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KristallKind

Bewertungen

Insgesamt 236 Bewertungen
Bewertung vom 01.06.2023
Where have the Stars gone
Paige, Michelle C.

Where have the Stars gone


weniger gut

Saga hat ihren besten Freund Ingvi durch einen Unfall verloren. Ihre Kindheit und ihr gemeinsames Musikstudium schweißten sie einst zusammen. Um ihre Trauer verarbeiten zu können, reist Saga in die isländischen Highlands, um dort über den Sommer als Betreuerin für Feriengäste zu arbeiten. Eines Tages trifft sie dort auf Tyler, der als Rockstar bereits durch die Welt tourte, und nun neue Inspirationen sucht. Endlich beginnt sich Saga wieder zu öffnen, denn in Tylers Gegenwart fühlt sie sich verstanden. Doch der Musiker hat nur eine begrenzte Zeit in Island – soll sich Saga wirklich auf ihn einlassen?

Ein außergewöhnlicher Handlungsschauplatz und eine Rockstar-Romance? Was für eine Kombination! Her damit! Ich freute mich sehr auf diese Geschichte, die im Teaser einiges an Gefühl und Aufregung versprach.

Doch je mehr ich las, desto desillusionierter wurde ich. Natürlich begann Sagas Weg mit der Trauer um ihren Freund Ingvi, aber diese schwermütige, bedrückende Stimmung legte sich nicht, sondern zog sich durch das ganze Buch hindurch. Zudem fand ich den Schreibstil der Autorin sehr nüchtern, fast schon monoton, was vielleicht mit der Grund dafür war, dass bei mir der Funke einfach nicht überspringen wollte. Passend dazu wirkte die Handlung unspektakulär, langatmig, auch gefühlt beengt, und der Rockstar erschien mir wie ein unscheinbarer, verschüchterter Junge, wobei die Verbindung zwischen im und Saga für mich nicht wirklich spürbar war. Als Figuren und auch als Paar waren sie mir viel zu langweilig und nichtssagend, es fehlte einfach das gewisse Etwas. Alles in allem erschien mir die Story im Grunde genommen karg, oder auch reduziert.

Auf der anderen Seite kümmerte sich die Autorin ausgiebig um Sagas Emotionen. Für meinen Geschmack ging die junge Frau nämlich zu sehr in ihrer Trauer auf. Sie zelebrierte es fast schon. Als sie anfing, sich imaginär mit ihrem verstorbenen Freund zu unterhalten, war mir das Drama doch zu viel und zu ausschweifend gestaltet. Ich wartete vergebens auf die Rockstar-Liebesgeschichte, die nicht wirklich in die Gänge kam. Aber eine Liebesgeschichte war es schon: Die Liebe zu Island! Die Natur des Landes wurde in allen Facetten eingehend beschrieben, was mir in einem gewissen Maß auch sehr gut gefiel. Jedoch wurde hier ein Schwerpunkt gesetzt, welcher die Story, die ich mir versprach, auf die Ersatzbank verwies, und die somit mehr im Hintergrund vor sich hin plätscherte. Zu guter Letzt erwartete mich gegen Ende ein allzu perfekter, kitschiger Schluss, der mich in seiner Gestaltung eher nervte. Denn gefühlt waren es zwei mir Unbekannte, die sich hier begegneten, und deren Emotionen ich nicht teilen konnte.

Rückblickend war dieses Buch eine herbe Enttäuschung für mich. Ich hatte etwas gänzlich anderes von der Geschichte erwartet. Gelegentlich werde ich ja von einer unerwarteten Umsetzung einer Romanidee positiv überrascht, doch diese Erzählung gehörte definitiv nicht dazu. Für einen Liebesroman fehlte mir hier eindeutig das Prickeln des Verliebtseins, interessante Charaktere und eine spürbare Spannung zwischen den Protagonisten.

Bewertung vom 16.05.2023
Love Unscripted / West Hollywood Bd.1
Scott, Kylie

Love Unscripted / West Hollywood Bd.1


weniger gut

Norah arbeitet als Kellnerin, als der Superstar Patrick Walsh ihr einen Job anbietet: Sie soll seine Fake-Freundin sein, um sein Image wieder aufzubauen. Bei dem ihr angebotenen Gehalt kann Norah schlecht Nein sagen und willigt schließlich ein. Filmreif und abgeklärt lässt sie sich von Patrick von Veranstaltung zu Veranstaltung schleppen, gibt immer ihr Bestes und zeigt sich professionell. Bis sie merkt, dass sie doch etwas für den Hollywood-Star empfindet...

