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Buchstabengeflüster

Bewertungen

Insgesamt 192 Bewertungen
Bewertung vom 01.02.2023
Die Herrschaft der Masken / Elias & Laia Bd.1
Tahir, Sabaa

Die Herrschaft der Masken / Elias & Laia Bd.1


ausgezeichnet

Magischer Pageturner

Elias steht kurz vor dem Abschluss der Militärakademie Schwarzkliff. Seit seiner Kindheit wurde er in effizienten und brutalen Kämpfen geschult um eine „Maske“ zu werden, doch er fühlt sich unter der silbernen Maske nicht wohl. Masken sind die grausamsten aller Kämpfer des Imperiums. Als eines Nachts Masken in Laias Heim eindringen, ihre Großeltern ermorden und ihren Bruder gefangen nehmen, bittet sie den Widerstand um Hilfe um ihren Bruder zu befreien. Doch dafür muss sie im Gegenzug undercover als Sklavin in Schwarzkliff arbeiten. Die beiden Protagonisten stehen auf völlig unterschiedlichen Seiten der Gesellschaft, doch beide kämpfen insgeheim für ein Leben, in dem sie frei und sie selbst sein können.

"Der Tod verdrängt alles. [...] Die guten Erinnerungen, die ich an diese Männer habe - an Lachen ohne Ende, an gewonnene Wetten und ausgeheckte Streiche - stehlen sich davon. Alles, woran ich noch denken kann, sind die schlimmsten Dinge, die dunkelsten Dinge.", Elias, S. 391

Das Buch stand schon lange auf meiner Wunschliste, weil alle so begeistert davon sind und ich kann mich dem nur anschließen! Sabaa Tahir hat eine grandiose Fantasywelt geschaffen. Durch die Masken ist sie einerseits total grausam und brutal, andererseits gibt es aber auch einige magische Elemente. Es ist nicht nur eine einfache Geschichte, in der das eine Volk herrscht und dabei das andere unterdrückt. Durch die Struktur der Herrschenden und die Geschichte des Landes wird die Situation im Buch vielschichtiger. Die Autorin hat dadurch eine extrem spannende Erzählung geschaffen, die mich oft überrascht und vor allem sehr viele Fragen aufgeworfen hat. Sabaa Tahir beschreibt Gefühle sehr bildhaft, besonders und so passend, dass ich die Worte, trotz ihrer oftmals schmerzhaften Bedeutung, einfach wunderschön finde. Ich will unbedingt mehr erfahren, Beziehungen besser begreifen und erneut in die Geschichte eintauchen. Auch die Charaktere sind sehr unterschiedlich, wobei es natürlich die eine Figur gibt, die von Grund auf böse ist, aber sonst sind es viele Persönlichkeiten, von denen man nicht alle durchschauen kann oder endlich mehr über ihr Leben erfahren möchte, wie zB bei Köchin. Ihre angedeutete Vergangenheit oder die undurchschaubaren Charaktere im Widerstand geben dem Geschehen viel mehr Spannung. Mehr noch als actiongeladene Szenen oder Kämpfe.

Die Kapitel werden immer abwechselnd aus Elias‘ und Laias Ich-Perspektive geschildert, deren beide Gefühle nachvollziehbar sind und die Protagonisten sympathisch machen. So vieles ist miteinander verwoben und durch die wechselnde Erzählperspektive schafft Sabaa Tahir ein umfassendes Bild von der Entbehrung und Gewalt in diesem Land. Laia hat anfangs nur ihre Fehler gesehen, ist im Laufe der Geschichte aber über sich hinausgewachsen. Elias hingegen erschien mir trotz seiner Empathie manchmal sehr naiv, was mich überrascht hat. Die Liebe der beiden entwickelt sich sehr langsam, ohne die fesselnden Ereignisse zu verdrängen, was mir gut gefällt. Teilweise handelt es sich um ein Liebesviereck, aber das hat sich glücklicherweise schrittweise gelöst.

"Alle Schönheit der Sterne bedeutet nichts, wenn das Leben hier auf der Erde so hässlich ist.", S. 257


Fazit:
„Elias & Laia – Die Herrschaft der Masken“ ist ein großartiger Auftakt der Tetralogie! Eine Geschichte voller Spannung, Brutalität, Fragezeichen und Wendungen. Auch wenn ich über Kleinigkeiten gestolpert bin, gaben diese der Geschichte noch mehr Spannung und ich will unbedingt wissen, wie alles ausgeht, wie Personen zusammenhängen und was bestimmte Figuren in der Vergangenheit erlebt haben. Ich bin begeistert von der fantasievollen und bildhaft geschriebenen Geschichte!

Bewertung vom 14.01.2023
Das Geheimnis des Orangengartens (eBook, ePUB)
Browne, Reena

Das Geheimnis des Orangengartens (eBook, ePUB)


sehr gut

Mysterös, geheimnisvoll, düster & fesselnd

Das Buch startet im Prolog direkt sehr erschreckend und düster. Eine Frau wird ermordet und verscharrt, was die Rahmenhandlung der Geschichte bildet und von der man unbedingt wissen will, wie es dazu kam.
Leandra ist Übersetzerin und soll den Auftrag der Schmuckmanufaktur Rufin ergattern. Doch als sie dort ankommt, wird sie von der Sekretärin abgewiesen, nur um von Herrn Rufin persönlich doch noch die Chance für den Auftrag zu erhalten, inklusive Kost und Logis in der alten Villa. Diese Seltsamkeit ist erst der Anfang, denn als sie in der Villa wohnt, hört sie geheimnisvolle Gespräche, spürt Ablehnung, vernimmt oft einen Orangenduft und wird schlussendlich unter Drogen gesetzt. Warum das alles? Und von wem?
Abwechselnd werden die Kapitel aus der Gegenwart und Vergangenheit erzählt. Dadurch lernt man Emilia Witt im Jahr 1899 kennen, die von ihrem Vater in eine lieblose Ehe verkauft wurde, in der ihr Mann und dessen Vater ihre Dominanz voll ausleben. Ihre Zuflucht ist das Gewächshaus im Garten mit dem imposanten Orangenbaum in der Mitte. Außerdem wird sie noch in die Familienprobleme und –fehden der Witts gezogen. Kann sie doch noch ihr Glück finden?

