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LaberLili

Bewertungen

Insgesamt 162 Bewertungen
Bewertung vom 14.11.2020
Book Boyfriend (eBook, ePUB)
Kingsley, Claire

Book Boyfriend (eBook, ePUB)


gut

Nein, ich weiß nicht, ob ich nach der Lektüre des ersten Bandes nun noch daran interessiert bin, auch die weiteren Bände dieser Reihe zu lesen, in denen Alex' Geschwister die (Liebes)Hauptrollen spielen, zumal seine Geschwister im vorliegenden Roman in ihren Nebenrollen zwar sehr sympathisch, aber auch sehr perfekt wirkten: Für mich sind sie einfach keine Protagonisten eines aufwühlenden (sondern allenfalls eines von Seite zu Seite völlig voraussehbaren) Liebesromans.
Auch Alex war in meinen Augen übrigens etwas zu geleckt; Mia legte zumindest zumeist noch eine liebenswerte Schusseligkeit an den Tag, die sie sehr viel mehr wie ein normaler Mensch wirken ließ, auch wenn ich es merkwürdig fand, dass sie sich innerhalb der Sexszenen gleich in einen Vamp verwandelte, der nicht eine einzige Sexpanne verursachte und dem nie irgendeine peinliche Bemerkung über die Lippen rutschte. ;)

Den Erzählstil mochte ich (aber den muss man zugegeben wirklich mögen): denn im Prolog wird quasi die Konflikt-Schlüsselszene vorweggenommen, ehe der Roman zeitlich deutlich vor dieser Szene ansetzt und die Geschichte von Mia und Alex abwechselnd aus der personalen Sicht der Beiden erzählt wird.
Um es noch etwas zu komplizieren, ist "Book Boyfriend" letztlich ein von Alex für Mia verfasstes Buch, nach dessen Ende noch mehr Ende stattfindet. Tatsächlich mündet die Geschichte in einen "Ich muss noch einen Epilog schreiben, also hier ist er:..."-Dialog, wobei ich keine Ahnung habe, warum man den "Epilog" hier überhaupt als solchen bezeichnet hat oder was er an dieser Stelle überhaupt sollte, da die Geschichte bereits völlig rund auserzählt war und der Epilog auf mich eher wirkte, als würde dort ein totes Pferd einfach weitergeritten. Das war in meinen Augen weder ein Epilog noch ein letztes Kapitel, sondern einfach überflüssig.
Aber die abwechselnde, rückblickende Erzählweise hat mir ansonsten prinzipiell gut gefallen; ich mag das so.

Die Geschichte an sich war auch ganz interessant und definitiv ein wenig kitschig; irgendwann entstand aber bei mir der Eindruck, ich würde tatsächlich das Buch einer Romance-Buchbloggerin lesen, die hier einfach nur ihre geheimen Wunschträume auf Papier (oder halt Festplatte) zu bannen versucht hat. Das hat es für mich dann auch umso schwieriger gemacht, Alex später als "Gesamturheber" zu betrachten; für mich wäre es auch im Rahmen der Story schlüssiger gewesen, hätte Mia ihre Liebesgeschichte so zusammengefasst.

Auch die späteren, ausschweifenden Sexszenen haben für mich irgendwie nicht so ganz in diese Atmosphäre gepasst: Ich habe zugegeben selten in Romance-Titeln derart sinnliche und in erotischer Hinsicht detaillierte Sexszenen gelesen, aber in "Book Boyfriend" war der Sex definitiv das Einzige, bei dem jede noch so kleine Kleinigkeit genau beschrieben wurde, während außerhalb des Betts die sexuelle Anziehung eher etwas völlig Beiläufiges zu sein schien.
Da die Geschichte zudem schon relativ weit vorangeschritten war, als Mia und Alex zum ersten Mal miteinander im Bett landeten, hatte ich zudem bald das Gefühl, dass die Sexszenen vor Allem deswegen so ausführlich ausfielen, weil man den Roman einfach nur strecken wollte, denn da ist sonst, bis zur "großen Beichte", nicht viel weiter mit/zwischen Alex und Mia passiert. Selbst das Covermodel-Eifersuchts-Nebendrama verhallte ganz einfach und wurde nie wieder erwähnt.
Das letzten Fünftel des Romans war für mich eher LeserInnen-Hinhaltetaktik und das war schade, denn bis dahin hatte ich den Roman, wenn auch mehr in Richtung New Adult gehend (ich würde es wenn dann auch eher einer jugendlichen Zielgruppe empfehlen), als eine nette Contemporary Romance empfunden, die man gut mal zwischendrin lesen kann, aber jene 20% bis zum Schluss waren zumindest für mich dann doch zäh wie Gummi zu lesen.

