Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Magda
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 190 Bewertungen
Bewertung vom 06.02.2024
Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge (eBook, ePUB)
Tsokos, Anja; Tsokos, Prof. Dr. Michael

Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge (eBook, ePUB)


sehr gut

Von Michael Tsokos habe ich noch kein Buch gelesen und war sehr auf das Buch gespannt, das er gemeinsam mit seiner Frau Anja geschrieben hat.
Das Cover gefällt mir sehr gut, insbesondere die türkis-gelbe Farbzusammenstellung ist ganz nach meinem Geschmack.
Heinz Labensky ist knapp achtzig. Er lebt in einem sogenannten Feierabendheim und bekommt eines Tages einen Brief, geschrieben von Rosa, der Tochter seiner einzigen großen Liebe, Rita Warnitzke. Rosa glaubt, dass die menschlichen Knochen, die kürzlich in Berlin-Pankow gefunden wurden, von ihrer Mutter sein könnten, die seit den 1970er Jahren als vermisst gilt.
Heinz steigt in einen Flixbus und macht sich auf den Weg zu Rosa nach Warnemünde. Die Fahrt dauert mehrere Stunden, er fährt über Berlin bis Rostock und schwelgt in Erinnerungen an sein Leben, seine Jugend in der DDR und seine Liebe zu Rita.
Heinz wurde als förderungsunwürdig aus der Grundschule entlassen. Die zwei Jahre jüngere Rita wird im Dorf als Russenkind bezeichnet. Die beiden Außenseiter freunden sich an, Rita bringt Heinz das Lesen bei, er sieht sich als ihr Beschützer. Mit siebzehn verlässt Rita das kleine brandenburgische Dorf und geht nach Berlin. Heinz macht sie in Ostberlin ausfindig und ist der festen Überzeugung, sie nach wie vor beschützen zu müssen.
Im Bus erzählt Heinz diversen Mitreisenden Geschichten aus seinem Leben. Historische Begebenheiten und Persönlichkeiten werden mit fiktiven verknüpft: Der Volksaufstand vom 17. Juni 1953, die Weltfestspiele in Ostberlin im Sommer 1973, der erste Besuch von Willy Brandt in der DDR, die Suche nach dem legendären Bernsteinzimmer. Erwähnt werden auch der Todesstreifen an der Berliner Mauer, der sog. „Tränenpalast“ am Bahnhof Friedrichstraße und das Stasi-Hotel Neptun in Warnemünde. Am Müggelsee verbringt er einige Stunden in Gesellschaft von drei RAF-Terroristen.
Das Konzept mit der Busfahrt und den Gesprächen mit Mitreisenden finde ich sehr gelungen, aber leider streckenweise langatmig. Die Sicht des Heinz Labensky fand ich etwas zu naiv und weltfremd, die Verknüpfung seines Lebens mit historischen Ereignissen dagegen hat mir sehr gut gefallen. Das Ende hat mich emotional sehr berührt und mit den langwierigen Passagen versöhnt.
Den Roman empfehle ich insbesondere Leser*Innen ist, die in der DDR gelebt haben. Sie werden sicherlich einiges aus ihrer Kindheit/Jugend wiedererkennen. Von mir eine Leseempfehlung für alle, die sich für die deutsch-deutsche Geschichte interessieren.

