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Benutzername: 
mrs-lucky
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Norddeutschland

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Insgesamt 196 Bewertungen
Bewertung vom 08.02.2021
Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1 (eBook, ePUB)
Mohlin, Peter; Nyström, Peter

Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Peter Mohlin und Peter Nyström verbindet schon seit Kindheitstagen das Interesse am Schreiben, mit „Der andere Sohn“ haben sie ihren ersten gemeinsamen Kriminalroman veröffentlicht, den Auftakt einer geplanten Reihe von Krimis aus der südschwedischen Stadt Karlstad.
Vor 10 Jahren ist dort die junge Emelie, Tochter aus reichem Elternhaus, spurlos verschwunden. Trotz eines dringend Tatverdächtigen konnte der Fall nicht abschließend geklärt werden, nun soll eine neu ins Leben gerufene Cold-Case-Gruppe einen erneuten Versuch unternehmen, den Täter dingfest zu machen.
Hier kommt der FBI-Agent John Adderley ins Spiel, der nach einem missglückten Undercover-Einsatz eine neue Identität benötigt und sich an seine schwedischen Wurzeln erinnert. Zudem hat ihn seine Schwedische Mutter gerade um Hilfe geben, da ausgerechnet Johns Halbbruder Billy des Mordes an Emelie verdächtigt wird und erneut ins Kreuzfeuer nicht nur der Polizei sondern auch der Bevölkerung Karlstads geraten ist.
Als Fredrik Adamsson kehrt John nach Schweden zurück, um in dem Cold-Case-Team bei der Aufklärung von Emelies Verschwinden mitzuwirken und herauszufinden, ob Billy zu Recht seine Unschuld beteuert. Johns Position ist nicht ganz ungefährlich, da seine Tarnung jederzeit auszufliegen droht und zudem aus seinem letzten FBI-Einsatz ein Drogen-Kartell noch eine Rechnung mit ihm offen hat.
Der Krimi verläuft in zwei Zeitebenen, neben den aktuellen Ermittlungen im Jahr 2019 werden die Ereignisse im Jahr 2009 geschildert und bringen wie Puzzlesteine die Einzelheiten Stück für Stück zusammen.
Man merkt dem Krimi deutlich an, dass Peter Nyström als Drehbuchautor und Regisseur Erfahrung darin hat, eine Geschichte spannend und bildhaft zu erzählen. Kleine Details sorgen für Abwechslung, die Dialoge wirken lebendig und authentisch wie die Charaktere. Ich habe mich lediglich schwer getan, mit der Hauptfigur John Adderley warm zu werden. Aufgrund seiner Vorgeschichte und seiner Zeit als Under-Cover-Agent ist seine eigene Persönlichkeit in der Hintergrund geraten, er wirkt als Person wenig greifbar. Seine Angststörung macht ihn ein wenig menschlicher, lässt seinen Einsatz in Schweden aber unglaubwürdiger erscheinen und die Geschichte konstruiert wirken. Abgesehen davon bietet der Krimi auf über 500 Seiten spannendes Lesevergnügen und macht neugierig auf die sich am Ende abzeichnende Fortsetzung.

