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Insgesamt 160 Bewertungen
Bewertung vom 07.05.2020
Unsere Welt neu denken
Göpel, Maja

Unsere Welt neu denken


ausgezeichnet

„Was aber, wenn wir Hebel fänden, mit denen wir mehrere Probleme gleichzeitig angehen könnten? Hebel, die zwar viele Gewissheiten infrage stellen, es uns aber erlauben, statt reaktiv eine schlechte Zukunft abzuwehren, proaktiv eine wünschenswerte Zukunft zu gestalten?“

Mit solchen Fragen am Anfang und einem eleganten, verständlichem und eingängigem Stil bin ich innerhalb nur eines Tages durch Maja Göpels Buch geflogen. Solche Visionen brauchen wir und Göpel appelliert an jede:n von uns, selbst etwas zu tun. Sie plädiert aber zudem für politische Lösungen jenseits einer rein individuellen Verantwortung. Auch, wenn hier noch ganz viel zu tun bleibt, damit wir die Klimakatastrophe noch abwenden können, und politische Entscheidungsprozesse bereits viel zu lange dauern, bleibe ich am Ende von „Unsere Welt neu denken“ doch hoffnungsfroh zurück. Und gerade damit wir uns engagieren, brauchen diese Hoffnung.

Göpel arbeitet als Politökonomin und Nachhaltigkeitswissenschaftlerin an der Schnittstelle von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft, zudem ist sie Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen. Größere Bekanntheit erlangte die Wissenschaftlerin, als sie Anfang 2019 den Aufruf der „Scientist for Future“ mitgestartet hat, den knapp 27.000 Wissenschaftler:innen als Unterstützung für „Fridays for Future“ unterzeichnet haben. In diesem Buch geht es aber nicht nur um die Klimakrise. Es geht gegen das Höher, Schneller, Weiter unserer Gesellschaften im Allgemeinen.

„Die weltweiten Krisen in Umwelt und Gesellschaft sind kein Zufall. Sie offenbaren, wie wir mit uns und dem Planeten umgehen, auf dem wir leben. Wenn wir diese Krisen meistern wollen, müssen wir uns die Regeln bewusst machen, nach denen wir unser Wirtschaftssystem aufgebaut haben. Erst wenn wir sie erkennen, können wir sie auch verändern – und unsere Freiheit zurückgewinnen.“

Göpel schreibt absolut schlüssig, so schlüssig, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie jemand ihrer Argumentation nicht folgen kann. Schon die Kapitel sind klar aufgebaut, an ein elektrisierendes Zitat schließt sie jeweils ihre Ausführungen zum Thema an und fasst es am Ende in einem prägnanten Absatz zusammen. Diese Zusammenfassungen sollten wir Politik und Wirtschaft ins Poesiealbum kleben – aber auch uns selbst.

Göpel zerlegt die Mär vom Markt, der angeblich alles regeln können soll, was ja selbst schon in der Theorie der Ökonomie nie so ganz funktioniert hat. Sie kritisiert die sogenannten „Philanthropen“, die ihre Milliarden ganz nach Gutdünken einsetzen. Aber auch wir im globalen Westen leben über die Verhältnisse der anderen.

Die Wahrheiten, die Göpel ausspricht, sind umbequem. Viele möchten das lieber nicht sehen oder es wird gleich versucht, Göpels ökonomische Analysen in eine bestimmte Richtung zu schieben.
Am Tag, an dem ich ihr Buch lesen, veröffentliche die FAZ einem Artikel, in dem Göpel stark in den Bereich „linksradikal“, „Kapitalismus-Kritik“, „für CDU rotes Tuch“ gerahmt wird. „Als Politökonomin nenne ich Trends & mögliche Lösungen“, antwortet Göpel darauf. Daher möchte ich betonen: Es geht nicht um Ideologie, wenn Göpel feststellt, dass die Menschheit über ihre Verhältnisse lebt. Wir müssen dieser Tatsache ins Auge sehen, wenn wir eine Zukunft haben wollen.

Göpel bringt viele Ansätze zusammen und ihr umfassender Blick hat mir richtig gut gefallen. Für Menschen, die sich schon länger mit Thema beschäftigt, gibt es inhaltlich nicht so viel Neues. Aber Göpel verbindet viele Aspekte und ihre Argumention liest sich so elektrisierend wie elegant. Und sie gibt immer wieder Gründe, warum es sich zu kämpfen lohnt. Daher empfehle ich „Unsere Welt neu denken“ dringend weiter und vergebe 5 von 5 Sternen.

17 von 19 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.04.2020
#stayathome. 99 Ideen gegen Langeweile zu Hause

#stayathome. 99 Ideen gegen Langeweile zu Hause


sehr gut

Eigentlich ist mir nie langweilig, aber ich stelle fest, dass ich zu einer gewissen Gleichförmigkeit meiner Ideen neige.