Reena Browne verwebt die Geschichten der beiden Frauen geschickt miteinander. Als Leser/in kann man durch einige Details Verbindungen zwischen den zwei Zeitebenen ziehen, z. B. die Namen der Familien, die großen Villa in Berlin und die Herstellung von Schmuck. Der Schreibstil der Autorin ist sehr flüssig und bildhaft und die beiden Zeitebenen gut dargestellt. Lediglich manchmal hätte ich mir eine genauere Erklärung einer Situation gewünscht um nicht im ebook zurückblättern zu müssen. Bei Romanen auf zwei Zeitebenen finde ich immer eine spannender als die andere, aber hier war dies nicht der Fall und ich bin den Protagonistinnen in beiden Zeiten gerne gefolgt. Zusätzlich zu dem großen Familiengeheimnis hat Reena Browne dem Buch einen etwas übernatürlichen Touch verliehen, weil Leandra in der Villa oft einen Orangenduft wahrnimmt, obwohl dort gerade keine solche Frucht in der Nähe ist, geschweige denn überhaupt noch der Baum in der Orangerie stehen würde. Dadurch wurde die Verbindung zwischen den beiden Zeitebenen intensiver und die Geschichte hat eine sehr geheimnisvolle und düstere Atmosphäre erhalten. Das Buch hat mich dadurch auch etwas an alte geschickt geschriebene Schauerromane erinnert. Es ist definitiv eine tolle Lektüre für die düstere Herbst- und Winterzeit. Das große Manko an der Geschichte waren die zwei Liebesbeziehungen, denn keine der beiden konnte mich überzeugen. Die Gefühle waren bei Emilia und Lenadra zu schnell da, manche Emotionen in der Vergangenheit sehr turbulent um ihnen kaum noch folgen zu können und von anderer Seite für mich nicht nachvollziehbar, da man nicht aus der Sichtweise von Tim der Gegenwart gelesen hat.

Das Geschehen im Prolog konnte ich beim Lesen bald in die Geschichte einsortieren und ist das zentrale dramatische Erlebnis, das Vergangenheit und Gegenwart, sowie die verschiedenen Familien, verbindet. Trotzdem ist die Geschichte noch spannend, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es dazu kam. Noch dazu gibt es in der Gegenwart auch einige überraschende Geschehnisse, die das Ende des Buches noch sehr fesselnd und mitreißend gestalten.


Fazit:
„Das Geheimnis des Orangengartens“ ist ein spannender und sehr mitreißender Roman über zwei Frauen, deren Leben von über 100 Jahren getrennt, aber doch miteinander verbunden sind. Die Geschichte spielt auf beiden Zeitebenen und erhält zunehmend eine etwas übernatürliche, düstere und geheimnisvolle Atmosphäre. Lediglich die beiden Liebesgeschichten konnten mich nicht erreichen, ansonsten kann ich das Buch besonders zur momentan dunklen Jahreszeit sehr empfehlen.

Bewertung vom 13.12.2022
Die Bücher, der Junge und die Nacht
Meyer, Kai

Die Bücher, der Junge und die Nacht


ausgezeichnet

Jahreshighlight, das sich direkt in mein Herz geschlichen hat

Die Geschichte beginnt mit einer spektakulären Flucht, als ein Großteil von Leipzig 1943 in Flammen aufgeht. Ein kleiner Junge, Robert, entkommt seinem Gefängnis inmitten von Büchern und flüchtet mit einem sonderbaren Mann. Jahre später ist Robert Bibliothekar und stößt durch seine Kollegin auf besondere Bücher, die ihm mehr über seine Kindheit und Herkunft verraten könnten. Somit folgen wir im Jahr 1971 Robert und Marie, die sich auf die Suche der Bücher und der Wahrheit begeben. Hauptsächlich befinden wir uns in dieser Zeit und 1933 wieder. In diesem Jahr begleiten die Leser/innen Jakob, der mit Leidenschaft Bücher bindet, sich in der aufkommenden Naziherrschaft zurechtfinden muss und die Liebe findet, um sie kurz darauf wieder zu verlieren.

"Magie ist nichts anderes als das richtige Wort zur rechten Zeit.", Mercurio, S. 155

Am besten an dem Buch hat mir der Schreibstil von Kai Meyer gefallen. Ich hab schon Geschichten von ihm gelesen, aber hier ist mir seine Erzählweise besonders aufgefallen. Der Autor nutzt so unfassbar schöne Beschreibungen für Dinge und Situationen. Sein Schreibstil ist vielleicht ein wenig poetisch, auf jeden Fall aber sehr bildhaft und anschaulich. Die Gassen des Graphischen Viertels in Leipzig mit den Buchbindereien wurden dadurch zum Leben erweckt. Mit Jakob und seinem Freund durch die Gassen zu streifen hatte etwas Fantastisches und Surreales, sodass ich es schade finde, dass ich den beiden auf vielen dieser Wege der Bücherstadt Leipzig nicht mehr in der heutigen Zeit nachfolgen kann. Die Geschichte verströmt nicht nur die Liebe zu Büchern und Geschichten, sondern hat auch oft eine besondere, fast schon magische Atmosphäre. Ferner ist es sehr spannend die Geheimnisse in der Vergangenheit Stück für Stück aufzudecken.