Bewertung vom 02.11.2020
Nur eine Ewigkeit mit Dir
Moninger, Kristina

Nur eine Ewigkeit mit Dir


sehr gut

Fand ich diesen Roman nun gut oder doch eher so mittel? Ich schwanke und entscheide mich schließlich für 3,8*, die ich dann eben doch in der Gesamtwertung zu 4* hochrechne.

Mit Lilly und Jonas steht hier ein Figurenpaar im Vordergrund, das sich bereits aus einem früheren Leben kennt, was allerdings von vornherein nur Jonas bewusst ist, der aktuell keine irdische Existenz innehat – und der er Lilly, nachdem diese sich von einer Brücke in den Tod stürzen wollte, Einblick in ihr betreffendes früheres Leben bietet, welches sich wie eine Geschichte in Traum- und vor Allem Tagebuchform sich immer weiter vor Lilly auszubreiten beginnt. Zugleich entspinnt sich zwischen Lilly und Jonas ein immer fester gewebtes Band der Vertrautheit; insgesamt spielt „Nur eine Ewigkeit mit dir“ da sehr mit den Themen Vorherbestimmung bzw. Schicksal, Reinkarnation und Schutzengel.

Lilly und Jonas treten abwechselnd als personaler Erzähler auf; man weiß also grad über Jonas immer etwas mehr als Lilly; und die Grundidee der Geschichte hat mir sehr gut gefallen; zuweilen klangen auch deutliche poetisch-philosophische Töne durch, die ich teils sehr bewegend und als zum Nachdenken anregend empfunden habe. Für mich ist es einfach ein schöner Roman gewesen, um auch das eigene Leben mal zu reflektieren zu beginnen und sich ggf. mit eigenen vergrabenen/verdrängten Gefühlen auseinanderzusetzen. Da ist „Nur eine Ewigkeit“ mit dir einer der wenigen Liebesromane, denen man tatsächlich Tiefgründigkeit unterstellen kann.

Was mir jedoch ein wenig Lesefrust bereitet hat, war, dass ich fand, dass die Handlung zuweilen auf der Stelle trat und sich da arg in die Länge zog, dass ich irgendwann nur um des Schreibstils willen weitergelesen habe und weil ich neugierig war, welchen Input die Handlung womöglich noch liefern würde.
Auch das Ende hat mir nicht ganz so zugesagt; mir blieb es ein wenig zu offen und ich habe auch gar nicht verstanden, wie das nun überhaupt funktionieren können sollte. Dazu hätte ich mir dann doch noch ein paar deutlichere Worte gewünscht, aber wie gesagt: zumindest für die Gedankenanstöße, die die Handlung vorbereitet hat, habe ich mich definitiv begeistern können und kann dies Buch auch durchaus jenen empfehlen, die beim Lesen auch mal in philosophischere Gedankenwelten abschweifen wollen.

Bewertung vom 30.10.2020
QualityLand 2.0 / QualityLand Bd.2
Kling, Marc-Uwe

QualityLand 2.0 / QualityLand Bd.2


sehr gut

Marc-Uwe Kling kommt uns gemeinhin nur in Hörbuchform in die Wohnung; „QualityLand 2.0“ zog zunächst aber in gedruckter Form ein (und ja, danach auch noch als Hörbuch). Den Vorgängerband „QualityLand“ hatte ich allerdings nicht nur gehört, sondern bei Freunden auch durchgeblättert und damals festgestellt, dass mir auf den Buchseiten die deutliche Intonation und die unterschiedlichen Stimmfarben der Charaktere sehr fehlten, abgesehen davon, dass dort die Kommentarspalten/Werbeunterbrechungen im Vergleich zum Hörbuch recht leblos wirkten. Im Falle von „QualityLand 2.0“ verhielt es sich nun zwar so, dass ich das Hörbuch letztlich doch ein Quäntchen vergnüglicher fand, ich den Roman aber auch gedruckt sehr lesbar fand – jedenfalls lesbarer als „QualityLand“, was vermutlich auch dem Fakt geschuldet ist, dass beim Nachfolger die Unterscheidung in helle und dunkle Edition fehlt, die sich im ersten Band ja grade durch die erwähnten Kommentare/Werbespots bemerkbar machte, welche bei „QualityLand 2.0“ nun gar nicht so vorkommen und mir dabei jetzt ehrlich gefehlt haben. Diese klaren Zwischentöne waren doch irgendwie „besonders“ und ohne wirkte „Qualityland 2.0“ auf mich nun durchgängig ein wenig resignierend; der teils krasse Sarkasmus des ersten Teils hat sich wohl auch durch die tatsächliche globale Entwicklung der letzten Monate selbst überlebt: Irgendwie sind es grad schlechte Zeiten für dystopische Zukunftsszenarien. Da wirkte der zweite Band nun erschreckend realistisch, und das obschon er noch weiter in der Zukunft als der erste Teil angesiedelt ist.

