Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
LindaRabbit
Wohnort: 
Freiburg
Über mich: 
Leseratte erster Klasse!

Bewertungen

Insgesamt 248 Bewertungen
Bewertung vom 29.12.2022
Die Polidoris und der Pakt mit der Finsternis / Die Polidoris Bd. 1
Fislage, Anja

Die Polidoris und der Pakt mit der Finsternis / Die Polidoris Bd. 1


sehr gut

Petronella Polidori

und die Wandernden Wände im Haus der Großeltern und noch weitere skurrile Erscheinungen. Und dann erst die Großeltern selbst, Hein und das Haus überhaupt. Ein verwitterter Zaun aus Pottwalknochen...

Dann kommen die drei kleinen Polidoris an, Roberta (die Edle), Pellegrino (der Alleswisser) und Petronella (die Vorlaute), jedes der Kinder ein eigener Typ. Polidoris eben. Die anderen Großeltern (die Schmidts) wollen eigentlich nicht, dass die Kinder im Polidorium einziehen. Und von der ersten Sekunde an umwirbt sie dieser geheimnisvolle Ort. Doch da sind die Zeichenbücher des Vaters, Dr. Oscar, und den Zwillingen wird klar, ihr Vater ist ein großes Talent mit vielen kleinen und größeren Geheimnissen.

Die Eltern sind mit ihrem Schiff verschollen. Wo sind Dr. Oscar und Dr. Stella? Die Großeltern kümmern sich jetzt um die Kinder, ob das so richtig ist? Denn da gibt es eine Postkarte...Und da ist Mausgret, Hodder Morkel, Puffi, und nicht zu vergessen - die seltsame Marie-Hedwig in der Schule - ... lauter schräge Typen in einem schrägen Haus...Doch Roberta, die künftige Schriftstellerin findet Luc gut und was wird daraus?

Interessant geschrieben, ständig passiert was Neues, die Gefahrenmomente sind enorm. Oder doch nicht? Wer ist Feind, wer ist Freund? Und dann die Angst, die gilt es zu überwinden. Ein Mutmacherbuch...

Der erste Band einer neuen Serie. Voller schräger Einfälle und schrägen Zeichnungen, doch so liebevoll. Sehr schön!

Hübsches Umschlagsbild. Wo alle Polidoris und Geister drauf sind.
Sehr interessant geschrieben, Fantasie anregend.

Bewertung vom 29.12.2022
Für ein fittes Immunsystem
Hutterer, Dr. Christine

Für ein fittes Immunsystem


sehr gut

Immunstärkung

Ein kleines, aber feines Buch als Ratgeber von der Stiftung Warentest – gut für das Regal: Griffbereit zum Nachschlagen... mindestens kurz vor der kalten Zeit. Mit sehr nützlichen Tipps, Ratschlägen und Anregungen...

Erklärt wird – wie das Immunsystem funktioniert und wie wichtig dabei auch der Zusammenhang zwischen einem gesunden 'Geist und der dazu funktionierenden Seele' ist (Psyche), wie man die Abwehrkräfte stärkt. Und auch das leidige Thema Allergien bleibt nicht unerwähnt... (fast jede:r hat so eine Allergie... woher das wohl kommt?). Ganz wichtig das andere wichtige Thema - Schlaf und wie wichtig ausreichend und guter Schlaf für das Immunsystem ist. Auch Ernährung – gesunde Ernähung - und die richtige Balance zwischen Mineralstoffe und Vitamine wird erwähnt.

Die Checklisten und netten Anzeigebilder (wie was wie gemacht wird) sind nützlich. Sozusagen die 'dummy' Version der großen Gesundheitsratgeber.

Umschlag – ein kräftiges Himmelblau (Hoffnung?). Die großen Wikingerschilde, entsprechend hochgehalten, zeigen an, dass mit den 'Schilden' die Viren, die ziemlich Ähnlichkeit mit dem Corona Virus haben, abwehren helfen... Auffällig auf jeden Fall...

