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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 1875 Bewertungen
Bewertung vom 29.02.2024
Späte Ernte
Wellemin, Nicole

Späte Ernte


sehr gut

Ein Roman in mehreren Ebenen, geschickt gemacht.

Zur Handlung: Elisabeth Leben ist aus den Fugen. Es gibt Andeutungen von der Verhaftung ihres Mannes. Was genau passiert war, erfährt man zunächst nicht. Das Buch spielt mit Geheimnissen.
Elisabeth reist nach Südtirol und wandert ziellos in die Berge. Fast verunglückt sie dabei.
Anna, die Apfelanbauern, nimmt Lis bei sich auf. Es entsteht eine Freundschaft zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Frauen.
Dann gibt es auch noch einen Handlungsstrang in den vierziger Jahren, der thematisch nicht ganz unproblematisch ist, aber den Gegenwartsplot unterstützt.

Der Schauplatz ist sehr reizvoll und wird von der Autorin auch gezielt eingesetzt.

Ein sehr schöner, gut lesbarer Roman!

Bewertung vom 29.02.2024
Der Philosoph
Felsch , Philipp

Der Philosoph


sehr gut

Ein Besuch bei Habermas

Der Historiker und Kulturwissenschaftler Philipp Felsch besucht den Philosophen Jürgen Habermas in Starnberg.
Das Buch ist zu brav. Am Anfang ist der Autor fast unterwürfig, später arbeitet er einige Punkte gut heraus und zeigt Habermas als Mann der Mitte, der Deutschland nach den Krieg bis heute intellektuell begleitete.
Es bleibt aber eine zu große Distanz zwischen Autor und Philosoph, daher lernt man den Menschen Habermas zu wenig kennen.
Die Einordnung Habermas in seiner Bedeutung in den jeweiligen Zeiten passt aber. Auch das Drumherum wird lebendig. Daher ist das Buch tatsächlich auch spannend und lesenswert.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.02.2024
Schreib den Namen deiner Mutter
Tepest, Evan

Schreib den Namen deiner Mutter


sehr gut

Der Besuch

Schreib den Namen deiner Mutter


Die queere Schriftstellerin Alex besucht ihre Mutter, nachdem sie sich zwei Jahre nicht mehr getroffen haben.
Anlaß für den Besuch ist der Tod von Opa Kurt, dessen Asche die Familie verstreuen will.
Thema des Romans ist die Sprachlosigkeit. Tochter und Mutter sind entfremdet. Die Mutter redet zwar viel, sagt aber wenig.
Viele Passagen zwischen den handelnden Szenen beschäftigen sich mit dem Versuch, für eine Anthologie etwas über die Mutter zu schreiben. Daher kommt immer wieder Abschnitte zu „Schreib den Namen deiner Mutter“ mit Schilderungen diverser Erinnerungen und Überlegungen.

Evan Tepest hat einen Ton getroffen in diesem Buch.

Bewertung vom 28.02.2024
Als ich noch unsterblich war
Ransmayr, Christoph

Als ich noch unsterblich war


sehr gut

Eine Schatzkiste voller Geschichten

Dieses Buch von Christoph Ransmayr ist ein Schatz, denn es versammelt Geschichten, die verstreut erschienen sind und an die man als Leser sonst wohl nur schwer herankommt.
Ransamyrs Sprache ist so kraftvoll wie elegant. Er ist eine der großen literarischen deutschsprachigen Stimmen unserer Zeit.
Viele der Geschichten spielen in fernen Ländern. Ransmayr ist der Meister der Beobachtung des großen im kleinen. Das spürt man immer wieder, z.B. wenn er einen alten Fotografen besucht oder in Afrika ein Mädchen beobachtet, das eine schwere Last trägt, Hilfe von Weißen aber dankend ablehnt.
Das ist eine Geschichte aus Drei Geschichten zum Dank, die in diesem Buch alle enthalten sind.
Der älteste Text stammt von 1982 und hat mich besonders beeindruckt: Es handelt sich um die 4teilige Geschichte namens Strahlender Untergang.

Ein lohnenswertes Buch!

Bewertung vom 25.02.2024
Oben in den Wäldern
Mason, Daniel

Oben in den Wäldern


sehr gut

Magie des Erzählens

Eine abgelegene Gegend in den Wäldern in Norden von Massachusetts ist der auch für den Leser attraktive Schauplatz.
Hierhin zieht ein Mann mit seinen Töchtern um Apfelbauer zu werden.

Stilistisch ist das Buch erfreulich ungewöhnlich. Das gilt für die wechselnde Form, wechselnde Erzähler und manchmal eine gewisse Rätselhaftigkeit.
Ein großer Zeitraum wird gezeigt, das Buch wird dadurch episch.

Der Apfelbauer ist eine eigenwillige Type, erzähl von sich und wie seine Töchter aufwuchsen und vieles mehr.
Das er kein typischer Romanheld ist, fand ich in dem Kontext interessant.
Nach seinem Tod kommt seinen Töchtern Alice und Mary eine größere Rolle zu. Sie werden Schafzüchterinnen.
Weitere Figuren werden bedeutend.
Nicht alle Abschnitte haben mich gleich stark erreicht, doch es gibt immer wieder besondere Momente.

Sind viele Passagen erzählerisch, gibt es zwischendurch auch Poeme und Abbildungen sowie Briefe. Sogar eine Sage und später ein True Crime-Fall sowie ein Lied und ein Vortrag werden zwischendurch mal kurz eingebaut. Diese Vielfalt verleiht dem Buch neben dem epischen etwas einzigartiges.