Die Idee bietet so viel Potenzial! Doch über die Umsetzung bin ich fast schon schockiert. Mir gefiel dieses Buch leider überhaupt nicht, denn es hat mich auf keiner Ebene erreicht.

Die Protagonisten fand ich irgendwie seltsam, sie harmonierten überhaupt nicht miteinander. Es wirkte, als wäre Norah Patricks Mama, so belehrend wie sie sich ihm gegenüber gab. Er wiederum hatte für mich überhaupt kein spürbares Charisma, was ich in Anbetracht seines Star-Status unbedingt erwartet hätte. Darüber hinaus wirkten die Dialoge zwischen den beiden belanglos und manche Sätze so deplatziert, von der Sprache her so unpassend, dass ich mehr als einmal lachen musste. Das Ganze wirkte stellenweise wie eine Parodie und irgendwie unelegant.

Passend dazu gestaltete sich auch die Handlung. Unfassbar konstruiert, mit gefühlt ständigen Wiederholungen, ohne Überraschungen und ohne besondere Atmosphäre, die eine bestimmte Situation hätte unterstreichen können. So ging das komplette Geschehen emotionslos an mir vorbei, die Eintönigkeit langweilte mich zunehmend. Außerdem entwickelte sich das Geschehen viel zu schnell und zu sprunghaft, gefüllt mir belanglosem Geplapper und Beschreibungen von Klamotten. Letztlich wirkte die Geschichte eher kindisch und seelenlos auf mich.

Kurzum, ich hatte schnell das Interesse an dem Roman verloren. Die Story war nichts für mich, mir fehlte hier eindeutig das nötige Quäntchen Authentizität und ein Mindestmaß an Spannung, was ich bereits anhand eines anderen Werkes der Autorin feststellen musste. Daher werde ich wohl die künftigen Veröffentlichungen der Autorin nicht mehr verfolgen. Ich verzichte hier auf eine Weiterempfehlung des Buches, denn es gibt meines Erachtens eindeutig besser Geschichten aus diesem Genre.

Bewertung vom 16.05.2023
Unwesen
Lindqvist, John Ajvide

Unwesen


sehr gut

In der schwedischen Kleinstadt Norrtälje taucht eines Tages am Hafen ein Container unbekannter Herkunft auf. Siw und Max, zwei junge Einwohner des Ortes, spüren sofort eine diffuse Bedrohung, die sich in dem Moment bestätigt, als der Container geöffnet wird. Denn bald darauf wirken die Menschen verändert, werden gewalttätig und die Atmosphäre des Ortes verdunkelt sich. Siw und Max wissen, dass sie der Dunkelheit entgegentreten können, daher schmieden sie Pläne, in die allerdings ihre Freunde eingeweiht werden müssen.

Ein mir noch unbekannter Autor, der mit Stephen King verglichen wird? Für mich äußerst interessant! Daher stürzte ich mich mit großer Vorfreude in die Erzählung.

Allerdings war ich nach etwa 120 Seiten ziemlich ernüchtert. Gefühlt las ich immer noch den Prolog, denn so richtig Fahrt nahm die Geschichte nicht auf. Derart plätscherte der Roman auch weiterhin, bis fast zum Ende vor sich hin, und zeigte lediglich Versuche die Spannung aufzubauen, was mich ziemlich enttäuschte. Dreh- und Angelpunkt meiner Unzufriedenheit waren meine Erwartungen, die der Klappentext bei mir geweckt hatte. Denn die versprochene Stephen King - Machart zeigte sich nur in Ansätzen. Irgendwie habe ich nicht ganz verstanden, warum das Element des Unerklärlichen nicht ausgiebiger behandelt wurde, denn das Potenzial dafür war definitiv da. Immer wieder spielte der Autor mit bizarren Situationen, die er gefühlt nur andeutete, mir schlussendlich aber nie richtig geklärt erschienen. Ich hatte ständig den Eindruck, die Geschichte würde etwas zurückhalten, war nie richtig vollständig.

Zudem ist im Roman die Pokémon-Spielewelt großes Thema, was mich furchtbar gelangweilt hat, denn ich konnte dem Ganzen nicht wirklich folgen. Und nicht nur das, auch Video-Games waren Thema, was die Story für mich nun wirklich noch zäher machte. Es schien mir, als ertränke sich die Story in Nebensächlichkeiten und ließe keinen Platz für den Kern der Sache.