Bewertung vom 29.12.2022
The Dark
Haughton, Emma

The Dark


gut

Im ewigen Eis und in völliger Dunkelheit – Antarktis Thriller

Kate, Notärztin, sagt zu auf einer UN-Forschungsstation in der Antarktis zu arbeiten. Eine gute Ablenkung, denkt sie, denn sie hat traumatische Erlebnisse zu überwinden. Auf dem Weg zur Forschungsstation zweifelt sie jedoch, ob sie die richtige Entscheidung gefällt hat. Völlig abgeschnitten von der Welt, mit zwölf unbekannten Personen, wird sie hier im Eis die nächsten sechs Monate verbringen. Anfänglich noch im Hellen bis dann die Sonne für sechs Monate verschwindet.
Mit dem gleichen kleinen Flugzeug, mit dem Kate ankommt, verschwindet auch der Arzt, der die Station betreute. Ein Übergangsarzt: Sie lernt schnell, dass jedoch der eigentliche Arzt, Jean - Luc, an einem Unfall verstarb (bei einer Teambuilding Maßnahme in der Eiswüste) und seine Leiche irgendwo in einer Gletscherspalte hängt.
Seltsam, seltsam alles... Kate ist unsicher, Kate schluckt Tabletten, Kate interessiert sich für den männlichen Teil der Crew (so wie es aussieht sucht sie nach einem neuen Partner).

Ist der vorletzte Arzt der Forschungsstation ermordet worden? Verdachtsmomente kommen auf, werden artikuliert. Kate grübelt, traut sich aber nicht nachzufragen, traut ihren Empfindungen nicht, sondern betäubt diese – Tablettenabhängig. Sie schluckt fleißig, plündert den Medizinschrank der Station und beginnt ihr erstes Techtel. Weitere Menschen sterben...

Am Anfang liest es sich zäh, als lesender Mensch muss man durch viele innere Kämpfe von Kate durch. Der Fuchs, der ihr nächtens auf der Brust sitzt... ihre Selbstzweifel, selbst im medizinischen Bereich. Dann im letzten Drittel wird es sehr rasant, sehr spannend und voller dramatischer Wendungen...Dann ist es ein Thriller, so wie ein Thriller sein muss: Unvorhergesehenes... Spannung... Blut. Kate ist nicht eine Hauptfigur, der man einfach helfen will die Lösung zu finden, weil man sie sympathisch findet – im Gegenteil, man möchte sie an den Schultern fassen und schütteln. Laß' es, laß' es! Sie schafft es immer wieder sich selbst in die Bredouille zu bringen...

Die Eindrücke von der Antarktis und der Station sind sehr lebhaft beschrieben. Nordlichter und der reine, von Lichtverschmutzung freie Sternenhimmel. Schneekristalle. Schneeblindheit. Da hangelt man sich selbst an den Führungsseilen außerhalb der Station von 'Alpha' zum Iglu, rennt von 'Beta' wieder nach 'Alpha' oder fährt mit einem Schneemobil zum Sommerlager. Da drohen Erfrierungstode und manche überstehen das nicht. Da wird gekifft, getrunken, gevögelt, gefeiert, gut gegessen. Langsam nähert man sich den einzelnen Personen an und dann sind sie auch schon tot!

Das Hörbuch dauert über 13 Stunden. Und wie so oft bei Hörbüchern hat das leichten Suchtcharakter. An den Modulierungsmodus der Sprecherin, Tanja Geke, muss man sich erst gewöhnen, und auch, dass eine ältere Stimme eine Mittdreißigerin spricht (die Ich-Erzählerin Kate). Die Sprecherin versteht unterschiedliche Akzente zu intonieren, das kommt gut.

Die unterschiedlichen Charakter stoßen ab, nur ganz Wenige findet man zum Verlieben gut. Die Dramatik hebt zu erstaunlichen Höhen ab (selbst ein Kaiserschnitt mit einem Frühchen in eisiger Kälte und mit Stromausfall). Hier wird ein Register gezogen, dass nicht einschlafen lässt. Also frühzeitig anhören, sonst ist die Nachtruhe dahin...

Von Emma Haughton geschrieben und von Cornelia Röser auf Deutsch übersetzt.

Bewertung vom 18.12.2022
Autorenwegweiser
Cziehso, Gerrit P.

Autorenwegweiser


sehr gut

Was Sie schon immer mal schreiben wollten und sich noch nicht trauten, weil...

