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Bücherstadt
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Berlin
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Insgesamt 126 Bewertungen
Bewertung vom 26.05.2013
Salvador und der Club der unerhörten Wünsche
Torres Blandina, Alberto

Salvador und der Club der unerhörten Wünsche


ausgezeichnet

Salvador ist ein älterer Herr, der kurz vor der Pensionierung steht und als Reinigungskraft in einem spanischen Flughafen arbeitet. Er erledigt seine Arbeit meist sehr gründlich, doch seine Stärke sind die Pausen. In denen erzählt er den Fluggästen und den anderen Flughafenangestellten Geschichten, die er angeblich erlebt hat oder von anderen Durchreisenden gehört hat.

Die Geschichten erstrecken sich meist über ein Kapitel. Sie werde in einigen Fällen in anderen Kapiteln fortgesetzt oder erhalten eine Verbindung zu einer anderen Geschichte.
Das Buch ist in einer sehr klaren und liebevollen Sprache geschrieben. Es ist humorvolle ohne so nervig wie ein angestrengter Comedian zu sein. Und obwohl die kleinen Anekdoten keine spektakulären Ereignisse beschreiben, ist man häufig gespannt wie es weitergeht.
Alberto Torres Blendina hat meiner Meinung nach mit den Geschichten von Slavador ein wunderbares Buch geschrieben, das zum Träumen einlädt, an längst vergessene Gefühle erinnert und ein wunderschönes Ende hat.

Fazit: Absolut empfehlenswert für die kleine Lektüre zwischendurch.

Bewertung vom 26.05.2013
Entrissen / Marina Esposito Bd.1
Carver, Tania

Entrissen / Marina Esposito Bd.1


ausgezeichnet

In der englischen Stadt Colchester wurden zwei Frauen ermordet. Einem Opfer wurde die Kehle durchgeschnitten. Bei dem anderen Opfer handelt es sich um eine schwangere Lehrerein, die kurz zuvor in ihrer Wohnung eine Babyparty gefeiert hatte. Sie wurde nicht nur brutal ermordet. Ihr wurde auch der Bauch aufgeschnitten. Von dem Kind fehlt jede Spur. Phil Brennan und seine Kollegen sollen den Fall untersuchen. Relativ schnell taucht die Vermutung auf, dass der Doppelmord mit zwei anderen Morden in Verbindung stehen könnte. Bei diesen Opfern handelte es sich auch um zwei schwangere. Allerdings lagen die Babys tot neben dem Körper ihrer Mütter. Ist der Täter eine Frau oder ein Mann? Stand er im Konflikt mit den Opfern? Und was will er mit dem Baby? Um diese Fragen beantworten zu können, holt der Polzeichef eine Psychologin mit in das team. Marina Espositos hatte schon vorher mit dem Team von Brennan zusammen gearbeitet. Die Zusammenarbeit endete jedoch sehr unfreundlich. Schnell findet das einen Verdächtigen. Doch Marina zweifelt an seiner Schuld. ZUdem scheint die Mordserie weiterzugehen und ein Polizist ist auf irgendeine Weise privat in den Fall involviert.
Sprachlich ist das gesamte Werk sehr ausgewogen. Die Autorin schafft es zeitweise sehr bildlich und teilweise humoristisch zu schreiben. Zu anderen Zeitpunkten wirkt die Sprache sehr kühl und kanpp. Die verschiedenen Modi passen aber immer genau zu den Handlungen und zu den Personen und stellen daher für mich einen Beweis des Könnes der Autorin dar. Insgesamt liest sich das Buch, trotz aller Detailgenauigkeit bezüglich der Brutalität, sehr flüssig und angenehm.
Fazit: Aus meiner Sicht handelt es sich um ein absolut empfehlenwertes Buch. Ein paar starke Nerven sollte man allerdings schon mitbringen. Es ist ein hervorragendes Erstlingswerk. Ich hoffe Tania Carver arbeitet schon an ihrem neuen Meisterstück.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.05.2013
Das Einstein-Mädchen
Sington, Philip