Das Buch ist mit #stayathome übertitelt und arsEdition bringt es zu Corona auf den Markt, der ist der Verlag dennoch so umsichtig, dass Buch nicht rein auf Corona zu münzen. Dieses Buch kann man auch in ein, zwei Jahren gut zur Hand nehmen. Wie für viele solcher Bücher gilt, hier wird das Rad nicht neu erfunden. Viele Ideen kannte ich, aber mir geht es da vermutlich wie vielen: Nur, wenn du etwas kennt, heißt das noch lange nicht, dass man es auch macht. Und hier setzt „99 Ideen gegen Langeweile zuhause“ an. Und viele Ideen waren frisch und hatte ich so noch nicht gehört.

Und ja, man findet auch viele Ideen im Netz. Aber gerade WEIL ich diese oft nur irgendwo digital abspeichere, aber dann nie parat habe (oder daran denke), wenn ich sie mal brauche. aber nicht umsetze, hilft mir hier ein Buch ungemein.

Es ist ja nicht so, als hätten wir selbst keine Ideen. In den ersten beiden Corona-Wochen bin ich mit meinem Sohn durch die Wohnung getanzt, um in aufzumuntern. Aber dann ging es unter, Deadlines, Essen Kochen, Telefonmeetings. Wie schön, dass mich gleich der erste Tipp aus „99 Ideen gegen Langeweile zuhause“ daran erinnert:

„Tanz dich glücklich! Tanzen ist gesund, für Körper und Seele (…)“

Charmant, eine schöne Erinnerung, wie simpel sich vieles in den eigenen vier Wänden umsetzen lässt. Wie lange will ich schon mit meinem Sohn ein Glücksglas anfangen, in dem wir schöne Momente auf kleinen Zetteln fangen? Auch diese Idee findet sich im Buch als

„Seelenproviant für schlechte Tage“

So funktioniert das Buch als tolle Erinnerung!

Auf manche Ideen wäre ich allerdings nie im Leben gekommen, wie auf die Zungengymnastik, einen Brief an meine Urgroßmutter in die Vergangenheit zu schreiben oder aufs Polieren meiner am wenigstens getragenen Schuhe. Und solche Ideen haben mir dann erst recht ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert.

Mir gefallen die peppigen, prägnanten Überschriften, die fröhlichen Texte und die hübsche Grafik.

Ich habe mich gefreut, dass gleich beim ersten Tipp der Aphorismus von einer Frau steht (von Martha Graham), ansonsten gibt es mit Marie von Ebner-Eschenbach nur noch eine einzige weitere Stichwortgeberin. Das Genderverhältnis beträgt damit 2 Frauen zu 14 Männer. Bitte, liebes Team von arsEdition, zitiert doch einfach mehr Frauen und mehr nicht-weiße Menschen! Das ist aber schon der einzige Wermutstropfen.

Fazit
Gefällt mir sehr gut, nicht nur in Corona-Zeiten! Sehr gute 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 18.04.2020
100 Dinge, die ihr als Familie zu Hause tun könnt (eBook, ePUB)
Parents@Home

100 Dinge, die ihr als Familie zu Hause tun könnt (eBook, ePUB)


sehr gut

Wirklich gute Ideen für Kinder und Familien, wenn jetzt in der Corona-Zeit die Decke auf den Kopf fällt. Und mit einem angemessenen Preis!

Fetzt

Ja, auch das ist ein Corona-Buch, das recht schnell entstanden ist. Nachdem ich letztens erst einen gnadenlosen Verriss schreiben musste – tatsächlich musste, weil davon konnte ich allen nur abraten – wollte ich ja eigentlich kein reines Corona-Buch mehr lesen. Aber ich war doch neugierig, ob die Autor:innen das hier besser machen würde, als einfach nur Beschäftigungslisten wie im Internet abzugrasen. Und „Parents@Home“ stimmte mich erstmal hoffnungsfroh und tatsächlich: „100 Dinge, die ihr als Familie zu Hause tun könnt“ gefällt mir recht gut. Und auch mein Sohn will einiges die Ideen umsetzen.

Besonders gefällt mir, dass wir viele Ideen wirklich noch nicht kannten, auch, wenn von Freund:innen und im Internet schon einiges an Input gegen Langeweile ankamen. Und der ganze Duktus des Buches lässt sich als Anregungen verstehen und nicht als Diktat zum gaanz viel machen. Denn selbst, wenn die Grundschulen erst nach den Sommerferien aufmachen sollten, denke ich, dass wir nicht alles davon umsetzen könnten. Schließlich gibt es ja auch noch Homeoffice und Homeschooling. Aber das spricht ja durchaus für dieses eBook, dass die Lesenden einiges an Auswahl haben.