Ehrlich gesagt wollte ich das Buch nach der ersten Hälfte abbrechen, denn wer will sich schon 800 Seiten lang langweilen? Doch letztlich bin ich froh, dass ich durchgehalten habe, denn später habe ich dann doch meine Perspektive für den Roman gefunden. Der Autor ist wirklich ein guter Erzähler, daran führt kein Weg vorbei! Er beleuchtete hier ausgiebig die persönlichen Schicksale einer handvoll Menschen, die sich im Laufe der Erzählung anfreundeten und großartige, nachvollziehbare Entwicklungen durchliefen. Diese Figuren wirkten außerordentlich einzigartig und waren mir zudem in ihrer normalen Verrücktheit sehr sympathisch. Die Mischung aus verschiedenen Schicksalen, der damit verbundenen Hoffnungs- und Orientierungslosigkeit, einzelnen persönlichen, übernatürlichen Geheimnissen, mancher Gesellschaftskritik, sowie der melancholischen, gedrückten Atmosphäre, die konstant durch den Raum waberte, brachte schließlich einige bewegende Momente hervor.

So richtig interessant wurde es, meinem Empfinden nach, jedoch erst auf etwa den letzten hundert Seiten. Hier ging die Handlung endlich in die Richtung, die ich mir von dem Buch versprochen hatte. Das Thema Übernatürlichkeit wurde nun ins Licht gerückt und das, womit mich der Klappentext geködert hatte, endlich vollständig in die Handlung mit einbezogen. Für mich hielt sich die Spannung aber trotzdem in Grenzen, es riss mich einfach nicht richtig mit.

Rückblickend hat mich der Klappentext von „Unwesen“ unwahrscheinlich getäuscht und mich mit deutlich anderen Erwartungen in den Roman geschickt. Doch letztlich fand ich die Erzählung nicht schlecht, denn den Schreibstil und die Feinfühligkeit des Autors für seine Figuren fand ich wirklich beachtenswert. Für mich ein Kriterium, diesen Schriftsteller im Auge zu behalten. / 3,5 Sterne

Bewertung vom 14.05.2023
Ein Gefühl von Unendlichkeit / Sturmjahre Bd.1
Scott, Lia

Ein Gefühl von Unendlichkeit / Sturmjahre Bd.1


ausgezeichnet

Während des ersten Weltkrieges pflegt die schottische Krankenschwester Bonnie Kriegsverletzte in London. Eines Tages befindet sich auch ihr Bruder Archie unter den verwundeten Soldaten, ebenso wie dessen Kamerad Connor. Als dieser die engagierte Bonnie sieht, ist es schnell um ihn geschehen. Doch die junge Krankenschwester ahnt davon nichts und ist einfach nur erleichtert, dass ihr Bruder noch lebt. Bald darauf reisen die drei nach Schottland, in die Heimat von Archies und Bonnies Familie, um ein neues Leben anzufangen. Doch die Fäden der Vergangenheit lassen sich nicht so einfach kappen, denn ein Geheimnis wirft seine Schatten auf ihre Zukunftsträume.

Ein sehr berührendes Buch! Obwohl ich anfangs etwas gebraucht habe, um mich in der Geschichte wohlzufühlen, hat mich doch vieles zu Tränen gerührt. Es waren nicht nur die Einzelschicksale der Protagonisten, die mich bewegten, sondern auch familiäre Beziehungsmomente, Einblicke in innerliche Auseinandersetzungen, Augenblicke des Mitgefühls und natürlich der Schrecken des Krieges und alles, was damit zusammenhing. Bemerkenswert, wie klar und echt die Autorin Verbindungen, Verwicklungen und Konflikte abbilden konnte und dabei jeden ihrer Charaktere gefühlt mit Wertschätzung ausarbeitete.

Ich war vor allem auf Connors Geschichte neugierig, denn der gute Mann gab sich ganz schön geheimnisvoll und brachte eine unterschwellige Spannung in die Geschichte mit hinein. Obwohl ich seine Schockverliebtheit in Bonnie anfangs viel zu verbindlich fand und sein Verhalten diesbezüglich kritisch betrachtete, begann ich ihn mit der Zeit zu mögen – vor allem in Zeiten, in denen er von Bonnie getrennt war. Denn mit der jungen Krankenschwester kam ich leider überhaupt nicht zurecht. Sie war die einzige der gelungenen Figuren, die keinen Platz in meinem Leserherz fand, was ich allerdings nicht so recht begründen kann. Ich habe einfach keinen richtigen Zugang zu ihr gefunden, und so blieb sie mir bis zuletzt fremd. Ganz anders als ihre Geschwister, deren Wesenszüge mir gut gefielen, sogar die problematischen. Die Figuren harmonierten fantastisch miteinander, was die gesamte Geschichte absolut lebendig machte.

