.

Auch lässt sie ihre Protagonisten echte, starke Entwicklungen durchschreiten, die für mich ehrlich inspirierend sind. Hier wachsen die Figuren über sich selbst hinaus, dürfen sich aber genauso legitim ihrem Schmerz hingeben und Schwäche zeigen. Und das ist es, was die Leser aus diesem Buch gelernt haben sollten: Es ist okay, verletzlich zu sein. Eine tolle Botschaft, die auch in meinem persönlichen Umfeld momentan große Relevanz besitzt. Vielleicht ist es Popescu deswegen gelungen, mich ebenfalls mit diesem Werk voll abzuholen.

Im direkten Vergleich mit „Mein Sommer auf dem Mond“ schwächelt vorliegendes Werk unmerklich. Es trifft nicht ganz diesen intimen Ton, der mich so berührt hat, ist emotional nicht so tiefgreifend. Ich möchte diese Gegenüberstellung jedoch nicht in meine Bewertung miteinfließen lassen, denn dafür, dass ich mit einer derart hohen Erwartungshaltung an das Buch herangegangen bin, die sich fast nicht erfüllen lässt. So ist diese nicht zielführend für eine möglichst neutrale Rezension.

Mit „Morgen irgendwo am Meer“ hat Adriana Popescu es erneut geschafft, mich vollständig von ihrem literarischen Können zu begeistern. Sie schreibt vielschichtig, lebendig und trifft dabei authentisch den jugendlichen Sinn der Zeit. Große Sommerempfehlung!

Bewertung vom 08.05.2019
Die Suche nach dem Wunschzauber / Land of Stories Bd.1
Colfer, Chris

Die Suche nach dem Wunschzauber / Land of Stories Bd.1


sehr gut

„Es war einmal…“ – Diese Phrase leitet nicht selten Märchen und Sagen ein und entführt ihre meist jungen Zuhörer mit den magischen drei Worten in eine fantasievolle Welt. Was sich in Deutschland vor allem durch die Brüder Grimm als feste Formel zum Einstieg in diese Gattungserzählungen etablierte, wird auch in dem dieses Jahr erst erschienenen Roman „Land Of Stories – Die Suche nach dem Wunschzauber“ als Einleitung in die Handlung verwendet. Rufus Beck, der Sprecher des zugehörigen Hörbuchs, bezeichnete vorliegendes Werk als „Grimms Märchen 2.0“. Ob es dieser Vergleich meiner Meinung nach berechtigt ist, das möchte ich im Folgenden erläutern.

Sechs Jahre hat es gedauert, bis der Auftaktband der im Original bereits sechsteiligen Reihe auf Deutsch erschienen ist. Wir dürfen auf knapp fünfhundert Seiten – was, nebenbei gesagt, für ein Fantasybuch, das sich an die Zielgruppe von Kindern bzw. jungen Jugendlichen richtet, ein ziemlich großer Happen ist – die beiden Zwillinge Alex und Conner auf einer turbulenten Reise durch das magische Reich begleiten. Was für ein Glück, dass die beiden Figuren zwei liebenswerte Charaktere sind, die ihr Herz am rechten Fleck haben, und mich als Leser durch ihre neckischen Streitereien amüsieren konnten. Selbstverständlich, und da muss ich noch einmal das junge Lesepublikum, auf das der vorliegende Roman erstrangig abzielt, betonen, verhalten sich die Hauptpersonen an einigen Stellen zu eindimensional: Sie werden teilweise in der Erzählung auf das Klischeebild, das beide erfüllen, reduziert. Schön ist es daher zu sehen, eine wie rasante und authentische Figurenentwicklung sie durchschreiten.

Die Grenze zwischen Gut und Böse ist, wie es sich für ein ordentliches Märchen gehört, klar gesetzt. Der Antagonist, der erst recht spät an Bedeutung für die Gesamthandlung gewinnt, kann durch seine nachvollziehbaren Motive und einer überzeugenden Vergangenheit überraschen und begeistern. Weiterhin treten während der Reise verschiedene Nebenfiguren an die Seite der Zwillinge und bereichern sie durch Rat und Tat.

„Land Of Stories“ ist eine wahre Hommage an all die Märchenerzählungen, die sich als Kindheitsgeschichten etablieren konnten. Wer sich als Leser auch nur im Entferntesten an die Sammlung der Brüder Grimm erinnert, der wird mit den zahlreichen Parallelen, die man in dem Buch auffindet, seine helle Freude haben. Dabei führt Autor Chris Colfer seinen Ideenreichtum zu einem überzeugenden Gesamtwerk zusammen, das durch seinen Abwechslungsreichtum ununterbrochen kurzweilige Unterhaltung bietet und sein Lesepublikum von der Magie und Fantasie der Märchenwelten überzeugen möchte – und das glückt ihm.