Besonders gefällt mir folgende Idee:

„Schlaft morgens einfach mal aus. Niemand darf den anderen wecken… Wer gewinnt?“

Mein 8jähriger war nicht ganz so ein Fan von der Idee, aber das machen wir bald mal. Und manchmal genießt er es mittlerweile auch schon, wenn er in der Früh in Ruhe Hörbücher hört. Das Corona-Tabu-Spielen ist sicherlich eine heilsame Erfahrung (Wörter wie Corona oder Langweile sind beim Erzählen tabu und pro Tabu gibt es Minuspunkte). Und den Familiengedichteabend könnten wir dringend machen, weil Kind eh noch ein Frühlingsgedicht für die Schule lernen muss. Aber alle Ideen verrate ich Euch natürlich nicht, da müsst Ihr schon selber lesen.

Vom Layout ist das Buch nicht endschön, aber ich fand es in Ordnung. Die kleinen Illustrationen, die sich bei jeder Idee finden, sind nicht aus einem Guss, sondern stammen von Shutterstock o.ä., sie sind aber in der Farbe angeglichen, so dass es gepasst hat. Gestört hat mich allerdings, dass unter jeder Grafik immer gleich der Rechteverweis stand, und durch das eBook-Format halt auch recht groß. Sowas stört mich beim Lesen. Ich finde wichtig, dass Urheber:innen erwähnt werden, aber hätte das nicht am Endes des Buches gereicht?

Schade fand ich auch, dass bei einigen Tipps auf Anleitungen im Internet verwiesen wird. Gerade beim Mundschutz-Nähen gibt es zig Anleitungen, da wäre ein konkreter Link nett gewesen. Andererseits überholen sich solche Links auch schnell. Als kann ich auch schnell selbst nach Schulklingel-Sounds suchen (auch eine tolle Idee übrigens).

Einige Vorschläge finden sich so sicherlich auch im Netz, aber hier bekommt man eine handliche Sammlung.

Fazit

Hier bekommen Kinder und Jugendliche und Eltern viele Anregungen für die Corona-Zeit mitnehmen. Die Tipps gefallen mir total gut, das Layout ist okay, aber nicht überragend. Eine Empfehlung und 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 16.04.2020
Tagesschau und Co. - Wie Sender und Redaktionen Nachrichten machen
Welk, Sarah

Tagesschau und Co. - Wie Sender und Redaktionen Nachrichten machen


ausgezeichnet

Von diesem Kindersachbuch sind sowohl mein Sohn als auch ich absolut begeistert. Sarah Welk schreibt in „Tageschau & Co.“ witzig und sachkundig und erklärt dabei so exakt wie verständlich. Nachrichten sind ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft – das zeigt sich nicht nur in der Corona-Zeit – und darum ist wichtig, dass schon Kinder Bescheid wissen, wie diese entstehen. Dazu haben wir bei diesem Sachbuch mehrfach laut gelacht, weil Welk immer wieder so lustige oder absurde Details präsentiert. Und weil das Buch auch naturgemäß so ernste Nachrichtenthemen wie Terror oder Krieg erwähnt, gefiel uns Welks humorvolle Umsetzung umso mehr.

Mein 8jähriger Sohn findet:

Dieses Buch hat alles richtig toll erklärt. Manche Sachen waren zwar ausführlich, aber immer spannend und für mich leicht verständlich. Ich fand spannend, wie Nachrichten entstehen. Ich hätte nicht gedacht, dass es so kompliziert ist, und das hat mir das Buch richtig gut gezeigt. Bis logo! zum Beispiel rauskommt, ist es ein langer Weg.

Ich würde aber kein Nachrichtenkorrespondent werden wollen, weil die reisen mir zu viel weg, und da sieht man seine Familie vielleicht nicht so viel. Trotzdem finde ich wichtig, dass es die gibt, weil ohne die keine richtigen Nachrichten entstehen könnten. Im Buch gibt es witzige Rätsel, bei denen ich manchmal auch etwas überlegen musste. Meist hing das davon ab, wie man vorher aufgepasst hat. Und als die Pannen in den Fernsehnachrichten erzählt wurden, musste ich sehr lachen.

Daher vergebe ich 5 von 5 Sternen. Ich empfehlen dieses Buch allen Neugierigen weiter.

Meine Erwachsenen-Meinung:

Es geht hier wirklich ausschließlich um Nachrichten und nicht um Journalismus allgemein, und dieser enge Blick tut diesem Buch außerordentlich gut. Denn es gibt hier sehr viel zu erzählen und so bleibt Platz, auf die vielen Besonderheiten des Nachrichtenjournalismus einzugehen, und den Kindern einen tieferen Einblick zu geben.

Viel Witz gab es in den Rätseln, die Autorin Welk über das ganze Buch streut. Dazu nutzt sie Tabellen und Grafiken. Und natürlich erklärt sie ganz klassisch in Erzählpassagen sehr kundig und mit vielen tollen Beispielen, die auch abstrakte Zahlen oder Vorgänge anschaulich werden lassen.