Bewertung vom 29.01.2024
Leuchtfeuer
Shapiro, Dani

Leuchtfeuer


ausgezeichnet

Der Roman Leuchtfeuer ist das erste Buch, das ich von Dani Shapiro gelesen habe. Ich kann es absolut nachvollziehen, dass der Roman in den USA ein Bestseller war und freue mich darauf, die Verfilmung zu sehen.
Es geht um zwei Familien, die in der Division Street in Avalon, einem Vorort von New York wohnen. Die Gedanken, Träume und Ereignisse von Waldo und seinem Dad sowie Sarah, Theo und Dr. Wilf werden in Rückblenden erzählt, angefangen mit dem Tag des Unfalls im Jahre 1985.
1985: Sarah (17) ist angetrunken und fordert ihren kleinen Bruder Theo (15) auf, mit dem Auto nach Hause zu fahren. Ihre Freundin Misty ist ebenfalls dabei, sie stirbt, als Theo gegen die alte Eiche vor dem Haus der Familie prallt, obwohl Theos und Sarahs Vater, Dr. Benjamin Wilf sofort zu Hilfe eilt.
31.12.1999: Die Familien Wilf und Shenkman sind Nachbarn. Am letzten Tag des 20. Jahrhunderts wird Waldo Shenkman in der Division Street geboren, Dr. Wilf rettet dem Neugeborenen bei einer Hausgeburt das Leben.
2010: Sarah und Theo sind längst erwachsen, ihre Mutter Mimi hat Alzheimer und lebt in einem Pflegeheim, Ben zieht aus dem Haus aus, in dem die Familie vierzig Jahre lang gelebt hatte. In der Nacht seines Auszugs freundet er sich mit dem elfjährigen Waldo an, es ist auch die Nacht, in der Mimi stirbt.
In nicht chronologischen Rückblenden erfahren wir, wie das Leben von Sarah und Theo verlaufen ist. Sarah lebt in Los Angeles, wo sie mit großem Erfolg im Filmbusiness tätig ist. Sie hat zwei Kinder und ist mit einem Drehbuchautor verheiratet. Theo ist beruflich ebenfalls sehr erfolgreich, er besitzt zwei Restaurants in Brooklyn. Privat jedoch kämpfen beide mit vielen Problemen, tagtäglich ist Misty in ihren Gedanken.
Seltsam fand ich, dass die beiden Familien, die sich durch Waldos Geburt kennengelernt haben, keinerlei Kontakt hatten. Ein solches Erlebnis schweißt doch zusammen. Hinzu kommt, dass beide Familien jüdischen Glaubens sind und die gleiche Synagoge besucht haben. Ben und Waldo haben sich erst an dem Tag angefreundet, an dem Ben schon fast ausgezogen ist.
Ich fand den Roman unheimlich berührend und tiefgründig. Es war tragisch und spannend zu verfolgen, wie der Unfall das Leben der ganzen Familie verändert und geprägt hatte. Es war ein furchtbarer Fehler, über den Unfall und Mistys Tod nie wieder zu reden, da sich Schuldbewusstsein nicht verdrängen lässt. Von mir eine große Leseempfehlung an alle, die Familienromane mit psychologischem Tiefgang mögen.

