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Readaholic

Bewertungen

Insgesamt 357 Bewertungen
Bewertung vom 30.01.2023
Die Herzchirurgin
Jordan, Jack

Die Herzchirurgin


sehr gut

Ein unmoralisches Angebot
Als die erfolgreiche Herzchirurgin Anna Jones eines Abends von der Klinik nach Hause kommt, findet sie fremde Männer in ihrem Haus vor. Sie haben die Babysitterin ermordet und ihren Sohn Zack entführt. Anna bekommt ihren Sohn nur dann lebend zurück, wenn sie den prominenten Politiker Ahmed Shabir, der gute Chancen hat, der nächste Premierminister Großbritanniens zu werden, auf dem OP Tisch sterben lässt. Damit Anna nicht auf die Idee kommt, irgendjemandem Bescheid zu sagen, wird ihr gesamtes Haus mit Kameras versehen und ihre Handys abgehört.
Anna ist panisch. Was bleibt ihr anderes übrig, als Shabir zu ermorden? Doch natürlich ist sie im OP unter ständiger Beobachtung und außerdem hat sie den hippokratischen Eid geschworen. Und wer sagt ihr, dass die Entführer Wort halten und Zack unbeschadet an sie zurückgeben?
Mittlerweile wurde die Leiche von Annas Babysitterin und Nachbarin gefunden und die Polizei taucht bei Anna zuhause auf. Der Kommissarin Rachel entgeht nicht, dass Anna äußerst nervös und abweisend ist. Sie hat den Verdacht, dass Anna ihnen etwas verschweigt. Die dritte Person, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird, ist die OP Schwester Margot, die selbst in größten Schwierigkeiten steckt. Ihre finanzielle Lage ist dermaßen prekär, dass sie damit begonnen hat, die Spinde ihrer Kollegen aufzubrechen, um an Geld und Wertsachen zu kommen. Sie hat etwas gegen Dr. Jones in der Hand und kommt auf die Idee, die Schwierigkeiten der wohlhabenden Ärztin für ihre Zwecke zu nutzen.
Die erste Hälfte dieses Thrillers habe ich mit atemloser Spannung gelesen. Der Schreibstil des Autors ist angenehm zu lesen und die kurzen Kapitel fliegen nur so dahin. Endlich mal ein Thriller, der diese Bezeichnung verdient! Auch die zweite Hälfte ist gut, allerdings wird die Spannung nicht durchgehend aufrechterhalten und teilweise fehlt es auch an Logik. Dies ist der Grund, weshalb ich nur vier Sterne vergebe. Trotzdem von mir eine klare Leseempfehlung für dieses beachtliche Debüt.

Bewertung vom 17.01.2023
Die Sehnsucht nach Licht
Naumann, Kati

Die Sehnsucht nach Licht


ausgezeichnet

Glückauf!
„Die Sehnsucht nach Licht“ beschäftigt sich mit dem Thema Bergbau im Schlematal im Erzgebirge. Da ich mich noch nie mit diesem Thema beschäftigt hatte, fand ich das Buch hochinteressant. Ich habe selten während der Lektüre eines Buchs so viel nebenher recherchiert, weil mich die Hintergründe interessierten. Leider habe ich erst nach dem Lesen festgestellt, dass am Ende des Buchs als Anhang eine Zeittafel zum Bergbau im Schlematal beigefügt ist.
Anhand der Geschichte der Familie Steiner erfährt man viel über die Entwicklung des Bergbaus im Erzgebirge und deutsche Zeitgeschichte vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis heute. Kati Naumanns Erzählstil lässt einen die Enge der Bergwerke, die Gefahren und Unglücke, aber auch die Lebensfreude der Bergleute und ihrer Familien bei Volksfesten etc. hautnah miterleben. Die Bergleute waren stolz auf ihren Beruf, den trotz der damit verbundenen Gefahren eine Generation nach der nächsten ausübte. Es ist kaum zu glauben, wie die Menschen in der Anfangszeit des Uranabbaus der Radioaktivität ungeschützt ausgesetzt waren, nicht nur durch die Arbeit in den Stollen, sondern auch durch Haldenaufschüttungen mit radioaktivem Material mitten in Wohngebieten.
Einige der geschilderten Ereignisse beruhen auf wahren Begebenheiten, etwa die Geschichte von fünf Bergleuten, die durch einen Brand nicht mehr ins Freie gelangen konnten und dem sicheren Tod entkamen, indem sie sich einmauerten. Ein wirklich spannendes und interessantes Buch, aus dem ich viel gelernt habe.