Meiner Meinung nach schwang zudem, trotz einer eher bedrückenden, melancholischen Atmosphäre, immer eine subtile Leichtigkeit zwischen den Zeilen mit, welche mich die Hoffnung und den Vorwärtsblick der Protagonisten erahnen ließ. Daher fand ich die Handlung in der Zeit der Orientierung auch sehr schön und authentisch beschrieben. Vieles geschah unausgesprochen, man spürte die Entwicklung der einzelnen Figuren mehr, als man sie las. Großartig! Und die Erlebnisse rund um Connors Geheimnis waren genau richtig, um ein wenig Aufregung und Spannung in den Roman zu bringen. Allerdings muss ich sagen, dass mir das Ende seltsam perfekt vorkam. Das war der einzige Punkt im Buch, den ich eher konstruiert empfand.

Rückblickend zeigte sich mir „Sturmjahre – Ein Gefühl von Unendlichkeit“ als eine Geschichte voller Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft. Sensibel geschrieben, mit wunderbaren Charakteren und mit historischen Fakten unterlegt. Alles, ohne dabei in Kitsch zu verfallen. Großartiges Kopfkino und viele emotionale Momente. Lesenswert! / 4,5 Sterne

Bewertung vom 12.05.2023
The Last Piece of His Heart / Lost Boys Bd.3
Scott, Emma

The Last Piece of His Heart / Lost Boys Bd.3


gut

Ronan Wentz muss seine Vergangenheit verarbeiten. Dabei möchte er etwas aus sich machen, findet aber kaum die Kraft dazu, denn die Alpträume, die ihn Nachts ereilen, wollen einfach nicht aufhören. Kein Wunder, dass er sich von den meisten Menschen fern hält, aber auch seine Vorgeschichte brachte ihm nicht den besten Ruf ein. Als Shiloh jedoch seinen wahren Charakter erkennt und mehr in ihm sieht, beginnt Ronan sein Herz zu öffnen. Bis eines Nachts eine Tragödie den weiteren Verlauf seines Lebens gefährdet.

Auf diesen dritten Band der Lost-Boys-Reihe hatte ich sehnsüchtig gewartet, denn ich war absolut neugierig auf Ronan, der sich in den beiden Vorgänger-Bänden sehr geheimnisvoll zeigte und dessen Geschichte ich nicht wirklich erahnen konnte.

Meine Erwartung an eine bewegende Enthüllung schien sich auch zu erfüllen, denn die erste Hälfte der Geschichte war in gewohnter Emma Scott - Machart gefühlvoll und tiefgründig geschrieben. Ich erfuhr, warum sich Ronan so zurückhaltend zeigte, verstand seine Rolle innerhalb der Lost-Boys-Freundschaften und lernte seine Charakterzüge zu schätzen. Bemerkenswert fand ich auch die Themen, die im Laufe der Handlung angesprochen und bearbeitet wurden, vor allem die Vorurteile, unter denen Ronan zu leiden hatte, aber auch sein Ausgeliefertsein an die perfiden Machenschaften und das Machtgehabe eines Polizisten.

Überraschenderweise kippte die Erzählung, etwa ab der zweiten Hälfte des Buches. Plötzlich gab es nur noch seitenweise detaillierte Sexszenen in Wiederholungsschleife, die Handlung wurde irgendwie belanglos und fühlte sich konstruiert an, ein uninspirierter Dialog zwischen Shiloh und Ronan jagte den nächsten, wobei deren theatralisches Ehrgefühl kaum noch zu toppen war. Ehrlich gesagt blickte ich phasenweise entsetzt auf den Text, denn das Niveau, die Qualität, litt meines Erachtens unglaublich darunter. Das Schlimmste war die ständige Selbstgeißelung, die wie Ping-Pong zwischen den Protagonisten pendelte. Als ich dachte, Ronan wäre mit seinen eigens auferlegten Martyrium durch, fing Shiloh an – mit fast dem gleichen Thema. Und dann wieder zurück und nochmals... Ich war völlig genervt. Auch davon, dass Sex scheinbar als das Allheilmittel herhalten musste. Zur Krönung gab es am Ende noch ein Heile-Welt-Szenario mit drei unheimlich erfolgreichen, teils weltbekannten, wohlhabenden, ehemaligen Lost-Boys. Puh, ganz schön übertrieben.