Bewertung vom 29.01.2024
Die Hoffnung der Chani Kaufman
Harris, Eve

Die Hoffnung der Chani Kaufman


sehr gut

Der Roman ist die Fortsetzung von „Die Hochzeit der Chani Kaufman“, der bereits im Jahre 2015 erschienen ist, und den ich damals gelesen habe.
Die Handlung spielt im Jahr 2009 und 2010 in London und Jerusalem. Es geht um zwei Frauen und deren Familien, Chani Kaufman und Rivka Zilberman.
Chani ist seit knapp einem Jahr mit Baruch verheiratet. Die beiden leben in Jerusalem, wo Baruch eine Ausbildung zum Rabbi absolviert. Das junge Paar ist totunglücklich darüber, dass Chani noch nicht schwanger ist. Baruchs Mutter Mrs. Levy frohlockt, da sie mit der Brautwahl ihres Sohnes schon immer gehadert hatte. Die Kaufmans sind arm, die Levys reich. Da Baruch Mrs. Levy‘s Lieblingssohn ist, schlägt sie vor, Chani eine Untersuchung in einer renommierten Kinderwunschklinik in London zu bezahlen.
Als die Londoner Gynäkologin feststellt, dass Chani bereits am fünften Zyklustag ihren Eisprung hat, bricht für Chani und Baruch eine Welt zusammen. Nach einem jüdischen Gebot dürfen sie erst am zwölften Zyklustag miteinander schlafen, bis zum Tag 12 ist die Frau „nidda“, also unrein. Baruch als zukünftiger Rabbi hält sich streng an die Gesetze, die vor vielen Jahren von Rabbis erlassen wurden.
Rivka hat Mann und Kinder verlassen, da sie nicht mehr Teil der „Kehilla“, der jüdischen Gemeinde, sein will. Auch ihr Mann ist Rabbi, seine strenggläubigen Gemeindemitglieder haben kein Verständnis für Rivkas Verhalten hat. Ihr ältester Sohn Avromi lebt in Jerusalem und studiert an der Talmudschule „Jeshiwa“. Auch er ist nicht sicher, ob ein Leben als ultraorthodoxer Jude wirklich das ist, was er sich für seine Zukunft wünscht. Die Erfahrungen, die er bei einem spontanen Ausflug nach Tel Aviv macht, führen dazu, dass er sein Leben ändert.
Der Roman hat mir gut gefallen, ich bin gedanklich komplett in die ultraorthodoxe Welt in Jerusalem und London eingetaucht. Über die von Rabbis gemachten veralteten und frauenfeindlichen Gesetze kann ich nur den Kopf schütteln und mich wundern, dass sich Frauen im 21. Jahrhundert noch immer so von Männern und den von ihnen gemachten Gesetzen dominieren lassen.
Der Roman hat einige Längen, insbesondere den Teil der Kinderwunschbehandlung fand ich recht langatmig. Etwas gestört habe ich mich an den häufig eingestreuten hebräischen Begriffen, von denen ich nur diejenigen im Glossar nachgeschlagen habe, die mir für die Handlung relevant erschienen. Auf den Teil mit dem „Schidduch“, der Brautsuche, mit Hilfe von Mrs. Gelbmann hätte ich gänzlich verzichten können.
Am meisten gefiel mir Chanis Geschichte und die Art und Weise, wie sie ihr Problem gelöst hatte. Bei Rivka wiederum bin ich mir nicht sicher, ob ihre Entscheidung richtig war. Das Ende ist offen mit einem Cliffhanger, ich hoffe, dass es eine Fortsetzung geben wird und würde diese sehr gern lesen.

Bewertung vom 28.01.2024
Von wegen Boomer
Samson, Tanja

Von wegen Boomer


ausgezeichnet

Ferdinand ist Abteilungsleiter in einer Bank, er hat zwei erwachsene Kinder, Tochter Flora macht gerade ihr Abitur, Sohn Raffi studiert.
Flora und Raffi finden, dass ihr Boomer-Vater aufgerüttelt werden sollte, raus aus der Komfortzone! Mutter Vera ist mit dem Zustand ihrer Ehe auch nicht glücklich. Ferdi verbringt seinen Feierabend mit einem Bier vor dem Fernseher. So kann es nicht weitergehen. Sie packt einen Koffer und zieht vorübergehend aus. Ferdi bekommt Vera erst wieder, wenn er einige Aufgaben erfolgreich gemeistert hatte. Jeden Tag steht eine neue Challenge an: Er soll in der Abteilungssitzung einige Jugendwörter benutzen, jedem, dem er begegnet, ein Kompliment machen, seine Kinder vor den Mitarbeitern loben und weitere.
Bei der Erfüllung der Aufgaben lernt er ganz nebenher seine MitarbeiterInnen näher kennen und merkt, welches Potential im Werksstudenten Julius steckt. Er bemüht sich um mehr Kontakt zu seinen Kindern und überdenkt seine Ernährung und die festgefahrenen und ungesunden Feierabendgewohnheiten.
So manche Situation kam mir bekannt vor. Wer ertappt sich nicht dabei, die eigenen Kinder und ihre schulischen Leistungen mit denen der Kinder von Bekannten zu vergleichen. Tanja Samson verdeutlicht, dass wir wie Ferdi dazu neigen, schulische Leistungen zu überbewerten und soziale Kompetenzen geringer zu schätzen.
Der Roman hat mir sehr gut gefallen, auch das Ende passt perfekt zu diesem Wohlfühlbuch. Natürlich ist er am besten für die Boomer-Generation geeignet. Lasst uns von der Frische und dem technischen Know-how der Jugend profitieren, wir können viel voneinander lernen!