Bewertung vom 16.01.2023
Saubere Zeiten
Wunn, Andreas

Saubere Zeiten


ausgezeichnet

Auber macht sauber
Der Mittvierziger Jakob Auber lebt als Journalist in Berlin. Eines Tages erreicht ihn die Nachricht, dass sein Vater Hans, zu dem er seit Jahren kaum Kontakt hat, mit Schlaganfall in der Klinik liegt. Jakob fährt in seine Heimatstadt Trier ans Krankenbett des Vaters, der jedoch nicht ansprechbar ist und wenig später verstirbt.
Im Haus seiner Kindheit findet Jakob sein früheres Kinderzimmer voller Tonbandaufnahmen seines Vaters und Tagebücher seines Großvaters Theodor vor. Auf den Tonbändern schildert Jakobs Vater sein Leben, den Aufstieg der Familie zu reichen Waschmittelfabrikanten während des Wirtschaftswunders und die darauffolgende Pleite, bei der sie alles verlor. Zu Lebzeiten hatte der Vater nie darüber gesprochen, wie auch der tragische Tod von Jakobs Mutter, als Jakob acht Jahre alt war, ein Tabuthema war. Aus den Tagebüchern seines Großvaters Theodor erfährt Jakob viel über das Leben seiner Großeltern vor und während des Zweiten Weltkriegs und die erschütternden Kriegserlebnisse des Großvaters.
„Saubere Zeiten“ ist ein ganz und gar faszinierender Roman, den ich kaum aus der Hand legen konnte. Andreas Wunn nimmt uns mit auf eine spannende Reise in die Vergangenheit der Familie Auber, vom beschaulichen St. Ingbert im Saarland, nach Trier, Berlin und Rio de Janeiro. Das Grundgerüst des Romans, etwa die Erfindung des erfolgreichen Waschmittels, ist autobiografisch, die Geschichten erfunden. Trotz der vielen Schauplätze und den verschiedenen Zeitebenen empfand ich das Buch nie als verwirrend und es hat mich bis zur letzten Seite gefesselt. Für mich ist es das erste Lesehighlight dieses Jahres!

Bewertung vom 06.01.2023
NIGHT - Nacht der Angst
Sager, Riley

NIGHT - Nacht der Angst


gut

Eine Protagonistin, die ihrer eigenen Wahrnehmung nicht traut
Die Studentin Charlie beschließt nach dem Mord an ihrer Mitbewohnerin und besten Freundin Maddy ihr Studium abzubrechen. Aus diesem Grund sucht sie eine Mitfahrgelegenheit in ihren Heimatort. Sie hat Glück: am schwarzen Brett der Uni wird sie fündig. Ein anderer Student, Josh, fährt in diese Richtung und kann sie unterwegs absetzen. Dass der Studienabbruch wahrscheinlich das Ende ihrer Beziehung zu Robbie, dem gutaussehenden Sportler und Mathestudenten sein wird, ist ihr klar und sie nimmt es in Kauf.
Maddy war das dritte Opfer des sogenannten Campus-Killers. Ganz wohl ist es Charlie daher nicht, mit einem wildfremden Mann stundenlang auf engstem Raum durch die Nacht zu fahren. Während der Fahrt benimmt sich Josh äußerst verdächtig und in Charlie wächst die Angst, dass sie ausgerechnet beim Campus-Killer eingestiegen und sein nächstes Opfer sein könnte.
An dieser Stelle im Buch fängt die Geschichte an, äußert seltsam zu werden. Charlie erlebt eine beängstigende Situation wie aus einem Horrorfilm, doch dann stellt sich heraus, dass sich alles nur in ihrem Kopf abgespielt hat. Anscheinend passiert ihr das öfters, sie nennt es „Filme im Kopf“. Ich mag solch irreführende Szenen schon in Filmen nicht – ein tot geglaubter Mörder, der plötzlich wieder quicklebendig ist und so mordlustig wie eh und je, nur um gleich darauf festzustellen, dass sich alles nur im Traum des Protagonisten abspielte. In Büchern mag ich solch irreführende Szenen noch viel weniger. In diesem Thriller passiert es ständig. Charlie traut ihren eigenen Wahrnehmungen nicht, woher soll dann der Leser wissen, was Realität und was Fantasie ist?
Das Buch beginnt realistisch und ist durchaus spannend geschrieben, aber mit der Zeit sind viele Szenen wenig glaubhaft und total konstruiert. Die letzten Seiten haben mich ein wenig mit der haarsträubenden Geschichte versöhnt, weshalb ich drei anstatt zwei Sterne vergebe.