Das Einstein-Mädchen


gut

Dr. Martin Kirsch ist als Psychiater an der renommierten Berliner Charité tätig. Im Gegensatz zu seinen Kollegen, die in der Mehrheit eine stark medikamentös unterstützte Therapie befürworten, ist Kirsch eher im analytischen Sektor angesiedelt. (...) Martin Kirsch will zunächst wissen was seine Patienten antreibt. Über ihre persönliche Geschichte versucht er die Auslöser der psychischen Erkrankung zu finden und dann eine geeignete Therapie auszuwählen. Privat lebt der Arzt zurückgezogen im Prenzlauer Berg. Dieser gehörte damals noch nicht zu den guten Berliner Bezirken, sondern galt als heruntergekommener Arbeiterbezirk mit zwielichtigen Gestalten. Der Doktor fühlt sich dort wohl und stromert am Abend durch die Bars. Seine Verlobte kommt hingegen aus gutem Hause und lebt noch bei ihren Eltern in Oranienburg. Nach der Hochzeit will die zukünftige Frau Kirsch aber mit ihrem Ehemann in ein Haus ziehen, das im südlichen Berlin stehen soll. Martin Kirsch ist sich jedoch nicht sicher, ob es dazu kommen wird. Will er wirklich dieses Leben?
Noch unsicherer wird er, als eines Tages eine junge Frau in die Charité gebracht wird. Sie wurde nackt und bewusstlos in dem Wald von Caputh gefunden. Nachdem sie eine Zeit lang im Koma gelegen hat, erwacht sie zwar wieder, hat jedoch eine vollständige Amnesie. Der einzige Hinweis, den sie bei sich trug, war eine Vortragsankündigung. Diese lud ein interessiertes Publikum zu einem Vortrag von Albert Einstein ein. Dr. Kirsch nimmt das so genannte Einstein-Mädchen in seiner Abteilung auf und versucht mit einer Mischung aus Psychiatrie/Psychologie und kriminalistischer Arbeit ihre Herkunft zu ermitteln. Was hat sie mit Albert Einstein zu tun? Woher kommt sie? Warum vermisst sie niemand?
Diese Fragen möchte der Arzt unbedingt klären. Er versteift sich allerdings so in den Fall, dass er nicht merkt wie er in einen Strudel aus politischen Veränderungen, Intrigen und Krankheit stürzt.

Philip Sington erzählt die Geschichte des Einstein-Mädchens in verschiedenen Strängen. Teilweise wird ihre Geschichte durch Briefe und Erzählungen parallel zu Dr. Kirschs Fortschritten beschrieben. So begleitet der Leser zwar den Arzt auf seiner Suche, erhält aber auch immer eine gewisse Anzahl von Zusatzinformationen, die es ermöglichen das Puzzle noch einen kleinen Tick schneller zusammen zu setzen. Innerhalb dieser Stränge ist die Sprache recht unterschiedlich und entspricht den einzelnen Erzählerpersönlichkeiten. Insgesamt kann man aber in Bezug auf die Sprache sagen, dass der Text klar verständlich und nicht zu kompliziert konzipiert ist. Er lässt sich flüssig lesen und beschreibt die Situationen und Personen ausreichend. Teilweise hätte ich mir jedoch umfangreichere Beschreibungen gewünscht, um die jeweilige Stimmung besser einfangen zu können.
Innerhalb der Erzählung tauchen zwar viele historische Persönlichkeiten auf, die Geschichte kann aber auch ohne Hintergrundwissen verstanden werden. Wenn man nach der Lektüre allerdings noch ein wenig recherchiert erhält man sehr interessante Zusatzinformationen. Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll gewissen darauf noch knapp in einem Nachwort einzugehen. Besonders wenn man bedenkt aus welcher Fachrichtung der Autor kommt.
Manchem Leser könnten auch die physikalischen Informationen zu komplex sein. Ich bin jedoch der Meinung, dass man die eigentliche Geschichte auch verstehen und sogar genießen kann, wenn man die wissenschaftlichen Aspekte nicht verstanden hat.