Dann führt sie wundervolle Interviews mit Nachrichten-Verantwortlichen. Hier ging mir richtig das Herz auf. Ihre sieben Interviewpartner:innen erklären ganz viele Hintergründe und außerdem auch ein wenig aus dem Nähkästchen. Sie kommen alle total menschlich und herzlich rüber. Und mit Ingo Zamperoni und Linda Zervakis stellt Welk auch zwei Journalist:innen mit Migrationshintergrund vor, die sich aus recht einfachen Verhältnissen hochgearbeitet haben. Ich finde es so wichtig, dass Kindern solche Perspektiven aufgezeigt werden. Nur bei den alternierenden Gender-Formen, die Welk am Anfang des Buches ankündigt, überwog meiner Meinung nach doch eher die männliche Form. Dennoch: Dass gewechselt wird, ist ein wichtiger Schritt. Viel wichtiger ist noch, dass die Gender-Bias bei den vorgestellten Journalist:innen mit 4 Frauen zu 3 Männern ausgewogen ist.

Wir haben beim Lesen viel diskutiert, u.a. auch über die Hintergründe des 11. Septembers 2001. Das Buch können 8jährige Kinder sicherlich auch schon alleine lesen, die Fakten zu den Nachrichten verstehen sie. Die Eltern sollten sich aber durchaus auf Diskussionsbedarf einstellen. Eben weil Kinder in dem Alter ja auch schon alleine lesen, hätte ich es gut gefunden, wenn nach dem letzten Kapitel mit dem ernsten Thema Fake-News noch ein kleine positive Zusammenfassung des ganzen Buchs gekommen wäre. Aber das ist wirklich Kritik auf ganz hohem Niveau. Für uns hat das gemeinsame Lesen auf alle Fälle am Besten gepasst.

Fazit
Dieses Kindersachbuch lieben wir! Absolute Empfehlungen für alle Wissenshungrigen, erst recht für jene, die mehr über Nachrichten wissen wollen! 5 von 5 Sternen!

Bewertung vom 14.04.2020
Anouks Spiel
El-Bahay, Akram

Anouks Spiel


ausgezeichnet

Was bedeutet Held:innen sein?

Wir haben so mitgefiebert, haben gelacht, gezittert und waren tief berührt. Schon jetzt ein Jahreshighlight für uns!

Wie oft hast du dir schon etwas gewünscht, das du später bereut hast? So in tiefster Frustration? Bei Anouk wird jener dunkler Herzenswunsch wahr und sie muss in ein Brettspiel eintauchen, um diesen Wunsch rückgängig zu machen.

Ein kleiner Hinweis zur Altersempfehlung: Mein Sohn hat zwar mit 8 Jahren schon mitgelesen, aber bei Fantasy-Büchern kann es ihm (fast) nicht spannend genug sein. Kindern, denen das genauso geht, kann man das Buch sicherlich schon in diesem Alter vorlesen. Ängstliche Kinder könnten sich schon noch an einigen Stellen gruseln und so empfehle ich es eher erst ab 10 Jahren.

Mein 8jähriger Sohn meint:

„‚Ich bin keine Auskunft‘, erwiderte die Figur eingeschnappt. Dann schüttelte sie sich. ‚Aber ich will mal nicht so sein.‘ Sie senkte verschwörerisch die Stimme. ‚Unterschätze niemals die Kamele.‘ Für einen Moment sagte keiner etwas. Nur der Wind pfiff über die Dünen. ‚Das ist alles?‘ Pan klang, als beschwerte er sich bei einem Kellner über das schlechte Essen.“

Das ist nur eine von vielen Stellen, an denen ich viel gelacht habe. Und dann war alles so spannend, dass ich mich immer gefragt habe: Was passiert als nächstes? Die Welten, die gezeigt wurden, fand ich ganz toll gemacht. Im Wald hat mir gefallen, dass Anouk und ihr Begleiter da so klein sind.

Meine Erwachsenen-Sicht:

Es gibt eine Blaupause, was es bedeutet ein Held zu sein. Joseph Campbell hat die in „Der Heros in tausend Gestalten“ nachgezeichnet, den ewigen Kampf Gut gegen Böse, aber in den letzten Jahren kommt immer wieder die Frage auf, ob das HeldINNEN-Sein nicht ganz andere Anforderungen stellt. Und ich persönlich finde, dass Akram El-Bahay das mit „Anouks Spiel“ in einer sehr spannenden, kindgerechten Variante präsentiert, die die klassische Helden-Reise mit etwas Neuem verbindet. So können Held:innen-Reisen entstehen! Es geht im Leben nämlich nicht um Sieg oder Niederlage, El-Bahays Moral ist eine andere: Sei mit Dir selbst im Reinen!

Für ein Kinderbuch finde ich das wundervoll: Geh deinen eigenen Weg.

Das hört sich sehr philosophisch an – und das ist es auch. Die Geschichte ist zwar auf den ersten Blick geradlinig (Mädchen muss eine gefährliche Aufgabe bestehen), auf den zweiten Blick eröffnen sich eigene Welten mit eigenen Regeln, die viel mehr bieten als eine reine Schnitzeljagd.