Bewertung vom 22.02.2024
Frauen, die beim Lachen sterben
Stahl, Alexandra

Frauen, die beim Lachen sterben


gut

Frauen, die beim Lachen sterben ist ein handlungsarmer Roman über eine orientierungslose Frau. Zu den Stärken der Autorin Alexandrda Stahl gehört eine Genauigkeit in den Beschreibungen, doch die literarische Fallhöhe bleibt niedrig. Die Sprache hat einen durchgehenden Ton. Das trägt zum Stil bei.
Mich wundern die Zitate und kulturellen Bezüge, die die Autorin immer wieder setzt. Ein wilder Mix von Simpsons bis Max Frisch.
Es ist kein schlechter Roman, zeigt aber wenig Höhepunkte.

0 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.02.2024
Aber ich kann fliegen
Teipel, Jürgen

Aber ich kann fliegen


sehr gut

Lebensgefühl

Der Roman erzählt in Ich-Form von der Jugend eines Mannes, der in den siebziger Jahren aufwuchs. Er interessiert sich für Musik, wurde Punk. Die Beziehung zu den Eltern, besonders zum Vater ist schwierig.
Dann gibt es noch Tina, die Freundin, die bei einem Unfall starb.

Bei dem Jungen setzt sich das Gefühl des Falschseins fest. Umso mehr zieht er sich in den Welt des Punkseins zurück.

Später wird er mit dem Schreiben von Interviews erfolgreich. Aber das Gefühl der Verstörung bleibt auch beim Erwachsenen. Es liegt nahe, dass diese Geschichte einiges mit dem leben des Autors Jürgen Teipel zu tun hat.

Insgesamt wird ein Lebensgefühl geschildert.

Bewertung vom 22.02.2024
Amaryllis
Speidel, Jutta

Amaryllis


sehr gut

Amaryllis ist ein Buch der Schauspielerin Jutta Speidel, dass das Leben einer Frau von Kindheit an zeigt. Wechselnd mit Reflexionen der Protagonistin in heutiger Zeit sind die Kapitel, wie das Kind zum Mädchen und zur Frau wird.
Es ist ein lebhaftes Kind mit einer Begeisterung für Akrobatik und den Zirkus.
Die Zirkusszenen sind aber weniger detailliert als erwartet. Mehr im Mittelpunkt steht die Gefühlswelt.
Sprachlich wirkt das Buch wie aus der Welt gefallen. Aber das leicht altmodische passt, da die Handlung schließlich auch überwiegend in einer vergangenen Zeit liegt. Und am Schluß ist fast ein ganzes, langes Leben gezeigt.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.02.2024
Demon Copperhead
Kingsolver, Barbara

Demon Copperhead


ausgezeichnet

Opulent

Demon Copperhead ist ein großes, opulentes Werk, wirklich beeindruckend.
Die amerikanische Schriftstellerin Barbara Kingsolver hat damit den Womens prize for Fiction gewonnen und wurde auch mit de Pulitzer-Award ausgezeichnet. Sie ist zur zeit übrigens auf Lesereise in Deutschland. Ich hoffe, sie dort sehen zu können.

Dirk van Gusteren hat das Buch übersetzt. Das Cover ist schlicht gehalten, aber mit verschlungenen Buchstaben versehen.
Ein David Copperfield-Zitat am Anfang bringt den Charles Dickens-Einfluß zum Ausdruck. Das angekündigte Coen-Brother-Element habe ich weniger verspürt.
Der Roman wird sehr von dem Ich-Erzähler geprägt. Eine Erzählstimme, die in Erinnerung bleiben wird.
Über 800 Seiten. Das Lesen war schon ein Erlebnis, aber auch eine gewisse Anstrengung. Schwer zu lesen ist das Buch aber nicht. Es ist in einem geschmeidigen Stil geschrieben,

Bewertung vom 21.02.2024
Schau nicht hin
Steinthaler, Evelyn

Schau nicht hin


sehr gut

Filmstars des deutschen Reich

Evelyn Steinhammer schreibt über Zeit der UFA. Das haben schon viele getan und sie baut darauf auf. Kenntnisreich und verdichtet schreibt sie in erster Linie über 4 Schauspielerinnen, die als Diven des Films dem Reich dienlich waren.
Es beginnt mit Zarah Leander, gefolgt von Marika Rökk.
Schließlich noch über due aus heutiger Sicht weniger bekannten Lída Baarová und Kristina Söderbaum.
Natürlich werden auch viele andere im Umfeld erwähnt.
Was die Diven getan haben, waren Unterhaltungsfilme, dennoch war es Propaganda.
Die Filme waren mit Durchhalteparolen durchsetzt.
Manche Filme waren sehr wirkungsvoll, z.B. Die große Liebe mit Zarah Leander. Da sang sie Davon geht die Welt nicht unter und Es wird einmal ein Wunder geschehen.
Auch 80 Jahre später kann man diesen Film noch ansehen, wenn man ihn richtig einordnet.
Obwohl sich die Schauspielerinnen betont unpolitisch gaben, werden auch sie gewusst haben, was sie tun. Bei allen fehlte auch nach dem Krieg ein Unrechtsbewusstsein und eine Aufarbeitung. Deshalb bleibt ihr Werk mit einem deutlichen Schatten verdunkelt.
Gut, dass dieses Buch das ganze im Zusammenhang und aller Deutlichkeit zeigt.