Fazit: Ich habe mich beim Lesen des Werkes gut unterhalten gefühlt. Es verbindet Geschichte, Medizin, Spurensuche und einen Hauch Physik gut miteinander. Zudem wird ein interessanter Spannungsbogen aufgebaut und man ist sich als Leser in manchen Situationen nicht mehr sicher, ob man wirklich die richtigen Schlüsse gezogen hat. Man grübelt mal in die eine Richtung, denkt man hat die Lösung gefunden und weifelt dann doch wieder.
Allerdings hat mir ein wenig die sprachliche Raffinesse gefehlt.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.05.2013
Das weisse Buch
Horzon, Rafael

Das weisse Buch


sehr gut

Inhalt:
Nach der Information des Verlags soll es sich hier um die Biographie des Autors handeln. Das mag auf der einen Seite zutreffen. Auf der anderen Seite handelt es sich aber gleichzeitig um die Schaffung eines kleinen (Kunst)Werkes, das in eine seltsame Gedankenwelt entführt. Horzon erzählt von seinen vielen Ideen, die den meisten Menschen wohl kurios erscheinen. Er gründet die Galerie berlintokyo und stellt dort 'Kunstwerke' nicht existierender Japanischer Künstler aus. Er baut ein Bücherregal, das das Billy-Regal vom Markt verdrängen soll. Danach ruft er eine Wissenschafts-akademie ins Leben, die für das Hören eins Vortrags Scheine ausstellt. Nach nur vier Besuchen erhalten die Studenten ihr Diplom. Ein Vortragsthema lautete zum Beispiel: 'Musikarchitektur, Stil und Selbstironie im audiovisuellen Oeuvre der Pet Shop Boys'. Viele weitere erfolgreiche und erfolglose Geschäftsideen folgten.
Was aber alle Ideen gemeinsam hatten, ist der Glaube Horzons mit ihnen Geld verdienen zu können. Er ist ein Beispiel dafür, dass man, wenn man an Projekt glaubt und sie nur richtig vermarktet, oftmals Erfolg haben kann. Aber auch ein Rückschlag lässt ihn nicht generell an seinen Ideen zweifeln.
Zudem ist sein Buch eine kleine Zusammenstellung der wichtigsten Personen des Berliner Kulturlebens seit Beginn der 90er Jahre. Eine Vielzahl bekannter Designer, Autoren und Musiker tauchen in dem Text auf. Ihre Beziehungen zum Autor werden dargelegt und geben ein wunderbares Bild der Horzonschen Lebenswelt. Ob diese der Realität entspricht oder nicht, lässt sich nicht nachvollziehen.

Stil und Sprache:
Man sollte sich schon vor dem Lesen klar darüber sein, dass es sich hier nicht um eine normale Biographie und schon gar nicht um ein gut einzuordnendes Werk handelt. Die Sprache ist zwar einfach und klar und fördert damit einen guten Lesefluss. Man darf aber nicht ständig nachdenken, ob die Geschehnisse jetzt der Wirklichkeit entsprechen. Werden Träume oder wahre Erlebnisse beschrieben? Die klare Beantwortung der Frage ist unmöglich. Von dem Autor wird man die eine Wahrheit nie erfahren. Aber gibt es diese überhaupt? Jeder Leser wird die Beschreibungen anders interpretieren und werten. Gerade dieses innerliche Beschäftigen wird durch den Stil gefördert. Nüchterne Beschreibungen wechseln sich mit sonderbaren Begegnungen ab. Und alltägliche Handlungen bekommen einen surrealen Anstrich. Immer wieder steht auch die Frage im Raum was Kunst ist. Wie wird festgesetzt welchen monetären Wert ein Kunstwerk hat? Reicht der Name aus oder geht es wirklich um das Produkt?
Einigen Lesern mag dies zu anstrengend sein. Andere werden verwirrt sein. Befreit man sich aber von der Haltung eine Biographie oder einen Roman zu lesen, bilden Sprache, Stil und Geschichte eine fantastische Einheit, die lediglich durch die konsequente Nutzung von ss statt ß einen kleinen Riss erhält.