"Manchmal sehnte er sich dorthin zurück, in die Geborgenheit seines Gefängnisses, wo die Fenster zur Außenwelt zwischen Buchdeckeln lagen und Gefahren durch das Umblättern einer Seite bezwungen wurden. Rettung war dort immer gewiss, ganz anders als hier draußen.", S. 258


Fazit:
Ich kann die besondere Geschichte und mein Leseerlebnis kaum in Worte fassen. Wenn du Bücher liebst, gerne Familiengeheimnisse aufdeckst, in historischen Städten wandelst und Geschichten mit einer traumhaften Atmosphäre genießt, dann ist dieses Buch genau das richtige für dich. Kai Meyer hat diese Geschichte mitten in mein Herz geschrieben.

Bewertung vom 11.12.2022
Zeit der Sehnsucht / Die Töchter der Ärztin Bd.1
Sommerfeld, Helene

Zeit der Sehnsucht / Die Töchter der Ärztin Bd.1


gut

Schnelle Geschichte mit gut gezeichneten Charakteren

Die Geschichte startet mit Tonis zweitem Physikum, das sie bestanden hat und nun ihre Assistenzarztzeit in Afrika verbringen will - dieser Ort, an dem sie geboren ist aber selbst nie richtig erlebt hat. Währenddessen hat ihre Schwester eine neuartige Apparatur für ihre Praxis gekauft: einen Röntgenapparat. Die beiden Töchter der bekannten Ärztin Ricarda Thomasius (bereits erschienene Trilogie Die Ärztin) sind sehr verschieden. Henny ist zehn Jahre älter, hat bereits ein Kind und ist sehr zurückhalten mit Gefühlen. Toni hat einen anderen Vater als ihre Schwester, genießt das Leben und sucht noch ihren Platz in der Welt. Deshalb reist sie nun nach Daressalam um dort ihre Assistenzarztzeit zu verbringen. Hier erfährt man sehr viel über den Kolonialismus (und dessen Entwicklung), während Toni im Krankenhaus für Weiße arbeitet und dann auch eine Klinik für die Einheimischen auf die Beine stellt. Währenddessen stellt ihr der Leiter der Klinik nach und ist nicht erfreut über ihre Zurückweisungen. Das Buch spielt auch weiterhin in Berlin, wo wir Henny folgen, deren Ex-Mann wieder in ihr Leben tritt und sie Angst um die Zukunft ihrer Tochter bekommt.

Neben den beiden Schwestern spielt aber auch die riesige Familie von ihrer Mutter Ricarda eine Rolle. Sie ist als Kind von Angestellten des Schloss Freystetten eng mit dieser Familie verbunden. Darum geht es auch viel um deren Kinder, die auch ungefähr in Hennys und Tonis Alter sind. Der Stammbaum in der hinteren Buchklappe ist dabei ungemein hilfreich, wenn man die Ärztin-Trilogie noch nicht gelesen hat (ansonsten finde ich es nicht störend, wenn man sie noch nicht kennt).

"Leben ist ein Geschenk. [...] Ein Geschenk verdient man nicht. Es ist plötzlich da. Man sollte es schätzen, weil man es bekommen hat, ohne etwas dafür getan zu haben., Ricarda, S. 171

Obwohl das Buch mit fast 500 Seiten nicht gerade dünn ist, wird jedoch oft im Geschehen gesprungen und manche Situationen nur indirekt durch andere Charaktere beschrieben. Zu Anfang droht Henny etwas, das ihr viel Angst macht, und plötzlich springt die Geschichte um einige Monate und erzählt wie nebenher, dass nichts Schlimmes passiert ist. Das fand ich zu dem Zeitpunkt etwas schade. Denn auch Hennys Liebesbeziehung kommt mir zu kurz und erst zum Schluss von Tonis Zeit in Afrika hat man auch mitbekommen, dass sie die dort gesprochene Sprache Swahili gelernt hat. Während des Buches vergehen fast zwei Jahre, in denen alle Familienmitglieder der Thomasius und Freystetten eine Rolle spielen, aber Hauptaugenmerk und roter Faden ist immer Tonis Zeit in Afrika. Durch die bereits erzählte Trilogie rund um Ricarda Thomasius sind die Charaktere alle sehr gut gezeichnet und beschrieben, aber haben mir trotzdem zu viel Raum in der Handlung eingenommen. Weniger Handlung und dafür mehr Augenmerk auf die Emotionen der beiden Schwestern hätten mir besser gefallen.

Abgesehen davon, dass der letzte Satz des Klappentextes das Ende spoilert (warum?!), bin ich damit unzufrieden. Es kommt eine übernatürliche Komponente auf, die ich unrealistisch finde, aber von dem Autorenpaar als realistisch dargestellt wird. Was sich daraus entwickelt, hat mir nicht gefallen. Dass die beiden Schwestern nach der Zeit der räumlichen Trennung wieder vereint sind, wie zu Beginn des Buches, finde ich einen guten Abschluss.


