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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
buchwürmchen
Wohnort: 
reutlingen
Über mich: 
Das Leben ist viel zu kurz um schlechte Bücher zu lesen!

Bewertungen

Insgesamt 449 Bewertungen
Bewertung vom 03.12.2015
Die Möwe
Márai, Sándor

Die Möwe


ausgezeichnet

Ein pflichtbewusster Minister, der im Angesicht des bevorstehenden Weltkriegs eine weitreichende Entscheidung für sein Land formulieren muss, wird von einer jungen Finnin besucht und wirft diesen mit ihrer Ähnlichkeit zu seiner bereits toten Geliebten völlig aus der Bahn. Sie hat ein wichtiges Anliegen, doch diese wird zweitrangig. Der Minister verbringt mit ihr den Abend, eine Art Abhängigkeit entsteht zwischen den beiden von der sie sich nur schwer lösen können.

Márais glasklare, vornehme Sprache und seine perfekt konstruierte Dialoge hallen dem Leser noch lange nach. Er jongliert gekonnt mit den Geheimnissen, ohne zu früh zu viel zu verraten. Fragen und gewollte Unklarheiten bleiben bis zum Ende bestehen. Kein unterhaltsames Buch, sondern ein gutes. Ein Genuss für alle, die keine beiläufige Lektüre sondern was ganz Spezielles suchen.

Bewertung vom 01.12.2015
Die Liebe am Nachmittag
Szép, Ernö

Die Liebe am Nachmittag


gut

Die Liebe am Nachmittag ist die Sequenz aus dem Leben eines Mittvierzigers Journalist und Theaterautor aus Budapest. Mihaly ist talentiert und begabt, besitzt jedoch keinen Ehrgeiz. Er lebt gern in den Tag hinein, schreibt nur um seine immer größeren Schulden abzutragen und um seine Familie zu unterstützen. Sogar Frauen findet er anstrengend, er selbst kein Verführer, lässt sich lieber verführen und beendet jede Beziehung, bevor es zu einer ernsthaften Bindung oder eine langweilige Gewohnheit kommt. Als er die junge Schauspielschülerin Iboly kennenlernt, ändert sich sein Verhalten.

Das Buch liest sich etwas zäh, schuld daran sind die Trägheit des Hauptprotagonisten und die melancholische, von Schwermut geprägte Stimmung in der diese kleine Liebesgeschichte erzählt werden. Kein Buch das man am Stück lesen kann, bedarf ein gewisses Maß an Geduld und Hartnäckigkeit.

Bewertung vom 30.11.2015
Die Kapuzinergruft
Joseph Roth

Die Kapuzinergruft


sehr gut

„Kapuzinergruft“ ist eine ergreifende Geschichte erzählt vom Großneffen Solferinos, der Held aus dem „Radetzkymarsch“. Franz Ferdinand von Trotta ist ein junger Mann aus der besseren Gesellschaft, der die Tage in leichtlebiger und oberflächlich Weise verbringt. Stimmungsvoll wird die Vorzeit des Ersten Weltkrieges beschrieben und seinen Ausbruch. Trotta heiratet, zieht anschließend in den Krieg, gerät in Gefangenschaft, flieht schließlich, erlebt hautnah den Untergang der Habsburger Monarchie und mit ihr die ihm liebgewordene Tradition und rechtschaffende Ordnung. Eine kleine Vorschau auf die Verbreitung des Nationalsozialismus in Österreich ist auch enthalten. Die Heimkehr Trottas aus dem verlorenen Krieg, erweist sich für den Held als noch tieferen Fall, als die Kriegsniederlage selbst. Orientierungslos und völlig einsam, begegnet er seiner inzwischen emanzipierten Ehefrau, die in einer homosexuellen Beziehung zu ihrer Geschäftspartnerin lebt. Er gewinnt sie zurück und wird nach einer Weile erneut verlassen.
Die Erzählung hat mir im Großen und Ganzen gut gefallen, der fast melodiösen, melancholischer Schreibstil trug sei Part dazu bei, doch waren meine Erwartungen diesmal insgesamt glaube ich zu hoch. An den „Radetzkymarsch“ kommt dieses Buch nicht ran, dennoch lesenswert!