Generell habe ich mich aber sehr an „QualityLand 2.0“ erfreut; nur schon der Fakt, dass es dieses Buch geben würde, war für mich eine der besten Nachrichten in diesem Jahr, und ich hoffe sehr, dass es irgendwann (zeitlich nicht allzu weit entfernt) noch, mindestens, einen dritten Band geben wird.

Hier sehe ich es übrigens als Muss an, mit „QualityLand“ vertraut zu sein, ehe man sich mit dessen 2.0-Version beschäftigt, denn sonst wirken das ganze gesellschaftspolitische System und die persönlichen Verbindungen zwischen den Figuren wohl reichlich verquer.

Ich mochte sehr, dass sich die Thematik in diesem Fall auch sehr vom pinken Delfinvibrator unterschied und da nicht dasselbe Pferd (oder derselbe Delfin eben nicht) geritten wurde, auch wenn ich die Geschichte Richtung Ende ein wenig verworren empfand; Kikis Familie auf der einen Seite und Der Puppenspieler auf der anderen Seite überschnitten sich im Fortschritt auf die jeweilige „Aufklärung“ zuweilen doch sehr, zumal ständig irgendwie der Alte auf der Bildfläche erschien, dass ich mich manchmal an dem davon reichlich losgelösten Strang um Martyn erfreute, der mir im ersten Band noch arg auf den Senkel gegangen war. (Zugegeben hatte er sich noch immer in keinen Sympathieträger verwandelt.)
Mit dem Ende hab ich mich hier nun doch klar schwerer getan.

Ich kann diesen Roman nun also nicht ganz so sehr bejubeln wie den ersten Teil; für „QualityLand“-LeserInnen/HörerInnen ist aber „QualityLand 2.0“ in meinen Augen definitiv auch Pflichtprogramm!

Bewertung vom 26.09.2020
Mord in Highgate / Hawthorne ermittelt Bd.2 (4 Audio-CDs)
Horowitz, Anthony

Mord in Highgate / Hawthorne ermittelt Bd.2 (4 Audio-CDs)


ausgezeichnet

Klassischer Whodunnit

Ich habe den ersten Band „Ein perfider Plan“ übersprungen und mich nun gleich hörenderweise an diesen zweiten Band der „Hawthorne ermittelt“-Reihe gemacht: Das hat ganz hervorragend geklappt.
Bei diesem Buch handelt es sich um einen klassischen Whodunnit-Roman, erzählt vom Autor selbst, der in diesem Fall identisch mit der erzählenden Hauptfigur ist; das ist übrigens ein zwar ulkiger Kniff (grad dann, wenn der Autor andere Figuren sein bisheriges schreiberisches Schaffen loben lässt), der dem Roman auf den ersten Blick einen noch „authentischeren“ Anstrich verleiht und ihn ein wenig wie einen Tatsachenbericht wirken lässt, hätte vermutlich aber auch ebensogut funktioniert, trüge der Ich-Erzähler einen anderen Namen – zumal der ohnehin kaum mal wirklich erwähnt wird, so dass ich mir da bald eine rein fiktive Figur und nicht die Gestalt des echten Autors vorgestellt habe. Dennoch verleiht diese ganz besondere Perspektive auch „Mord in Highgate“ natürlich gleich einen noch etwas einzigartigeren Hauch.