Dazu ist „Anouks Spiel“ spannend und sehr witzig. Ein Page-Turner im besten Sinne. Und dann gab es immer wieder so richtig anrührende Stellen.

Wünsche und Geschichten haben eine große Macht. Ein Kind taucht in eine Phantasiewelt ein. Diese bekannten Motive erzählt Akram El-Bahay in einer ganz tollen Variante. Denn erstmal muss sich Anouk auf die Suche nach vier Gegenständen machen, die ihr im Kampf gegen den dunklen Ritter helfen sollen. Der kämpft allerdings nicht fair, egal, wie sehr Anouks neue Freund:innen ihr helfen. Wundervoll ist der Schimpanse Pan, grummelig, etwas misanthrop, hat er so wundervolle Dialoge:

„‚Alles klar soweit?‘ Anouk schüttelte den Kopf. ‚Bestens‘, meinte Pan. ‚Dann sollten wir uns mal auf den Weg machen.‘“

Auch das hat mir sehr gut gefallen: Anouk hat keine übermächtigen Kräfte, und ihre Erfolge sind immer eine Teamleistung. Keine einsame Heldin oder Auserwählte. Sie ist zwar DIE Spielerin, aber es ist ja auch ihr Spiel.

Es war unser und auch mein erstes Buch von Akram El-Bahay. Der Autor stand aber schon länger auf meiner Wunschliste und nach diesem tollen Buch werden sowohl ich (für die größeren) als auch wir (für die kleineren) sicherlich noch mehr Bücher lesen.

„Anouks Spiel“ bietet viel mehr an Stoff für Gedanken und auch für Analysen und ich hatte auch einiges mehr geschrieben. Aber ich habe es wieder gelöscht. Ich möchte dieses wunderbare Buch nicht im Vorfeld zerreden. Bitte lest es einfach selbst! Begeisterte 5 von 5 Sternen!

Bewertung vom 13.04.2020
Die rechte Mobilmachung
Stegemann, Patrick;Musyal, Sören

Die rechte Mobilmachung


ausgezeichnet

Die türkische Autorin Ece Temelkuran hat in einem Interview so eindringlich gesagt: „Sowohl in Europa als auch in den USA glauben Menschen, dass ihre Demokratie stabiler sei als die in der Türkei. Es gibt aber keine Demokratie in der Welt, die immun ist gegen Rechtspopulismus.“ Patrick Stegemann und Sören Musyal zeigen in „Die rechte Mobilmachung“, wie real diese Bedrohung für uns in Deutschland und Österreich ist.

Die beiden haben jahrelang zu diesem Thema recherchiert, schon allein dafür verdienen sie Respekt, dass sie sich so lange mit diesem rechtsradikalen Dreck abgegeben haben.

Der Aufbau des Buches ist sehr klug: Mit dem „Gamergate“ zeigen sie idealtypisch auf, wie rechtsradikale Kräfte Subkulturen wie die Gamer und ihre Frauenfeindlichkeit nutzen, um dort zu rekrutieren. Von den rechten Influencern, die sich als nette Jungs von nebenan u.a. mit Kochtipps inszenieren, gehen die Autoren weiter zu den institutionellen Hetzern der AfD hin zu den Strukturen von Facebook, Instagram und Youtube, deren Betriebslogik diese Hetze begünstigt.

Christchurch oder der Anschlag von Halle sind Resultate davon. Das Buch ist erst Ende Januar erschienen: Seitdem passierte der Dammbruch in Thüringen, als sich ein FDP-Ministerpräsident von der AfD wählen ließ; es gab Festnahmen wegen antimuslimischer Anschlagsplänen auf Moscheen und in Hanau stürmte ein Rechtsradikaler zwei Shisha-Bars und erschoss dort 9 Menschen und danach seine Mutter. Und meine Aufzählung ist noch nicht einmal vollständig. „Die rechte Mobilmachung“ zeigt auf, wie im Internet der Weg für solche Gewalttaten und andere staatszersetzende Aktionen geebnet wird. Die beiden Autoren zeigen sehr eindringlich, wie nicht nur in den USA sondern auch in Deutschland gezielt private Emails lanciert wurden, um die die Wahlen zu beeinflussen.

„»Für uns ist Provokation keine Verkaufsstrategie«, schreibt Kubitschek, »unser Ziel ist nicht die Beteiligung am Diskurs, sondern sein Ende als Konsensform, nicht ein Mitreden, sondern eine andere Sprache, nicht der Stehplatz im Salon, sondern die Beendigung der Party.« Schluss mit den Diskussionen, Schluss mit den auf Verständigung und Einigung zielenden Debatten, Schluss mit der deliberativen Öffentlichkeit. Kubitschek und die Neue Rechte, sie wollen ihre eigene Party – was letztlich heißt: ein autoritäres politisches System.“

Der Stil des Buches ist klar, leicht verständlich und sehr deutlich. Schon die Überschriften sind programmatisch: Die netten Jungs aus dem Internet; Auf Empfehlung radikalisiert; Wahlkampf als Game, Hass als Botschaft; Die Facebook-Partei. Stegemann und Musyal erklären, wie die Rechten den Diskurs vergiften wollen, wie De-Platforming wirkt (also die Entfernung der rechten Akteure von den großen Plattformen) oder wie günstig Likes auf Facebook zu haben sind. Und das alles immer absolut verständlich.