Bewertung vom 26.11.2015
Wolfsblut
London, Jack

Wolfsblut


sehr gut

Wer kennt sie nicht, die Odyssee des Wolfsmischlings Wolfsblut, geschrieben in einer wundervoll archaischen, etwas gewöhnungsbedürftiger Sprache, die selbst nach mehr als 100 Jahren nichts an Faszination eingebüßt hat? Ein Abenteuerroman mit Tiefgang und psychologischer Finesse.
Wolfsbluts Schicksal möchte man augenblicklich erfahren und so sind die 300 Seiten in einem Zug gelesen. Dazu kommen noch die beeindruckenden Naturbeschreibungen der kanadischen Wildnis rund um den Yukon, dort wo noch das Gesetz des Stärkeren Gültigkeit hat. Von wegen Jugendbuch, in diese Welt kann jeder eintauchen, altersunabhängig

Bewertung vom 26.11.2015
Die gefährliche Frau
Bayer, Thommie

Die gefährliche Frau


sehr gut

Endlich ein männlicher Autor der einfühlsam und gekonnt in die Gedankenwelt einer Frau eintaucht kann und diese auch noch spannend und glaubwürdig offenbart. Dieses Buch ist mehr als nur clever geschrieben. Gut aufgebaute Charaktere, bildreich und fassbar, mit einem unterschwelligen Ton der noch lange nachhallt. Es zeichnet sich wiedermal durch wunderbare Menschenkenntnisse, Spannung und Originalität aus, doch eins bedaure ich zutiefst: etwa ab der Mitte der Geschichte, kann man das Ende bereits erahnen, schade.

Bewertung vom 23.11.2015
Jeder stirbt für sich allein
Fallada, Hans

Jeder stirbt für sich allein


ausgezeichnet

Hans Fallada erzählt in diesem Buch das wahre Schicksal der Eheleute Otto und Anna Quangel, stille und einfache Menschen aus der Arbeiterschicht, „Pöbel“ wie der Richter sie später beschimpft. Nach der grausamen Nachricht über den Tod ihres einzigen Sohnes „auf dem Felde“, beginnen Sie leise und mit bescheidenen Mitteln den Widerstand gegen das Nazi-Regime: sie hinterlassen selbstgeschriebene gefährliche Botschaften auf Karten, die sie nach und nach in Berlin verteilen. Der erfahrene Gestapo-Kommissar Escherich beginnt mit Geduld und List sie zu jagen und schließlich, nach zwei Jahren, fasst er sie auch.

Auf gut 700 Seiten erhält der Leser einen authentischen Eindruck von der Stimmung dieser Zeit, Angst und Misstrauen behalten durchgehend die Oberhand, Feigheit, Verzweiflung und Verrat prägen das Leben der Menschen untereinander und Unrecht geschieht jedem der es wagt eine unkonforme eigene Meinung zu entwickeln. So entsteht gewollt ein Heer von Wegguckern und Jasager. Unvermittelt denkt man dabei an die eigene Stellung: ob man wohl den Mut aufgebracht hätte, sich zur Wehr zu setzen, gegen die Betäubung und Verblendung der damaligen Doktrinen aufzubegehren? Ob man es gewagt hätte seiner Meinung eine Stimme zu geben selbst im kleinen und lautlosen wie Otto Quangel?

Garantiertes Lesevergnügen, spannend und fesselnd bis zum bitteren Ende.