Ich bin mit Begeisterung in die Reihe eingestiegen und habe diesen dritten und letzten Band eher ernüchtert beendet. Zu viel Theatralik und gefühlte Wiederholungen langweilten mich zunehmend. „The Last Piece of His Heart“ möchte ich daher nur eingeschränkt empfehlen. Aber natürlich ist die Story für alle, die wissen möchten, welche Geschichte hinter Ronans Figur steckt, ein Muss.

Bewertung vom 08.05.2023
Racheherz. Der Schrecken in dir (eBook, ePUB)
Born, Leo

Racheherz. Der Schrecken in dir (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In der Nähe von Frankfurt werden kurz nacheinander drei Leichen gefunden. Die Ermittler Jack Diehl und seine Kollegin Viola Hendriks vom LKA suchen auf Anweisung ihrer neuen, ehrgeizigen Vorgesetzten nach dem Täter, der sich „Der Rächer“ nennt. Doch der Druck der Chefin ist zu groß, wodurch es im Team zu einem folgenschweren Vorfall kommt. Zugleich scheint sich der Mörder aber schon das nächste Opfer erwählt zu haben, was einstweilen Jacks volle Aufmerksamkeit fordert.

Leo Born kannte ich bisher nur vom Namen nach, doch eine Leseprobe aus diesem neuesten Werk machte mich ziemlich schnell neugierig auf mehr. Und siehe da, einmal begonnen, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Hier stimmte einfach alles: Der Aufbau der Handlung, die Ausarbeitung der Charaktere, die direkte Sprache, die ohne Effekthascherei auskam und natürlich das höchst brisante Thema! Meines Erachtens ein erstklassiges Gesamtbild, das sich in einer ungekünstelten Entwicklung des Thrillers widerspiegelte.

Vor allem den Protagonisten Jack fand ich ausgezeichnet gelungen. Endlich mal wieder ein echter Typ, ein Kerl ohne Schickimicki-Gehabe, abgeklärt, souverän, dabei aber eher still und sympathisch, der aber trotzdem Gewissen zeigte und sein Päckchen zu tragen hatte. Erfreulicherweise wurde dessen Privatleben deutlich in die Geschichte eingebunden, ohne den Fluss der Handlung zu stören. Ganz im Gegenteil, denn für Jack wurde es hier teilweise persönlich, was zusätzliche Spannungsmomente in das Geschehen brachte.

Darüber hinaus mochte ich die Wahl der verschiedenen Figuren im Rahmen des gesamten Thrillers. Die unterschiedlichen Wesenstypen mit ihren individuellen Zielen, bzw. niedrigen Motiven wirkten absolut glaubhaft, unerheblich aus welcher Gesellschaftsschicht sie kamen. Daraus resultierten wiederum unerwartete Wendungen und Überraschungen, die mehr als einmal in menschliche Abgründe blicken ließen. So entfalteten sich nach und nach die Themen des Falls und zeigten ihre verschiedenen Ebenen der Gewalt. Wobei ich allerdings dankbar war, dass sich die widerwärtigen und blutigen Szenen in Grenzen hielten und nicht reißerisch in den Fokus gerückt wurden.

Sehr interessant fand ich auch die Idee für das Motiv des Täters. Oder sollte ich sagen, der Täter? Denn hier verwoben sich mehrere Blickwinkel und Motivationen, was sich erst mit der Zeit herauskristallisierte und den Showdown gefühlt aufsplittete. Sehr spannend! Mehr wird an dieser Stelle jedoch nicht verraten.

„Racheherz“ von Leo Born landet letztlich weit oben auf meiner Bestenliste für dieses Jahr. Ein Thriller, der mit Ideenreichtum und unerwarteten Wendungen glänzte, in diverse Schattenbereiche vordrang und dessen Autor ein sicheres Gespür für Figuren zeigte. Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 03.05.2023
Das letzte Vermächtnis
Jakob, Ernst

Das letzte Vermächtnis


sehr gut

Jill Carter lebt für ihren Job. Als Archäologin gibt sie alles, daher sind Abenteuer bei ihr an der Tagesordnung. Aktuell sucht sie nach der sagenumwobenen Bibliothek von Alexandria, wobei sich dieses Vorhaben viel schwieriger erweist, als erwartet. Der Weg dorthin muss nämlich erst einmal gefunden, Fallen entdeckt und Rätsel gelöst werden. Kurzerhand schart Jill ein Team von klugen Ratgebern um sich, währenddessen die Suche nach den Artefakten plötzlich außerordentlich gefährlich wird, da kaltblütige Grabräubern ihnen auf dem Fuß folgen.