Fazit:
"Die Töchter der Ärztin - Zeit der Sehnsucht" erzählt von den beiden Schwestern Henny und Toni, die grundverschieden, aber beide Medizinerinnen geworden sind und nun entweder eine eigene Praxis in Berlin führen oder in Afrika als Assistenzärztin arbeiten. Dadurch spielt die Geschichte abwechselnd an den beiden Orten. Eine Fülle an Verwandten findet auch ihren Platz in der Geschichte, wodurch leider einige Begebenheiten übersprungen und zu schnell abgehandelt werden. Durch die Polizeiärztin Magda Fuchs-Trilogie des Autorenpaares hätte ich viel mehr emotionale Verbindungen und eine mitreißende Erzählung erwartet, aber hier leider nicht gefunden.

PS: Vorsicht! Der letzte Satz des Klappentext spoilert das Ende des Buches!

Bewertung vom 13.11.2022
Zirkus der Wunder
Macneal, Elizabeth

Zirkus der Wunder


gut

Wunderschön geschriebene Geschichte mit zu wenig Spannung

Nell wohnt in einem kleinen Dorf, das vom Anbau von Blumen lebt. Die junge Frau ist eine Außenseiterin, wurde ihr Leben lang wegen ihrer Muttermale am ganzen Körper gemobbt und ausgegrenzt. Nur ihr Bruder akzeptiert sie, wie sie ist, doch als Jasper Jupiters Zirkus der Wunder in der Nähe gastiert, verkauft ihr Vater sie an Jupiter. Bald spielt die Geschichte im Zirkus, wo Nell zum ersten Mal im Leben Bewunderung statt Spott für ihre Andersartigkeit erfährt. Dort gibt es noch viele andere einzigartige Artisten mit besonderen körperlichen Merkmalen. Zunehmend geraten nun der Impresario Jupiter und dessen Bruder Jasper immer mehr in den Fokus der Geschehnisse. Das Buch wird aus den Sichtweisen von Nell, Jasper und Jupiter geschildert.

Der Schreibstil der Autorin ist einfach toll. Ihre Beschreibungen vermitteln eine gewisse Atmosphäre, wodurch man Gefühle durch die Stimmung erfährt, statt dass beschrieben wird wie sich die Protagonist/innen fühlen. Insgesamt ist die Geschichte etwas düster, weil auch oft Abhängigkeiten und Herabsetzung eine Rolle spielen, und entwickelt sich eher langsam. Elizabeth Macneal konzentriert sich vielmehr auf die Charaktere und deren Entwicklung, als viele spannende Szenen zu nutzen. In einigen Situationen waren mir aber trotzdem die Gefühle einiger Charaktere zu wenig beschrieben, insbesondere bei Nell. Und auch ihre weitere Entwicklung mochte ich gar nicht.

Im Mittelteil gibt es kaum Spannung und es geschehen Dinge, mit denen man schon gerechnet hat. Hier haben mich der Schreibstil, die faszinierende Figur des Impresarios und mein Lieblingscharakter Toby durch die Geschichte getragen. Während nicht nur vom Zirkus, sondern auch Jasper und Tobys unausgeglichener Beziehung berichtet wird, gibt es immer wieder Rückblenden in deren Vergangenheit, wo ein Geheimnis angedeutet wird. Es wurde so oft erwähnt, dass ich so gespannt war, was damals wirklich passiert ist. Die Auflösung dieser Situation ist aber sehr unspektakulär, da die Andeutungen eigentlich schon alles gesagt haben. Noch enttäuschender ist, dass man die Wahrheit darüber auch anders auslegen könnte. Auch wenn ein anderer wichtiger Aspekt über Jaspers Lage am Ende gefehlt hat, hat mir der Schluss wieder viel mehr zugesagt. Es ist spannend, turbulent, bittersüß und endet für mich genau richtig - weder zu negativ, noch zu rosarot. Die Anmerkungen der Autorin zu ihren Recherchen und dem Umgang mit Menschen Ende des 19. Jahrhunderts, deren Körper anders sind als gewohnt, sind sehr interessant und verleiten dazu, den Roman nicht nur als Unterhaltung zu sehen, sondern auch zwischen den Zeilen zu lesen.


Fazit:
Die Geschichte beginnt mit Nell, handelt im weiteren Verlauf aber hauptsächlich vom Zirkus und der Beziehung der beiden Brüder Jasper und Toby. Die Atmosphäre ist zwar etwas düster, aber unglaublich gut beschrieben. Insgesamt ist das Geschehen aber zu unspektakulär und kaum spannend, da konnte das passende Ende auch nicht mehr viel für mich rausreißen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.11.2022
Die Nachricht des Mörders / Fräulein vom Amt Bd.1
Blum, Charlotte

Die Nachricht des Mörders / Fräulein vom Amt Bd.1


sehr gut

Schöner historischer Krimi mit neuem Setting

Das erste Kapitel fungiert als Prolog, da die Leser/innen nämlich direkt den Mord miterleben. Ab dem zweiten Kapitel begleitet man stets Alma und erfährt gleich viel über ihre Arbeit als Telefonistin. In einem ihrer ersten Gespräche hört sie die Reibeisenstimme, die von einem erledigten Auftrag an den Kolonnaden, wo die tote Frau gefunden wurde, berichtet. Dadurch beginnt die Geschichte direkt sehr spannend, lebendig und man befindet sich mitten im Geschehen. Als Alma eine Verbindung sieht, meldet sie ihre Beobachtung bei der Polizei und lernt den jungen Kommissaranwärter Ludwig kennen und entwickelt schnell Gefühle für ihn.