Bewertung vom 18.12.2022
Das Jungblut-Serum
Kiehl, Thomas

Das Jungblut-Serum


sehr gut

Forever Young
Schauplatz dieses Romans ist eine kleine schwedische Insel, auf der die Menschen als Versuchskaninchen für das Medikament Insovital dienen, das ihnen ein biblisches Alter ohne nennenswerte Einschränkungen verspricht. Das Experiment läuft schon seit 30 Jahren und es gibt tatsächlich eine große Anzahl an Senioren, denen es gesundheitlich hervorragend geht. Wären da nicht die Nebenwirkungen bei den weiblichen Nachkommen der behandelten Personen. Eine außergewöhnlich große Anzahl junger Frauen auf der Insel kann nämlich keine Kinder bekommen. Die Firma, die Insovital entwickelt hat, weist einen Zusammenhang zwischen der Unfruchtbarkeit der Frauen und ihrem Präparat weit von sich und belegt dies mit Studien. Doch einige Inselbewohnerinnen wollen es nicht dabei belassen und bitten die junge deutsche Wissenschaftlerin Lena Bondroit um Hilfe.
Lenas Interesse ist geweckt und sie beschließt, auf die Insel zu fliegen und vor Ort Untersuchungen durchzuführen. Das ist allerdings vielen ein Dorn im Auge, denn die Entwicklungsfirma plant einen Börsengang und negative Presse käme zur Unzeit. Vom ersten Moment an schlägt Lena eine Welle der Ablehnung seitens der Befürworter von Insovital entgegen. Sie gerät von einer gefährlichen Situation in die nächste und muss sogar um ihr Leben fürchten.
Das Thema des Buchs, vor allem das Unterthema Epigenetik, fand ich sehr interessant, allerdings wurden meine Erwartungen nicht ganz erfüllt. Zu vieles war für meine Begriffe unlogisch und/oder unglaubwürdig. Man versucht, Lena auf der Insel zu halten, damit sie ihre Erkenntnisse nicht weitergeben kann. Im Zeitalter des Internets finde ich dies ziemlich abwegig. Gleichzeitig ist Lena überzeugt, dass sie nur die Insel verlassen muss, um außer Gefahr zu sein. Auch nicht gerade logisch, zumal es sich bei dem Pharmaunternehmen um eine deutsche Firma handelt. Am meisten hat mich allerdings gestört, dass ich bis zuletzt mit den Personen nicht warm wurde und ich ihr Handeln teilweise absolut nicht nachvollziehen konnte. Meiner Meinung nach handelt es sich bei dem Buch eher um einen Roman als um einen Thriller, für einen Thriller ist es nicht spannend genug.