Als Fan der Indiana-Jones-Verfilmungen fiel mir dieses Buch sofort ins Auge, da mich das Cover unweigerlich an die Filmplakate der Abenteuerreihe erinnerte. Der Klappentext bestätigte daraufhin meinen Verdacht und sofort war klar, dass ich diesen Roman einfach lesen musste.

Gleich zu Beginn staunte ich nicht schlecht, wie gut der Autor erzählen konnte! Die Atmosphäre war sofort präsent, und ich bekam schnell einen sicheren Eindruck bezüglich der Figuren. Es machte Spaß, die immer umfangreicher werdende Jagd nach den begehrten Artefakten mitzuerleben, und verblüfft die unerwarteten Überraschungen und Intrigen nachzuempfinden. Ständiger Begleiter zwischen den Zeilen war das breite, detailreiche Wissen des Autors im Hinblick auf die verschiedenen Kulturen und deren altertümliche Techniken, Codes sowie den Zitaten wichtiger Lehrmeister, was zweifellos einen unwahrscheinlich großen Rechercheaufwand mit sich brachte. Doch so spannend diese Informationen auch waren, so gab es einen Punkt, ab dem mir das alles etwas zu viel wurde und meine Konzentration phasenweise darunter litt. Die überaus vielen Einzelheiten bremsten meines Erachtens das Tempo aus, und ich hatte das Gefühl, ich müsste die Charaktere im Ablauf anschieben, denn im Hintergrund lief stets der Zeitdruck mit, dem die Handlung unterworfen war.

Die Figuren schienen mir passend zusammengestellt und die meisten von ihnen kamen auch glaubhaft bei mir an. Sogar der grausame Grabräuber hatte das gewisse Etwas. Womit ich allerdings überhaupt nicht zurecht kam, war die hochstilisierte Protagonistin Jill Carter, die alles konnte, alles wusste und sogar die stärksten Männer zu Boden warf. Diese „Perfektion“ war einfach drüber, verzerrte ein wenig das Gesamtbild und machte sie in meinen Augen unsympathisch, wobei mir ihre Sprüche in erzwungen lässigen Dialogen zusätzlich auf den Geist gingen. Grundsätzlich fanden sich im Laufe der Story immer wieder Szenen, in denen ich das Gefühl hatte, hier wären Witze verarbeitet worden, die eine Abgeklärtheit unterstützen sollten, was auf mich jedoch eher reißerisch und klischeehaft wirkte.

Doch die Idee, die Jagd nach den Artefakten, inklusive der Wege und Stationen, wirkte allgemein überaus einfallsreich und durchdacht. Ich konnte mir jeden Ort, jedes Rätsel und jede Falle mit Leichtigkeit vorstellen, wobei jedes Ratespiel trotzdem Abwechslung bot. Großartig!

„Das letzte Vermächtnis“ hat mich gut unterhalten. Prall gefüllt mit Fakten und fiktiven Escape Room-Momenten, ausgestattet mit einer nicht zu bremsenden Heldin und brisanten Situationen, kann der Roman durchaus mit bekannten Abenteuern aus Film und Fernsehen mithalten. Viel Spaß beim Lesen!

Bewertung vom 26.04.2023
Cursed Hearts
Hope, H. C.

Cursed Hearts


ausgezeichnet

Tychon Conteville ist verflucht. Chronos, der Gott der Zeit, war erzürnt über ihn und verfügte, dass er als Zeitjäger den Menschen die Zeit stehen müsse, sollte er überleben wollen. So gehen die Jahrhunderte dahin, bis Ty an der Universität Oxford die bodenständige Livia trifft, deren Zeitskala er nicht sehen kann. Fasziniert sucht er mehr und mehr ihre Nähe, immer auf der Hut, sein Geheimnis zu wahren. Als Ty spürt, dass er sich mehr und mehr zu Livia hingezogen fühlt, wird es gefährlich für beide. Denn die Gilde der Fluchjäger hat ihn aufgespürt und will seinem Leben ein Ende setzen.

