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Rinoa

Bewertungen

Insgesamt 176 Bewertungen
Bewertung vom 19.09.2022
Sturmrot / Eira Sjödin Bd.1
Alsterdal, Tove

Sturmrot / Eira Sjödin Bd.1


ausgezeichnet

Olof Hagström war über zwanzig Jahre nicht mehr in seiner Heimatstadt. Jetzt ist er geschäftlich in der Nähe und fährt spontan zu seinem Elternhaus, wo er seinen Vater tot – ermordet – auffindet.
Auch Polizistin Eira Sjödin war einige Zeit weg und ist gerade nach Kramfors zurückgekehrt. Dort soll sie am Mordfall eines älteren Mannes mitarbeiten. Dessen Sohn Olof hatte vor über zwanzig Jahren die Vergewaltigung und den Mord an einem Mädchen gestanden. Auch er ist zurück. Und Eira, die damals noch ein Kind war, muss sich ebenfalls der Vergangenheit stellen.

Von Beginn an hat mich die Atmosphäre dieses Buchs in ihren Bann gezogen und mich bis zum Schluss nicht mehr losgelassen.
Eira Sjödin ermittelt mit einer Akribie, die mir wirklich sehr gut gefallen hat. Das Ganze wird zwar sehr detailliert beschrieben, allerdings nie mit Längen, sondern immer spannend zu verfolgen. Manchmal hatte ich zwar das Gefühl, es fehlen ein paar Details bzw. Ermittlungsschritte, trotzdem war stets alles nachvollziehbar. So hatte ich als Leser das Gefühl, als wäre ich tatsächlich bei den Ermittlungen hautnah mit dabei.

Überhaupt ist Eira als Ermittlerin und in gewisser Weise auch Hauptperson wirklich toll. Sie hat zwar ihr Päckchen zu tragen (wie das fast überall der Fall ist), für meinen Geschmack nimmt das aber nie überhand, sondern fügt sich perfekt in die Geschichte ein.

Auch der Fall – bzw. eigentlich sind es zwei Fälle, der Mord an Sven Hagström und das Verschwinden von Lina vor über zwanzig Jahren – war für mich absolut stimmig und es fiel mir wirklich schwer, das Buch aus der Hand zu legen.

Ein ruhiger, atmosphärischer Krimi, der für mich ganz deutlich aus der üblichen Krimilandschaft herausragt. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung – und jetzt schon die Vorfreude auf den zweiten Band.

Bewertung vom 19.09.2022
Als das Böse kam
Menger, Ivar Leon

Als das Böse kam


sehr gut

Die 16-jährige Juno lebt mit ihrem Bruder und ihren Eltern in völliger Isolation auf einer kleinen, dicht bewaldeten Insel. Es ist ein einfaches Leben und es ist ein Leben in Angst. Denn jederzeit könnten Fremde auftauchen, die Rache an ihrem Vater nehmen und die ganze Familie auslöschen wollen. Und irgendwann wird vielleicht nicht einmal mehr der eigens gebaute Schutzraum Sicherheit bieten…

Ich kenne Ivar Leon Menger von seinen Hörspielen, insbesondere „Ghostbox“ und war daher sehr gespannt auf sein erstes Buch.

Die Geschichte wird aus Sicht von Juno erzählt (in Ich-Form, was ich sowieso gerne mag) und das merkt man auch, denn manche Gedanken und Wahrnehmungen sind doch recht kindlich, aber auch passend für das Alter. Auf jeden Fall ließ es sich sehr gut lesen.

Dass mit der Familie irgendetwas nicht stimmt – und zwar etwas, das über den Klappentext hinausgeht –, habe ich gleich gemerkt. Ich hatte auch recht schnell eine Ahnung, die sich im weiteren Verlauf dann auch bestätigt hat. Das war deshalb etwas schade, weil ich während der Lektüre immer so ein bisschen darauf gewartet habe, dass noch irgendetwas Überraschendes passiert oder die Geschichte einen Haken schlägt. Das tat sie nicht, zumindest nicht in dem Maß, wie ich es mir erhofft habe, was mich schlussendlich etwas unbefriedigt zurückgelassen hat.

Trotzdem ist das Buch spannend zu lesen, ich wollte natürlich unbedingt wissen, was noch passiert und wie und ob sich alles auflöst. Am Ende gab es einen richtigen Showdown, da hat der Autor doch noch ein paar (kleinere) Haken eingebaut, und irgendwann wusste ich nicht mehr, wem Juno und auch ich als Leser überhaupt noch trauen kann.