Bewertung vom 01.01.2021
Miss Bensons Reise (eBook, ePUB)
Joyce, Rachel

Miss Bensons Reise (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In ihrem aktuellen Roman nimmt Rachel Joyce den Leser mit auf „Miss Bensons Reise“ auf der Suche nach dem Goldenen Käfer von Neukaledonien.
Margery Benson lebt allein in London zu Beginn der 1950er Jahre. Eines Tages erfährt sie in ihrem Job als Hauswirtschaftslehrerin eine Demütigung zu viel, verläßt Hals über Kopf die Schule und beschließt, einen Traum aus ihrer Kindheit in die Tat umzusetzen. Seit ihr Vater ihr vor vielen Jahren in einem Buch über Insekten Abbildungen des Goldenen Käfers von Neukaledonien gezeigt hat, hat sie für die Gattung der Käfer eine Passion entwickelt und träumt davon, insbesondere von dieser seltenen Art einige Exemplare zu fangen, um ihre Existenz zu beweisen.
Für diese Mission benötigt sie eine Assistentin und gerät ausgerechnet an die junge und extrovertierte Enid Pretty, die in krassem Gegensatz zu der schüchternen Margery steht.
Das ungleiche Paar hat auf ihrer mehrere Wochen dauernden Reise ins Ferne Neukaledonien einige Hindernisse zu überwinden, zumal Enid Pretty hinter ihrem plauderhaften Wesen ein Geheimnis zu verbergen scheint.
Ich habe etwas Zeit benötigt, mich auf den Stil der Erzählung einzulassen. Die Geschichte wirkt stellenweise überdreht bis bizarr, fließt aber nur scheinbar leicht dahin, während hinter den Charakteren mehr steckt, als es auf den ersten Blick scheint. Die komisch anmutenden Szenen beim Zoll oder auf dem Schiff täuschen darüber hinweg, welch harte Schicksale die Hauptfiguren auf die ein oder andere Weise während des Krieges haben erleiden müssen. Insbesondere in Mr. Munic manifestiert sich eine tragikomische Gestalt, aber auch Margery Benson und Enid Pretty müssen erst einige Tiefen durchlaufen, bevor sie die Stärken der anderen erkennen und wertschätzen lernen. Mich hat das Buch sehr berührt, es zeigt mit seiner zauberhaften Geschichte nicht nur den Wert von Freundschaft, sondern macht auch Mut, an den eigenen Träumen festzuhalten und sich vom Schicksal nicht unterkriegen zu lassen.
Nach dieser unterhaltsamen Lektüre muss ich unbedingt endlich auch Rachel Joyces Debüt „Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry“ lesen.

Bewertung vom 28.12.2020
Vergessene Gräber / Mara Billinsky Bd.5 (eBook, ePUB)
Born, Leo

Vergessene Gräber / Mara Billinsky Bd.5 (eBook, ePUB)


sehr gut

„Vergessen Gräber“ ist bereits der 5. Thriller aus der Mara-Billinsky-Reihe von Leo Born und wieder ebenso spannend und komplex wie seine Vorgänger.
Eine Reihe grausamer Morde hält die Ermittler der Frankfurter Mordkommission auf Trab. Scheinbar willkürlich sucht sich der Täter seine Opfer aus, allerdings eint sie, dass alle jung und erfolgreich mitten im Leben stehen. Als Mara Billinsky und Jan Rosen einen weiteren gemeinsamen Nenner darin entdecken, dass einige der Opfer einen russischen familiären Hintergrund besitzen will ihr Chef, Kommissar Klimt, nichts davon wissen.
Doch wenn Mara Billinsky sich etwas in den Kopf gesetzt hat, lässt sie nicht locker. Dass einige der Angehörigen der Opfer nicht mit der Polizei zusammen arbeiten wollen und offensichtlich Informationen zurückhalten, weckt erst recht ihren Ehrgeiz, dem Täter auf die Spur zu kommen, zur Not auch ohne den Segen Klimts.
Mit Mara Billinsky und Jan Rosen hat Leo Born ein sehr ungleiches Ermittlerduo geschaffen, dass sich jedoch gut ergänzt, im Laufe der Zeit gelernt hat einander zu vertrauen und im Zweifelsfall den Rücken frei zu halten. In diesem Band gefällt es mir, dass Rosen aus dem Schatten Maras heraus treten darf. Er überwindet seine Schüchternheit und wird auf eigene Faust aktiv, was ansonsten eher Maras Naturell entspricht. Aber auch Rosen muss ähnlich wie Mara feststellen, dass Alleingänge ein hohes Risiko bergen können.
Auch in diesem Band ist das Tempo der Geschichte hoch, verschiedene Handlungsstränge und Perspektiven greifen ineinander, trotzdem behält man als Leser stets den Überblick. Man ist beim Lesen den Ermittlern oft einen Schritt voraus, muss aber dennoch für die Auflösung der Geschichte bis zum Ende warten. Aufhänger ist für diesen Band ein tatsächliches Ereignis, dass geschickt in eine fiktive Handlung eingebaut wird. Die Geschichte ist fesselnd und glaubhaft, lediglich mit der Motivation des Täters habe ich mich etwas schwer getan.
Im Laufe der Reihe sind mir die Charaktere regelrecht ans Herz gewachsen. Mara Billinsky mit ihrem anfangs spröden Auftreten und ihrem provokanten Aussehen hat mittlerweile ihren Platz im Team der Frankfurter Mordkommission gefunden, darf auch ihre weiche Seite zeigen und bleibt trotzdem ihrem Charakter treu. Die Figuren entwickeln sich schlüssig weiter und tragen viel zum Charme dieser Thrillerreihe bei. Die Bände enthalten zwar in sich abgeschlossene Geschichten, es gibt jedoch auch immer wieder Bezüge zu vorherigen Geschichten, so dass es durchaus anzuraten ist, die Bände chronologisch zu lesen.