Volker Hanisch als Sprecher des Hörbuchs ist in diesem Fall definitiv auch eine sehr gute Wahl: Er hat einen sehr angenehmen, leicht crispy Klang und diese Stimme passte für mich einfach sehr gut zum Erzähler der Geschichte, der also mit dem Autor übereinstimmt, der dem inzwischen als Privatermittler tätigen, ehemaligem Polizisten Hawthorne als eine Art Assistent zur Seite steht, wobei er für mich mehr wie jemand wirkte, der für ein Schnupperpraktikum bezahlt. Der Fall, mit dem die Beiden konfrontiert werden, wird dabei vergleichsweise nüchtern erzählt; es wird zwar über die wahren Hintergründe des Mordes gerätselt, dabei verliert sich die Handlung aber in keiner Stelle in Spekulationen; als Leser/Zuhörer kann man sich hier ganz fantastisch seine eigenen Gedanken machen. Allgemein merkte man dem „Mord in Hawthorne“ auch sehr an, dass der Autor einen starken Hang in Richtung Sherlock Holmes hat – wäre nicht gleich anfangs zum Beispiel bereits die Rede von einem Taxi gewesen, auf welchem Werbung für eine App angebracht war, hätte sich der Fall so auch leicht Anfang des 20. Jahrhunderts ereignet haben können; für mich wurde da nun schon eine ganz klassische Linie verfolgt, bei der man sich vor Allem darauf konzentrierte, mit den (potentiell) Involvierten Gespräche zu führen und eventuelle Widersprüche in ihren Aussagen aufzudecken. Dabei war der Fall grundsätzlich auch sehr interessant; es hat mich nun zwar nicht vor Spannung zerrissen, aber es war halt einfach ein schöner, simpler Kriminalfall mit interessanten, aber nicht überzogenen Figuren, bei dem man halt hervorragend miträtseln kann.
Die Auflösung ist dabei glaubwürdig und aber auch nichts Neues; da gab es schon deutlich vor Schluss für mich einen Heureka-Moment, in dem ich dachte: „Okay, dieser Figur nehm ich das so nun nicht ab. Ich glaub, tatsächlich ist es [soundso] gewesen.“ Letztlich hat sich [soundso] auch als der wahre Hintergrund erwiesen, so dass es mich schon noch ein wenig sehr amüsiert hat, dass Horowitz selbst Hawthorne gegenüber, der es auch schon durchschaut hatte, doch zunächst weiterhin sehr auf dem Schlauch stand. Für mich wurde das Hörvergnügen beim „Mord in Highgate“ aber auch nicht dadurch geschmälert, dass ich Täter und Motiv dann bereits deutlich erahnt hatte; ich hatte trotzdem Vergnügen, den weiteren „Verhören“ zu lauschen.

Insgesamt war „Mord in Highgate“ da nun ein wenig spektakulärer, aber sehr zum Miträtseln einladender Krimi, den ich vor Allem den Liebhabern der ganz klassischen Whodunnit-Krimis definitiv ans Herz legen kann!

Bewertung vom 19.09.2020
Liane und das Land der Geschichten
Shafak, Elif

Liane und das Land der Geschichten


ausgezeichnet

Dieses „Buch über die Magie des Lesens“ hat eines der zauberhaftesten Cover, die ich je gesehen habe; für mich ist es eines der schönsten Kinderbuchcover überhaupt und ich bin immer noch versucht, die Umrisse abzupausen, um das Motiv als Ausmalbild verwenden zu können.

Dabei ist „Liane und das Land der Geschichten“ gar kein Buch, das sich so intensiv mit der Magie des Lesens befasst, wie der Klappentext es suggeriert: Der erwähnte Globus wird in der Geschichte erst recht spät entdeckt, was mich schon ein wenig überraschte – im Allgemeinen erzählt dieser Roman davon, wie die kleine Leseratte Liane, die ihren Namen nicht mag, zumal sie seinetwegen ständig mit Urwaldreferenzen gehänselt wird, zu ganz neuem Selbstvertrauen findet, so dass sie fortan nicht stets versucht, „unter dem Radar“ zu agieren, und letztlich auch ihren Namen (mehr) akzeptiert. Bei der „abenteuerlichen Reise“, die sie erlebt, geht es letztlich vor Allem darum, sich Herausforderungen zu stellen und an sich zu glauben bzw. nicht immer gleich aufzugeben, sondern auch mal nach Alternativen Ausschau zu halten.
Ich habe es hier als sehr positiv empfunden, dass es wirklich darum ging, Liane zu stärken; da geht es hier nicht nur allgemein um die „Macht der Geschichten“, sondern in meinen Augen verfügt auch „Liane und das Land der Geschichten“ selbst da über sehr viel Macht, die dieses Buch lesende Kinder, sofern sie zu Unsicherheiten neigen (vor welchem Hintergrund auch immer), veranlassen kann, besser für sich einzutreten oder sich auch dort ohne Angst zu engagieren, wo sie sich einsetzen möchten. (Liane würde sich in der Geschichte beispielsweise gerne für den Naturschutz engagieren, fürchtet sich aber davor, dass ihr Einsatz denen, die sich ständig über ihren Vornamen lustigmachen, nur weiter in die Hände spielen würde.)
Von daher würde ich diese Lektüre aber auch ganz besonders den Kindern zwischen 8 und 10 empfehlen, die womöglich eine Außenseiterrolle innehaben oder zumindest eben über ein geringeres Selbstbewusstsein verfügen, aber als Erwachsene muss ich sagen, dass ich diesen Roman tatsächlich auch als eine Art Märchen, das in heutiger Zeit spielt, empfunden habe. Meiner Meinung nach könnte dieses Kinderbuch zu einem echten Klassiker heranreifen.