Am Ende blieben dann für meinen Geschmack aber einfach zu viele Fragen offen, mehr noch, es taten sich auch noch neue auf, so dass ich mich nach der Lektüre wirklich etwas ratlos gefühlt habe.
Dass nicht alles beantwortet wird, fand ich gar nicht mal so schlimm. Immerhin erzählt Juno aus ihrer (naturgemäß begrenzten) Sicht und dass sie nicht alles wissen kann, ist ja logisch. Ein bisschen mehr Klarheit hätte ich mir allerdings schon gewünscht, insbesondere wenn es auf den letzten Seiten noch diverse Andeutungen gibt, mit denen der Leser dann alleine gelassen wird.

Alles in allem (und mit ein wenig Abstand) hat mir „Als das Böse kam“ aber gut gefallen. Es war spannend, gut zu lesen und ich konnte es kaum aus der Hand legen.

Bewertung vom 14.09.2022
Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1 (eBook, ePUB)
Getz, Kristine

Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1 (eBook, ePUB)


gut

Kurz nachdem die Influencerin Lotte Wiig ein Foto ihrer zweijährigen Tochter Poppy gepostet hat, verschwindet diese. Kommissarin Emer Murphy, die nach einem Zusammenbruch eigentlich krankgeschrieben ist, erfährt aus den Medien von der Entführung. Irgendetwas berührt sie an dem Fall und so macht sie sich auf eigene Faust auf die Suche nach Poppy.

Das Buch ist abwechselnd aus Sicht von Lotte und Jens Wiig (Poppys Eltern), Marie Wiig (der Großmutter) und der Polizistin Emer Murphy (die hierbei den größten Part einnimmt) geschrieben. Zwischendurch gibt es auch immer wieder Posts aus dem Internet (Mütterforum etc.).
Am Anfang bekommt der Leser einen Einblick in das Leben von Lotte, Jens und Poppy, die den Familienunterhalt über Posts auf Instagram bestreiten. Auf der einen Seite interessant, auf der weit größeren Seite aber einfach nur eine gruselige Vorstellung, wenn man nicht mal mehr essen oder anziehen kann was man möchte, sondern das, was am meisten Geld bringt.

Anfangs hat mir der Schreibstil der Autorin noch gut gefallen und ich kam schnell rein in die Geschichte. Mit der Zeit wurde es dann aber immer zäher. Ständig bekam man zwischendurch Informationen, die man eigentlich gar nicht braucht, auch bei Dialogen. Das fand ich mit der Zeit wirklich anstrengend zu lesen.
Auch dass Emer Murphys (Privat-)Leben so viel (für meinen Geschmack: zu viel) Raum einnimmt, dabei aber hauptsächlich aus Andeutungen besteht, fand ich eher störend.

Das Ende hat mich dann schon überrascht, auch wenn ich es im Gesamten etwas konstruiert und zu dick aufgetragen fand. Insgesamt passte es für mich in das eher durchschnittliche Gesamtbild des Buchs.

Bewertung vom 02.09.2022
Auf See
Enzensberger, Theresia

Auf See


sehr gut

Yada ist 17 und lebt auf einer schwimmenden Stadt in der Ostsee. Ihr Vater hat die Seestatt entworfen, um dem Chaos und Untergang der Zivilisation auf dem Festland zu entgehen. Yada lebt mit der (von ihrem Vater geschürten) Angst, ähnlich psychisch labil zu sein wie ihre verstorbene Mutter, deshalb wird vieles von ihr ferngehalten. Doch immer mehr fragt sie sich, ob die Welt da draußen wirklich im Chaos versinkt und dann macht sie auch noch eine Entdeckung, die alles bisher Geglaubte in Frage stellt…

So ein bisschen ratlos hat mich „Auf See“ zurückgelassen. Einerseits habe ich die Lektüre sehr genossen, sie war unterhaltsam und auch fesselnd. Auf der anderen Seite hatte ich zunächst das Gefühl, vielleicht den Sinn dahinter nicht ganz verstanden zu haben.

Das Buch ist abwechselnd aus Sicht von Yada (in Ich-Form) und Helena, einer charismatischen und eher durch Zufall zum Orakel erklärten Künstlerin, die in Berlin lebt, geschrieben. Dazwischen gibt es immer wieder Kapitel mit Geschichten aus Helenas „Archiv“, historische Fakten (die mir bis dato völlig unbekannt waren) über utopische Zukunftsfantasien, Gründungen von neuen, autarken Staaten, (versuchte) Territorialübernahmen etc. die es scheinbar immer schon gegeben hat.