Bewertung vom 27.12.2020
Der Mädchenwald (MP3-Download)
Lloyd, Sam

Der Mädchenwald (MP3-Download)


sehr gut

Der Thriller „Der Mädchenwald“ ist der Debütroman des britischen Schriftstellers Sam Lloyd und hat mich auf Anhieb begeistert.
Die 13-jährige Elissa nimmt an einem Schachturnier für junge Talente teil, als sie an helllichtem Tag in einen Lieferwagen gezerrt und entführt wird. Als sie wieder zu sich kommt, findet sie sich angekettet in einem dunklen Kellerverlies wieder. Überraschenderweise bekommt sie dort Besuch von dem 12-jährigen Elijah, von dem sie sich Hilfe erhofft, der jedoch selbst Angst vor den Entführern zu haben scheint. Er sucht Elissa heimlich auf, da er in ihr eine mögliche Freundin sieht in seinem ansonsten einsamen Leben im Wald mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder, der ihm Angst einflößt. Doch obwohl Elijah oft einfach gestrickt wirkt, sich mit Handys nicht auskennt und vom Internet noch nie etwas gehört hat, durchschaut er Elissas Versuche, ihn auszutricksen und durch ihn eine Chance zu erhalten, ihren Peinigern zu entkommen oder Hilferufe abzusenden.
Der Leser, oder in meinem Fall Hörer, ahnt schnell, dass hier einiges nicht so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Insbesondere der Handlungsstrang aus der Sicht Elijahs weist immer wieder Lücken und Ungereimtheiten auf.
Zwei weitere parallele Erzählstränge geben die Eindrücke Elissas wieder sowie der zuständigen Polizistin, für die aufgrund privater Probleme die Ermittlungen eine große Herausforderung darstellen. Die Sprache ist in den verschiedenen Handlungssträngen den Charakteren angepasst, im Hörbuch werden die Figuren von unterschiedlichen Sprechern verkörpern, was hilfreich ist, der zum Teil auch zeitlich verschachtelten Handlung zu folgen. Alle drei Sprecher machen ihre Sache sehr gut und tragen dazu bei, dass man beim Zuhören ab und an eine Gänsehaut verspürt.
Die Figuren erscheinen zum Teil sehr vage, was aber zum Aufbau der Geschichte passt, die mit verschiedenen Wahrnehmungen spielt und erst im Verlauf erkennen lässt, was hier tatsächlich passiert ist. Am wenigsten konnte ich mit der Figur der Polizistin warm werden, sie ist eher eine Randfigur, ihre persönliche Geschichte soll vermutlich ihre emotionale Nähe zu dem Fall erklären, wird aber sehr konstruiert und eher irritierend. Auch die Motivation hinter den Kriminalfällen wird nur beiläufig behandelt, was einerseits enttäuschend ist, andererseits aber vermutlich dem Alltag in der Ermittlungsarbeit entspricht.
Mich hat der Thriller von Anfang bis Ende gefesselt, ich werden mir den Namen des Autors auf jeden Fall merken und bin gespannt auf weitere seiner Bücher.