„In Strategiepapieren sprechen die Identitären ganz freimütig davon, dass sie die Öffentlichkeit kapern wollen, durch Emotionen und Polarisierung. Es ist die Einheit von »Theorie und Propaganda« – so nennen sie es selbst. Wie diese Propaganda funktioniert, zeigen sie jeden Tag in den sozialen Medien.“

Trotzdem muss ich gestehen, ich konnte diese Buch nur sehr langsam lesen. Die Inhalte des Buches haben mich immer wieder geängstigt, auch, wenn ich vieles aus diesem Buch schon wusste. Besonders das Gruselkabinett der rechten Szene finde ich jedes Mal aufs Neue erschreckend, wie die Selbstinszenierungen wie vom „Posterboy“ der Identitäten Bewegung Martin Sellner. Ja, es wäre leichter, einfach wegzusehen, aber genau weil diese Gefahr so beängstigend ist: Wir dürfen nicht die Augen verschließen!

Dass dieses Buch 50 Prozent ein Stern-Bewertungen im großen Online-Versand hat, gibt den Autoren nur überdeutlich recht: Rechte Trollkultur zielt ganz klar auf ihre Kritiker:innen und wir müssen diesen zur Seite stehen, um unserer Demokratie zu schützen.

Fazit
Ein wichtiges Buch, wir dürfen nicht die Augen verschl

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.03.2020
Plötzlich Millionär! / Plötzlich Bd.1
Bertram, Rüdiger

Plötzlich Millionär! / Plötzlich Bd.1


ausgezeichnet

Wer wäre nicht gerne Millionär? Aber das hat auch seine Schattenseiten – lernt man in diesem witzigen Kinderbuch mit Comic-Elementen.

Mein 8jähriger Sohn meint:

Leo ist ein Türreisender. Ganz oft, wenn er eine Tür öffnet, reist er an andere Orte oder in eine andere Zeit, weil er in Parallelwelten springt. Einmal wollte er unbedingt noch eine Zeitlang in so einer Welt beiben, aber dann denkt er „Oh, nein!“, weil er eine Tür geöffnet hat. Manchmal landet er dann nochmal ganz woanders, aber wenn er wieder in seine eigene Welt zurückkommt, ist da keine Zeit vergangen.

„Plötzlich Millionär“, schon der Titel hat bei mir eine innerliche Aufregung ausgelöst, was das Buch nochmal spannender gemacht hat. Das Buch war genauso schön und spannend, wie ich bei dem Titel erwartet habe. Darum vergebe ich 5 Sterne.

Meine Erwachsenen-Meinung:

„Echt cool“, hat mein Sohn schon nach wenigen Seiten gesagt und bei dieser Meinung sind wir beide auch geblieben. Autor Rüdiger Bertram und Illustrator Heribert Schulmeyer kennen wir schon von „Voll super, Helden“. Und wieder konnten wir hier ein witziges Kinderbuch mit tollen Comic-Elementen lesen. Bertram sucht sich immer wieder popkulturelle Themen und Motive – hier die Parallelweltreisen – und bringt sie in eine kindgerechte Form, die uns Eltern ebenso gut unterhält wie unseren Sohn. Wir sind regelrecht durch die Seiten geflogen und mussten sehr viel kichern.

Schon die ersten Seiten führen uns als Lesende grandios in Leos Türreisen-Phänomen und die daraus entstehenden Probleme ein. Dann folgte eine recht rasche Abfolge von verschiedenen Welten, einige kurze, zwei längere. Danach ist klar: Die Millionärsvilla, in der Leo landet, stellt dagegen den absoluten Hauptgewinn aller Parallelwelten dar. Oder vielleicht doch nicht?

Da kommt durchaus Kapitalismuskritik durch und auch Kritik am Mäzenatentum, dass durch die Oligarchen immer mehr voranschreitet. Denn selbst als Leo erkennt, dass Geld nicht glücklich macht, kann er es nicht einfach verschenken, so stellt er fest:

„‚Ich wusste nicht, dass es so schwierig ist, Gutes zu tun‘, sage ich. ‚Das ist überhaupt das Allerschwierigste‘, erwiderte Ludwig.“

Die obercoolen Pseudobeschimpungen zwischen den beiden besten Freunden fand ich etwas viel. Bei den Mädchen-Figuren könnte es einfach noch mehr geben, dafür ist Eva sehr souverän und sozial engagiert. Und Bertram punktet dafür bei einem anderen Diversity-Aspekt richtig gut: Leos bester Freund Masud (Tarek in der Parallelwelt) genauso arm bzw. reich sein darf wie Leo. Und er erkennt einen falschen Genitiv-Apostroph, das freut das Literaten-Herz.