Fazit:
Für mich handelt es sich um ein sehr amüsantes Werk mit versteckten Hinweisen, philosophischen Aspekten und gesellschaftskritischen Fragen. Die wichtigsten Dinge stehen zwischen den Zeilen sind sind einer Vielzahl von Interpretationsmöglichkeiten unterworfen. Dies lässt auch die Frage zu, ob es sich bei diesem Buch nicht selbst um ein Kunstwerk handelt, das eigentlich keines sein soll. Oder ob nur ein Kunstwerk durch den Leser und seine Beurteilung entsteht.
Für aufgeschlossene Leser ist das Buch zu empfehlen.

Bewertung vom 26.05.2013
Ein Paradies für alle
Pfaue, Justus; Tempel, Philip

Ein Paradies für alle


sehr gut

Inhalt:
In Deutschland gibt es wahrscheinlich nur wenige Menschen, die mit dem Namen Wertheim nichts verbinden. Allerdings kennen die meisten eher die Wertheim-Kette, welche nach dem Zweiten Weltkrieg entstand. Hierbei handelt es sich aber nur um die Nutzung des Namens Wertheim. Mit der eigentlichen Dynastie hatten diese Kaufhäuser nichts zu tun. Das erste Geschäft der Familie befand sich in Stralsund und wurde von Abraham Wertheim und seinem Bruder gemeinsam geleitet. D(...) Nach Stralsund folgte eine Geschäftsgründung in Rostock und anschließend ging es nach Berlin. Die Familie, und hier besonders die beiden ältesten Jungen, sorgten mit ihren frischen Ideen dafür, dass die Geschäfte erfolgreich liefen. Sie führten Festpreise ein, die Waren wurden ausgelegt und konnten von den Kunden eingehend betrachtet werden. Zudem wurde eine strikte Barzahlung verlangt und der Kunde erhielt die Möglichkeit, die Waren umzutauschen. Ein besonderer Schwerpunkt lag bei der nicht sehr zahlungskräftigen Kundschaft, die aber trotzdem das Gefühl bekommen sollte königlich behandelt worden zu sein. (...) So entwickelte sich Wertheim zu einem Geschäft, das für jeden etwas bot und jedem das Gefühl vermittelt genau richtig behandelt worden zu sein. Dafür sorgte auch die Architektur der Häuser, für die Alfred Messel zuständig gewesen ist. (...) Probleme gab es aber mit den erstarkenden nationalsozialistischen Kräften. Um die Geschäfte weiterhin führen zu können, ließen sich fast alle Mitglieder der Wertheimfamilie taufen. Georg heiratete zudem eine Nicht-Jüdin. Trotzdem wurde er dazu gezwungen, seinen gesamten Besitz nach Hitlers Machtergreifung auf seine Frau zu übertragen. 1937 wurde auch Ursula Wertheim enteignet.

Justus Pfaue bearbeitet diese interessante Familiengeschichte, in dem er Georg als Hauptfigur auftreten lässt und seine Entwicklung im Zusammenhang mit der Firma Wertheim betrachtet. Ein Schwerpunkt liegt auf seiner Liebe zu Hanna Berger, seiner persönlichen Assistentin, die er nicht ehelichen darf. (...)

