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Benutzername: 
Blümchen
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Dresden

Bewertungen

Insgesamt 172 Bewertungen
Bewertung vom 18.07.2022
Die versteckte Apotheke
Penner, Sarah

Die versteckte Apotheke


sehr gut

Wer Böses tut, um Gutes zu wirken...

Zuerst einmal muss ich sagen: ich bin völlig hingerissen von der Aufmachung dieses Romans! Das ansprechende Design des Schutzumschlags setzt sich auf dem Hardcover fort und so macht das Buch auch ohne Schutzumschlag richtig was her! Ich habe selten ein so „schönes“ Buch in der Hand gehalten.

Dieser gute erste Eindruck bestätigte sich auch, als ich zu lesen begann. Aber Achtung: wer nur den Klappentext kennt, wird es vielleicht (so wie ich) etwas befremdlich finden, dass es plötzlich einen Erzählstrang in der Gegenwart gibt. Die Inhaltsbeschreibungen bei den Buchhandlungsportalen im Internet weisen zum Glück darauf hin, der Klappentext auf dem Buch jedoch nicht.

Einerseits erleben wir also die Geschichte von Nella, der Giftapothekerin, die nach einem einschneidenden Erlebnis in ihrem eigenen Privatleben anderenn Frauen hilft, gewalttätige oder untreue Ehemänner „loszuwerden“.

Eines Tages steht das erst 12jährige Dienstmädchen Eliza in ihrer Apotheke, um ein solches Mittel für ihre Herrin abzuholen. Nella ahnt nicht, dass sie und Eliza schon bald viel mehr verbinden wird als ein paar mit Gift versetzte Hühnereier...

Im Erzählstrang der Gegenwart begleiten wir die Amerikanerin Caroline auf ihrer Londonreise anlässlich ihres Hochzeitstages - die sie allerdings allein antritt, nachdem sie von der Untreue ihres Mannes erfahren hat. Beim Umherstreifen in London findet Caroline am Themseufer eine alte Glasphiole, deren Herkunft sie als studierte Historikerin auf den Grund gehen möchte. Und so kommt sie langsam der bewegten Geschichte von Nella und Eliza auf die Spur...

Die Autorin verwebt die Geschichten aus Gegenwart und Vergangenheit aus meiner Sicht sehr gut. Besonders als sich Caroline plötzlich in einer ähnlichen Situation wie Nella wiederfindet, dachte ich mir „Respekt für diesen Plot“. Ich war bei beiden Frauen gefühlt ganz nah dran und habe mit ihnen mitgefiebert.

Allerdings gab es im letzten Drittel ein paar Dinge, die ich nicht so ganz nachvollziehen konnte. Einmal empfand ich die Handlungsweise von Nella als unlogisch und am Ende fehlte mir an manchen Stellen noch die Aufklärung bzw. der Abschluss. Mir erschien es so, dass der zunächst sehr gut komponierte Roman am Ende doch noch ein paar Erzählstränge enthielt, die dann - gewollt oder ungewollt - nicht zum Ende geführt wurden. So blieben bei mir insbesondere zwei Fragen offen, für die ich mir ein auserzähltes Ende gewünscht hätte, um vollauf mit der Geschichte „im Reinen“ zu sein.

Dennoch möchte ich jedem, der sich für historische Stoffe erwärmen kann, diesen Roman ans Herz legen, denn er erzählt aus meiner Sicht mit einer frischen, neuen Note und durchaus unkonventionell die Geschichte einer Heldin, die Böses tut um Gutes zu wirken. Eine wunderbare Idee für einen Roman, bei dem ich sehr froh bin ihn entdeckt zu haben!

Bewertung vom 09.07.2022
Kleine Wunder
Booth, Anne

Kleine Wunder


gut

Kleine Wunder und große Fragezeichen...