Das Autorinnenduo hat den Zeitgeist der Geschichte sehr schön umgesetzt. Die 1920er werden mit vielen Kleinigkeiten im Alltag dargestellt, z. B. Almas Vemieterin, die eine herrische Witwe ist und extrem auf den guten Ruf ihres Hauses bedacht ist oder auch die neuen technologischen Errungenschaften, wie Autos, die Waschmaschine und insbesondere die Telefonie durch Almas Arbeit. Auch das Setting in Baden-Baden ist toll ausgewählt, folgt man den jungen Protagonist/innen in historischen Romanen doch oft in der Hauptstadt. Die Hotels, Casinos und andere charakteristische Gebäude werden geschickt in der Geschichte eingebaut, sodass man sich die Stadt in der damaligen Zeit sehr genau vorstellen kann.

Die Geschichte aus Almas Sicht zu begleiten ist sehr angenehm. Alma ist eine sympathische Protagonistin, die den Kriminalfall geschickt immer weiter aufrollt. Sie ist schlau und pfiffig und es hat mir insbesondere gefallen, dass sie davon berührt und erschüttert ist, wenn sie im Zuge ihrer Ermittlung schlimme Dinge erfährt. Das ist ein realistischer Zug, den ich bisher kaum bei (Hobby)Ermittler/innen gelesen habe. Zu der gewissenhaften Alma gibt es ihre beste Freundin und Mitbewohnerin Emmie als Gegenstück. Sie ist frecher, geht sehr gerne Tanzen und hat viele Beziehungen zu Männern. Auch wenn manche Charaktere der Geschichte typische Rollen verkörpern, war mir Emmie zeitweise zu übertrieben dargestellt.

Der Kriminalfall rund um die tote Frau wird immer wieder von Almas Tätigkeit, bestimmten Orten in Baden-Baden und der aufkeimenden Liebe zu Ludwig vorangebracht, sodass die Geschichte stetig miteinander verbunden ist. Es ist spannend immer mehr über den Fall zu erfahren, auch wenn man nicht viele potenzielle Verdächtige hat um selbst Vermutungen anstellen zu können. Die Gefühle Almas zu Ludwig waren mir anfangs zu schnell und intensiv da, vor allem, da die Beziehung der beiden im weiteren Verlauf glücklicherweise doch recht langsam verläuft. Schade finde ich, dass Alma und Ludwig nicht miteinander ermittelt haben, sondern Alma vieles alleine herausgefunden hat, dies Ludwig nicht direkt mitteilt und von ihm nur neue Hinweise braucht. Zum Ende hin werden manche Aspekte in Almas Ermittlung leicht unrealistisch und sie hat mehr Vermutungen als Fakten. Die Auflösung am Ende hat mich sehr überrascht und ist logisch, aber eine Verbindung, die Alma zieht, verstehe ich trotz mehrmaligen Lesens der Textstelle und Nachdenken einfach nicht. Das Ende ist überraschend, dramatisch, spannend und rasant.


Fazit:
Der erste Band von „Fräulein vom Amt“ ist ein toller historischer cozy Krimi, der vor allem durch die historischen Aspekte und dem neuartigen Setting in Baden-Baden besticht. Der Kriminalfall ist zwar logisch, aber manchmal sind die Ermittlungen nicht sehr überzeugend oder übertrieben. Ich habe die Geschichte rund um die Telefonistin Alma genossen und freue mich auf den nächsten Band!

Bewertung vom 01.11.2022
Die Wolkenstürmerin
Zimmermann, Birgit

Die Wolkenstürmerin


gut

Enttäuschend & wird erst in der zweiten Hälfte spannender

Die junge Marlene hat kürzlich ihre Eltern verloren, während das geerbte Familienunternehmen nach dem zweiten Weltkrieg nicht mehr aus den roten Zahlen kommt. Durch Beschränkungen in Deutschland ist das hamburgische Unternehmen zur Herstellung von Leichtbauprofil-Flugzeugen der Konkurrenz hinterher. Als ihr Onkel ein Übernahmeangebot bekommt, müssen er, Marlene und ihre beiden Vettern entscheiden, wie es mit der Firma Appen weitergehen soll. Deshalb schlägt die flugbegeisterte Marlene ein Flugtaxiunternehmen vor, das der Firma zu neuen finanziellen Mittel verhelfen soll, doch ihr Vetter Max ist gegen den Plan und auch ihr Onkel scheint skeptisch. Um vor der finalen Abstimmung den Kopf frei zu bekommen, reist Marlene ins Ferienhaus an die Ostsee, wo sie sich in den mysteriösen Schwimmer Bernhard verliebt.