Bewertung vom 15.10.2020
Eines Menschen Flügel
Eschbach, Andreas

Eines Menschen Flügel


sehr gut

Der aktuelle Roman von Andreas Eschbach mit dem Titel „Eines Menschen Flügel“ entführt den Leser in eine sehr fremdartige Welt und verlangt mit seinen mehr als 1200 Seiten einiges an Ausdauer.
Die Geschichte spielt in ferner Zukunft auf einem fremden Planeten, der gut 1000 Jahre zuvor von einer kleinen Gruppe von Ahnen besiedelt wurde. Da der Boden des Planeten in weiten Teilen aufgrund eines nicht ergründbaren Phänomens beim Betreten tödlich wirkt, haben die Ahnen ihre Nachkommen genetisch so verändert, dass sie Flügel besitzen und sich in dort wachsenden Riesenbäumen ansiedeln können. Die Menschen leben in überschaubaren Gemeinschaften unter einfachen Bedingungen in teils erstaunlicher Harmonie nach den Regeln, die ihnen von den Ahnen in sorgfältig gehüteten Büchern mitgegeben wurden.
Ein Junge aus dem Stamm der Wen kann sich jedoch nicht damit anfinden, dass es den Menschen angeblich nicht möglich sein soll, die Grenze des Himmels zu durchstoßen und die Sterne zu sehen, die dahinter verborgen sind. Er beginnt mit unerschütterlichem Ehrgeiz zu trainieren und Flugtechniken zu entwicklen, die ihn bis zu den Sternen vorstoßen lassen. Er ahnt nicht, dass er damit Ereignisse in Gang setzt, die für die Existenz der Menschen auf diesem Planeten lebensbedrohlich sind.
Der Einstieg in die Geschichte ist nicht einfach, viele Begriffe sind fremd, es tauchen eine Vielzahl von Charakteren auf, deren fremdartige Namen erst einmal schwierig zu merken sind. Diese Vielfalt wird von einigen Lesern als verwirrend kritisiert, in meinen Augen macht gerade die Komplexität des Romans viel von seinem Charme und seiner Faszination aus. Zudem ergibt sich gerade in Bezug auf die Namensgebung schnell eine logisch nachvollziehbare Systematik und es kristallisieren sich einige Hauptfiguren heraus, denen die Geschichte in den einzelnen Handlungssträngen folgt.
Trotz der Länge des Romans schafft es Eschbach, den Spannungsbogen in weiten Teilen hoch zu halten und nebenbei weitere Details dieser komplexen Welt darzulegen. Den Mittelteil habe ich jedoch als etwas in die Länge gezogen empfunden, da zeitgleiche Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden, während spannende Szenen mit einem Cliffhanger enden und erst etliche Kapitel später wieder aufgegriffen werden.
Doch die Fäden laufen auch immer wieder zusammen, man kann es so beschreiben, dass sich aus vielen verschiedenen Bildern Schritt für Schritt ein Gesamtwerk entwickelt.
Es gab zwischendurch Momente, in denen ich die Erzählung und die Darstellung der Menschen sehr naiv fand, im Verlauf wird jedoch deutlich, wieso diese Welt so funktioniert, wie sie ist. Mich fasziniert, wie feinsinnig hier anhand einer Zukunftsvision Kritik an unserer heutigen Lebensweise und unserer Gesellschaft geübt wird.
Trotz seiner teilweise schlicht erscheinenden Sprache und Erzählweise hat mich der Roman beim Lesen immer weiter in den Bann gezogen und sind mir die Figuren immer stärker ans Herz gewachsen.

Bewertung vom 29.09.2020
Spiele / Carl Edson Bd.2 (eBook, ePUB)
Svernström, Bo

Spiele / Carl Edson Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Robert Lindström wird beschuldigt, im Alter von 11 Jahren seinen Schulfreund mit einem Betonklotz erschlagen zu haben. Das ist zumindest das Ergebnis der damaligen Polizeiermittlung, Robert selbst kann sich an die Tat nicht erinnern, ebenso wie die Erinnerungen an seine gesamte Kindheit aus seinem Gedächtnis gelöscht sind. Er wurde aufgrund seines Alters nicht verurteilt, dennoch hat die Tat sein Leben nachhaltig beeinflusst, er ist menschenscheu und lebt zurückgezogen.
Als 28 Jahre später die Journalistin Lexa Andersson ein Buch über sein Leben schreiben will und zur selben Zeit in der Nähe des damaligen Tatorts ein 11-jähriges Mädchen ermordet wird, gerät Roberts Leben aus den Fugen. Kann Lexa recht haben mit ihrer Theorie, dass Robert unschuldig ist? Ist es Zufall, dass ausgerechtet dann ein neuer Mord geschieht, als Robert mit Lexa in den Stockholmer Vorort seiner Kindheit zurückkehrt?
Bo Svernström spielt mit den Gedankengängen und Spekulationen des Lesers. Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt, einer folgt Lexa und Robert, der andere dem aktuellen Geschehen und den Ermittlungen Carl Edsons und seines Teams. Zu Beginn des Buches liegt dabei der Handlungsstrang um Robert ein paar Tage in der Zeitlinie zurück und lässt damit offen, inwieweit er in die aktuellen Ereignisse involviert ist. Während der überwiegende Teil des Buchs in der 3. Person erzählt wird, erzählt Robert aus der Ich-Perspektive von seinen Erinnerungen und Gedanken, was eine besondere Nähe zu seiner Person schafft.
Der Spannungsbogen des Thrillers ist hoch, Nebenhandlungen und Rückblicke erhöhen die Komplexität, es wird immer wieder infrage gestellt, was hier die Wahrheit sein könnte, und wo die Wahrnehmung der einzelnen Personen die Sichtweise beeinflusst. Nach und nach kristallisiert sich heraus, dass vieles nicht so verlaufen ist, wie es auf den ersten Blick scheint.
Obwohl sich der ein oder andere Verdacht meinerseits bestätigt hat, konnte mich das Buch immer wieder überraschen, es ist erschreckend, wie nachhaltig einige der Ereignisse das Leben einzelner Protagonisten beeinflusst haben.
Mir hatte schon der erste Band um Carl Edson mit dem Titel „Opfer“ gut gefallen, ist dieser alleinstehenden Geschichte konnte mich Bo Svernström mit seinem Erzähltalent wieder überzeugen.