Dieser Roman, der mit seinem sommerlich-leichten Cover (das mich irgendwie an Sister Act erinnerte) eine angenehme Wohlfühlatmosphäre versprüht, sollte mir „Kleine Wunder“ bescheren. Doch was passierte? Er bescherte mir vor allem große Fragezeichen.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich vielleicht selbst schuld war und zu unkonzentriert gelesen habe, aber irgendwie folgte diese Geschichte um die drei Ordensschwestern Margaret, Cecilia und Bridget keinem roten Faden. Wie der Klappentext verrät, gerät das Leben der drei Nonnen durch einen Lottogewinn auf einen komplett neuen Weg... doch nach 100 Seiten die Erkenntnis: der Lottogewinn hat herzlich wenig mit dem zu tun, was den Nonnen und den Menschen in ihrer Gemeinde Fairbridge widerfährt. Nach ca. der Hälfte des Buches dachte ich an den Anfang zurück und stellte fest, dass der Gewinn weder der Auslöser für folgende Ereignisse war, noch im Wesentlichen etwas mit der Entwicklung der Geschichte zu tun hat. Und ich fragte mich: warum in aller Welt gab es jetzt am Anfang der Story diesen Lottogewinn?

Kurzum, ich hatte ein Fragezeichen im Kopf und leider wurde ich es angesichts der Art und Weise, wie diese Geschichte weitererzählt wird, auch nicht los. Es kam mir alles ein wenig konfus vor. Plötzlich tauchten neue Personen auf und ich hatte keine Ahnung, was die jetzt plötzlich mit der Handlung zu tun haben sollten. Es tauchte eine Verbindung zwischen dem Ort Fairbridge und einem kleinen Dorf in Italien auf. Und ein geschlossenes Hotel in diesem kleinen italienischen Dörfchen. Wie alles zusammenhängt, wurde selbstverständlich am Ende des Buches aufgeklärt. Dort hat die Autorin dann aber einen solchen Rundumschlag hingelegt um wirklich jeden losen Faden irgendwo zu einem Ende zu bringen... da musste ich dann richtig drüber schmunzeln.

Eins muss man aber sagen: die drei Ordensschwestern waren sehr sympathisch gezeichnet (sogar die etwas grummelige Cecilia) und das hat dieses Buch für mich gerettet. Die etwas überforderte, aber herzensgute Margaret und die wunderbar positive Bridget mit ihrem kindlichen Gemüt hätte ich sehr gern einmal persönlich kennengelernt. Jede von ihnen wurde sehr detailliert in ihrem Charakter beschrieben und handelte auch immer dementsprechend. Doch leider konnten diese überaus smpathischen Protagonistinnen nicht verhindern, dass ich angesichts der Handlung und der Entwicklungen im Buch irgendwie verwirrt war und somit der Gesamteindruck des Buches nicht komplett positiv war.

Ich denke schon, dass das Buch seine Leserschaft finden wird. Dafür sind die drei Schwestern einfach zu liebenswert. Wen es nicht stört, dass man mitunter etwas nebulös durch die Story geschubst wird, der kann hier bestimmt entspannte Lesestunden genießen. Mir aber fehlte eine geradlinige Handlung, die kontinuierlich auf einen Höhepunkt zusteuert.

Bewertung vom 04.07.2022
Leuchtfeuer / Waldfriede-Saga Bd.2
Bomann, Corina

Leuchtfeuer / Waldfriede-Saga Bd.2


sehr gut

Bewegte Geschichte im historischen Kontext

Manchmal ist das Nachwort eines Buches für mich das i-Tüpfelchen eines Romans – so auch diesmal bei „Leuchtfeuer“. Denn hier erklärt die Autorin, welche Handlungsstränge und Figuren ein historisches Vorbild haben und was wiederum frei erfunden ist. Und ich hätte nicht gedacht, dass in diesem Roman so viele Personen und so vieles aus der Handlung tatsächlich in einem historisch nachweisbaren Bezug steht.

Corina Bomann hat ihre gesamte Reihe über das Waldfriede-Krankenhaus Berlin-Zehlendorf ja auf der Chronik einer Krankenschwester aufgebaut, die über fast 30 Jahre bis zum Jahr 1956 dort Dienst getan hat. Diese Schwester Hanna ist das Vorbild für eine der Protagonistinnen in den Romanen – Schwester Hanna Richter.

In diesem zweiten Band steht noch eine weitere Krankenschwester im Mittelpunkt – Lilly Wegner. Und auch Lilly hat ein historisches Vorbild, wie die Autorin im Nachwort verrät.