Sprache und Stil:
Die Sprache ist recht einfach und verständlich gehalten. Dadurch kann der Text sehr zügig gelesen werden. Die Dialoge wirken sehr lebhaft und werden an manchen Stellen durch die Nutzung zeittypischer Worte aufgewertet. Die Charaktere werden zu einem großen Teil über ihr Handlungen beschrieben. Wirklich nah kommt man dabei als Leser aber nur Georg Wertheim und seiner großen Liebe Hanna. Dass das erste Kapitel fast schon am Ende des Betrachtungszeitraumes spielt und dann ein Sprung in die Vergangenheit erfolgt, erzeugt eine gewisse Spannung. Der Leser möchte wissen was passiert bis Georg und Hanna an diesem Punkt angelangt sind. Tauchen Widrigkeiten auf, möchte man unbedingt erfahren, wie diese gelöst werden. Ein Manko ist in meinen Augen die nicht deutliche Vermischung von Realität und Fiktion. Einige Autoren nehmen sich nur wichtige Daten heraus und entwickeln eine fiktive Geschichte. Andere nehmen nur eine Figur und lassen sie völlig unabhängig ihres wahren Lebenslaufs agieren. Bei Justus Pfaue werden sehr viele Fakten genutzt. Das wäre kein Problem, wenn nur die Liebesgeschichte zwischen Georg und Hanna erfunden wäre. Aber in dem Text werden meiner Meinung nach Errungenschaften in einem Atemzug mit Georg Wertheim genannt, die man nicht ihm zusprechen kann. So ist dem Leser nicht mehr klar, ob es jetzt um den Roman-Georg oder die reale Figur geht. Stellt man sich von Beginn an darauf ein und sagt sich, dass es eine klar fiktive Geschichte ist, ist das kein Problem. Zudem müsste man sich noch einmal genauer das Buch von Erica Fischer und Simone Ladwig-Winters anschauen (E. Fischer & S. Ladwig-Winters, Die Wertheims. Geschichte einer Familie, Berlin, 2004.). Viele Gedankengängen erschienen mehr sehr ähnlich. So finde ich es schade, dass noch nicht einmal das Bucherwähnt wird. Hier lobe ich mir Robert Harris, der am Ende seiner Werke immer wichtige wissenschaftliche Literatur nennt, die er genutzt hat.

Bewertung vom 26.05.2013
Was bisher geschah
Zwecker, Loel

Was bisher geschah


sehr gut

Inhalt:

Loel Zwecker versucht auf knapp 370 Seiten dem interessierten Leser die Geschichte der Menschheit zu erzählen. Er beginnt nach einem kurzen Vorwort mit den Hochkulturen in Mesopotamien, Ägypten und Palästina. Seine Beschreibung endet mit Ereignissen, die erst vor wenigen Monaten stattgefunden haben und einem kleinen abschließenden Zukunftsblick. Innerhalb der einzelnen Kapitel berichtet er von den kulturellen, sozialen und politischen Entwicklungen in einzelnen Ländern. Dabei bleibt er auch nicht, wie so viele andere Autoren, an den europäischen Grenzen stehen. Er beschäftigt sich ebenso mit Asien, Afrika, Australien und Amerika. Zudem werden nicht nur die bloßen historischen Daten aufgezählt. Es geht auch um langfristige Entwicklungen und die verschiedenen Religionen.

Sprache und Stil:

Zwecker schreibt in einem sehr lockeren und humorvollen Ton. Dabei streut er in die Erzählung immer wieder moderne Begriffe und Bezüge ein, die die zurückliegenden Verhältnisse besser erläutern sollen. Zudem versucht er mehrfach moderne Entwicklungen mit historischen Verläufen zu vergleichen. Allerdings ist die Anzahl der humoristischen Einwürfe anscheinend davon abhängig wie gut er sich in einem Themengebiet auskennt. Man hat den Eindruck, dass er manchmal sehr wissenschaftlich vorgeht und sich an einem Seil entlang bewegt. Auf der anderen Seite gibt es Passagen, in denen er fröhlich hin und her hüpft und Witze macht. Und gerade diese lustigen Passagen mögen dem einen oder anderen Leser aufstoßen. Nicht jeder mag es wenn nicht mit dem 'nötigen' Ernst über Geschichte gesprochen wird. Andere hingegen werden den Text sehr amüsant finden, werden dann aber auf der nächsten Seite von Zahlen und Ereignissen erschlagen. Insgesamt lässt sich aber der Text durch seine moderne und gut konstruierte Sprache sehr zügig lesen.

Persönliches Fazit:

Es ist ein sehr schwieriges Unterfangen die Geschichte der Menschheit in ein Buch mit 400 Seiten zu zwängen, die richtige Auswahl bei markanten Ereignissen zu treffen, keine wichtige Informationen zu unterschlagen und schließlich auch noch auf interessante Art und Weise zu schreiben.

Obwohl mir an einigen Stellen wichtige Ereignisse gefehlt haben, ich die Beschreibungen für Nicht-Historiker zu kurz fand und mir die Sprache an wenigen Stellen zu lapidar gewesen ist, muss ich sagen, dass Zwecker die ihm gestellte Aufgabe gut gemeistert hat. Sein Werk ist gut geschrieben, interessant und gibt einen umfangreichen Überblick. Ich konnte meine Kenntnisse noch einmal auffrischen und sicherlich wird der ein oder andere historisch interessierte Leser neue Personen und Ereignisse entdecken.