Die Probleme des Familienunternehmens und Marlenes Kampf als Frau gegen Max‘ Vorurteile war anfangs sehr interessant. Doch mit jeder weiteren Seite treten der Hersteller von Leichtbauprofilen und das kleine Flugtaxi in den Hintergrund, es wurde im Unternehmen nicht mal mehr über den neuen Geschäftszweig geredet und als Leser/in bekommt man es nur am Rande mit, ob es nun zum Erfolg kommt oder nicht. Stattdessen nimmt die Liebesgeschichte immer mehr Raum ein, die mir von Anfang an eher wenig zugesagt hat. Marlene und Bernhard verlieben sich auf den ersten Blick, was mir nie gut gefällt. Ich will über eine Anziehung aufgrund von den Charakteren lesen und nicht wegen des Aussehens der Protagonisten. Außerdem wird um Bernhard ein großes Geheimnis gemacht, obwohl schon der Klappentext von einer Ost-West-Liebe spricht. Die Gespräche der beiden sind zu Beginn wenig romantisch oder angenehm, weil Marlene jedes Mal das Leben im Osten anspricht, was Bernhard unangenehm ist und abblockt. Wo kommen da die Gefühle auf? Mit der Zeit konnte die Autorin aber doch langsam die Geborgenheit und Nähe der beiden gut beschreiben. Somit wurde nach der vor sich hin plätscherten ersten Hälfte die zweite viel spannender. Denn hier kommt endlich wirklich der Konflikt von Marlenes und Bernhards Beziehung auf, weil sich die Grenze mitten durch Deutschland nicht nur in Bernhards geplante und seltene Besuche an der Ostsee äußern. Auch wenn Marlene sehr fixiert auf die Beziehung ist und schnell viel will, kommt doch erst dadurch eine spannende und fesselnde Geschichte auf. Ich habe bis zur letzten Seite mitgefiebert, auch wenn mir das Ende zu rosarot war.

Die größten Kritikpunkte an der Geschichte sind für mich, dass Birgit Zimmermann zwar einen flüssigen Schreibstil hat, aber oft manche Situationen nicht gänzlich beschreibt. Als bei mir langsam die Gefühle der Protagonisten aufkamen, war der Moment schon wieder vorbei. Ein paar Sätze mehr über die Emotionen der Charaktere hätten die Geschichte viel einnehmender und berührender gemacht. Außerdem war insbesondere die erste Hälfte langweilig und viele Dinge zu offensichtlich angedeutet. Und die größte Enttäuschung ist für mich, dass Marlene zwar Lilienthal heißt, Titel und Cover eine große Geschichte übers Fliegen versprechen, es aber nur als Rahmenhandlung fungiert. Schön ist, wie die Autorin Marlenes Leidenschaft fürs Fliegen geschildert und auch oft die Szenen im Flugzeug über den Wolken hautnah beschrieben hat. Ansonsten gibt es kein Nachwort über die tatsächlichen Geschehnisse in der Geschichte und auch das Internet hat mir leider keine erfolgreiche Recherche gebracht.


Fazit:
"Die Wolkenstürmerin" erzählt die Geschichte der flugbegeisterten und bis über beide Ohren verliebte Marlene. Vieles ist sehr offensichtlich, weshalb die erste Hälfte des Buches eher langweilig ist und erst in der zweiten Spannung und Dramatik aufkommt. Eine mehr oder minder unterhaltsame Lektüre, von der ich mehr erwartet hätte.

Bewertung vom 24.10.2022
Carrie Soto is Back
Reid, Taylor Jenkins

Carrie Soto is Back


gut

Spannende Profikarriere, aber einfach zu langatmig

Carrie Soto ist ein Tennisstar: Sie hat die meisten Grand Slam Siege (die vier großen Turniere im Jahr in Australien, Frankreich, England und den USA) und einige andere Rekorde erreicht. Doch nun holt eine junge Tennisspielerin bei den Grand Slam Turnieren gleich auf. Carrie kann es nicht ertragen und will ihren Rekord zurückerobern, weshalb sie mit 37 Jahren, nach sechs Jahren Pause, wieder in den Tennissport einsteigt.

Taylor Jenkins Reid kann Karrieren sehr gut und detailliert darstellen, ihre Geschichten fühlen sich manchmal schon an wie biographische Romane. Wir begleiten hier Carrie von Beginn an, sogar als ihre Eltern sich kennenlernten, wie Carries Vater als Ex-Profi sie bereits als Kleinkind mit auf Tennisplätze nahm, ihre Mutter früh starb und Carrie durch ihren Vater direkt als kleines Mädchen mit ihrer Tenniskarriere begann. Das Tüpfelchen auf dem I sind die Übertragungen von Sportsendungen und Artikel, wodurch man auch die Sicht von Tennisexperten und Journalisten erfährt. Außerdem ist nicht nur das harte Training ein wichtiger Bestandteil von Profikarrieren, sondern auch die öffentliche Meinung, die auch Carrie und ihren Vater Javier nicht kalt lässt. Hauptsächlich spielt das Buch in der Gegenwart, 1996, als Carrie für ihr Comeback trainiert und an den vier großen Turnieren des Jahres teilnimmt. Somit lesen wir sehr viel über Tennis, die Techniken, Aufschläge, die Trainings, Spielanalysen. Durch die Rückblenden in Carries Kindheit und ihren Anfängen im Tennis, erfährt der/die Leser/in selbst die wichtigsten Regeln. Außerdem kann man sich durch den Kontext vieles erschließen und versteht, was in den Spielen passiert, wer nun im Hintertreffen ist und wer gewinnen könnte. Trotzdem sind es allmählich einfach zu viele Tennismatche und Fachbegriffe. Ein Glossar zur Erklärung hätte ich hilfreich gefunden. Tennis ist eine tolle Sportart, aber ich hatte nie näher Kontakt damit, deshalb haben mich nach 300 Seiten die Gespräche und Spielbeschreibungen nur noch genervt. Noch dazu kommt, dass Carrie sehr verbissen und überheblich ist. Sie soll sicherlich auch keine Sympathieträgerin sein, aber schwierige Charaktere machen Geschichten immer etwas schwerer zu lesen. Außerdem hat es mich oft auch erschüttert, zu welchem Menschen Javier Carrie erzogen hat, z. B. erzählt er ihr von Kindesbeinen an, dass sie die beste Tennisspielerin aller Zeiten werden wird und ist dann verwundert, wenn Carrie nach einer enorm langen Erfolgssträhne ihre Niederlage nicht verkraften kann. Diese Geschichte zeigt vor allem auch die Schattenseiten von Profisportler/innen.