Im Roman wie auch in der Chronik ist Lily für kleine Patienten zuständig und genießt mitunter den Ruf einer „Ersatzmutter“, weil sie sich rührend um die Kinder kümmert, die teilweise monatelang ohne ihre Eltern auskommen müssen, während schwere Knochenkrankheiten behandelt werden.

Im Roman arbeitet Lilly im Bereich von Professor Kirsch, der mit einem historisch verbürgten Dr. Kisch ebenfalls ein reales Vorbild hat. Jedoch ist über den tatsächlichen Dr. Kisch aus der Krankenhaus-Chronik wenig bekannt und so nimmt sich die Autorin hier die Freiheit, eine Liebesgeschichte zwischen dem Professor und seiner tüchtigen Helferin zu stricken.

Ich denke ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass sich die Situation für den jüdischen Professor in den hier beschriebenen Jahren bis 1933 zuspitzt und letztlich eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen ist – gehen oder bleiben? Vorher jedoch dürfen sich die Leser*innen auf eine kurzweilige Geschichte mit einem Schuss Romantik freuen.

Wie schon der Vorgängerband liest sich auch dieser sehr umfangreiche Roman schnell weg, weil der Schreibstil der Autorin sehr unterhaltsam und bildhaft ist. Dennoch gab es für mich ein paar Stellen, die man ein wenig hätte kürzen können. Dann wäre der Roman noch etwas kompakter und das Erzähltempo höher gewesen – was mir persönlich gut gefallen hätte. Ich kann aber auch Leser*innen verstehen, die genau diese detailreichen Schilderungen in den Büchern von Corina Bomann lieben.

Mir persönlich kam insgesamt der Krankenhausalltag etwas kurz, ich wäre gern noch tiefer in Abläufe, damalige Behandlungsansätze und -methoden und Erfolge/Misserfolge bei der Behandlung von Patienten eingetaucht. Durch die Fokussierung auf die Geschichte zwischen Lilly und Prof. Kirsch rückte das etwas in den Hintergrund.

Empfehlen würde ich dieses Buch allen, die historische Sagas lieben, die in einem bildhaft geschriebenen, umfassenden Schmöker versinken möchten und gleichzeitig etwas lesen möchten, das eine reale historische Grundlage hat. Als Urlaubs- oder Entspannungslektüre sehr gut geeignet!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.06.2022
13° - Tödlicher Sommer / Spitzbergen-Reihe Bd.2
Kvandal, Hanne H.

13° - Tödlicher Sommer / Spitzbergen-Reihe Bd.2


sehr gut

Spannende Unterhaltung aus dem ganz hohen Norden

Verbrechen können auch geschehen, wenn es nie dunkel wird. Das beweist Hanne H. Kvandal im 2. Teil ihrer Spitzbergen-Krimi-Reihe. Während der erste Teil in tiefer Dunkelheit während des arktischen Winters spielt, ist im zweiten Buch das Gegenteil der Fall – im arktischen Sommer ist es auch um 2 Uhr nachts noch taghell. Auch das wieder ein interessantes Setting für einen Kriminalroman.

Diesmal verschwindet zunächst ein Koch aus dem mittlerweile sehr touristischen Ort Longyearbyen. Kurz darauf wird in der stillgelegten Grubenstadt Pyramiden eine Leiche in einer Kühltruhe gefunden. Als schließlich auch noch der kleine Enkel des Ex-Kommissars Trond Lie entführt wird ist klar – alles hängt miteinander zusammen und Trond ist hier etwas Großem auf der Spur.

Der große Pluspunkt des Romans ist natürlich sein Setting. Die spröde und fast unwirklich anmutende Welt des „sommerlichen“ Spitzbergen (sommerlich = 13 °C und 24 h Helligkeit) bietet auch diesmal wieder eine tolle Kulisse für den hier angesiedelten Kriminalfall.

Allerdings muss ich sagen, dass mir die Hauptfiguren nicht so ganz nahe gekommen sind. Ich kann nicht sagen, woran es letztlich lag, dass ich nicht ganz bei Trond, Frida, Ingvild und den anderen war. Schließlich ist ihr Leben in dieser unwirtlichen Gegend höchst spannend und bietet auch in der Figurenzeichnung viel Raum für differenzierte Darstellungen. Dennoch war da für mich immer eine kleine Distanz.