Das Ende vereint einige unvorhergesehene, spannende Wendepunkte, die wirklich Freude bereiten und das erzählerische Geschick des Autors zur Schau stellen. Insgesamt umfasst das Gesamtwerk aber nun einmal knapp fünfhundert Seiten, die man dem Roman leider an einigen Stellen deutlich anmerkt. Es fehlt teilweise die Raffinesse, die Kurzweile, die Geschwindigkeit – und genau da, wo das Erzähltempo so stark abbremst, hätte ich mir ein wenig mehr Fokus auf das Fortschreiten der Handlung gewünscht, um das stetig hohe Spannungsniveau aufrecht zu erhalten.

Insgesamt, und hier greife ich auf den Anfang dieser Besprechung zurück, hat „Land Of Stories“ aber den Vergleich mit Grimms Märchen mehr als verdient. Ich bin bereits jetzt ziemlich gespannt auf die Fortsetzungen, die im Halbjahrestakt auf Deutsch übersetzt erscheinen werden. Für jeden, der sich nach dem Klappentext angesprochen fühlt oder mit seinen nicht ganz jungen Kindern nette Vorleseabende verbringen möchte, sei an dieser Stelle definitiv eine Leseempfehlung ausgesprochen.

„Land Of Stories“ ist ein magisches Lesevergnügen für Groß und Klein, das durch seinen schieren Ideenreichtum in den Bann ziehen kann.

Ich vergebe hier gerne vier von fünf möglichen Sternen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.05.2019
Borderland
Schwindt, Peter

Borderland


sehr gut

Essenziell für die Qualität einer jeder Buchbesprechung ist wie bei jedem gärenden Wein die Dauer, die man zwischen dem Beenden der Lektüre und dem Verfassen der Rezension verstreichen lässt. „Borderland“ von Peter Schwindt ist ein Jugendbuch aus dem Fischer-Verlag, auf das ich direkt durch das wunderschön gestaltete Buchcover aufmerksam geworden bin. Es ist schwer, die Handlung in ein bestimmtes Genre einzuordnen, denn das Werk arbeitet schubladenübergreifend, nicht-kategorisch. Nun sind es etwa sechs Wochen her, seit ich das Buch fertig gelesen habe, und diese Verzögerung ist zweifelsohne mit der fehlenden Motivation und der inneren Unzufriedenheit für diesen Blog zu begründen, die sich in unregelmäßigen Abständen an mich heranschleicht. Dennoch wirkt in mir noch ein spannendes Nachgefühl zu „Borderland“, das und dessen Folgen ich im Folgenden näher erläutern möchte.

Positiv aufgefallen ist mir, dass das Buch trotz seiner offenen Handlung ein Vorne und ein Hinten besitzt. Der Autor schlägt geschickt die überbordende Brücke von dem Einstieg in die Geschichte, dem Prolog, bis hin zum Ausklang der Erzählung. So wird zwar viel Raum für Interpretationen übrig gelassen, dennoch fühlt sich das Buch an richtiger Stelle beendet und abgeschlossen an. Peter Schwindt entführt sein Lesepublikum von der ersten Seite an in einen wunderbaren, poetischen und aufblühenden Roman, der sich jedoch nicht jedem Leser entfalten wird.

Eine der größten Stärken, die „Borderland“ aufzuweisen hat, ist die Ausarbeitung der verschiedenen Charaktere, die das Figurenensemble zu bieten hat. Es gibt nur wenige Personen, die für das Fortschreiten der Handlung tatsächlich essenziell sind. Diese werden jedoch mit dem nötigen, „schreibsteller’schen“ Feingefühl ausgearbeitet. Keiner von ihnen fehlt es an emotionaler Tiefe, charismatischer Wirkung und nachvollziehbaren inneren Gedankenvorgängen, sodass es eine wahre Freude ist, die Menschen, die man auf nur etwa zweihundertfünfzig Seiten wertzuschätzen lernt, allen voran natürlich der Protagonist Vincent, auf einer sehr persönlichen und intimen Entwicklungsreise zu begleiten.

Besonders die Zwischenmenschlichkeit; die emotionalen Bindungen, die die Figuren zusammenhalten, treten in diesem Buch gesondert betont auf. Mit einem lockeren, zugleich ehrlichen und authentischen Schreibstil schafft es der Autor nicht nur, seine Figuren hervorragend zu etablieren, sondern auch die Leidenschaft der Charaktere zur Musik glaubwürdig auf die Seiten zu zaubern.