...Ihnen das Handwerkszeug fehlte? In Gerriet Cziehsos Ratgeber findet sich allerlei Handwerkszeug.
Das Äußerliche und die Aufmachung:
Ein kleines und praktisches Format, passt gut in eine Tasche für unterwegs. Das Buch kam mit einem Schreibblock (ebenfalls praktisch für schreibende Menschen) und Lesezeichen.
Auf dem Umschlagsbild – auffallend – ein burgundroter Pfad, der einen kleinen schwarzen Menschen (mit Schatten) auf dem Pfad Richtung Schreibfeder gehen lässt
Inhaltsverzeichnis:
Vorwort – der Autor sagt von sich, er sei Legastheniker (klasse, und er schreibt!)Die Idee (diesen Teil bin ich übergangen, weil ich überquelle von Ideen)
Der Schreibprozess - Die Überarbeitung - Die Veröffentlichung - Nach der Veröffentlichung - Schlusswort
Zusammenfassung. Liste der online verfügbaren Dokumente... mit einem Zugangscode! (Sehr praktisch!)
Summasummarum, das gesamte Buch ist auf den praktischen Nutzen angelegt. Was hat das Buch mir persönlich geholfen, das formuliere ich jetzt wie folgend:
a) meinen bisherigen Exposees habe ich einen druckreifen Klappentext vorgelegt...
b) ich habe mir sofort Schreibhefte zugelegt – für das Storybuch und für das Charakterbuch (ich habe das bislang Skelett und Lebensläufe genannt, aber Storybuch finde ich gut und Charakterbuch auch). Ich habe alles bislang in meinem PC verewigt, aber so eine Kladde (Schreibheft) ist wirklich besser – zum schnellen Nachblättern, Nachschlagen oder etwas noch dazu zu schreiben...
c) die im Buch vorgestellten Schemata habe ich ernsthaft in Überlegungen einbezogen (manche aber abgelehnt, weil es meine künstlerische Freiheit doch zu sehr beeinträchtigt)
d) der Ratgeber ist eine gute Anleitung, zum sich Gedanken machen... doch ob und was ich davon anwende, ist dann wieder meine Angelegenheit.

Große Empfehlung für diejenigen, die schon immer ein Buch schreiben wollten. Und für diejenigen, die bereits ihren Traum vom eigenen Buch am Verwirklichen sind – schnell einbaubare Tipps wie sie den Arbeitsprozess und die Vermarktung intensivieren können.
Ein Ratgeber, den ich gerne gelesen habe und auch weiterempfehlen kann

Bewertung vom 02.12.2022
Die Sehnsucht nach Licht
Naumann, Kati

Die Sehnsucht nach Licht


ausgezeichnet

Im Erzgebirge – der Ort Schlema und die Steiners, Generationen und Geheimnisse

„Die Sehnsucht nach Licht“ heißt der neue Roman von Kati Naumann.

Das Schlematal im Erzgebirge: Luisa Steiner arbeitet im Besucherbergwerk. Alle Steiners waren immer 'Unter Tage eingesetzt'. Angefangen im Jahr 2019 mit dem jüngsten Sproß der Steiners, Luisa, springt der Roman zwischen dem heute (2019) zurück zum Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts (1908). Doch an diesem einen Tag, mit dem der Roman beginnt, stellt ein Junge bei der Führung bohrende Fragen, die auch zu Fragen von Luisa an die noch lebenden Familienmitgliedern führen und deren Suche nach Antworten letztendlich mehr zum Verbleib des verschwundenen Rudolfs beitragen. 

Rudolf und sein Schicksal ist eng verbunden mit Schlema, mit der Hoffnung der einfachen Bergarbeiter und Bergarbeiterinnen auf eine bessere Zukunft, doch immer wieder gebremst durch weltpolitische Umstände. Doch da ist auch noch Michaela mit ihren Fragen zu ihrem Vater... Emotionale Momente auf dem Weg zum Licht, auch in aufklärerischer Sicht. Ergreifend wie eng die Familie Steiner und alle, die dazu gehören, angeheiratet, befreundet oder kollegial verbunden, miteinander sind. Unvergesslich die Situation, dass die ehemaligen Bergleute im Keller ihren eigenen Schacht inszenieren...

Zur besseren Orientierung steht die Jahrzahl über dem jeweiligen Kapitel: Von 1908 bis 2019 zieht sich über alle historischen Zeitläufe die Geschichte des Ortes Schlema, anhand der Bergarbeiterfamilie Steiner (mit fünf Generationen). 