Der Fall an sich hat mich aber überzeugt. Viele einzelne Stränge wurden am Schluss zu einem glaubhaften, schlüssigen Ganzen verbunden. Gern hätte ich aber im Nachwort noch erfahren, ob die im Fall geschilderte Problematik tatsächlich ein Thema auf „Svalbard“ ist oder ob das reine Fiktion ohne wirklichen Hintergrund ist (mehr kann ich dazu nicht sagen ohne zu spoilern).

Die Autorin besitzt viel Hintergrundwissen, das sie gekonnt für einen Krimi genutzt hat, der gleichzeitig unterhält und die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme unserer modernen Zeit thematisiert. Wer einen Eindruck vom alltäglichen Leben auf Spitzbergen bekommen möchte, ist hier ebenfalls richtig!

Bewertung vom 05.06.2022
Der Garten am Meer / Island Dreams Bd.1
McGregor, Charlotte

Der Garten am Meer / Island Dreams Bd.1


ausgezeichnet

Berührende Geschichte vor traumhaft schöner Kulisse

Philippa Gordon ist überglücklich – der Botanikerin wurde gerade eine Stelle im Kirstenbosch Garden in Südafrika angeboten. Sie brennt darauf, an den Ort ihres Studiums zurückzugehen – schließlich ist sie ungebunden und kann ihren Träumen folgen. Dachte sie. Denn als kurz vor ihrer Abreise ihre Schwester tödlich verunglückt, muss sich Pippa plötzlich um ihren 3jährigen Neffen Rufus kümmern – und darf mit ihm das Land nicht verlassen, bis eine endgültige Adoptionsregelung getroffen ist.

Kurzerhand nimmt sie eine Stelle im Tresco Abbey Garden auf den Scilly Inseln an. Nicht gerade Südafrika, und an die verschworene Gemeinschaft der Inselbewohner muss sie sich auch erst gewöhnen – aber Rufus liebt das Spielen in freier Natur und die vielen Tiere. Und schließlich soll er den Tod seiner Mama bestmöglich verarbeiten können… So beißt Pippa die Zähne zusammen und versucht sich an einem Neuanfang, der weit entfernt von ihrer bisherigen Lebensplanung liegt. Wie ihr das gelingt? Lest am besten selbst, denn diese Geschichte ist wirklich berührend und einfach nur zauberhaft.

Sehr einfühlsam stellt die Autorin die Zerrissenheit Pippas im Umgang mit ihrem Neffen dar. Von heute auf morgen findet sie sich in der nie angestrebten Mutterrolle wieder und hadert. Aber sie entdeckt auch, dass sie doch mehr für den kleinen Wirbelwind an ihrer Seite empfindet als sie je für möglich gehalten hätte.

Und natürlich gibt es auch noch einen interessanten Mann auf den Inseln – den Meeresbiologen Harry, der sein ganz eigenes Päckchen zu tragen hat.

Neben der eigentlichen Handlung bringt die Autorin den Lesern auch die Schönheiten der Scilly Islands vor der Küste von Cornwall näher – so dass man sich recht schnell googelnd vor dem Handy wiederfindet und mehr über diese Inselschönheiten wissen möchte. Um anschließend am liebsten die Koffer zu packen und dorthin zu reisen. Der Tresco Abbey Garden steht seit diesem Buch auf jeden Fall auf meiner To-do-Liste!

Auch Tierliebhaber kommen in diesem Buch auf ihre Kosten, denn davon gibt es viele im Roman – Schafe, Hühner, ein Esel, mehrere Hunde, Robben, eine Kragenechse… und ganz wichtig – ein Plüschfuchs ;)

Das einzige kleine Manko (für mich persönlich) war, dass ich gern noch mehr über den „Garten am Meer“ und Pippas Arbeit dort als Botanikerin erfahren hätte. Aufgrund des Untertitels des Buches und des Klappentextes habe ich erwartet, dass dies eine größere Rolle spielt. Jedoch bleibt die Botanik eher an der Oberfläche und der Garten spielt in der Handlung eher eine Nebenrolle, denn der Fokus liegt eindeutig auf Pippas Privatleben. Das war an sich nicht schlimm, aber für mich hätte etwas mehr Ausgewogenheit das Buch noch runder gemacht – schließlich wurde Pippa als Person dargestellt, die die Arbeit mit den Pflanzen unglaublich liebt.