Der Aufbau hat mir wirklich gut gefallen, auch die Überschriften zu den einzelnen (größeren) Teilen, das Zusammenspiel mit den historischen Fakten, das war alles sehr stimmig und durchdacht und gepaart mit dem Schreibstil der Autorin für mich spannend zu lesen.

Insbesondere die Charakterisierung von Helena fand ich sehr gut gelungen (wogegen Yada für mich so ein bisschen blass blieb, allerdings passiert auf der Seestatt vielleicht auch nicht so viel wie im trubeligen Berlin und Yada ist viel auf sich allein gestellt, obwohl das sicher nicht als (alleiniger) Grund herhalten kann). Obwohl sie ganz anders ist als ich habe ich mich ihr irgendwie nahe gefühlt.

Zuletzt muss ich noch erwähnen (und das habe ich in einer Rezension noch nie gemacht), dass ich das Cover, besonders in natura, einfach umwerfend finde. Es erinnert mich so ein bisschen an die alten Science-Fiction-„Schinken“ meines Vaters, deren Cover ich früher auch immer schon bewundert habe (mit deren Inhalt ich allerdings weniger anfangen konnte).

Mit ein paar Tagen Abstand kann ich sagen, dass mir „Auf See“ wirklich gut gefallen hat und ich mich mit dem Gedanken angefreundet habe, dass es vielleicht auch gar keinen tieferen Sinn (zumindest für mich) geben muss. Tatsächlich könnte ich mir sogar vorstellen, das Buch später noch einmal zu lesen, was ich über nicht allzu viele Bücher behaupten kann.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung! Es lohnt sich wirklich, sich auf die Geschichte (und die Geschichten dahinter) einzulassen.

Bewertung vom 18.08.2022
Die Nachricht des Mörders / Fräulein vom Amt Bd.1
Blum, Charlotte

Die Nachricht des Mörders / Fräulein vom Amt Bd.1


ausgezeichnet

Baden-Baden zu Beginn der 1920er Jahre. Alma Täuber, das Fräulein vom Amt, hört bei einer Telefonschalte zufällig eine unangenehme, schnarrende Stimme, die ihr Gänsehaut beschert. Als die Stimme dann noch von einem erledigten Auftrag bei den Kolonnaden spricht, ist sich Alma sicher, dass etwas passiert sein muss. Und tatsächlich wird genau dort eine ermordete Frau aufgefunden. Doch vom Kriminalrat wird sie nur belächelt. Einzig Kommissaranwärter Ludwig Schiller scheint ihr zu glauben. Gemeinsam mit ihm, ihrer Freundin Emmi und ihrem Cousin Walter stellt Alma eigene Nachforschungen an.

Zunächst einmal hat mich der Schreibstil der Autorinnen von der ersten Seite an wirklich mitgerissen, lässt er den Leser doch regelrecht in die 20er Jahre eintauchen. Das Leben von Alma und auch ihrer Freundin Emmi wird so lebendig beschrieben, dass ich mich direkt mittendrin in ihrer Dachkammer, bei der Arbeit und bei Almas Ermittlungen gefühlt habe.

Dabei war mir Alma wirklich sehr sympathisch (wie im Übrigen auch Kommissaranwärter Ludwig Schiller) und auch die übrigen Charaktere waren wirklich treffend gezeichnet, sodass ich sie mir bildlich vorstellen konnte.

Es war sehr spannend mitzuverfolgen, wie Alma im Bezug auf die ermordete Frau nicht lockerlässt, ihrem Bauchgefühl vertraut und so (gemeinsam mit Ludwig) den Fall am Ende auch aufklären kann.
Dabei war alles wunderbar stimmig und die Mischung aus (privaten) Einblicken in die damalige Zeit und einem doch etwas verzwickten Kriminalfall haben mir wirklich sehr gut gefallen.

Ich bin immer noch ganz begeistert und freue mich sehr auf den zweiten Band rund um Alma und Ludwig. „Fräulein vom Amt“ ist für mich ganz klar ein Highlight dieses Jahres und uneingeschränkt zu empfehlen.