Könnte ich bitte mehr davon haben? Mir hat das Lesen der Geschichte nämlich unheimlich viel Spaß gemacht! Die vielen Wendungen und das dazugehörige Rätselraten um die Identität der Horatio-Mitglieder, sowie die Schwierigkeiten hinsichtlich der Bewahrung von Tys Geheimnis fand ich sehr gelungen. Ebenso die romantischen Momente zwischen den beiden Verliebten. Es war nie zu viel und blieb spannend, traf immer das richtige Maß.

Ich habe zwar die Logik hinter dem Fluch nicht hundertprozentig nachvollziehen können, aber ich fand es fantastisch, wie das Thema der Zeitverschwendung angesprochen und so stimmig eingearbeitet wurde! Die Geschichte las sich ganz natürlich und keineswegs bemüht, dem Thema Nachdruck zu verleihen. Das brauchte es überhaupt nicht. Denn den Schreibstil fand ich perfekt.

Zudem mochte ich die Entwicklung der Handlung, die in einem wunderbaren Mix aus Realität und Fantasy einen geheimnisvollen Weg ging und dabei nie langweilig wurde. Schuld daran waren auch die authentischen und sympathischen Charaktere, die H.C. Hope für ihren Roman erschaffen hatte sowie die geheimnisvoll-spannende Atmosphäre, die sich mit Leichtigkeit zwischen die Zeilen schlich. Ich fand mich gedanklich sofort in Oxford wieder, wo ich mir die kluge, freundliche und angenehm zurückhaltende Livia und den selbstbewussten Ty am liebsten selbst genauer angeschaut hätte, obwohl ich mit Tys Frauenbild anfangs ein wenig zu kämpfen hatte. Leider passten meines Erachtens aber einige umgangssprachliche Ausdrücke nicht so recht in die Geschichte, was die Harmonie der jeweiligen Szene etwas störte. Darüber hinaus hätte ich mir die Story im Ganzen ausführlicher gewünscht. Aber man kann ja nicht alles haben.

„Cursed Hearts“ mochte ich auf Anhieb. Unterhaltsam, mysteriös-bezaubernd und lehrreich, mit vielen Wendungen und tollen Charakteren, kommt dieser Romantasy-Roman daher. Hier passte alles, um großartige Lesestunden zu verbringen. Leseempfehlung!

Bewertung vom 25.04.2023
Diabolisch
Wagner, Jonas

Diabolisch


ausgezeichnet

Alex ist erst sechs Jahre alt, als er sich abends mit seiner Schwester Lotte allein auf den Heimweg macht. Doch nur Lotte kommt am Ende zu Hause an. Das war vor siebenundzwanzig Jahren. Nun treibt aber der Tod in Alex` Heimatdorf sein Unwesen: Mehrere Morde geschehen und kein Ende in Sicht. Daher wird die junge Ermittlerin Larissa Flaucher auf den mysteriösen Fall angesetzt, der ihr schlaflose Nächte bereitet. Sie ahnt allerdings einen Zusammenhang mit den damaligen Vorkommnissen, deren Abscheulichkeiten immer mehr ans Licht kommen.

Endlich mal wieder ein Buch, das hielt, was der Klappentext versprach! Für mich war es das erste Buch aus der Feder von Jonas Wagner, dessen Schreibstil ich auf Anhieb mochte. Gefühlt schrieb er, wie ihm der Schnabel gewachsen war, unkompliziert, direkt, mit ruppigen sowie amüsanten Momenten gespickt, was erstaunlicherweise absolut miteinander harmonierte und damit spannende, teilweise empörend verabscheuungswürdige Szenen oder Charakterzüge hervorhob. Hier machte der Ton die Musik, was ich fantastisch fand!

Der Plot blieb bis knapp vor dem Ende fesselnd, die Zusammenhänge der Taten mysteriös, wobei sich sukzessiv ein größeres Bild der Situation auf beiden Zeitebenen ergab. Tatsächlich hatte ich sehr lange keine echte Idee hinsichtlich der Identität des Täters, denn die Verfehlungen etlicher Dorfbewohner schrien zum Himmel. Schockiert von den menschlichen Abgründen und wissbegierig auf die Auflösung, war ich kaum in der Lage das Buch aus der Hand zu legen.