Der Roman eignet sich perfekt als Sommerlektüre, bringt uns die Schönheit einer ganz besonderen Inselgruppe nahe und weckt ganz schnell ganz viel Fernweh. Die Charaktere waren liebevoll gezeichnet (besonders die Beziehung zwischen Tante Pippa und Neffe Rufus) und die gesamte „Inselfamilie“ ist ein Haufen, in dem man sich selbst rundum wohlfühlen würde. Daher: unbedingt lesen, wenn ihr auf emotionale Geschichten mit Wohlfühlfaktor und Fernwehgarantie steht!

PS: Ich hoffe doch sehr, dass „Der Garten am Meer“ nur der Auftakt einer Insel-Reihe war und wir in nächster Zeit noch einige weitere Inseln kennenlernen dürfen, liebe Charlotte McGregor! Es gibt ja da zum Beispiel noch Skye, die Orkneys, die Kanalinseln Jersey und Guernsey… auch dort gäbe es sicher tolle Geschichten zu entdecken!

Bewertung vom 30.05.2022
Todesglut / Akademie des Verbrechens Bd.1
Moeller, Cathrin

Todesglut / Akademie des Verbrechens Bd.1


ausgezeichnet

Temporeicher Rügen-Krimi mit ungewöhnlichem Plot

Schon bei der Präsentation in der Frühjahrs-Verlagsvorschau war mir „Todesglut“ aufgefallen. Der Plot klang sehr originell, denn wann ist eine private Akademie für angehende Kriminalisten schon mal Thema eines Romans? Allein deswegen war ich unheimlich neugierig auf dieses Buch.


Und ich wurde nicht enttäuscht! Temporeich und clever schlägt Cathrin Moeller in ihrem Krimi immer wieder Haken und schickt die jungen Studierenden und ihre Dozenten wie bei einer Schnitzeljagd von einem Puzzleteil zum nächsten. Doch worum geht es da so richtig?

Der neue Dozent Henry Zornik, ehemaliger Ermittler, muss sich durchsetzen im Hörsaal – was ihm mit den spröden Aufzeichnungen seiner Vorgängerin kaum gelingt. Um bei den Studierenden Interesse zu wecken, kommt ihm eine Idee… gerade hat er von einem unaufgeklärten, aber geschlossenen Fall gehört, der sich vor einigen Jahren im selben Ort ereignete. Kurzerhand versucht er es mit der Strategie „Learning by doing“ und setzt seine Studis auf den Fall an. Wer ihn schneller löst als Henry selbst, muss nicht zur Prüfung. Doch er ahnt nicht, in welches Wespennest er damit sticht.

Denn einerseits versuchen sich die Studierenden nun gegenseitig zu übertreffen und ihren Kommilitonen Ideen abzuluchsen, andererseits bemerkt Henry zu spät, dass der Fall aktueller ist denn je und sie dem Täter so nahe kommen, dass es für alle Beteiligten äußerst gefährlich wird.

Ein erfrischend neuer Ansatz für einen Kriminalroman, der sein Tempo über die beachtliche Länge von 528 Seiten halten konnte. Die Erzählweise regte zum Miträtseln an – und diese Challenge habe ich als Leser gern angenommen. Nach ca. der Hälfte des Buches hatte ich eine Vermutung (die sich dann auch bewahrheitet hat). Aber dadurch hat das Buch für mich nicht an Spannung verloren, denn ich war mir ja keineswegs sicher und wollte natürlich unbedingt wissen, ob ich mit meiner Theorie richtig lag.

Das Ende des Buches muss man fast schon als hollywoodreif bezeichnen – da überschlugen sich die Ereignisse und es ging noch einmal voller Action zur Sache.