Zwecker schafft es auf jeden Fall das Interesse an Geschichte zu verstärken.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.05.2013
Sieben Minuten nach Mitternacht
Ness, Patrick; Dowd, Siobhan

Sieben Minuten nach Mitternacht


ausgezeichnet

Sieben Minuten nach Mitternacht ist schon aufgrund seiner Entstehungsgeschichte ein besonderer Roman. Siobhan Dowd war eine bekannte Jugendbuchautorin, die für das vorliegende Buch bereits die Figuren, ein detailliertes Exposé und einen Anfang erschaffen hatte. Bevor sie das Werk vollenden konnte, erlag sie 2007 ihrem Krebsleiden. Die schon geschriebenen beziehungsweise skizzierten Teile waren in den Augen der Verantwortlichen jedoch so vielversprechend, dass sie jemanden suchten, der das Buch vollenden könnte. Der mehrfach ausgezeichnete Patrick Ness wagte sich schließlich an diese Aufgabe. Er hat aber ganz bewusst kein Buch in der Sprache von Dowd erschaffen. Er hat die Ideen aufgegriffen und sie weiter verfolgt, ausgebaut und teilweise ein bisschen umgeschrieben. Sein Anspruch war es ein Buch zu schreiben, dass Siobhan Dowd gefallen hätte. Und meiner Meinung nach hat er es geschafft!

Conors Mutter ist an Krebs erkrankt. Lange Zeit sah es so aus, als ob sie ihre Krankheit bereits besiegt hätte. Doch dann kommt ein Rückfall, der sie dazu zwingt in ein Krankenhaus zu gehen. Und obwohl sie alles erdenkliche probiert, scheint es keine Hoffnung mehr zu geben.
Conor leidet nicht nur äußerlich darunter. Immer wieder hat er denselben Albtraum, in dem er seine Mutter verliert. Und jetzt erscheint da auch noch ein Monster, dass ihm Geschichten erzählen will. Geschichten die ihn belehren, aber auch schmerzen. Sie sind gemein und böse, aber trotzdem sollen sie Conor stärken. Dieser sonderbare Traum wäre zu verschmerzen, wenn er nicht so real wäre und wenn er nicht in die Realität übergreifen würde. Handlungen, die in dem Traum vorgenommen werden wirken sich auf die normale Welt aus. Ist das Monster vielleicht doch real? Und was will es eigentlich von Conor? In jeder Nacht um 00:07 Uhr erfährt er der Junge mehr über das dunkle Wesen und sich selbst. Denn das Monster will, dass sich Conor in seine eigene Seele begibt und sich endlich der Wahrheit stellt.

Patrick Ness ist, nach Vorlage von Siobhan Dowd, eine düstere Geschichte gelungen, die trotz ihrer fantastischen Elemente viel Weisheit und einen engen Bezug zur Realität besitzt. In einer sehr verständlichen und gleichzeitig sehr malerischen Sprache, die Jugendliche sehr ansprechen wird, erzählt er von Conors Trauer und seinem bevorstehenden Verlust. Er berichtet von den Gefühlen und Problemen, die der Junge in der Familie und der Schule hat. Gleichzeitig zeigt er aber auch wie er auf seinem Weg immer stärker, immer verständnisvoller wird. Dabei wird er ein bisschen erwachsener, lässt aber auch wieder andere Menschen an sich heran. Und ihm wird klar:

Wir müssen die,
die wir lieben,
manchmal
gehen lassen, um sie im Herzen
zu behalten.