Doch glaube ich, dass sich die Lektüre nicht für jeden Leser öffnen wird. Man muss ein gewisses Interesse gegenüber dem Geheimnisvollen, Transzendenten aufweisen – auch offen gegenüber der Möglichkeit, abweichend vom Klappentext überrascht zu werden. Es ist eine Geschichte voller Lebensmut und Kraft und eine wahre Inspiration für jedermann. Eine Erzählung, die zum Vertrauen anregt, zur Freundschaft, aber auch zum Weinen und Emotionen-zeigen. Ein Buch wie eine Trance, die uns aus dem hektischen, farblosen Alltagsleben holt und explosiv wirkt wie das Farbenspektakel auf dem Buchcover. Das Buch ist spannend, mitreißend und vor allem eines: mysteriös.

Neben den außergewöhnlichen Elementen, die sich in dem Roman tummeln, ist „Borderland“ aber ganz grundsätzlich eine Coming-Of-Age-Geschichte eines Jungen, der kürzlich auf tragische Art und Weise seinen Vater verloren hat, dessen Mutter im Krankenhaus liegt und der auf sich allein gestellt ist.

Man muss sich als Leser darauf gefasst machen, dass der Erzähler nicht für jede neue Schiene, die er einschlägt, eine Antwort parat hält. Leider wird schon recht schnell klar, wohin sich grob das Buch weiterentwickeln möchte, und ich lag dabei mit meiner ersten Vermutung nicht falsch. Weiter gibt der Roman für seine Leserschaft aber so wenige konkrete Stützen, aus denen man sich persönlich seine eigenen Inspirationen und persönlichen Eindrücke hätte ziehen können, finde ich etwas schade.

[...]

Bewertung vom 19.04.2019
Die Stille zwischen den Sekunden
Witte, Tania

Die Stille zwischen den Sekunden


gut

Schon auf den ersten Seiten beweist die Autorin, wie rasch sie ihre Leserschaft in den Bann ziehen kann. Mit einem lebendigen, authentischen Schreibstil entführt sie ihr Publikum in eine abwechslungsreiche, spannende Handlung. Dabei verwendet sie geschickt angenehm unauffälligen Jugendslang, der eine lockere Note in das Buch mitbringt und mit dem sich sicherlich ein Großteil der potenziellen Zielgruppe identifizieren kann. Ebenfalls webt sie, wie in meinem vorherigen Blogbeitrag bereits ausführlich erklärt, sogenannte „WhatsApp-Dialoge“ mit ein, die es möglich machen, die Erzählung aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.

Mara ist eine Figur, die zwar die gesamte Handlung mühelos auf den Schultern tragen kann, mit der ich zwischendurch aber dennoch meine Probleme besaß. Viele ihrer Gedankengänge und folgernden Aktionen scheinen lange nicht nachvollziehbar. Sie bleibt für den Leser durch ihre wenig persönliche, etwas wechselhafte Art beinahe durchwegs unnahbar. Hier wünsche ich mir von der Autorin mehr Fokus auf die Figur selbst. Wenn sie fast in einem Attentat gestorben wäre, weshalb kümmert sie sich dann einen Großteil in der Erzählung um ihre Freundin?

Etwas allgemeiner ausgedrückt, fehlt mir während „Die Stille zwischen den Sekunden“ der rote Faden. Natürlich, so wirkt es unvorhersehbar und spontan, wie das echte Leben. Aber mir erschließt sich nicht, auf was die Autorin mit ihrem Werk besonderen Wert legen möchte. Es gibt so viele unterschiedliche, zweifelsohne wichtige Aspekte in dem Buch, die sie anspricht, aber diesen Bogen zieht sie nie wirklich zu Ende.

Apropos „Ende“: Ich weiß nach wie vor nicht genau, was ich davon halte. Es ist nun schon einige Zeit verstrichen, seit ich das Buch beendet habe. Ich kann an dieser Stelle nicht genau ins Detail gehen, weil es schlicht und einfach zu viel über den Inhalt preisgeben würde. Zwar konnte mich die Autorin sichtlich überraschen (und ich denke, wirklich niemand hat mit einem solchen Ende gerechnet), aber möchte sich diese ungeahnte Wendung nicht in das Erzähltempo, der Struktur des restlichen Werks anpassen. Hier wurde viel gewagt, aber nicht hundertprozentig gewonnen.

Dennoch möchte ich das Buch an dieser Stelle ausdrücklich weiterempfehlen! Es hat mich nie gelangweilt, sondern gut unterhalten. Es gibt definitiv viel Redebedarf, nachdem man die Lektüre beendet hat. Von mir gibt es hier neben einer Leseempfehlung aber den ausdrücklichen Hinweis, dass man sich nicht zu sehr auf den Klappentext verlassen sollte. Der verspricht nämlich etwas anderes, als das Buch letztendlich einhalten kann.

„Die Stille zwischen den Sekunden“ ist eine unterhaltsame Jugendlektüre, die in spannendem Tempo wichtige Aspekte einbringt, der es jedoch in der Struktur an einem roten Faden mangelt.

Deswegen vergebe ich hier gut gemeinte drei von fünf möglichen Sternen.