Bewertung vom 25.01.2024
Was der Morgen bringt
Ibbotson, Eva

Was der Morgen bringt


ausgezeichnet

Es handelt sich um eine Neuauflage des 1994 erschienenen Titels „Die Morgengabe“ von Eva Ibbotson. Es freut mich, dass der Titel vom Schweizer Kampa Verlag neu aufgelegt wurde und ich ihn entdeckt habe. Die Liebesgeschichte zwischen der aus Wien stammenden Halbjüdin Ruth Berger und dem britischen Professor Quinton Somerville hat mir sehr gut gefallenen.
Wien 1930: Die 12jährige Ruth wächst glücklich und wohlbehütet auf, ihr Vater Kurt ist Professor für Wirbeltierkunde und Direktor des Naturhistorischen Museums. Sie besucht eine englische Schule, mit dem Ziel in England zu studieren.
Ruth liebt klassische Musik und verliert ihr Herz an den gleichaltrigen Klaviervirtuosen Heini Radek. Heini lebt seit dem Tod seiner Mutter bei Familie Berger, wo er sich auf sein Studium am Konservatorium vorbereitet.
Schon bei ihrer ersten Begegnung sind Ruth und Heini sicher, füreinander bestimmt zu sein. Heini bezeichnet Ruth als seinen Star: „Mozart hatte einen Star. Er hat ihn im Käfig in seinem Zimmer gehalten. Seinen Gesang hat er im Finale des Klavierkonzerts in G-Dur verwendet.“
Quinton Somerville ist Dozent für Paläontologie und der jüngste Professor der Universität Thameside. Auf Einladung von Kurt Berger besucht er die Familie in ihrem Haus am Grundlsee, wo er einige unbeschwerte Wochen in Gesellschaft von Kurt, seiner Frau Leonie, Tochter Ruth und Heini Radek verbringt.
1938: Erst acht Jahre später reist Quinton wieder nach Wien, wo ihm die Ehrendoktorwürde verliehen wird. Überrascht und besorgt muss er feststellen, dass Kurt Berger nicht länger Dekan der naturwissenschaftlichen Fakultät ist. In Wien sind nunmehr die Nazis an der Macht, und Kurt Berger darf seinen Beruf aufgrund seiner jüdischen Abstammung nicht länger ausüben. Kurt und Leonie schaffen es gemeinsam mit Kurts Schwester Hilda und Leonies Onkel Mishak nach England auszuwandern, nur Ruth bekommt keine Ausreiserlaubnis.
Nur als Ehefrau von Quin ist es Ruth möglich auszureisen. Aus Freundschaft zur Familie Berger lässt Quin sich auf eine Scheinehe ein, von der niemand erfahren darf. Direkt nach ihrer Ankunft in London soll die Ehe für nichtig erklärt werden.
In London lebt Ruth in der kleinen Wohnung ihrer Eltern in Belsize Park, in der auch Hilda und Mishak wohnen. Ruth nimmt ihr Studium der Paläontologie auf, Quin ist einer ihrer Professoren. Bald freundet sie sich mit ihren Mitstudenten an und wird deren Mittelpunkt. Derweil wartet Heini auf die Ausreisegenehmigung. Während der Monate des Wartens spart Ruth für ein Klavier, indem sie als Bedienung in einem Café arbeitet, das sich zum Treffpunkt für jüdische Flüchtlinge entwickelt.
Was für eine wunderschöne Geschichte! Ruth ist mir direkt ans Herz gewachsen, sie ist unheimlich liebenswert und sympathisch, wenn auch herrlich naiv und gutgläubig. Sie sieht in allen ihren Mitmenschen nur das Gute und traut niemandem etwas Böses zu, noch nicht einmal der intriganten Tochter des Vizekanzlers. Auch die anderen Flüchtlinge, die sich im Café von Miss Maud und Miss Violet treffen, sind liebenswerte Menschen, die versuchen, sich fern der Heimat ein neues Leben aufzubauen.
Das Ende hat mir sehr gut gefallen, auch wenn es bis zum Happy End fast schon zu viele Missverständnisse und Intrigen gab. Bis zum Schluss war nicht klar, ob Ruth und Quin zusammen glücklich werden. Ich empfehle diesen schönen Roman allen Leser*Innen von historischen und Liebesromanen.