Bewertung vom 04.08.2022
Der Aufstieg - In eisiger Höhe wartet der Tod
McCulloch, Amy

Der Aufstieg - In eisiger Höhe wartet der Tod


sehr gut

Für die Journalistin Cecily könnte es den Durchbruch in ihrer Karriere bedeuten: Sie darf als Erste den berühmten Bergsteiger Charles McVeigh interviewen, nachdem dieser innerhalb eines Jahres alle vierzehn Achttausender im Alpinstil bestiegen hat. Dies allerdings erst, wenn sie gemeinsam mit Charles den Gipfel des Manaslu erreicht hat. Cecily ist zwar blutige Anfängerin, möchte aber unbedingt dieses Interview und nimmt dafür einige Strapazen in Kauf. Doch nicht nur die ungewohnte Höhe und die körperliche Anstrengung verlangen ihr alles ab. Am Berg scheint es außerdem einen Mörder zu geben…

Ich habe ein bisschen gebraucht, um in die Geschichte reinzukommen, denn zu Beginn wird etwas unübersichtlich und mit diversen Rückblenden erzählt, wie Cecily überhaupt zur Teilnahme in Charles Expedition kam.
Dann wurde es aber so richtig spannend, auch deshalb, weil ich durch die Lektüre Einblicke in ein Thema bekommen habe, mit dem ich mich bisher eher nicht beschäftigt habe. Ich fand es wirklich sehr interessant zu verfolgen, wie so ein Bergaufstieg vonstattengeht und bin richtig eingetaucht in diese ganz eigene Welt. Man merkt auf jeden Fall, dass die Autorin aus Erfahrung schreibt.

So ab der Mitte ließ die Spannung dann immer mehr nach, die Geschichte wurde etwas langatmig und obwohl ich den Sprachstil wirklich sehr gut zu lesen fand, war er doch auch sehr ausführlich und es gab immer wieder Längen. Da hat mich die Autorin so ein bisschen verloren und leider bis zum Schluss nicht mehr richtig einfangen können.

Auch mit Cecily wurde ich nicht ganz warm, auf der einen Seite ist sie ein absoluter Neuling und kämpft gerade zu Beginn ständig mit Selbstzweifeln, auf der anderen Seite wirkt sie aber doch sehr tough und scheint erfahreneren Bergsteigern überlegen.
Trotz der zuvor erwähnten Ausführlichkeit fand ich die anderen Charaktere recht oberflächlich beschrieben und insbesondere Charles, der aufgrund seines Rekords und des avisierten Interviews eigentlich im Vordergrund stehen sollte, bleibt sehr blass.

Auch hatte ich manchmal Mühe, mir die örtlichen Gegebenheiten vorzustellen (in welchem Lager befindet sich die Gruppe gerade, wo ist die Eiswand etc.), da musste ich doch öfter blättern.

Der Schluss hat sich so ein bisschen angedeutet und wurde (auch im Hinblick auf die sehr ausführlichen Beschreibungen zuvor) dann doch recht schnell abgehandelt. Da hat mir ein wenig das Verhältnis gefehlt und es wurde für meinen Geschmack insgesamt auch ziemlich viel hineingepackt.

Insbesondere wegen der wirklich sehr guten ersten Hälfte hat mir „Der Aufstieg“ im Großen und Ganzen aber gut gefallen und mich da auch wirklich fesseln können.
Auf jeden Fall einmal ein etwas anderer Thriller, mit interessantem Setting in schwindelnder Höhe.

Bewertung vom 14.07.2022
Beifang
Simons, Martin

Beifang


sehr gut

Als Frank beim Umzug seiner Eltern auf eine rote Holzkiste seines Großvaters Winfried stößt, will er mehr über diesen erfahren. Wie war es, in der Zechensiedlung Beifang in der Nachkriegszeit zwölf Kinder in Armut und der Enge eines kleinen Häuschens großzuziehen? Da sein Vater schweigt, macht sich Frank auf Spurensuche bei seinen zahlreichen Onkeln und Tanten.

Zunächst einmal hat mir der Schreibstil des Autors wirklich gut gefallen, das Buch ist angenehm zu lesen und durch viele kurze Absätze kam ich sehr schnell voran. Im Grunde passiert gar nicht so viel, man begleitet Frank auf seinen Treffen mit den diversen Geschwistern seines Vaters und erfährt so nach und nach Einiges über das Leben in sehr schwierigen Verhältnissen. Wie prägend diese waren lässt sich schnell erahnen und jeder muss(te) seinen eigenen Weg finden, damit umzugehen.

Die Vergangenheit wird dabei nicht linear erzählt, vielmehr setzt sie sich aus vielen verschiedenen Anekdoten zusammen, die teilweise aber auch unterschiedlich erinnert werden, sodass man letztendlich nie ganz sicher sein konnte, was nun stimmt oder nicht.