Was ich zuletzt nicht unerwähnt lassen möchte, ist der etwas größere Schriftgrad und Zeilenabstand des Buchs, was es auch für Erstleser sehr viel leichter zu lesen machen sollte.
Insgesamt definitiv ein wunderschönes und empfehlenswertes Buch!

Bewertung vom 14.09.2020
Das Mädchen, das ein Stück Welt rettete
Cameron, Sharon

Das Mädchen, das ein Stück Welt rettete


ausgezeichnet

Sprachlosigkeit, die in Worte gefasst werden will

Bis zu diesem Buch war 2020 nicht unbedingt mein Lesejahr: mit nur ~30 Büchern hab ich in diesem Jahr bislang eher wenig gelesen und auch, wenn nicht alle Titel davon schlecht waren und mir ein paar auch echt ganz gut gefallen haben, hatte mich doch bisher nichts umgeworfen. Und dann kam „das Mädchen, das ein Stück Welt rettet“, was sicherlich nicht nur mein diesjähriges Lesehighlight bleiben wird, sondern auch mein Lesehighlight der ganzen letzten Jahre ist.

In diesem Roman wird fiktional die echte Geschichte der jungen Stefania erzählt, die im 2. Weltkrieg erwachsen werden muss und sich dabei letztlich mit ihrer kleinen Schwester in einer wahren Bruchbude mit lediglich zwei Zimmern und einer Küche wiederfindet, die zunächst ein „optimales“ Haus für ihre Pläne darstellt (dabei ist es wohl mehr ein schäbiger, niedriger Anbau), einige befreundete Juden zu verstecken, zunächst in einem selbst ausgehobenen „Bunker“ unter dem Bett und später auch in einem abgeteilten Bereich des winzigen Dachbodens. Aus „einigen“ Juden werden letztlich 13 (!), denn Stefanias lapidare Erklärung: „Sie werden mich für einen versteckten Juden genauso hängen wie für zehn, also macht es keinen Unterschied“, und dann wird das zweite Zimmer auch noch deutschen Krankenschwestern zugewiesen, die gegenüber im neu eingerichteten Militärkrankenhaus – für die Nazis – arbeiten…

Diese Geschichte ist absolut unglaublich und letztlich ist „Heute ist also der Tag.“ der Satz, der sie bestimmt: Irgendwann sieht sich Stefania ständig mit diversen Punkten konfrontiert, die sie überzeugt sein lassen, dass sie eben diesen Tag nicht überleben wird, da man sie als Widerständlerin enttarnen oder die in ihrem Haus versteckten Juden entdecken wird. Und jeder Tag vergeht… Der Klappentext spricht bereits davon, dass sie „ihnen so das Leben rettete“, was bereits suggeriert, dass es für die Hauptfiguren hier ein gutes Ende genommen hat, dass sie nicht den Nazis zum Opfer gefallen sind.
Ich habe es nicht glauben können.
Im Anhang findet sich eine kurze Erklärung, wie Stefanias Leben weiterhin verlaufen ist, was aus den Menschen, die sie versteckte, geworden ist: Ich habe sehr frühzeitig vorgeblättert und mir dieses Nachwort durchgelesen, um das echte Ende zu erfahren. Dann habe ich weitergelesen – und 50 Seiten darauf mir nochmals das Nachwort durchgelesen. Wieder habe ich den Roman weitergelesen, um nach dem nächsten Kapitel erneut nachzuschauen, was letztlich aus all diesen Menschen geworden ist.