Die Autorin recherchierte intensiv vor Ort im Erzgebirge und in Archiven, um möglichst relevante Informationen für den jeweiligen Zeitabschnitt zu sammeln. Damit unterhält sie den Lesenden mit historischen Ereignissen in der Region, epochalen Momenten im Großen, die jeden im Einzeln betreffen (Erster Weltkrieg und Folgen, Weimarer Republik, Nazi-Zeit, Zweiter Weltkrieg, Besetzung durch die Sowjets, Aufbau der DDR bis zur Jetzt - Zeit) und verknüpft damit die Geschichte der fiktiven Bergarbeiterfamilie Steiner.
Auf den rund 400 Seiten fließen die Handlungsstränge ineinander, so wie das Leben der Steiners sich abgespielt haben könnte. Es wird geliebt, gestorben, Unfälle passieren und es verschwinden plötzlich Menschen aus dem Leben in Schlema. Es könnte tatsächlich ein Buch über jene real existierende Bergarbeiterfamilie sein, doch nein – es ist ein Roman!

Der Roman, unterteilt in 35 Kapitel, liest sich dermaßen spannend, jedes Kapitel hat seine Höhepunkte und Tiefgänge - verknüpft mit den tatsächlichen Begebenheiten vor Ort - Erzabbau, Radon und Uranerz, wilder Bergbau, Einbrüche und Gefahrenmomente für alle Bewohner von Schlema. Ergänzend führt eine Zeittafel zum Bergbau im Erzgebirge, veranschaulicht eine Landkarte den regionalen Bezug, erklärt ein Stammbaum der Familie Steiner die einzelnen Personen. Und zum Schluss erzählt in einem Interview die Autorin Hintergründe zur Geschichte und zu ihrer fundierten Recherche.

Stil: Der Bergbbau, das Leben in Schlema, die historischen Epochen (vor den Kriegen, dazwischen, sowjetische Besatzungszeit, DDR) wird lebhaft, detailliert und vor allem auch mit sehr viel Regionalem dargestellt. Es liest sich gut und Begriffe aus dem lokalen Dialekt machen den Text noch authentischer. 

Bewertung vom 28.11.2022
Zeit der Sehnsucht / Die Töchter der Ärztin Bd.1
Sommerfeld, Helene

Zeit der Sehnsucht / Die Töchter der Ärztin Bd.1


gut

Fortsetzung der Familiensaga um eine Ärztin, Berlin und Ostafrika

Das Autorenpaar 'Helene Sommerfeld' erzählt in ihrem neuen Roman "Die Töchter der Ärztin" – wie es im Titel heißt – von den beiden Töchtern der Ärztin Ricarda / Rica Thomasius (Henriette / Henny und Antonia /Toni). Die Mutter ist die Titelheldin der früheren Romanreihe "Die Ärztin" (die ich nicht kenne). Da die im Roman vorkommenden Charakteren bereits in den früheren Büchern eingeführt wurden, ist es gut sich mit dem hinten angehängten Stammbaum und dem Personenregister bekannt zu machen.

Die Thomasius Frauen sind selbstbewusst und im großen Ganzen zielorientiert. Der Roman spielt in der Zeit Ende der 1920ger, Handlungsorte sind Berlin und Ostafrika. Toni reist nach Ostafrika, Tanganyika, in die Hauptstadt Daressalam (was heute Tansania heißt, weil das Land, zusammen mit Sansibar, als Nation fungiert) und später nach Kenia, um dort zu helfen.

Antonia geht für fast zwei Jahre nach Ostafrika (Tansania und Kenia). Dieser Aufenthalt in Afrika ist emotionsgebunden für sie, denn als Kind hielt sich dort auf und sie beginnt sich zu erinnern. Auf dem Schiff, dessen Passage sie sich als Krankenschwester verdienen muss, lernt sie auf dem Oberdeck (eigentlich verboten für sie) Ben kennen und tanzt mit ihm auf dem Deck. Sie verguckt sich in den gutaussehenden und charmanten Ben, der auf einer Farm in Kenia lebt.
In Berlin wohnen die Mutter und die ältere Schwester Henny, beide führen ihre eigene Praxis. Die ältere Tochter ist alleinerziehend. Bis dann ihr geschiedener Mann plötzlich wieder auftaucht.