Bewertung vom 18.01.2024
Wohin gehst du, wenn ich bleibe
Sperling, Lucia

Wohin gehst du, wenn ich bleibe


gut

Von Lucia Sperling habe ich noch nichts gelesen, das Cover und der Klappentext haben mich neugierig gemacht.
Laut Klappentext geht es darum, dass Olivias Mann Philip aufs Land ziehen will, sie aber in ihrem Haus in der Stadt wohnen bleiben möchte. Darum geht es aber nur marginal, hauptsächlich geht es um Olivias Umgang mit der Trennung von ihrem Mann, der sie nach einer langen gemeinsamen Zeit verlassen hat.
In der ersten Trennungsphase betrinkt sie sich sinnlos, bis ihre Freundin Babette bei ihr klingelt, mit ihr ausgeht und sie zu einer Party einlädt. Von da an geht es aufwärts. Es mangelt ihr nicht an Verehrern, jeder Mann, den sie nach der Trennung kennenlernt, ist an ihr interessiert, inklusive des Tennislehrers ihres Sohnes, für den sie schon immer geschwärmt hatte.
Als sie auf Babettes Party die alleinerziehende Ari kennenlernt, darf diese samt Tochter May vom Fleck weg in das leerstehende Zimmer ihres Sohnes einziehen, der in England studiert.
Die Autorin teilt uns auf den Danke-Seiten mit, dass sie mit dem Buch ihre eigene Trennungsgeschichte verarbeitet hat. Es wäre schön, wenn jede Trennung so ablaufen würde, dass die Frau sich neu erfindet bzw. sich, um Olivia zu zitieren „wieder findet“. Das scheint mir aber doch recht unrealistisch, wobei ich da zum Glück nicht aus Erfahrung spreche.
Leider konnte mich das Buch nicht fesseln, ich habe es oft wieder zur Seite gelegt, um ein spannenderes Buch zu lesen. Seitenlang geht es um Olivias Gedanken rund um ihre Ehe, Philip und seine Neue, was ich sehr langatmig fand. Hinzu kommt, dass Olivia in der Welt der oberen Zehntausend lebt, sie ist Dozentin der Kunstgeschichte, er ein Stararchitekt. Eine Welt, in die ich mich nicht hineinversetzen kann.
Das Ende hat mir gut gefallen, auch wenn es ebenfalls unrealistisch ist. Der Schreibstil ist flüssig und angenehm, und auch wenn mich das Buch nicht abholen konnte, bin ich sicher, dass es Leserinnen gibt, die es mögen werden.