Fazit:

Witzig und sogar noch mit Tiefgang. 4,5 von 5 Sternen, die wir gerne aufrunden, während wir uns auf den zweiten Band freuen, der im Herbst erscheinen soll.

Bewertung vom 11.03.2020
Eine kurze Geschichte vom Fallen
Hammond, Joe

Eine kurze Geschichte vom Fallen


sehr gut

Im Verfall findet Hammond tiefe Einsichten ebenso wie Poesie.

Dieses Buch ging mir an die Nieren, denn Joe Hammond erzählt von seinem eigenen Sterben. Aber sein Buch ist nicht nur düster, denn wie der Untertitel nahelegt, berichtet er auch ganz viel vom Leben.

Ich kann verstehen, wem das zu heftig ist. Hammond ist dazu auch noch erst kürzlich, wie vorherzusehen, an der Motoneuron-Krankheit gestorben. Vermutlich muss jeder Lesende den richtigen Zeitpunkt für diese Lektüre finden. Hammonds Schilderung ist am stärksten – und am erschütterndsten – wenn wer von seinen Kindern schreibt, im Verlauf des Buches circa 2 und 6. Eltern möchten ihre Kinder nicht so zurücklassen müssen. Gleichzeitig musste ich aber viel an meinen verstorbenen Vater denken, sein Tod ist nun 8 Jahre her, ein schwerer Unfall 26. Das Buch half mir bei der Reflexion, auch bei der Trauer darüber, dass ich mich vor seinem plötzlichen Herzinfarkt nicht verabschieden konnte. Das Lebensbejahende habe ich immer wieder in Hammonds Buch gefunden und einen feinen, teilweise makaberen Humor, den er sich sicherlich nicht nur ein Bisschen erkämpfen musste.

Ich muss gestehen, dass ich für dieses Buch ein anderes beiseite gelegt habe, weil ich etwas Abstand davon brauchte: „Die rechte Mobilmachung“ von Patrick Stegemann und Sören Musyal und diese das Netz als Radikalisierungsplattform benutzen. Zum Abstand von der einen harten Realität wählte ich eine andere harte Realität: Wir müssen sterben! Aber so ist das Leben, während das andere die Boshaftigkeit des Menschen ist. Wenn wir einen Unterschied machen wollen in dieser Welt, dann müssen wir über beides wohl Bescheid wissen.

Hammond ist schonungslos offen – in Bezug auf seinen körperlichen Verfall und seine Körperfunktionen. Der Zauber des Buches liegt für mich auch daran, dass er alles so klar und deutlich beschreibt, Scham und Ekel aber immer draußen bleiben. Menschliches, allzu menschliches, kam mir in den Sinn:

„Gill wollte mir aufhelfen, aber ich sagte, das wäre erst mal nicht nötig, und schlug vor, während ich auf den Teppich sabberte, sie sollte die Fischstäbchen fertig braten. Tom stieg auf seinem Weg zur Treppe über mich hinweg. Ich konnte hören, wie das Abendessen auf Teller verteilt wurde, und ich wollte bleiben, wo ich war – vielleicht für immer. Ich zog die Möglichkeit ernsthaft in Erwägung. Und nichts an dem Gedanken kam mir irgendwie sonderbar vor.“

Hammond bezieht auch seine Vergangenheit und seine zum Großteil schwierige Kindheit mit in diesem Buch heran. An diesen Passagen fehlte mir stellenweise der Fokus, vielleicht, weil er dort aus einem Restrespekt seinem Vater gegenüber einiges verklausuliert schreibt. Da hätte ich das Buch schon fast zur Seite gelegt. Später fügen sich allerdings auch diese Passagen mit dem Rest zusammen: Er muss von diesen Erlebnissen schildern, um seinen eigenen Weg jenseits einer toxischen Männlichkeit zu schildern. (So kümmerte er sich vor seiner Erkrankung als Hausmann um seine beiden Söhne.)

Dennoch fielen diese Passagen gegenüber dem Rest ab. Weswegen ich das Buch nicht mit voller Sternen-Zahl bewerte. Obwohl sich die Bewertung generell merkwürdig anfühlt, denn immerhin hat hier ein Mensch einen Abschiedsbrief an seine Kinder formuliert.

Im Verfall findet Hammond tiefe Einsichten ebenso wie Poesie. Am Ende des Buches schreibt er auch darüber, wie unterschiedlich sich die Menschen ihm gegenüber seit seiner Diagnose verhalten. Ich denke, mit seinem Buch kann er nun auch Empathie vermitteln, wie Mitmenschen es besser machen können.

Am Ende nehme ich mein Kind in den Arm. Und hoffe, dass ihm dieses Erleben noch lange erspart sein werde. 