Für mich war es ein gelungener Auftakt der „Akademie des Verbrechens“. Mein einziger kleiner Kritikpunkt ist, dass ich am Ende gern ein noch schlüssigeres Motiv bzw. Beweggründe des Täters gehabt hätte. Ohne zuviel verraten zu wollen, wird es aus meiner Sicht ein wenig zu plakativ „abgehandelt“. Mehr kann ich dazu aber, ohne zu spoilern, wirklich nicht sagen.

Was ich aber sagen kann: beim nächsten Fall von Henry Zornik und seinen Studis bin ich gern wieder mit dabei!

Bewertung vom 30.05.2022
Marilyn und die Sterne von Hollywood / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.22
Beinert, Claudia;Beinert, Nadja

Marilyn und die Sterne von Hollywood / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.22


ausgezeichnet

Eine Romanbiografie, die mitten ins Herz trifft

Wer Fotos und Filme von Marilyn Monroe kennt, würde nie erahnen, was diese selbstbewusste Ikone des amerikanischen Films in ihrer Jugendzeit durchmachen musste. Ich gebe zu, auch ich gehörte zu denen, die bei ihr immer nur den Glamour gesehen und keinen Blick hinter die Fassade geworfen haben.

Umso besser, dass die Schwestern Claudia und Nadja Beinert sich den schwierigen frühen Jahren der berühmten Monroe angenommen und ein gänzlich anderes Bild dieser mythosumwobenen Frau gezeichnet haben.

Und das ist ihnen sehr gut gelungen. Bei vielen dieser Romanbiografien habe ich bisher als Kritikpunkt angeführt, dass sie zu sehr an der Oberfläche blieben und eine in den Mittelpunkt gerückte Lovestory mehr Gewicht bekam als der Blick auf den Menschen, um den es in dem Buch geht. Das ist hier anders.

Man lernt die 16jährige Norma Jeane mit all ihren Wünschen, Hoffnungen und Träumen kennen – und erlebt mit, wie diese durch ihre schwierigen Familienverhältnisse mehr als einmal zunichte gemacht werden. Die junge Frau wird in eine arrangierte Ehe gedrängt, in der sie erst lernen muss ihren Ehemann zu lieben. Gerade als sie glaubt, sie habe die bröckelige Basis ihrer Ehe zementiert und an die Verbindung zu glauben beginnt, geht Jim zum Militär – und die nur 17jährige Norma steht wieder allein vor dem Nichts.

Es ist ein harter Kampf für die junge Frau, die ein Herz für Ausgegrenzte hat, weil sie selbst dieses Gefühl kennt, nicht anerkannt zu werden. Einzig ihre Hündin Muggsie bietet ihr Trost in der Zeit, als sie verzweifelt versucht, sich ein Familienleben aufzubauen. Ihren Traum von der Schauspielerei verfolgt sie kaum noch – aber er lässt sie auch nie ganz los.

Bis ein Army-Fotograf Norma an ihrem Arbeitsplatz „entdeckt“, die ersten Fotoaufträge eingehen und schließlich aus dem Fotomodell Norma Jeane Dougherty die Schauspielerin Marilyn Monroe wird, vergeht einiges an Zeit. Das Buch endet mit dem Zeitpunkt, an dem sie ihren Künstlernamen wählt.

Doch in den 470 Seiten bis dahin bekommt man einen sehr tiefen Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der jungen Norma, die ein Opfer der Umstände ist und erst lernen muss, für sich selbst zu kämpfen und ihre Standpunkte zu vertreten. Ihren Weg zu beobachten, der sie von der unsicheren 16jährigen zur selbstbewussten Frau führt, ist sehr einfühlsam und nahbar dargestellt von den Autorinnen.

Ich habe mit Norma gelacht und geweint, gelitten und triumphiert – und eine Frau kennengelernt, die mir ohne dieses wunderbare Buch hinter einer Fassade von Makeup und kirschrotem Lippenstift verborgen geblieben wäre. Ein tolles Leseerlebnis, das bestens unterhält und trotzdem in die Tiefe geht!