Bewertung vom 17.11.2015
Kassandra
Wolf, Christa

Kassandra


gut

Alter Stoff aus einer völlig anderen Perspektive: die Belagerung und Sieg über Troja, dargestellt aus der Sicht Kassandras, die Tochter Königs Priamos. Dabei stehen nicht die Kriegsführung und die Heldentaten der Griechen und Trojaner im Vordergrund, vielmehr urteilt sie über die patriarchale Gesellschaft, in der die Krieger ihren zügellosen Trieben auf dem Kampfplatz und in den Schlafkammern ungestraft folgen.

Anfangs verstand ich überhaupt nichts, die Handlung schien mir wirr, Personen konnte ich nicht sofort identifizieren, so quälte ich mich fast das ganze erste Drittel von Seite zu Seite. Erst viel später kristallisieren sich langsam nachvollziehbare Handlungsstränge und erst dann stellte sich ein gewisser Lesefluss ein. Die Schwierigkeit bei diesem Buch: die Geschichte entwickelt sich nicht chronologisch, die zahlreichen Zeitsprünge verwirren und entmutigen. Hat man dies jedoch überstanden, wird man reichlich mit literarischen Schmankerln belohnt. Wie bereits erwähnt, "Kassandra" ist kein trojanisches Heldenepos. Aus weiblicher Sicht werden diesmal die Ereignisse geschildert, verstärkt die seelische Entwicklung auf dem Weg zur Selbstfindung. Gut aber nicht Perfekt!

Bewertung vom 12.11.2015
Lichtjahre
Salter, James

Lichtjahre


weniger gut

Die Ehe eines New Yorker Paares wird erzählt, der Beginn ihrer Beziehung bis zur Scheidung und schließlich den Tod der Frau. Die Darstellung des idealen Paares ist wahrlich geglückt, nur strotz die Erzählung vor Oberflächlichkeit. Gefühle sind, wenn überhaut nur platt vorhanden. Wortreich, metaphorisch, detaillierter, geschwätziger Schreibstil, seitenweise Banalitäten und Klischees, vor allem aber ganz und gar ereignislos. Ich habe zu diesem Buch, man möge mir verzeihen, keinen Zugang gefunden!

Bewertung vom 09.11.2015
Zusammen sind wir frei / Ostwind Bd.1
Wimmer, Carola

Zusammen sind wir frei / Ostwind Bd.1


ausgezeichnet

Diese Rezession schreibe ich im Namen meiner 10 jährigen Tochter:
Tolle innige Freundschaft zwischen der unsicheren Mia und ihrem eigensinnigen Ostwind. Nicht nur Wegbegleiter, sondern auch Lehrer, Ruhepol und Blitzableiter in einem, einzigartige Freundschaft zwischen Mensch und Tier, voller Höhen und Tiefen, spannend und teils sogar lustig erzählt. Obwohl kein absoluter Pferdenarr, fand ich die Geschichte um Ostwind rührend und obwohl das Buch 106 Seiten hat, benötigte ich dafür nur drei Lesetage. Den zweiten und dritten Teil bekomme ich vom Christkind, denn Sie stehen ganz oben auf meiner langen Wunschliste.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.10.2015
Valerie kocht
Goodin, Maria

Valerie kocht


sehr gut

Es geht um die junge, nüchterne Studentin Nell, die über ihre gesamte Kindheit und Jugend von ihrer Mutter Valerie nur Phantasiegeschichten zu hören bekommt. Als Valerie schwer erkrankt und Nell um sie zu pflegen, zu ihr zieht, will sie endlich die Wahrheit über ihre Herkunft wissen, doch Valerie lässt sich auf die Realität nicht ein. Schließlich macht sie sich alleine auf die Suche und stellt schon sehr bald fest, dass ihre Mutter sie und sich selbst mit all den erfundenen Geschichten nur vor einer brutalen Wahrheit schützen wollte. Die phantasievollen Lügen sind wunderschön und zeugen von der großen Liebe Valeries zu ihrem Kind.
Ein Wohlfühlbuch das keinerlei Ansprüche erhebt, leicht zu lesen, kuschelig, wollig und hervorragend für graue Wintertage.