Bewertung vom 13.01.2024
Zero Days
Ware, Ruth

Zero Days


sehr gut

Ruth Ware gehört zu meinen Lieblingskrimiautorinnen, auf ihren neuen Thriller habe ich mich sehr gefreut, da „Das College“ und „Hinter diesen Türen“ mir sehr gut gefallen haben.
Den Begriff Zero Day kannte ich nicht, hier die Definition: Der Begriff „Zero Day Exploit“ bezeichnet das Ausnutzen einer Schwachstelle in einer Software oder Hardware, die bis dato nur dem Entdecker bekannt ist.
Jacintha (genannt Jack) ist Penetration Testerin, das heißt, sie überprüft die Sicherheitsvorkehrungen in Firmen und öffentlichen Einrichtungen, sie ist für das Testen der äußerlichen Hürden wie Türen und Fenster zuständig, ihr Mann Gabe ist professioneller Hacker, der für das Eindringen in fremde Sicherheitssysteme bezahlt wird.
Eines Nachts kehrt sie von einem Auftrag nach Hause und findet Gabe ermordet vor. Ihm wurde die Kehle durchgeschnitten, kurz nachdem der gemeinsame Auftrag abgeschlossen war, bei dem er ihr wie üblich über Kopfhörer Anweisungen erteilt hatte.
Für die Polizei ist Jack die Hauptverdächtige. Als sie sich dessen bewusst wird, beschließt sie, selbst Gabes Mörder zu suchen. Was folgt ist ein actionreicher Roadmovie, Jack auf der Flucht vor der Polizei, die ihr immer dicht auf den Fersen ist. Schon bald wird ihr klar, wer die Schuld an Gabes Ermordung trägt.
Der Thriller war spannend und actionreich, für einen IT-Laien wie mich aber zu technisch. Einiges habe ich nicht verstanden, zum Beispiel wie Jack an Gabes Handy gekommen ist, das bei der Polizei in der Asservatenkammer verwahrt wurde.
Ich fand es unwahrscheinlich, dass sie ihre Stunts wie das Springen aus einem fahrenden Zug und das Abseilen vom Dach auf einen Balkon überlebt hat, und das Ganze mit einer stark entzündeten Wunde am Bauch und einem prall gefüllten Rucksack, der ein Notebook, einen Schlafsack, Wechselkleidung und Einbruchswerkzeuge enthalten hatte.
Das Ende war sehr konstruiert und meiner Meinung nach unrealistisch, gekrönt von der Wandlung der Polizistin, von der sie tagelang gejagt wurde, von Feindin zu Freundin.
Mein Fazit: Ein spannender Thriller, mit einem Thema, für das sich Computerfreaks begeistern können, bei dem jedoch einiges fern der Realität war. Es eignet sich hervorragend für eine Verfilmung, wer Actionfilme mag, wird auch dieses Buch mögen. Da mich der Schreibstil der Autorin und die actionreiche Geschichte durchaus gepackt haben, vergebe ich gute vier von fünf Sternen.