Diese Geschichte ist einfach derart unfassbar: Wir leben als Paar in einer Zweizimmerwohnung von knapp ~60qm, das Haus ist alt und die Wände hellhörig; wir hören die Nachbarn, die über uns im Dachgeschoss wohnen, auch regelmäßig dort umhertrippeln – und ich habe keine Ahnung, wie ich es in diesem inzwischen durchaus mal sanierten und modernisierten Haus hinkriegen sollte, über uns 13 Leute versteckt zu halten und versorgen zu können, ohne dass das wer noch dazu im zweiten Zimmer unserer eigenen Wohnung mitbekommen würde. Ehrlich gesagt kann ich es mir sogar kaum vorstellen, so viele Leute in einem freistehenden Häuschen in einer Reihenhaussiedlung unentdeckt versorgen zu können, selbst wenn man dazu nicht noch lediglich ein Außenklo als Sanitäranlage zur Verfügung stehen hätte und Wasser nicht aus einem Brunnen draußen schöpfen müsste…

Im Prinzip war Stefanias Einsatz also völlig wahnsinnig und wie erwähnt war auch ihre kleine Schwester da mit von der Partie; es ist so beeindruckend und manchmal braucht man einfach eine Geschichte wie die vom „Mädchen, das ein Stück Welt rettete“, um den Glauben an die Menschlichkeit so überhaupt rein gar nicht zu verlieren.

Bewertung vom 12.09.2020
Kalmann
Schmidt, Joachim B.

Kalmann


sehr gut

Beeindruckend bedrückend

Kalmann, Ich-Erzähler dieses Romans und laut eigener Aussage gemäß anderer Aussagen auf dem geistigen Niveau eines Erstklässlers geblieben, obschon er inzwischen tatsächlich eher Mitte als Anfang 30 ist, und im Verlauf des Romans von Kindern des Dorfes als „Downi“ verspottet, während seine definitive geistige Beeinträchtigung aber unklar bleibt, schwankt in seinem Status irgendwo zwischen „Dorftrottel“ und „wunderlicher Eigenbrötler“ – tatsächlich fantasiert er von einem Leben als „ganz normaler“ Erwachsener, er weiß, wie (das) Leben im Durchschnitt funktioniert, und ist zuweilen sehr verblüfft, dass es bei ihm irgendwie doch nicht so funktioniert, und das, obschon er doch jetzt bereits „alt“ ist bzw. so alt, dass selbst wenige Jahre jüngere, ehemalige MitschülerInnen inzwischen längst Nachwuchs im schulfähigen Alter haben, während er noch nie Sex gehabt hat. Er ist mitunter sehr schrullig, und auch bockig – oftmals erinnerte er mich an ein Kind in einer Trotzphase, nur dass Kalmann mir weitaus anstrengender erschien, wenn es eben auch das Kindliche war, das ihn als erzählende Hauptfigur letztlich sehr sympathisch machte, wobei er definitiv ein Protagonist ist, mit dem man sich erst anfreunden muss.

Mittig in der Erzählung hatte ich einen kurzen Durchhänger, da ich das Gefühl hatte, dass die Geschichte auf der Stelle trat, wobei sich hierin für mich auch die karge Ödnis der abgelegenen Szenerie widerspiegelte. Nachdem dieser eben kleine Durchhänger überwunden war, kam dafür mehr und mehr in mir ein Verdacht bezüglich der echten Umstände von Róberts Verschwinden auf, wobei dieser Verdacht am Schluss zum Teil bestätigt wurde, zum Teil aber doch verblüffend anders war, wobei mich insbesondere Letzteres sehr positiv überraschte, da es die vermeintliche, zumindest für mich, Vorhersehbarkeit eben völlig zunichtemachte.

Insgesamt hat mir „Kalmann“ sehr gut gefallen; ich bin froh, ihn während einiger bereits etwas herbstlich anmutenderer Spätsommertage gelesen zu haben: Für die große Hitzewelle wäre er mir vermutlich ein zu karger Begleiter gewesen und für eisige Wintertage würde mir die eher einsame (obschon Kalmann in seiner Sonderlichkeit auffallend gut im Dorf eingebunden ist) Stimmung im Buch wohl zu deprimierend gewesen sein. von daher kam diese Lektüre nun grad zum rechten Zeitpunkt für mich und „Kalmann“ zählt da definitiv zu meinen bisherigen Leselieblingen 2020.

Bewertung vom 02.09.2020
Ehemann gesucht (eBook, ePUB)
Engels, Jana

Ehemann gesucht (eBook, ePUB)


gut

Nervensäge nervt nette Nebenfiguren.