Bewertung vom 11.03.2020
Power
Güntner, Verena

Power


sehr gut

Die Sprache hat Sogwirkung. Verena Güntner baut ein faszinierendes Figurengeflecht auf. Dennoch ließ mich „Power“ etwas ratlos zurück.

Vieles von dem, was ich an „Power“ mochte, lag an den kleinen überraschenden Wendungen in der Geschichte, die in vieler Hinsicht immer radikaler wurde. Daher möchte ich nicht so konkret auf den Inhalt eingehen. Aber Power ist der Hund, der verschwindet, und vom Mädchen Kerze und den anderen Kindern des Dorfes gesucht wird.

Sehr gut gefallen hat mir die Betrachtung, dass Kinder viel mehr Macht haben, als wir ihnen gemeinhin zugestehen. Das ist gerade in Hinblick auf die „Fridays for Future“-Bewegung ein hoffnungsfroher Gedanken. Die Kinder in „Power“ schwanken daher zwischen zwei Phänomenen: Zum einen sind die Kinder mit dem Phänomen des Adultismus konfrontiert, der Diskriminierung aufgrund ihres jungen Lebensalters. Dass sie nicht ernst genommen werden, allein aufgrund der Tatsache, dass sie Kinder sind. Und dadurch, dass sie nicht ernst genommen werden, kommt eine Dynamik in Gange, die sich später nicht mehr stoppen lässt. Zum anderen geht es um die sogenannte Parentifizierung, da werden die Rollen von Kindern und Erwachsenen umgekehrt, was für die Kinder eine individuelle wie strukturelle Überforderung bedeutet.Adultisms und Parentifizierung, wird bei Güntner klar, sind Antithesen, die vollends parallel existieren können. Und beide lasten den Kindern und Jugendlichen etwas auf, was ihre freie Entfaltung behindert.

Wenn es um die Kinder im Wald geht, liegt die Geschichte irgendwo zwischen „Herr der Fliegen“ und der Rattenfänger von Hameln, und der Name des Hundes ist hier durchaus programmatisch zu sehen, es geht eben auch um Macht: Wer bestimmt, wann Ende ist? Wer ist der Leitwolf? Dass es mit Kerze eine HerrIN ist, eine RattenfängerIN, eine LeitwölfIN, dieser Gender Twist hat mir sehr gut gefallen. Von der feinen Beobachtung der Sozialstruktur hat mich „Power“ an „Unter Leuten“ von Juli Zeh erinnert.

Die Ursachen der ganzen Misere haben viel mit toxischer Männlichkeit und Gewalt (gegen Kinder, Erwachsene und Tiere) zu tun. Die Missetaten der Väter (oder Nicht-Väter) suchen letztendlich die Kinder heim. Das zu lesen ist zermürbend und schmerzhaft, und ich möchte dies explizit auch als Content Note / CN benennen. Gerade, weil sich diese Themen im Verlauf des Buches einschleichen und nicht von Anfang an klar ersichtlich sind, auch, wenn es absehbar ist.

„Power“ bildet diese Kausalitäten nach und auch, wenn ich beim Lesen einige erahnen konnte, so gefiel mir doch Güntners Spurensuche. Der Verlauf von Hitschkes Geschichte hat mir nicht nur einmal die Atemluft abgeschnürt.

Gestolpert bin ich, immer wieder über die Grundkonstruktion. Warum wehren sich die Eltern nicht „normal“ und holen die Behörden zu Hilfe? Wie können sie in dieser quasi feudalen Blase leben? Manches ist mir zu simplifiziert, wie die Geschichte von dem Jungen Henni, dem einzigen Nazi im Dorf.

Wenn ich das weiterdenke, liegt darin eine noch größere Unentschlossenheit: Ist Kerzes Kindergruppe im Wald nun ein Dystopie oder eine Utopie? Diktatur oder Befreiung? Zwang oder Freiheit? Schon das Bild des Rudels lässt in mir immer ein faschistoides Bild entstehen. Ja, ich weiß, ich soll mich all dieses Fragen, aber wenn ich dann das Ende betrachte, bleibt mir das Fragezeichen zu unentschlossen. Aber vielleicht fehlt mir einfach auch nur der Code, dass ich diesen Roman dechiffrieren könnte.

Fazit

„Powers“ Nominierung beim Preis der Leipziger Buchmesse finde ich gerechtfertigt, denn die Autorin traut sich etwas. Meine Ratlosigkeit ist aber auch eine Woche nach meinem Lektüreende noch vorhanden, das ist zwar sicherlich gewollt, hinterlässt aber ein unbefriedigendes Gefühl. Daher vergebe ich 4 von 5 Sternen und eine Empfehlung für alle, die sich auf ein ungewöhnliches Buch einlassen möchten. Aber bitte beachtet, dass es keine leichte Lektüre ist, die durchaus Menschen mit Gewalterfahrung triggern kann.