Bewertung vom 08.01.2024
Weil du meine Tochter bist
Kelly, Julia

Weil du meine Tochter bist


ausgezeichnet

Weil du meine Tochter bist ist mein erstes Buch der Autorin, gerne möchte ich weitere historische Romane von ihr lesen. Das Cover gefällt mir gut, und es passt perfekt zum Inhalt.
Liverpool, 1935: Viv kommt aus einem strenggläubigen katholischen Haus, als junges Mädchen lernt sie den jüdisch stämmigen Musiker Joshua kennen. Bereits zu Beginn der Bekanntschaft wird Viv schwanger. Ihre Eltern bestehen auf einer Heirat und bieten am Tag der Trauung Joshua Geld an, damit er Viv verlässt. Joshua muss sich entscheiden: Wird er nach New York gehen und dort seinen Traum von einer Musikerkarriere verwirklichen oder zu Viv stehen und mit ihr eine Familie gründen?
Als er sich für New York entscheidet, untersagt Viv ihm jeglichen Kontakt zu ihr oder ihrem Kind.
1939: Joshua kehrt aus New York nach England zurück, um für sein Land zu kämpfen. Er geht zur Royal Air Force, und wir erfahren einiges über seine Erlebnisse in Kampfflugzeugen.
Viv lebt mit ihrer knapp 5jährigen Tochter Maggie nach wie vor bei ihren Eltern. Um Kinder vor möglichen Bombenanschlägen zu schützen, sollen sie aufs Land evakuiert werden. Viv möchte Maggie am liebsten bei sich behalten, doch ihre Mutter und der Pfarrer der Gemeinde reden so lange auf sie ein, bis sie Maggie schweren Herzens aufs Land schickt. Sie erkämpft sich Besuchszeiten bei ihrer Tochter und nimmt regelmäßig eine weite Zugfahrt auf sich, um Maggie bei den Thompsons zu besuchen.
Familie Thompson bietet Maggie alle materiellen Annehmlichkeiten, die Viv ihr nicht bieten kann und Maggie lebt sich gut ein. Dann wird das Dorf der Thompsons bombardiert und ihr Haus bis zur Unkenntlichkeit zerstört, Viv muss davon ausgehen, dass Maggie umgekommen ist. Erst fünf Jahre später entdeckt sie per Zufall, dass Maggie noch lebt und macht sich auf die Suche nach ihr.
Es war spannend, die Suche nach Maggie zu verfolgen und es hat mich gefreut, dass auch Joshua seine Hilfe angeboten hat. Die Charaktere sind sehr vielschichtig. Vivs Vater und Mr. Thompson haben keinen eigenen Willen, sie sind wie Marionetten in den Händen ihrer Frauen, Vivs Mutter ist eine bigotte und gefühlskalte Person, Mrs. Thompson will Maggie nicht wieder abgeben, da sie sich immer Kinder gewünscht hat, aber keine bekommen konnte. Joshua ist jung und unerfahren, er hatte sich in Amerika die Verwirklichung seiner Träume erhofft, mit Viv verband ihn bis zur Heirat nur eine kurze Bekanntschaft.
Vom Antisemitismus in England wusste ich bis dato nichts. Joshua wurde aufgrund seiner Religionszugehörigkeit nicht nur von Vivs Familie, sondern auch von anderen abgelehnt, ja während des Krieges sogar von nicht-jüdischen Soldaten.
Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Der Schreibstil ist flüssig und authentisch. Ich konnte mich gut in Viv hineinversetzen, ich weiß nicht, welche Entscheidung ich getroffen hätte, wenn es heißen würde, dass das Leben meines Kindes in Gefahr ist, wenn ich es nicht fortschicke. Von mir gibt es eine Leseempfehlung für alle Leser*Innen von historischen Romanen, insbesondere für diejenigen, die sich für die Zeit des 2. Weltkriegs in Großbritannien interessieren.

Bewertung vom 05.01.2024
Die Melodie der neuen Zeit
Daniel, Sibel

Die Melodie der neuen Zeit


ausgezeichnet

Es handelt sich um den zweiten Band der Trilogie „Fremde Heimat“, die an die Geschichte der Familie der Autorin angelehnt ist. Obwohl ich den ersten Band, der in Bessarabien spielt, nicht gelesen habe, bin ich zügig in die Geschichte eingetaucht.
1942: Nach einem längeren Aufenthalt in einem Umsiedlungslager in Österreich kommt Alma mit ihrer Familie in ein Lager in Litzmannstadt in Polen. Dort wird ihnen als Entschädigung für ihren Besitz in Bessarabien ein Gutshof zugewiesen. Der polnische Gutsherr arbeitet von nun an als ihr Knecht. Almas kleine Geschwister freunden sich mit den polnischen Kindern an, doch das vermeintliche kleine Glück hält nicht lange an. Der Gutshof wird von Partisanen überfallen, die Familie zieht weiter.
Währenddessen arbeitet Alma als Krankenschwester an der Ostfront in der Ukraine. Dort trifft sie Emma und Gregor wieder, ihre Freunde aus Bessarabien. Emma ist ebenfalls Krankenschwester geworden. Beide verlieben sich in den Ungarn Janos. Gregor ist bei der Waffen-SS, und Alma zweifelt immer mehr daran, ob sie wirklich seine Frau werden will.
Am meisten hat mich die ausführliche und authentische Beschreibung der Flucht in den Westen berührt. Wochenlang waren Alma, ihr Vater, ihre Stiefmutter, ihre Schwägerin und deren drei Kinder im Flüchtlingstreck unterwegs, die Rote Armee im Nacken. Die Erlebnisse auf der Flucht haben mir Schauer über den Rücken gejagt, ein Kind ist unterwegs erfroren, eins ist beinahe ertrunken, als der Pferdewagen ins Eis eingebrochen ist. Es ist ein Wunder, dass die Vertriebenen nicht an Hunger oder Kälte gestorben sind, beides stellte eine genauso große Gefahr dar wie die Rote Armee.
Eine neue Heimat findet die Familie zunächst in Süddeutschland, Almas drei Brüder gelten als vermisst. Erst in den 1950er Jahren wandert ein Teil der Familie nach Argentinien aus. Die Geschichte der Auswanderung wird im dritten Band erzählt, den ich bereits mit Spannung erwarte.
Ich habe das Buch sehr gern gelesen und konnte es insbesondere ab der Hälfte kaum noch aus der Hand legen. Die Trilogie „Fremde Heimat“ empfehle ich allen Leser*Innen von historischen Romanen, insbesondere denjenigen, die sich für die Zeit des II. Weltkriegs und die Flucht aus den Ostgebieten interessieren.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.01.2024
Endlich wieder im Gleichgewicht bei Hashimoto
Klasen, Jörn