Antonias Zeit in Afrika führt auch in das lokale Leben der Menschen ein, von dem sich sonst die Expatriierten fern halten. Abgrenzungen passieren auf allen Ebenen: Die Hellhäutigen wollen nichts mit den Dunkelhäutigen zu tun haben, die Indischstämmigen nichts mit dem afrikanischen Menschen. Antonia baut eine kleine Gesundheitsstation für Einheimische auf.
Doch dramatische Entwicklungen hemmen das Leben von Antonia in Ostafrika.

Da ich mich in Ostafrika (Kenia und Tanzania) gut auskenne und auch die örtliche Literatur sehr gut kenne, kommen mir einige Szenen sehr bekannt vor:
Kiambu in Kenia (Bens Farm) kenne ich, die Massai Mara kenne ich, auch Dar (die Hauptstadt von Tansania) kenne ich, wo Toni die anfängliche Zeit verbringt.
Die Szene mit den Löwen am Grab einer der Hauptfiguren erinnert mich an 'Out of Africa' von Karen Blixen, wo am Grab von Finch Hatton in den Ngong Hills auch angeblich Löwen wachten. Karen verlor ihren Geliebten durch einen Flugzeugabsturz (kleine Maschine), Finch Hatton stürzte auf der Suche nach Elefanten ab. Karen Blixen und Finch Hatton spielen heute in Kenia noch eine große Rolle.
Bei der großen Party auf der Farm in Kiambu ist auch die damals noch in Kenia weilende Karen Blixen eingeladen und unterhält sich mit Toni darüber, dass sie im Land gescheitert ist und zurückkehrt nach Europa. (Da ich rund ein Jahrzehnt in Kenia gelebt habe – es gibt tatsächlich einige, die dort überlebt haben und auch heute noch in 2. und 3. Generation dort leben).

Das Buch ist leicht zu lesen. Titelbild ist auf der Vorderseite sehr afrikanisch inszeniert, auf der Rückseite das Brandenburger Tor.

Bewertung vom 28.11.2022
Das letzte Versprechen
Lind, Hera

Das letzte Versprechen


gut

Banater Schwaben und ihr Schicksal – Anni!

„Das letzte Versprechen“, ein Buch der Autorin Hera Lind, als Roman deklariert (nach einer wahren Geschichte), was ich eher als eine biografische Erzählung bezeichnen möchte.

Das über 400seitige Buch stellt die Lebensgeschichte von Anni Pfeifer aus dem Banat (Jugoslawien) vor. Die Banater Schwaben oder Donauschwaben sind im 17. Jahrhundert in das Gebiet Banat (Lazarfeld) gezogen, um das sumpfige Land urbar zu machen, das jener reiche Lazar kaufte und damit die Donauschwaben anlockte. Heute leben von den ehemals ½ Million Banater Schwaben nur noch etwa 10.000 dort. Alle anderen sind entweder nach Deutschland migriert oder brutal mehr oder weniger ausgerottet worden. (Dass was die Nazis den Juden angetan haben, haben Russen und Serben den Banaterschwaben angetan).

Weihnachten 1944 im Banat, russische und serbische Soldaten fallen in das Dorf von Anni und ihrer Familie ein. Männer sind bereits vorher verschleppt worden. Amalie Pfeifer muss mit 180 weiteren Frauen aus dem Dorf in ein Arbeitslager nach Sibirien. Die älteren Bewohner des Dorf pfercht man in ein Internierungslager ein, die Kinder in ein Kinderheim, wo man sie ihrer deutschen Kultur entfremden möchte:
Anni Pfeifer, fünf Jahre alt entreißt man den Händen ihrer Mutter Amalie. Die Mutter bittet Annis Großmutter um das Versprechen, das Kind nie alleine zu lassen. Trotz brutaler Gewalt gegen die alte Frau lässt sie das Mädchen nicht alleine. Die Oma schwingt sich noch in letzter Minute heimlich auf den Zug und fährt mit der Enkelin mit. Nach sorgfältiger Vorbereitung ermöglicht sie der Kleinen die Flucht aus dem Kinderheim und nimmt sie in das Internierungslager mit (die Kinder im Kinderheim sollen, mit einer neuen Identität versehen, sich nicht mehr daran erinnern Deutsche zu sein).