Das war auch so ein bisschen das Problem, das ich während des Lesens hatte. Denn ich fand es auf der einen Seite wirklich spannend und interessant zu verfolgen, wie sich die Leben der Geschwister trotz oder wegen dieser doch sehr rauen und harten Kindheit entwickelt hat. Und auch, dass man manchmal vielleicht einen Blick von außen braucht, um manche Dinge zu erkennen.
Auf der anderen Seite waren es mir aber auch zu viele lose Fäden und ich trieb so ein bisschen durch die Geschichte, ohne richtigen Halt zu finden. Am Ende hat mich das Buch doch etwas ratlos zurückgelassen.

Während der Lektüre hat mir „Beifang“ zwar wirklich gut gefallen, ich denke allerdings nicht, dass die Geschichte bei mir lange nachhallen wird. Denn obwohl teilweise wirklich schlimme Zustände beschrieben werden, konnten mich diese nicht so ganz berühren, ich kam mir eher vor wie ein distanzierter Zuschauer. (Möglicherweise liegt das auch daran, dass ich unter ganz anderen Umständen und zu einer ganz anderen Zeit aufgewachsen bin.)

Trotzdem würde ich das Buch weiterempfehlen, denn ich kann mir durchaus vorstellen, dass es anderen Lesern anders geht und die Beschäftigung mit der Geschichte hilft, mal wieder den Blick auf das Wesentliche und Wichtige im (eigenen) Leben zu richten.

Bewertung vom 12.07.2022
Freunde. Für immer.
McCreight, Kimberly

Freunde. Für immer.


sehr gut

Die College-Freunde Jonathan, Derrick, Keith, Stephanie und Maeve treffen sich in Jonathans Wochenendhaus in den Catskill Mountains, um dort seinen Junggesellenabschied zu feiern – und Keith von einem Entzug zu überzeugen. Doch das Wochenende verläuft anders ganz geplant und endet für Keith und Derrick mit einem Autounfall. Einer von ihnen ist verschwunden, der andere wird tot und mit zertrümmertem Gesicht im Wagen gefunden. Haben die Geschehnisse etwas mit dem Selbstmord ihrer gemeinsamen Freundin Alice vor zehn Jahren zu tun? Holt die Vergangenheit die Clique nun endgültig ein?

Erzählt wird abwechselnd aus Sicht der fünf Freunde sowie der Polizistin Julia Scutt, die nach dem Fund des Autos die Ermittlungen aufnimmt und selbst eine traumatische Vergangenheit hat. Auch Alice kommt zwischendurch in Form von Tagebucheinträgen zu Wort. Das alles in Ich-Form, was ich sowieso gerne mag.
Hierdurch bekommt der Leser einen sehr subjektiven Blick auf die Ereignisse, die gleichzeitig aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden. Dabei übernimmt Julia Scutt die Gegenwart nach dem Unfall, von den Freunden erfährt man als Leser nach und nach, was über das Wochenende (und auch in der Vergangenheit) passiert ist und wie es letztlich zu dem Unfall kam.
Das ist auf jeden Fall spannend zu lesen, auch wenn es mich nicht gänzlich packen konnte. Trotzdem wollte ich natürlich wissen, welches Geheimnis die Freunde verbergen und wie es so weit kommen konnte, denn dass in der Gruppe irgendetwas schwelt, war die ganze Zeit über zu spüren.

Obwohl die verschiedenen Personen (auch durch die Erzählform) eigentlich ganz gut charakterisiert werden, empfand ich sie teilweise als oberflächlich (was ja auch eine Charaktereigenschaft sein kann). Insbesondere habe ich mich gefragt, warum sie nach all den Jahren eigentlich immer noch befreundet sind. Irgendwie kam mir das Persönliche manchmal doch ein bisschen zu kurz.

Das Ende ging dann für meinen Geschmack etwas schnell von der Bühne (immerhin ging vorher das komplette Buch über nur zwei Tage, da hätte man den Schluss etwas ausführlicher gestalten können). Ein wenig konstruiert vielleicht, aber auf jeden Fall überraschend und alles in allem schon stimmig.

Mir hat „Freunde. Für immer“ wirklich gut gefallen und ich werde es gerne weiterempfehlen.

Bewertung vom 05.07.2022
Mrs Agatha Christie / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.3
Benedict, Marie

Mrs Agatha Christie / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.3


gut

Ich bin ein großer Fan von Agatha Christies Büchern und hatte auch schon von ihrem mysteriösen elftägigen Verschwinden gehört. Von daher war mir schnell klar, dass ich dieses Buch lesen möchte und ich war gespannt, wie Marie Benedicts Erklärung der Ereignisse aussieht.