Endlich wieder im Gleichgewicht bei Hashimoto


ausgezeichnet

Etwa fünf bis acht Prozent der Weltbevölkerung leiden an einer Autoimmunerkrankung, besonders viele davon an Hashimoto- Thyreoiditis und Diabetes Typ 1. Oft werden Autoimmunerkrankungen durch hormonelle Veränderungen wie eine Schwangerschaft oder Wechseljahre ausgelöst.
In dem Ratgeber von Dr. Klasen erfahren wir wie Hashimoto entsteht, welche Faktoren die Erkrankung auslösen, die wichtigsten Symptome und welche Untersuchungen für die Erstellung einer Diagnose nötig sind, inklusive eines Selbsttests.
Da die Schilddrüse auch als „Sitz der Seele“ bezeichnet wird, enthält der Ratgeber ebenfalls Tipps und Übungen für das seelische Gleichgewicht.
Die Einnahme von Schilddrüsenhormonen ist notwendig, um die fehlenden körpereigenen Hormone zu ersetzen. Doch auch die richtige Ernährung hilft dabei, die Entzündungen im Körper zu bekämpfen.
Es gibt einen Überblick über empfehlenswerte Lebensmittel und solche, die Hashimoto-Patienten meiden sollten sowie Tipps zum erfolgreichen Abnehmen.
Im Kapitel „Hilfe aus der anthroposophischen Medizin“ sind Präparate aufgelistet, die z.B. in depressiven Phasen oder bei Eisenmangel eingenommen oder äußerlich aufgetragen werden sollten. Es gibt auch eine Auflistung von Antioxidanzien, die wichtiger Bestandteil einer antientzündlichen Ernährung sind.
Der Ratgeber enthält auch viele Rezepte, die nach Empfehlungen fürs Frühstück, warmen Mahlzeiten und Snacks aufgeteilt sind, abgerundet durch einen Wochenplan.
Die fünfzig enthaltenen Rezepte sind leicht zum Nachkochen, und die Zutaten bekommt man in fast jedem Supermarkt oder Discounter.
Ich finde den Ratgeber äußerst informativ und habe bereits einige der Rezepte nachgekocht, besonders lecker finde ich das Möhrenbrot und die Paprika-Frittata. Ich werde meine Ernährung entsprechend umstellen und freue mich schon auf die leckeren Gerichte. Interessant fand ich auch die Kapitel über die Funktionsweise der Schilddrüse und ihren Einfluss auf den gesamten Organismus. Natürlich ist das Buch insbesondere für diejenigen empfehlenswert, bei denen der Verdacht auf Hashimoto oder eine Schilddrüsenunterfunktion vorliegt oder Patienten, bei denen Hashimoto bereits diagnostiziert wurde.