Bewertung vom 28.11.2022
Die Bücher, der Junge und die Nacht
Meyer, Kai

Die Bücher, der Junge und die Nacht


sehr gut

Die faszinierende Welt der Bücher
Der zehnjährige Robert Steinfeld wurde Zeit seines Lebens in einem fensterlosen Raum voller Bücher gefangen gehalten. Seine Eltern kennt er nicht und er weiß er nicht, warum er dort ist. Seine einzigen Erfahrungen von der Welt erhält er durch die zahllosen Bücher, die er liest.
In der Nacht 1943, in der Leipzig bombardiert wird, steht das Gebäude, in dem Robert festgehalten wird, in Flammen. In letzter Minute wird er von einem geheimnisvollen Fremden befreit, der von ihm als Gegenleistung verlangt, ein bestimmtes Buch aus einem zerstörten Raum zu holen. Die beiden entkommen dem Flammenmeer und Robert schließt sich dem Fremden an. Gemeinsam reisen sie durch das kriegszerstörte Deutschland und stehlen wertvolle Bücher aus den Ruinen.
Viele Jahre später im Jahr 1971 meint Robert den Fremden auf einer Beerdigung wiederzuerkennen. Robert ist inzwischen ein Experte für wertvolle alte Bücher geworden. Eine Freundin, Marie, die im selben Fachgebiet arbeitet, wurde mit der Auflösung einer Sammlung betraut und entdeckt dabei Bücher, die von Roberts Vater, dem bekannten Buchbinder Jakob Steinfeld, gebunden wurden. Dieser starb während des Krieges, doch einige der Bücher aus der Sammlung weisen ein späteres Datum auf. Robert und Marie versuchen, das Rätsel zu lösen und gleichzeitig Fragen nach Roberts Herkunft und Familiengeschichte zu lösen.
Das Buch spielt auf vier Zeitebenen, 1933, 1943, 1971 und das letzte Kapitel im Jahr 1990. Wir lernen eine Welt von Büchernarren kennen, die für Bücher alles tun würden (und tun). Sehr interessant fand ich die Schilderungen des Graphischen Viertels in Leipzig, in dem vor dem Krieg die wichtigsten und größten Buchverlage Deutschlands ihren Sitz hatten. Man erfährt viel über die Zeitgeschichte, vom Aufkommen und Erstarken des Nationalsozialismus, den Schrecken des Krieges und natürlich Roberts persönlicher Geschichte. Kai Meyer springt zwischen den Zeitebenen hin und her, was manchmal frustrierend ist, weil man gerne wüsste, wie es auf einer Zeitebene weitergeht, andererseits erhöht es die Spannung, die allerdings nicht durchgehend gehalten wird. Trotzdem ist es ein faszinierender Roman, vor allem für Bibliophile und historisch Interessierte. 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 17.11.2022
Happy New Year - Zwei Familien, ein Albtraum
Stehn, Malin

Happy New Year - Zwei Familien, ein Albtraum


sehr gut

Und jeder hat etwas zu verbergen...
Fredrik und Nina werden Silvester wie jedes Jahr mit ihren alten Freunden Lollo und Max verbringen. Die Freundschaft zu Lollo und Max ist längst nicht mehr so eng wie früher, zu unterschiedlich sind ihre Lebensauffassungen.
Die Töchter Smilla und Jennifer feiern ebenfalls zusammen. Fredrik und Nina haben Smilla erlaubt, in ihrem Haus eine Party zu schmeißen. Allerdings ist ihnen nicht wohl bei dem Gedanken, dass bald eine Horde 17jähriger in ihr Haus einfallen wird.
Jennifer beschließt, Smillas Party schon vor Mitternacht zu verlassen und macht sich per Bus auf den Heimweg. Allerdings kommt sie nie zuhause an. Dies fällt erst am nächsten Tag auf, denn ihre Eltern wähnen sie ja bei Smilla, wo sie über Nacht bleiben wollte.
Es beginnt eine Suchaktion, denn Jennifers Eltern können nicht glauben, dass ihre Tochter bei einem Freund sein könnte ohne ihnen Bescheid zu geben. Sie stellen fest, dass sie keine Ahnung haben, mit wem ihre Tochter überhaupt befreundet ist. Überhaupt scheinen sie recht wenig über Jennifer zu wissen.
Bis zu diesem Punkt fand ich das Buch recht spannend. Allerdings folgen dann zahlreiche Seiten, in denen recht wenig passiert. In kurzen Kapiteln wird das Geschehen jeweils aus der Sicht von Fredrik, Nina und Lollo geschildert. Jeder von ihnen hat aus unterschiedlichen Gründen ein schlechtes Gewissen und fühlt sich schuldig.
Ab der Mitte des Buchs nimmt die Geschichte dann an Fahrt auf und beginnt, richtig spannend zu werden. Hatte ich mich zuvor ein wenig durch die Seiten gequält, konnte ich es dann nicht mehr zur Seite legen. Das Ende wartet mit einigen Überraschungen auf. Ein gelungener Debütroman mit Protagonisten, von denen jeder etwas zu verbergen hat.