Die Mutter Amalie dagegen vegetiert in Sibierien in einem Lager, wo innerhalb kurzer Zeit die Hälfte der Frauen sterben und sie in einem Bergwerk Schwerstarbeit leisten muss, ohne genügend Essen, Arbeitskleidung oder medizinischer Versorgung. Ein Wunder, dass sie überlebt. Doch nach fünf Jahren wird sie plötzlich nach Deutschland entlassen. Über Umwege kommt sie im kriegszerstörten Deutschland nach Bayern. Amalie schafft es ihr Kind und die noch lebenden Großeltern in die gleiche Region zu holen.

Die flügge werdende Anni trifft auf ihren (Bauernsohn) 'Hans im Glück'. Doch auch ihr weiteres Leben ist nicht vom Glück geprägt. Das Leben mit der Mutter bleibt anstrengend für Tochter und Mutter, die Erlebnisse in der Heimat Banat und in Sibirien sind nicht verkraftbar.

Ein nachdenklich machendes Buch: Die Geschichte der Banater Schwaben – eine schlimme Geschichte, die Geschichte der Sieger! Und so wie es nie sein sollte, wenn Länder kriegszerstört wurden... Für Geschichtsinteressierte!
Das Umschlagsbild ist unpassend für diese brutale Erzählung.

So viel ich mitbekommen habe, konzentriert sich Frau Lind nun überwiegend auf solche biografischen Erzählungen.
Die Erzählung in ihrer Brutalität macht betroffen. Der Schreibstil hört sich an wie wenn er ziemlich 1:1 aus den Schreibheften von Anni übernommen wurde.

Bewertung vom 27.11.2022
CATAN Bd.1
Teuber, Klaus

CATAN Bd.1


ausgezeichnet

Catan – die sonnige Insel, Björn Einarson erzählt...
Das Buch CATAN (ein 551 Seiten Roman von Klaus Teuber und der erste einer dreiteiligen Familien-Saga) entwickelte der Autor aus seinem Spiel Catan, in dem sich Siedler eine neue Welt bauen.

Frühes Mittelalter – 9. Jahrhundert: Im Prolog spricht Björn davon, dass er mit dem letzten seiner Vorfahren, der die lange Reise mitmachte, drei Jahre vor dessen Tod über sein Leben redete...

Die Geschichte beginnt im Norden von Europa im Jahr 859 mit einer 'Verbotenen Liebe': König Halldor will seine Töchter an seine politischen Verflechtungen gewinnbringend verschachern, um seinen Machtbereich zu vergrößern. Seine selbstbewußten Töchter (die beiden Älteren) widersetzen sich dem. Drei Halbbrüder, Thorolf, Yngvi und Digur, helfen ihnen bei der Flucht, wobei die Älteste, Asla, sowieso bereits schwanger von Thorolf ist und mit ihm leben möchte.
Wutentbrannt erklärt Halldor, dass seine Töchter nicht mehr zu seinem Hof gehören und erklärt sie zu Unfreien. Brandschatzend überzieht der bösartige Herrscher das Land mit seiner Rache, obwohl er bereits viel Silber als Strafe für den Entzug der Töchter erhielt und die drei Söhne von Fürst Ulrik in die Verbannung für sieben Jahre geschickt werden.
Im ersten Teil beginnen die Vorbereitungen für eine lange Seereise, denn ein Sklavenhändler schwärmte den Brüdern von einer sonnigen Insel im Atlantik vor. Mit reisewilligen Siedlern (Arme, Zweit – und Drittgeborene Söhne und diejenigen, die durch das Brandschatzen alles verloren) machen sich die Brüder mit einer Flotte von Knorren (Schiffe) auf in Richtung dieser geheimnisvollen Insel Catan.

Spannend wird die nicht gefahrlose Reise der drei Brüder und ihrer Mitreisenden beschrieben (mit manchen Abenteuern und Begegnungen unterwegs). Bis sie dann eine Insel im Atlantik finden, die sie Catan nennen (sie scheint aber nicht die ursprünglich anvisierte Insel Catan zu sein). Die Insel stellt sie vor Herausforderungen jeglicher Art. Können die Siedler sich ein neues und besseres Leben aufbauen?