Fazit: Ein absolut empfehlenswertes Buch über Angst, Verlust, Tod und die Bewältigung aller Dinge.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.05.2013
Mumins / Bd.1
Jansson, Tove

Mumins / Bd.1


ausgezeichnet

Viele kennen sicherlich die Mumins aus ihren Kindertagen und einige werden vielleicht auch meine Rezension von "Geschichten aus dem Mumintal" gelesen haben.
Die in Helsinki geborene und 2001 verstorbene Schriftstellerin Tove Jansson hat allerdings nicht nur die Geschichten geschrieben und mit kleinen Illustrationen versehen. Nein, sie hat auch eine ganze Comic-Reihe herausgegeben. Im Auftrag von der englischen Associated Press sollte sie in den 50er Jahren zunächst eine kleine Reihe zusammenstellen. 1954 erschien die erste Folge in der damals erfolgreichsten Londoner Zeitung "The Evening News". In den darauffolgenden Jahren erschienen weitere Folgen, die später in 120 Zeitungen in 40 Ländern erschienen (Quelle: wikipedia.de).
In Deutschland gab es immer wieder die Bemühungen alle Strips zu veröffentlichen. Über einige wenige Geschichten ging dies aber nicht hinaus.
Der Verlag Reprodukt, welcher übrigens auch viele andere gute Comics und Graphic Novels in seinem Programm hat, wagte 2008 das Unmögliche und begann eine erste deutsche Gesamtausgabe zu veröffentlichen. Insgesamt sind vier Bücher entstanden, die auf 88 bis 112 Seiten vier oder fünf Abenteuer präsentieren. Ein fünfter Band befindet sich in Arbeit.

In dem ersten Band sucht Mumin seine Familie, lernt Snorkfräulein kennen und fährt in den Urlaub. Dabei wird er täglich mit ganz menschlichen, aber auch schweren Problemen konfrontiert. Wie wird man seine unliebsame Verwandtschaft los? Wie komme ich an Geld? Und ist Luxus wirklich etwas erstrebenswertes?
Mumin durchlebt manch haarsträubendes Abenteuer und wenn er dann glaubt, dass alles gemeistert ist, verschwinden plötzlich seine Eltern und Snorkfräulein lächelt sich einen Millionär an. Zur Seite stehen ihm in allen Lebenslagen sein Freund Schnüferl, der dem Geld allerdings auch nicht abgeneigt ist und versucht Mumin von seinen Geschäftsplänen zu überzeugen.
Damit scheint auf den ersten Blick alles wie immer zu sein und man erinnert sich an die Geschichten die man vielleicht schon gelesen hat. Aus meiner Sicht handelt es sich bei den Comic Strips aber um eine ganz andere Kategorie.
Auf der einen Seite gibt es ja die Kindergeschichten, die auch mehrfach adaptiert wurden. Weiterhin gibt es die eher philosophischen Werke, die sich mit auch mit dem Sinn des Lebens auseinandersetzen. In den Comics geht es hingegen eher um Situationen, die wir kennen und die uns meist aufregen, aber in vielen Fällen nicht tiefgründig sind. Zudem hat man den Eindruck, dass Tove Jansson den Lesern noch mehr einen Spiegel vor das Gesicht hält und fragt was wir da eigentlich machen.
So will sich der Mumin-Vater endlich selbst verwirklichen und die Mumin-Mutter hält trotz alle Bedenken zu ihm. Allerdings lässt sie Mumin im Stich. Sie wird von Zweifeln geplagt, aber der Vater denkt nur an seine Träume, die man leben sollte.
Sehr amüsant wird die Riviera inklusive Jetset dargestellt. Der Schein ist hier alles und so lange er gewahrt wird, gehört man dazu. Doch kann, und vor allen Dingen will, Mumin zu diesen Leuten gehören?

Ich finde alle Geschichten sehr gelungen. Sie sind sehr witzig geschrieben und selbst die fiesesten Charaktere muss man einfach mögen. Und wenn es auch nur an der zeichnerischen Umsetzung liegt.
Durch den festen Einband und das dicke Papier dieser Ausgabe entsteht ein zusätzlicher Lesegenuss, der nur ein Urteil zulässt: Sehr empfehlenswert.