Bewertung vom 15.11.2022
Kalt und still / Hanna Ahlander Bd.1
Sten, Viveca

Kalt und still / Hanna Ahlander Bd.1


sehr gut

Verbrechen am Polarkreis
Von einem Tag auf den anderen liegt das Leben der Stockholmer Polizistin Hanna Ahlander in Scherben: ihr langjähriger Freund macht Schluss mit ihr und wirft sie aus der gemeinsamen Wohnung, und ihr Chef will sie nicht mehr in seiner Abteilung haben, da er sie als Nestbeschmutzerin sieht. Zum Glück bietet Hannas Schwester ihr an, dass sie für eine Weile in ihrem luxuriösen Ferienhaus im kleinen Städtchen Are am Polarkreis wohnen kann, ein Angebot, das Hanna mangels Alternativen gerne annimmt.
Nachdem Hanna ihre Wunden geleckt und so manche Flasche Wein geleert hat, erfährt sie, dass in dem beschaulichen Örtchen ein junges Mädchen vermisst wird. Froh, etwas zu tun zu haben, schließt sich Hanna einer Suchgruppe an und erlangt Informationen, die sie mit den ermittelnden Beamten teilt.
Die örtliche Polizeidienststelle ist unterbesetzt und Hanna wird gefragt, ob sie sich vorstellen könnte, für eine Weile in Are zu arbeiten. Hanna hätte nichts Besseres passieren können und sie stürzt sich mit Feuereifer in die Ermittlungen. Doch auch etwas anderes treibt sie um: die junge Putzfrau, die das Ferienhaus der Schwester putzt, erscheint ihr auffällig verängstigt und weist Zeichen von Misshandlung auf. Bei Hanna, die sich in Stockholm mit Gewaltverbrechen gegen Frauen beschäftigt hat, schrillen alle Alarmglocken. Sie beginnt auf eigene Faust zu ermitteln und bringt sich damit selbst in Gefahr.
„Kalt und still“ ist der erste Band einer Reihe um Hanna Ahlander und ihre Kollegen. Viveca Sten beschreibt die Lebensumstände der einzelnen Personen sehr detailliert, was mir teilweise ein wenig zu ausufernd war und zu Lasten der Spannung ging. Im Mittelteil des Buchs passiert über viele Seiten hinweg gefühlt nichts Neues. Ich mag es, wenn Krimis ohne viel Blut und Brutalität auskommen, aber ein bisschen mehr Spannung hätte dem Krimi gut getan.

Bewertung vom 16.10.2022
Café Leben
Leevers, Jo

Café Leben


ausgezeichnet

Denn jeder Mensch hat eine Geschichte...
Im Gegensatz zu anderen Rezensentinnen fand ich die Covergestaltung ganz und gar nicht ansprechend und unter dem Titel habe ich eine kitschige Geschichte vermutet. Glücklicherweise habe ich dann doch die Leseprobe gelesen, die mein Interesse für „Café Leben“ weckte, ansonsten wäre mir ein wirklich wunderschönes, warmherziges Buch entgangen!
Das Buch handelt von zwei Frauen, der – nach eigenen Worten - gescheiterten Bibliothekarin Henrietta, Anfang 30, und der schwer krebskranken Annie, Ende 60. Henrietta hat sich um einen Job beworben, bei dem sie krebskranken Menschen, die nicht mehr lange zu leben haben, dabei helfen soll, ihre Lebensgeschichte zu Papier zu bringen. Die leicht autistisch anmutende Henrietta bekommt den Job, denn es ist aus Sicht ihrer Vorgesetzten durchaus von Vorteil, wenn sie sich nicht allzu sehr emotional einbringt. Unter ihren Klienten ist auch Annie, die ein hartes Leben hinter sich hat, das vor allem durch das ungeklärte Verschwinden ihrer jüngeren Schwester Kath bestimmt wurde. Kath ist vor vielen Jahren kurz vor Weihnachten spurlos verschwunden, mutmaßlich ertrunken. Eine Leiche wurde jedoch nie gefunden. Kath erwähnt das Trauma zunächst nur in einem Nebensatz, doch so leicht lässt sich die pflichtbewusste Henrietta nicht abspeisen. Das Lebensbuch soll schließlich die wichtigsten Ereignisse in Annies Leben beinhalten! Sie beginnt, beharrlich auf eigene Faust Nachforschungen in dem mehr als 40 Jahre zurückliegenden Fall anzustellen.
Die beiden Frauen kommen sich durch die miteinander verbrachte Zeit näher. Nicht nur Annie beginnt, sich den Geistern ihrer Vergangenheit zu stellen, sondern auch Henrietta. Wie bei Annie gibt es auch in ihrer Vergangenheit ein Trauma, das sie geprägt und das sie bisher verdrängt hat.
Dieses spannende und berührende Erstlingswerk der britischen Autorin Jo Leevers ist ein gleichermaßen humorvolles wie tragisches, aber nie kitschiges Buch, das ich nicht aus der Hand legen konnte. Von mir 5 Sterne und Leseempfehlung!