Mit dramatischen Erlebnissen wird in kurzen Episoden vom neuen Lebensabschnitt berichtet. Wie in jeder Gemeinschaft wird gefeiert, entstehen Liebesbeziehungen, gründen sich Familien, wird in der Landwirtschaft und im Handwerk gearbeitet, Erfinder:innen erschaffen Neues und das Leben verbessert sich. Aber es passieren auch grausame Dinge (Mord- und Totschlag, Lug, Betrug und Diebstahl). Doch es geht fieberhaft weiter im Roman. Keine langweiligen Passagen, sondern immer etwas Neues, was die Aufmerksamkeit fesselt. Helden und Heldinnen sind sympathisch dargestellt, gewinnen oder verlieren auch Sympathiepunkte. Kinder werden geboren, Ältere sterben. Doch das neue Leben fordert die Konservativen heraus, weil es genügend gibt die gerne eine neue Lebensform leben wollen – Zwiespalt zwischen Wikingertraditionen und einer fortschrittlicheren Ordnung.

Gut geschrieben, ist das Buch unterhaltsam und macht Spaß zu lesen. Autor Teuber hat sehr gut zur Zeit des neunten Jahrhunderts recherchiert. Daten und Fakten stimmen (der irische König, die große Stadt Hedeby, etc.).
Umschlagsbild passend zur Zeit, Drachenboote und Wikingersymbole. Es sieht so plastisch aus, als ob es tatsächlich aus Holz geschnitzt wäre...

Darüber hinaus sind im inneren Teil des Einbandes eine Landkarte abgebildet, die den Weg der Brüder zeigen. Sehr hilfreich zum Nachverfolgen der langen Reise. Im hinteren Teil befindet sich eine Landkarte von Catan, was auch sehr nützlich ist, um sich mit den Begebenheiten vor Ort bekannt zu machen (wer wo und wie siedelt).

Hedeby – die alte mittelalterliche Stadt ist Haithabu in Schleswig – Holstein.

Bewertung vom 18.11.2022
This Charming Man / The Stranger Times Bd.2
McDonnell, C. K.

This Charming Man / The Stranger Times Bd.2


gut

Lustig, für ein paar heitere Stunden...

„Wenn ihr in dreißig Sekunden nicht alle hier im Zimmer seid, trete ich euch alle in euren Eins-Sechser!“
(Wer das verstehen will, muss sich erst durch einige Seiten im Buch ackern, dann kapiert man die Beschimpfung 'Eins-Sechser', zum Beispiel)

Banecroft, Chefredakteur der "StrangerTimes", Manchesters publizistischem Organ für alles Paranormale, ist ein nicht gerade sympathischer Zeigenosse und schon gar kein netter Chef (siehe Zitat oben).
Hannah, seine Stellvertreterin, ist diejenige, die alles am Laufen hält. Und da ist noch Manny mit dem seltsamen Geist; Grace, die sich mit Banecroft bis aufs Messer streitet; Stella mit seltsamen Kräften; Reggie und Ox. Und eben auch noch D.I. Sturgess...

Hannah hatte Scheidungsurlaub, joggt zur Arbeit und kommt genau richtig: Grace und Banecroft im 'showdown'. Eine seltsame Sanitärfirma, die Günstigste, baute im Badezimmer der Redaktion nicht nur eine unerwartet schöne Badezimmeranlage ein, sondern auch eine Falltür unter der Dusche. Volontärin Stella, mit magischen Kräften, sollte wohl entführt werden, nackt.

Die Geschichte bringt viel Alltägliches ein, was den Roman wirken lässt wie etwas direkt dem wahren Leben Nachempfundenem, mit eben abnormalen Wendungen (eine wütende Flußgöttin, sprechenden Hunden oder zumindest einen; einem Wahrsager, der immer die Wahrheit sagen muss - ob er will oder nicht; Vs, die es eben nicht gibt, Were und so weiter...). Die Sensationspresse wird durch den Kakao gezogen mitsamt Reality TV - Helden. Denn sie tun im Roman nichts anderes als aufzustacheln und Hassreden zu schwingen. Doch es gibt eben wahre Held:innen, die dagegen aufstehen... Auch humorvoll lassen sich Erkenntnisse gewinnen.

Skurril, britisch, seltsam.
Den ersten Band kenne ich nicht. Der zweite scheint sich an diese skurrile Zeitungscrew mit ihren Eigenarten anzuschließen.