Bewertung vom 22.05.2013
Die feine Art des Vögelns
Querengäßer, Birgit

Die feine Art des Vögelns


sehr gut

(...)
Die Autorin hatte sich vorgenommen ein sehr umfangreiches Buch zu schreiben, dass viele verschiedene Aspekte der menschlichen Kopulation betrachtet und hilfreiche Tipps gibt. Die Grundvoraussetzung für die Erprobung der Hinweise ist natürlich das Vorhandensein eines Partners. Die erste Frage ist also welcher Partnertyp überhaupt infrage kommt. Querengässer beschreibt diesbezüglich das Biotop, die Vor- und Nachteile, die häufigsten Aussagen und die eigentliche Bedeutung der Worte von der Kollegin, dem Internetflirt, der Fremden, der Partnerin, der Affäre, dem besten Freund, der Ex, dem Verehrer, dem Schwulen, dem Sextoy und der Prostituierten. Hier ist schon ein erster positiver Aspekt des Handbuchs zu erkennen. Die Autorin beschreibt eine sehr große und heterogene Gruppe von möglichen Sexualpartnern. Ebenso verfährt sie auch in den anderen Kapiteln. Es wird immer eine Vielzahl von Möglichkeiten vorgestellt, unter der der Leser immer die passende findet.
Hat der Ratsuchende einen bevorzugten Partnertyp ausgewählt, geht es an die Kontaktaufnahme. Fünf Varianten werden ausführlich beschrieben und es wird auch erklärt für welchen Menschenschlag die jeweilige Methode geeignet ist. Weiterhin gibt es Worst Case Szenarien. Beispiel: Es geht um das Anschreiben im Internet und die Auswahl bzw Bearbeitung eines geeigneten Fotos.

Ideal für: Menschen, die sich gut mit Bildbearbeitungssoftware auskennen.
Worst Case: Sie geraten an einen Menschen, der sich gut mit Bildbearbeitungssoftware auskennt.

Irgendwie hat man es also geschafft und der ersehnte Partner steht vor einem. Wie verführt man ihn nun fachgerecht? Hierzu gibt die Autorin verschiedene Möglichkeiten an und erklärt auch immer die Bedeutung, die mit verschiedenen Handlungen in Verbindung gebracht wird.
Und dann, ja dann kommen wir endlich zu dem eigentlichen Akt der (Nächsten-)Liebe. Ganze drei Kapitel beschäftigen sich mit dem Geschlechtsverkehr. Begonnen wird mit Problemen und Lösungsansätzen, gefolgt von Benimmregeln und Sätzen, die Sexualpartner gerne hören.
Man könnte jetzt meinen, dass das alles war und es ja schön und gut ist, dass die Autorin auf humorvolle Art und Weise über Sex gesprochen hat. Aber nein, auch eine gute sexuelle Beziehung kann irgendwann langweilig werden und es stellt sich die Frage, wie man den Partner wieder los wird. Hierfür eignen sich verschiedene Methoden des gepflegten Kontaktabbruchs, der sich den Kategorien Event-Trennung, Trennung per SMS und Trennung ohne Trennung zuordnen lässt.
Ist auch diese Hürdeübersprungen und der lästige Partner entsorgt, kann man weiter seinen Lüsten frönen, ohne Rücksicht auf jemanden zu nehmen. Auch für diese Lebensweise gibt in den Kapiteln "Hinweise für Vielreisende" und "Methoden der Triebkontrolle" Anregungen. Abgerundet wird das Werk durch einen kleinen historischen Abriss über die Sexualität, ein Kompendium über die Sprache der Liebe und den 14 Anzeichen dafür, dass Sie gut im Bett sind.

Dieser Überblick zeigt, dass thematisch kein Bereich ausgelassen wird und der Leser nach der Lektüre ein umfangreiches und aktuelles Wissen über die moderne Sexualität erlangt hat. Die wirklich sehr humorvolle und kurzweilige Sprache von Birgit Querengässer macht das Lesen zu einem Genuß. Zudem ist das Buch grafisch wunderschön aufgearbeitet und bietet auch einen kleinen optischen Appetithappen. Wobei ich sagen muss, dass die durchgehende rosa Färbung der Seiten doch den männlichen Konsumenten von einem Lesen in der freien Wildbahn abhalten wird.

Fazit: Ein lustiges kleines Buch, bei dessen Lektüre ich mich köstlich amüsiert habe. Ein kleiner Leckerbissen abseits der großen Literatur.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.