Das Cover zu „Ehemann gesucht“ legt bereits nahe, dass man hier keine sonderlich tiefgründige Lektüre erwarten sollte – auch wenn es weiterhin keine auffälligen Berührungspunkte mit der Geschichte aufweist. Nun ja, okay, der von der Protagonistin wohl ersehnte Ring ist zu sehen, aber ansonsten wäre eine Frau mit Schmoll- anstelle eines Kussmundes wohl ein sinnigeres Motiv gewesen. Und ohne Fahrrad, und erst recht ohne Blumenkorb. Ein Häufchen volltrunkenes Elend neben einem verschlossenen Auto, während von hinten eine Dragqueen zur Rettung herbeigeeilt kam, wäre hier das perfekte Covermotiv gewesen.
Tony ist nun also 30. Und bockig, dass ihr Lebensgefährte Jaro ihr keinen Heiratsantrag macht, obwohl sie sich den in ihrem Kopf schon ganz genau ausgemalt hat. Das klingt nun genauso erwachsen, wie Tony mir im Prinzip die ganze Lesezeit über erschien: also gar nicht. Nee, also sympathisch war mir die Hauptfigur gar nicht; zum Glück gab es da die absolut nicht unwesentlichen Nebenfiguren Frank und Ronny, deren Dynamik für mich letztlich auch „Ehemann gesucht“ steuerte. Will ich ganz ehrlich sein, muss ich einräumen, dass ich Tonys Geschichte letztlich hauptsächlich verfolgt habe, weil im Hintergrund eben auch Frank und Ron ständig umherwuselten, die ich sehr viel faszinierender fand als Tonys im Grunde genommen hausgemachtes, völlig unnützes Drama. (Kann es bitte noch ein separates Frank-und-Ron-Buch geben, möglichst ohne Tony?)

Der Schluss wurde zudem sehr vorhersehbar (also nicht, dass man bei Romanen dieser Art nicht eh schon immer von Anfang an ziemlich sicher sein kann, wie es enden wird), aber zeigte mir zudem einmal mehr die Wichtigkeit von Frank und Ron in dieser Geschichte da: kaum waren die Beiden weit weg, ließ auch meine Leselust deutlich nach und ich sehnte mir nur noch ein schnelles Ende des eBooks vorbei. Das dann zum Glück auch bald folgte.

Die Geschichte würde mir deutlich mehr Spaß gemacht haben, wäre Tony doch deutlich jünger als 30 gewesen, auch wenn „30“ das magische Alter für Torschlusspanik zu sein scheint – aber Tony verhielt sich generell doch einfach viel zu albern und kindisch, was letztlich auch von ihrem Umfeld thematisiert wurde.
Und so wie es Tonys Zeitgenossen klar war, sollte man als Leser hier, ungeachtet ihres Alters, eben keine erwachsene Hauptfigur erwarten: Dann erhält man einfach nur eine nette, leicht und seicht wegzulesende typische Urlaubs-/Strandlektüre, in der die Nebenfiguren doch den größten Spaß bedeuten.

Bewertung vom 02.09.2020
Onkel Stan und Dan und das gar nicht lieblich-niedliche Mondabenteuer / Onkel Stan und Dan Bd.3
Kennedy, A. L.

Onkel Stan und Dan und das gar nicht lieblich-niedliche Mondabenteuer / Onkel Stan und Dan Bd.3


gut

Immer noch sehr skurril, aber zudem deutlich schwächer als auch schonmal

Ich war ursprünglich durch den zweiten Band, der mich schwerbegeistert zurückgelassen hatte, auf diese Reihe aufmerksam geworden und hatte mich demzufolge auch sehr auf „Onkel Stan und Dan und das gar nicht lieblich-niedliche Mondabenteuer“ gefreut. Während man den zweiten Band aber durchaus ohne Kenntnisse des ersten Bandes lesen kann, sollte man den zweiten Band unbedingt gelesen haben, um mit dem dritten nun nicht sofort völlig überfordert zu sein, da es inzwischen eben nicht länger nur Onkel Stan und Dan (und die Lamas) sind, sondern es noch mehr Figuren gibt, die zuvor eben sehr viel genauer vorgestellt worden sind, ob es nun der Perlenkralle oder die Zwillinge sind… Ins kalte Wasser geschmissen könnte man da nun sehr schnell denken, dass das Buch einfach nur voller bekloppter Figuren steckt. ;) (Ich war auch sehr froh, zuvor wenigstens nochmals Band 2 durchgeschmökert zu haben.)