Das Buch ist leicht zu lesen, stellt keine höheren Ansprüche an Intellektualität, sondern strapaziert nur die Lachmuskel. Vielleicht als Geschenk für Leute, die Skurriles lieben und nicht so die hoch versierten Leser:innen sind...

Buchumschlag: Lila mit einem offenem Holzschnittsarg, auf dem der Zettel hängt, 'out for lunch'. Allein das zeigt schon – Humor!

Bewertung vom 18.11.2022
Die Tochter der Hungergräfin
Spratte, Annette

Die Tochter der Hungergräfin


sehr gut

Wenn eine Mutter für das Erbe ihrer Töchter kämpft...

Im Roman 'Die Tochter der Hungergräfin' geht es um wahre Begebenheiten aus dem 17. Jahrhundert, also zu einer Zeit als Frauen Nullkommanull zu sagen hatten, auch nicht als adlige Damen. Der Roman beruht auf dem realen Leben der Gräfin Louise Juliane von Sayn-Wittgenstein-Sayn (geborene zu Erbach), sie heiratete Graf Ernst von Sayn-Wittgenstein-Sayn, der jedoch jung verstarb. Mit Ernst bekam sie sieben Kinder, die meisten von ihnen verschieden noch im zarten Kindesalter, so auch der Stammhalter. Die Gräfin blieb allein zurück mit zwei Töchtern. Nur eines ihrer Kinder überlebte, für die damalige Zeit im hohen Alter, die Mutter. Während über die Mutter einen Wikipedia Eintrag existiert, sind die Kinder nur am Rande erwähnt.

Das heißt, im Roman wurden von der Autorin Wahres mit Fiktion vermengt. Zugegeben, sehr unterhaltsam. So in ungefähr umfasst der Roman den Zeitraum von 1636 bis 1652, allerdings mit Lücken.
Die älteste Tochter von Mutter Juliane ist Ernestine. Im Einstieg erfährt man über Ernestine, dass sie sich ziemlich ungebührlich benommen hat und ihre erste Zofe schlecht behandelte. Daraufhin wurde sie von der Mutter zurecht gewiesen (was ein wichtiges Licht auf die Mutter wirft, was diese für eine Person war). Die Mutter ist politisch ziemlich versiert, intelligent und besaß den Durchblick im diplomatischen Geschäft, doch musste sie immer wieder um ihre Rechte kämpfen, weil eben Frauen keine Rechte besaßen.

Autorin Annette Sprattes gut recherchierter Roman erzählt die Geschichte der Mutter und ihrer zwei Töchter, unaufgeregt, mit historischen Details, aber unterhaltsam dargestellt. Das Leben der Älteren, Ernestine, könnte so verlaufen sein. Könnte...

Das Buch ist im Francke-Verlag erschienen, das Umschlagsbild zeigt in kühlen Farben (blau-schwarz) eine gut gekleidete Person, die an einem vergitterten Fenster steht und mit ihrem angezündeten Leuchter wohl hofft, dass Rettung naht. (Im Gegensatz zu sonstigen historischen Romanen ist auch hier das Titelbild, passend zum Schreibstil, schlicht).

Das Buch interessierte mich, weil ich mit einem derer von Sayn – Wittgenstein gearbeitet habe. Sagen wir mal so, trotz seiner beachtlichen Verwandtschaft und Einbettung in den so genannten Hochadel – ein bescheidener Mensch, der mich zuerst irritierte, weil mir sein Führerschein überreicht wurde zur Anmeldung bei der Arbeit und ich las 'Prinz XY von Sayn – Wittgenstein'. So wie er bescheiden auftrat, könnte auch die Gräfin gewesen sein.

Der Adel hat lange Jahrhunderte große Bedeutung gehabt in Deutschland. Seit der Weimarer Republik nicht mehr und das ist auch gut so! Nichtsdestotrotz kann die historische Bedeutung von Aristokraten aufgearbeitet werden, denn dies gehört zum geschichtlichen Erbe der Bundesrepublik Deutschland. Bewunderswert ist, wenn 'echter Adel' bescheiden und anständig auftritt (genauso wie echte Filmstars mit Können), im Gegensatz zu angeheirateten Partner:innen und Filmstars mit minderem Talent...