Ebenfalls gestört haben mich die spanischen Sätze. Carries Vater ist als junger Mann von Argentinien in die Vereinigten Staaten ausgewandert, weshalb es ein charmantes Detail ist, dass immer wieder spanische Begriffe eingeworfen werden. Doch leider finden auch kurze Gespräche zwischen Carrie und ihrem Vater, mindestens von seiner Seite aus, und vor allem auch die wichtigen Teile ihrer Dialoge auf Spanisch statt. Anfangs habe ich die Stellen übersprungen, aber mit der Zeit hatte ich das Gefühl, dass ich Teile von Carries uns Javiers Beziehung vielleicht verpasse. Deshalb habe ich eine zeitlang die spanischen Phrasen übersetzt, was wirklich hilfreich war, aber da es mich immer aus dem Lesefluss gerissen hat, habe ich wieder damit aufgehört. Carrie sagt in der Geschichte einmal zu Bowe, er soll einfach Spanisch lernen, wenn er ihren Vater verstehen will, was wohl auch die Gedanken der Autorin waren. Sehr schade, spätestens die Übersetzung hat es verpasst, die Sätze in kurzen Fußnoten auf Deutsch wiederzugeben.


Fazit:
"Carrie Soto is back" erzählt die gesamte Tennis-Karriere der Profispielerin, vor allem auch die Schattenseiten. Die Regeln- und Begriffe sind auch gut ohne Wissen über die Sportart verständlich, aber mit der Zeit wird es einfach langweilig, wenn man über das x-te Spiel oder Training liest. Tennis-Fans und Spieler/innen werden mehr Spaß an der Geschichte einer außergewöhnlichen und verbissenen Karriere haben.

Bewertung vom 24.10.2022
Freiheitsgeld
Eschbach, Andreas

Freiheitsgeld


gut

Faszinierende Idee eines tollen Autors, die aber nicht gänzlich ausgeschöpft wurde

In dem Buch befinden wir uns im Jahr 2064, wo jedem/r Bürger/in in Deutschland das Freiheitsgeld als bedingungsloses Grundeinkommen ausgezahlt wird. Dies ist vor allem möglich, da nun unter anderem unbeliebte und einfache Tätigkeiten von Robotern verrichtet werden. Außerdem wurde die Klimaerwärmung erfolgreich gestoppt und es gibt viele Dinge, die nun nachhaltiger gestaltet sind. Die Geschichte findet also in einer utopischen Version unserer Zukunft statt – möchte man meinen… Doch dann wird der Journalist und ehemaliger Widersacher des berühmtesten Politikers tot in seiner Wohnung aufgefunden und kurz darauf soll ebendieser Politiker, der „Vater des Freiheitsgeldes“, Selbstmord begangen haben. Ob und warum die beiden Todesfälle zusammenhängen könnten?

Der Einstieg ins Buch fällt leicht, weil wir direkt die wichtigsten Protagonisten kennenlernen: Die Geschichte wird aus der Sicht des Polizisten Ahmad, dem Ehepaar Valentin und Lina, die in der Gated Community „Oase“ leben, und einer Familie erzählt, die eine Verbindung zur Oase und der gewöhnlichen Bevölkerung außerhalb darstellen. Es ist in jedem Kapitel schnell klar, wer nun die Geschichte erzählt und schafft somit ein umfassenderes Bild des Geschehens. Nur leider gibt es keinen genauen Überblick über die Gesellschaft oder die Veränderungen durch das Freiheitsgeld. Ich hatte anfangs so viele Fragen, habe ich mich manchmal schlecht in der Welt zurechtgefunden, auch wenn das Leben der Protagonisten sehr klar beschrieben wird. Nach dem Beenden des Buches hat man ein Gefühl für diese mögliche Zukunft, aber das war mir zu spät. Außerdem fand ich manche Aspekte diesbezüglich zu einseitig und bezweifle, dass sie realistisch sind, in der doch sehr denkbaren nahen Zukunft unserer Welt.

Die Ideen Eschbachs sind wirklich gut und die dargestellte Welt oftmals faszinierend. Viele Details sind ein logischer Fortschritt unserer Gegenwart und sehr interessant, z. B. die automatische Fertigung von Büchern und Kleidung on demand. Es sind oft kleine und praktische Konzepte, die unsere heutigen Probleme um ein leichtes lösen und durch die unterschiedlichen Altersgruppen der Protagonisten sehr anschaulich verdeutlicht werden. Trotzdem ist das Rollenbild des Mannes sehr altbacken und als Beschützer der Frau ausgelegt und die Beziehungen sind auch ziemlich sexintensiv, wobei letzteres bestimmte Aspekte dieses Zukunftsszenarios verdeutlichen, aber das hätte ich mir trotzdem eleganter gelöst gewünscht. Und wenn wir schon bei den Protagonisten sind: Es gab keine Person, die ich besonders gern gehabt und mit ihr mitgefiebert habe. Im Gegenteil, denn einige Charaktere wurden mir im weiteren Verlauf der Geschichte immer unsympathischer.