Mit den vorherigen Bänden verglichen fand ich diesen dritten Band nun aber eher schwach; das titelgebende Mondabenteuer findet erst sehr weit am Schluss statt und nimmt auch nicht viel früher seinen Anfang; der größte Teil der Geschichte wird eigentlich vom verknallten Dan und seiner Dächsin der (Alp)Träume eingenommen, wobei ich diesen Strang jetzt eher als anstrengend und weniger als unterhaltsam empfand, da er sich in meinen Augen auch sehr langgezogen hat.
Der Erzählstil blieb der reihentypische und gefiel mir an sich auch hier ausnehmend gut, aber die Geschichte war halt nicht so locker-flockig wie bei den Vorgängern; die comichaften Illustrationen waren mal wieder toll und haben sehr viel Spaß gemacht. Was ich hingegen ein bisschen ärgerlicher fand: (view spoiler); das erschien mir als Konfliktlösung einfach zu billig. Leider blieben auch die Lamas in diesem Fall nun mehr im Hintergrund, was ich sehr schade fand, da grade sie das Farmleben für mich immer erst besonders eigen- und einzigartig gemacht haben.

Insgesamt zwar dennoch ein nettes Kinderbuch, allein auf dessen Basis ich die Reihe nicht weiterempfehlen würde – wenn ich eben die Vorgängerbände nicht bereits kennen würde. Reihen-Fans werden dieses Buch zwar sicherlich lesen wollen, aber meiner Meinung nach ist es definitiv kein Muss und könnte bestimmt auch ausgelassen werden. Hier habe ich nicht das Gefühl, dass ein nächster Band sehr mit Hinweisen auf diesen Band nun jonglieren könnte – und ansonsten die Hoffnung, dass ein dritter Band wieder flüssiger, und weniger eindeutig in separate Erzählstränge, der die Figuren in „Gruppen“ unterteilt, abgeteilt sein wird.

Bewertung vom 15.08.2020
Der beste Notfall der Welt
Pauli, Lorenz

Der beste Notfall der Welt


sehr gut

„Der beste Notfall der Welt“ ist ein sehr spannendes Kinderbuch, das mich vor Allem durch seine Authentizität bestochen hat: Ben, der nun also zwei Wochen lang mit in Gustavs Zimmer einquartiert ist, und Gustav sind sich also im besten Fall reichlich egal, oder in diesem Buch doch eher einfach grundsätzlich unsympathisch, ohne dass je ein Grund dafür angeführt wird. Sie mögen sich halt einfach nicht, basta. In der Geschichte ist da nun auch nicht plötzlich alles Friede, Freude, Eierkuchen, sondern die Jungs arrangieren sich zunächst einfach irgendwie miteinander und entwickeln allenfalls die ersten zarten Bande einer Freundschaft, als sie sich zusammen um die geheimnisvolle Maus, die auch gar nicht wie eine typische Maus aussieht, kümmern und in diesem Zusammenhang auch noch Bekanntschaft mit einem echten, im wahrsten Sinne des Wortes, Fabel-Wesen machen. „Der beste Notfall der Welt“ ist also zwar authentisch und glaubwürdig, hat aber dennoch einen fantastischen, märchenhaften Nebenstrang, der nicht aus dieser (Menschen)Welt zu sein scheint.

Ich habe zunächst überlegt, ob es dieses, mehr oder minder, Abenteuerbuch nicht ein wenig albern wirken lässt, dass sich die Maus schon sehr bald tatsächlich als ganz besondere Maus entpuppte, fand diesen Hauch von Magie letztlich aber ganz passend und fand es schließlich auch ein wenig schade, dass nicht mehr auf die Hintergründe der Maus und ihres Begleiters bzw. deren Welt eingegangen wurde: „Der beste Notfall der Welt“ ist zwar in sich abgeschlossen; für mich rief das Ende nun aber trotzdem nach einer Fortsetzung, in der die unbekannten Wesen näher beleuchtet werden würden.

Empfohlen wird das Buch nun ab 9 Jahren: Ich denke, das ist allgemein sehr passend. Die Geschichte ist doch ein wenig komplexer und auch umfassender; ich würde sie zwar durchaus den 6jährigen Zwillingen der Familie bereits vorlesen, aber zum Selberlesen finde ich den „besten Notfall der Welt“ grad für Erstleser einfach noch ein wenig zu fordernd und schwierig. Ich würde es da doch definitiv erst einem Kind zum eigenen Lesen vorlegen, wenn es bereits möglichst flüssig lesen kann – sonst könnte der Lesespaß, wie ich finde, doch noch etwas getrübt ausfallen.