Bewertung vom 24.05.2022
Fräulein Stinnes und die Reise um die Welt
Jansen, Lina

Fräulein Stinnes und die Reise um die Welt


sehr gut

Abenteuerliche Reise nach bewährtem Strickmuster

In seiner neuen Reihe „Verlorene Geschichten“ lässt der blanvalet-Verlag historische Begebenheiten und seine vergessenen Helden wieder auferstehen. Den Anfang macht dabei Clärenore Stinnes und ihre Weltumrundung in einem Automobil in den Jahren 1927 und 1928.

Die Geschichte wird erzählt von Lina Jansen und hinter diesem Pseudonym verbirgt sich die bekannte Autorin Beate Maly, die schon viele historische Stoffe zu Romanen verarbeitet hat, zuletzt die Geschichte von Mozarts Schwester „Nannerl“.

Doch zurück zu Clärenore und ihrem großen Abenteuer. Die junge Frau stammt aus einer wohlhabenden, eigentlich sogar stinkreichen Familie. Doch nach dem Tod ihres Vaters hat sie keinen Fürsprecher mehr, so dass sie in die Führung der vielen Familienunternehmen nicht einbezogen wird.

Clärenore ist das schwarze Schaf der Familie – besonders ihre Mutter kann mit der eigenwilligen jungen Frau nicht viel anfangen. Dass sie Hosen trägt und Autorennen fährt, kann und will sie absolut nicht tolerieren. Daher nabelt sich Clärenore immer mehr von ihrer Familie ab und geht ihren eigenen Weg. Mit einer noch nie dagewesenen Weltumrundung in einem Automobil will sie allen beweisen, was sie - und Frauen allgemein – bewältigen können.

Im Buch begleiten wir Clärenore sowie ihre Mitstreiter auf ihrer sehr abenteuerlichen Fahrt. Da es viele Reiseetappen gibt und auch viele Vorkommnisse, ist das Buch in weiten Teilen ein Bericht bzw. liest sich so. Das ist durchaus spannend, aber mir fehlte noch mehr die zwischenmenschliche Komponente. Wie fühlte es sich damals an, als Frau mit drei (weitestgehend fremden) Männern unterwegs zu sein und mit ihnen teilweise im Zelt oder im Auto zu übernachten? Ich hab mir da schon einige Fragen gestellt – es war schließlich eine Zeit, in der noch andere hygienische Bedingungen und moralische Vorstellungen herrschten. Meine Gedanken wurden aber leider im Buch nicht aufgegriffen und ich hatte den Eindruck, Clärenore wurde nach dem bewährten Strickmuster historischer Frauenunterhaltung immer als „Powerfrau“ dargestellt. Ich wäre gern tiefer in ihre Gedanken- und Gefühlswelt abgetaucht um ein noch besseres Bild von ihrem Selbstverständnis zu erhalten, das ich dann mit dem Fremdbild (das die Männer auf der Reise von ihr hatten) gegenüberstellen könnte. So ganz ist mir das nicht gelungen, dafür drang die Geschichte nicht tief genug unter die Oberfläche.

Natürlich spielte - auch das ein bewährtes Mittel in Unterhaltungsromanen - eine Liebesgeschichte eine Rolle, die im Laufe des Buches immer größeren Raum einnahm. Dies allerdings ist verständlich und auch historisch verbürgt – schließlich heiratete Clärenore Stinnes ihren Kameramann Carl-Axel Söderström nach ihrer Reise (und nach dessen Scheidung).

Fazit:
Eine abenteuerliche, spannende Reise mit vielen exotischen Schauplätzen, die auch die Beschwerlichkeit des Reisens zur damaligen Zeit unterstreicht. Die Figuren, allen voran Clärenore, waren mir aber zu wenig differenziert und nicht so tief ausgearbeitet wie von mir erhofft.

PS. Der zweite Band der „verlorenen Geschichten“ erscheint Ende September: „Monsieur Jammet und der Traum vom Grand Hotel“ von Ines Thorn.

Bewertung vom 17.05.2022
In den Wäldern der Biber
Fischer, Franziska

In den Wäldern der Biber


ausgezeichnet

Entschleunigung pur

Es ist kein neues Thema, das Autorin Franziska Fischer in diesem Roman anpackt: Neuanfang nach Totalcrash, Beziehung im Eimer, Wohnung weg – was tun, wenn alles in Trümmern liegt? Das hat man durchaus schon öfters gelesen.