Die Geschichte an sich ist schon spannend, aber manche meiner Fragen wurden sehr unaufgeregt, fast nebenbei beantwortet oder konnte man sich oft schon im Voraus denken, während die Protagonisten es erst langwierig herausfinden oder gar davon überrascht sind. Wirklich spannend, wendungsreich und schockierend ist dann das Ende. Ich habe auch den Eindruck, dass es detailreicher und logischer beschrieben wurde… wäre doch nur das ganze Buch so gewesen! Der Schluss hat mich teilweise überrascht, insbesondere schockiert und es macht ihn erst so gut, dass er sehr denkbar und realistisch ist. Ich empfand den Ausgang der Geschichte auch als traurig und entsetzlich, was ihn umso passender und realistischer macht.


Fazit:
"Freiheitsgeld" ist eine recht interessante und spannende Geschichte mit tollen Ideen, wobei es etwas dauert, bis man einen guten Überblick über die veränderte Gesellschaft durch das bedingungslose Grundeinkommen erhalten hat. Für Fans von Andreas Eschbach wird das Buch wahrscheinlich eine Enttäuschung sein, für diejenigen, die es noch werden wollen, sei gesagt, der Autor hat noch bessere Bücher geschrieben.

Bewertung vom 30.09.2022
Kein Sommer ohne dich
Henry, Emily

Kein Sommer ohne dich


gut

Hä? -> dem Hype nicht wert

Vor 12 Jahren trafen sich Poppy und Alex zum ersten Mal am College, doch die beiden sind so unterschiedlich, dass sie erst auf einer mehrstündigen Fahrt in ihre Heimat zueinander finden. In diesen Semesterferien treffen sie sich öfter und es entsteht eine Freundschaft, die hauptsächlich von den jährlichen Sommerurlauben getragen wird. Nach 10 Jahren geschieht etwas es im Kroatien-Urlaub, das die beiden entzweit. Seit zwei Jahren haben sie deshalb keinen Kontakt mehr und Poppy will ihre Freundschaft durch einen gewohnten Urlaub wieder aufleben.

Die Geschichte wird auf mehreren Zeitebenen erzählt: Nach dem Prolog folgen wir Poppy und Alex „diesen Sommer“, während dazwischen immer wieder Kapitel von früheren Sommern erzählen, sodass wir beginnend vor 12 Jahren chronologisch immer mehr über die Freundschaft der beiden erfahren. Es spielt ganz oft ihre Freundschaft eine Rolle, sowie Insiderwitze, unterschiedliche Liebesbeziehungen, viele Urlaubsorte und ihre Karrieren. Ich mag die Rückblenden und konnte dadurch ihre Beziehung gut nachvollziehen und wie sie durch ihre gemeinsamen Erlebnisse immer weiter zusammengewachsen sind. Doch die Chemie zwischen den beiden für die aufkeimende Liebesgeschichte konnte ich nicht spüren und nachvollziehen. Vielleicht lag es auch daran, dass ich Poppy nie verstanden habe. Sie ist etwas schräg, hat einen ausgefallenen Geschmack und ist eine kleine Quasselstrippe mit häufig seltsamem Humor. Eigentlich mag ich auch ausgefallene Charaktere, aber… ich hab nicht nur einfach nicht gelacht, ne, ich musste wirklich oft nachdenken, was an ihrem Gesagten nun der Witz sein soll und besonders zu Anfang haben sich ihre Späße für mich wie Gemeinheiten gelesen. Einfacher macht es auch nicht, dass Alex das genaue Gegenteil von Poppy ist. Er ist diszipliniert, steckt immer zurück und spielt so extrem den Ritter mit der glänzenden Rüstung, dass ich ihn oft vom Pferd fegen wollte. Außerdem geht er dabei viel zu weit, denn manche Dinge, die er tut, würde man nur für eine (besondere!) feste Beziehung machen, die Poppy und Alex nicht hatten. Gegensätze können sich anziehen, aber hier leider nicht.

"Es ist faszinierend. Dass Liebe so sehr davon abhängt, wie man selbst ist, wenn man mit jemandem zusammen ist.", 76 %

Die Entwicklung der friends-to-lovers-Geschichte hat gefehlt, denn alles ergibt für mich nicht wirklich Sinn. Während die Urlaube im Rückblick erzählt werden und die Leser/innen sich immer mehr auf den verhängnisvollen Urlaub vor zwei Jahren zubewegen, war ich so gespannt was in Kroatien passiert ist, dass die Freundschaft auf Eis lag. Doch nach dem Geschehen in der Gegenwart, war das gar nicht mehr wichtig und hat kaum eine Rolle gespielt. An diesem Punkt kommt auch das Problem ihrer Beziehung auf und ich weiß, was die Autorin darstellen wollte, aber ich persönlich versteh es einfach nicht und sehe da kein Problem, das einen so großen Rattenschwanz an Funkstille, Probleme und (Streit)Gespräche in der Gegenwart nach sich zieht – oder überhaupt diese niedergeschriebene Geschichte wichtig macht. Das Ende hab ich dann auch gar nicht mehr begriffen, denn es hat sich doch nichts geändert? Trotzdem finde ich den Schreibstil von Emily Henry toll und hab auch einige Zitate markiert.


Fazit:
"Kein Sommer ohne dich" ist eigentlich ganz kurzweilig zu lesen, aber es fehlen einfach die Spannung und ein nachvollziehbarer Konflikt. Ich wurde mit der Protagonistin nicht warm und hab die Chemie und tiefen Gefühle zwischen Poppy und Alex nicht gespürt. Emily Henry beschreibt die Freundschaft der beiden sehr schön, aber die Probleme wurden mir zu wenig nachvollziehbar erläutert, obwohl der sprichwörtliche Finger in die Wunde gelegt wurde. In meinem Kopf befinden sich Fragezeichen und mein Herz ist kalt.
2,5 Sterne