Erzählt wird abwechselnd auf zwei Ebenen; zum einen „Das Manuskript“, hier wird aus Sicht von Agatha Christie (in Ich-Form) das Kennenlernen mit ihrem Mann Archie und der weitere Verlauf der Beziehung geschildert, zum anderen die Tage nach ihrem Verschwinden aus Archies Perspektive.

Während der Lektüre musste ich mich immer wieder daran erinnern, dass ich einen fiktiven Roman lese und keine Biographie. Tatsächlich tat ich mich auch mit der Charakterisierung Agatha Christies etwas schwer (auch wenn sie vielleicht zutreffend ist). Sie kam so dermaßen naiv und irgendwie kleinmädchenhaft rüber, das hat mich schon ein wenig genervt. Und dann die gebetsmühlenhaften Wiederholungen (insbesondere der Worte ihrer Mutter), dass für eine Frau der Mann an erster Stelle zu stehen hat, natürlich auch weit vor dem eigenen Kind, und dass überhaupt Frauen alles ertragen müssten, Hauptsache dem Mann geht es gut – das fand ich wiederum schwer zu ertragen (auch wenn das in der damaligen Zeit wohl gang und gäbe war).

Auf der einen Seite ließ sich die Geschichte schnell und gut lesen, auf der anderen Seite zog sie sich aber auch mächtig, insbesondere in den Passagen nach Agathas Verschwinden aus Sicht von Archie (und den Beschreibungen der polizeilichen Ermittlungen), hier wurde aus wenig viel gemacht und die Quintessenz war im Grunde, was für ein egoistischer Jammerlappen Archie doch war.

Die Auflösung, die die Autorin präsentiert, fand ich schon plausibel und denkbar, dass es so abgelaufen sein könnte (vielleicht aber sogar ein bisschen zu plausibel und zu sehr auf Agatha Christies Krimis aufgebaut). Letztendlich werden wir wohl nie erfahren, was wirklich passiert ist.

Alles in allem konnte mich „Mrs Agatha Christie“ leider nicht ganz überzeugen. Die Idee finde ich toll, die Umsetzung hatte allerdings doch einige Längen und nicht ganz meinen Geschmack getroffen.

Bewertung vom 24.06.2022
Das Letzte, was du hörst
Winkelmann, Andreas

Das Letzte, was du hörst


sehr gut

Ein Podcast, der den Tod bringt… Daran musste ich denken, nachdem ich den Klappentext von „Das Letzte, was du hörst“ gelesen hatte. Da ich selbst sehr gerne Podcasts höre eine wirklich gruselige Vorstellung. Die mich allerdings nicht davon abhalten konnte, das neue Buch von Andreas Winkelmann in die Hand zu nehmen.

Und ich war auch sofort drin in der Geschichte, durch den tollen Schreibstil, die kurzen Kapitel und das spannende Setting fiel es mir schwer, das Buch aus der Hand zu legen.
Erzählt wird aus verschiedenen Sichtweisen, was mir ebenfalls wirklich gut gefallen hat. Zum einen ist da Roya, eine Journalistin, die über den Podcaster Marc recherchiert. Dann gibt es noch Sarah, die ein großer Fan des Podcasts ist. Zuletzt begleiten wir die Ermittlerin Carola bei der Aufklärung des Falls.
Insbesondere Letztere fand ich als Typ wirklich gelungen charakterisiert und ich konnte sie mir in den verschiedensten Situationen bildlich vorstellen. Und auch allgemein hat es der Autor geschafft, seinen Figuren Leben einzuhauchen und sie sehr nah und menschlich darzustellen.

Zwischendurch gibt es dann immer wieder Einschübe „Vorher“, deren Zusammenhang mit den aktuellen Geschehnissen sich erst nach und nach erschließt.

Einen Stern Abzug gibt es von mir tatsächlich für das Ende. Das war mir in der Summe doch etwas konstruiert bzw. passend gemacht und auch ein wenig vorhersehbar, zumindest in Teilen. Außerdem für meinen Geschmack einige „zufällige“ (?) Verstrickungen zu viel. Hier wäre weniger vielleicht mehr gewesen.

Ansonsten war „Das Letzte, was du hörst“ aber wirklich spannend aufgebaut und hat mir einige sehr unterhaltsame Lesestunden beschert. Klare Empfehlung von mir!