Den Unterschied machen zwei Dinge: das Setting dieses Romans im ländlichen Brandenburg und diese Nähe zur Natur, die sich durch jede Seite zieht.

Für mich war dieses Buch wie Nachhausekommen. Selbst ein Landei, bin ich empfänglich für die Beschreibungen von Wäldern, Auen und Vogelgezwitscher – denn das ist es, womit ich aufgewachsen bin. Und als sich Alina bei ihrem Großvater inmitten des kleinen Dorfes Spechthausen einnistet und die Erinnerungen an die glückliche Land-Kindheit sie überfluten, hatte ich zeitweise das Gefühl, die Autorin schreibt über mich. Genau so fühle ich mich, wenn ich in meinen Heimatort zurückkomme. Diese unheimliche Erholung, die in den vertrauten alten Bäumen liegt und den Wegen, die man selbst schon so oft gegangen ist...

Und so hatte dieses Buch, obwohl es eine Geschichte von Neuanfang beinhaltet, für mich viel von Entschleunigung und „Runterkommen“. Ich habe mich rundum wohl gefühlt mit diesem Roman und konnte tief eintauchen – wobei mich auch immer wieder Erinnerung an meine Kindheit begleitet haben.

Alinas Geschichte vom Neuanfang im Dorf ihrer Kindheit ist schön erzählt, manche Stellen haben sogar etwas Poetisches. Viele Szenen jedoch entsprechen einem „typischen“ Unterhaltungsroman und sorgten damit dafür, dass sich das Buch absolut flüssig lesen ließ.

Die Figuren waren mir sehr sympathisch, ich glaube in diesem Ort mit diesen Leuten hätte ich mich selbst auch sofort wohlgefühlt. Und letztlich ist das Buch genau das: etwas zum Wohlfühlen, zum Versinken, zum Abschalten. Für mich war es ein Volltreffer, andere werden vielleicht aufgrund der etwas „literarisch“ anmutenden Aufmachung noch etwas mehr Tiefgang erwarten (aber hoffentlich nicht enttäuscht sein).




Zusammenfassend würde ich das Buch durchaus als typischen Wohlfühl-Unterhaltungsroman bezeichnen, wenn auch mit Tendenz zu einer tiefgreifenderen Auseinandersetzung mit Problemfeldern. Nicht verkitscht, aber dennoch mit Romantik, nicht soooo anspruchsvoll, aber dafür mit Herz für Land und Leute. Wer eine kleine Flucht aus seinem stressigen Alltag sucht, ist hier genau richtig!

Bewertung vom 10.05.2022
Eine Frage der Chemie
Garmus, Bonnie

Eine Frage der Chemie


ausgezeichnet

Was für ein Hype um Elizabeth Zott! Dieses Buch wird derzeit gefühlt in jeder Buchhandlung groß präsentiert und auf jedem Insta-Kanal vorgestellt. Nur eine große Werbekampagne oder berechtigte Begeisterung?

Anfangs war ich etwas verwundert. Diese Geschichte soll so einen Wirbel auslösen? Zwei "Nerds" finden zueinander. Okay. Elizabeth hat es als WissenschaftlerIN nicht leicht in den USA der 1960er Jahre. Nachvollziehbar. Sie wollen keine Kinder, dafür zieht ein Hund ein. So weit, so unspektakulär.

Doch dann gerät Elizabeths Welt aus den Fugen. Plötzlich steht sie ohne Job, dafür aber als alleinerziehende Mutter da. Zerbricht anfangs fast an der Situation. Und ab da wird das Buch zum Highlight. Denn die Geschichte von Elizabeth und ihrer hochintelligenten Tochter Madeline sowie dem ebenso hochintelligenten Hund "Halbsieben" (ja, der Name hat eine Bedeutung) ist kämpferisch, herzerwärmend, sympathisch, amüsant, emotional (obwohl Elizabeth davon nichts wissen will!) und berührend.

Elizabeth nimmt in ihrer Geldnot das Angebot eines Fernsehsenders an und moderiert eine Kochsendung. Doch sie ist ja Chemikerin. Und ist der Prozess des Kochens nicht reine Chemie?

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