Die Ermittler wirkten auf mich allerdings wenig präsent und nicht wirklich erinnerungswürdig. Im Grunde störte mich das aber nicht, denn die Polizistin Larissa schien mir eher hilflos und mehr wie ein Katalysator für die Entwicklung des Falls, der sich gefühlt von selbst enträtselte. Der Blick auf das Dorfgeschehen lag für mich daher eindeutig im Vordergrund, wo ein Lump dem anderen die Hand reichte, was vom Autor hervorragend in Szene gesetzt wurde. Leider war ich am Ende über den Showdown etwas enttäuscht, denn in Anbetracht der im Vorfeld nervenaufreibenden Geschichte, war mir dieser zu einfach und etwas zu künstlich.

„Diabolisch“ klettert trotzdem unumstößlich auf meine Thriller-Highlight-Liste für dieses Jahr. Geheimnisvoll, erschütternd und mysteriös, mit einer erschreckend hohen Dichte an Unmenschlichkeit und einem Schreibstil mit Wiedererkennungswert. Unbedingt lesen!

Bewertung vom 24.04.2023
Die Prinzregentenmorde / Fräulein Anna, Gerichtsmedizin Bd.1
Aicher, Petra

Die Prinzregentenmorde / Fräulein Anna, Gerichtsmedizin Bd.1


sehr gut

Im Jahr 1912 kommt die junge Anna Zech in München in den Genuss einer Ausbildung als Assistentin der Gerichtsmedizin. Prompt sieht sie sich mit einer ertrunkenen Frau konfrontiert, die einen bekannten Namen in der Theaterwelt inne hatte. Als sich der Reporter Fritz Nachtwey für den Fall interessiert, freundet sich Anna mit ihm an und entdeckt, dass dessen Name nur Fassade ist. Im Grunde kommt er aus höheren Kreisen und deckt investigativ Missstände der Gesellschaft auf.

Als ich den Klappentext las, war ich sofort Feuer und Flamme für diese Geschichte, denn der hier angebotene Mix aus historischer Erzählung, Krimi und einer Prise Liebesroman hörte sich spannend an! Doch ehrlich gesagt hatte ich mich schwerpunktmäßig auf einen Kriminalfall eingestellt, der dann letztlich doch nicht so sehr ins Gewicht fiel wie erwartet.

Laut Klappentext decken Anna und Fritz die dunklen Seiten der Münchner Gesellschaft auf, was ich so jedoch nicht wahrgenommen habe. Ich habe mir größere Skandale, bzw. Verbrechen vorgestellt, die von den beiden in abenteuerlicher Art und Weise verfolgt werden. Doch Anna sah ich überhaupt nicht in der Rolle einer Ermittlerin, lediglich Fritz verfolgte einige Informationen und auch das hielt sich gefühlt in Grenzen. Ich fand diesen Aspekt nicht wirklich spannend, und für mich lief der Fall der toten Schauspielerin eher als Nebensache mit, denn im Kern ging es doch mehr um die Erlebnisse der Protagonisten im Allgemeinen und die Entwicklung ihrer Beziehung zueinander. Dieser Aspekt hat mir allerdings sehr gut gefallen. Anna und der charmante Fritz trafen aus verschiedenen Welten aufeinander, stets in einer warmherzigen Atmosphäre und immer etwas gespannt auf die Persönlichkeit des Gegenübers. Vor allem Anna mochte ich gerne, sie war mir in ihrer bodenständigen Zurückhaltung und ihren Moralvorstellungen absolut sympathisch, wie Fritz es mit seiner beschwingten Energie und charmanten Art war.

Interessant fand ich vor allem die vielen Informationen über Kultur und Gepflogenheiten der damaligen Jahre sowie die etwas irritierende Einstellung der adeligen Männer hinsichtlich der Frauen und der Ehe. Dieses umfassende Gesamtpaket wurde von Petra Aicher hervorragend in Szene gesetzt, daher fühlte ich mich umgehend wohl in diesem Roman, der sich zudem sprachlich wunderbar an den bayerischen Dialekt anlehnte.

„Fräulein Anna, Gerichtsmedizin“ sehe ich letztlich mehr als Roman, denn mir war hier zu wenig kriminalistischer Spürsinn am Start. Trotzdem mochte ich die sympathischen Protagonisten und die Geschichte an sich, die unweigerlich mein historisches Kopfkino ansprach und mir mit einer gewissen Leichtigkeit eine Ahnung der damaligen Zeit vermittelte. Ein schönes Buch, das ich gerne weiterempfehle.