Bewertung vom 21.09.2020
Raum der Angst (eBook, ePUB)
Meller, Marc

Raum der Angst (eBook, ePUB)


sehr gut

In den letzten Jahren habe ich gemeinsam mit Freunden und Familie schon mehrfach versucht, mich durch das Lösen verschiedener Rätsel aus einem Escape-Room zu befreien. Wir hatten viel Spaß dabei und waren meist erfolgreich. Doch wie wäre es, wenn diese Szenarien kein Spiel sondern Ernst wären?
Auf dieser Idee baut Marc Mellers Auftakt einer neuen Thriller Reihe auf mit dem Titel „Raum der Angst: Ein Escape-Room-Thriller“. Eine Gruppe von sieben aufgrund ihrer unterschiedlichen Fähigkeiten ausgewählten Personen soll für ein wissenschaftliches Experiment in einem extra dafür entwickelten Escape-Room-Szenario gemeinsam verschiedene Rätselsituationen meistern.
Doch schnell wird klar, dass hier einiges nicht so ist, wie es sein sollte, aus dem Spiel wird bald blutiger ernst. Eine Figur, die sich nach dem römischen Gott Janus benennt, hat nicht nur diese Gruppe entführt sondern auch die Psychologiestudentin Hannah, die gemeinsam mit der Gruppe um ihr Leben kämpfen muss.
Die Atmosphäre der Geschichte ist oft beklemmend, der Spannungsbogen ist nicht zuletzt aufgrund einiger unerwarteter Wendungen hoch. Der Leser begleitet zum einen die Teilnehmer des Escape-Rooms, zum anderen die ermittelnden Polizisten, die in einem Wettlauf gegen die Zeit versuchen, die Gruppe zu finden und zu befreien, und bekommt dadurch einen unmittelbaren Blick auf die Geschehnisse. Dabei kristallisieren sich nach und nach die Zusammenhänge und Motive der Geschichte heraus.
Das Szenario des Thrillers ist stimmig wenn auch nicht unbedingt realistisch, die Geschichte wird temporeich erzählt, trotz der Erzählperspektive bleiben die Hauptfiguren jedoch recht blass, es kommen keine wirkliche Nähe oder gar Empathie auf, da die Handlung in den Vordergrund gestellt wird.
Gestört hat mich die Klischeehaftigkeit, mit der die Figuren angelegt sind, auch wenn die Teilnehmer des Experiments möglicherweise bewusst als Stereotypen ausgesucht wurden. Die Brutalität ist für meinen Geschmack etwas zu viel und selbst mit dem Hintergrund des Täters nur bedingt nachvollziehbar, außerdem spielt in zu vielen Punkten der Zufall dem Täter zu sehr in die Hände und lässt die Geschichte konstruiert erscheinen.
Insgesamt ist „Raum der Angst“ ein solider Thriller, mir fehlte das gewisse etwas, so dass mich auch die offenen Fragen am Ende nicht zwingend zum Lesen der Fortsetzung reizen werden.

Bewertung vom 17.09.2020
Die App - Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst.
Strobel, Arno

Die App - Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst.


gut

wenig Spannung, sehr konstruiert und unrealistisch:
Ehrlich gesagt, kann ich den Rummel um Arno Strobels neues Buch „Die App – Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst“ nicht verstehen. Das Thema ist zugegebenermaßen interessant und bietet viel Potential, das der Autor jedoch mit seiner zu vorhersehbaren Geschichte verspielt hat. Von einem Psychothriller ist dadurch leider nicht viel zu merken.
Hendrik Zemmer lebt mit seiner Verlobten Linda in einem Haus, das von einem Smart-Home-Programm namens Adam gesteuert wird. Die beiden fühlen sich in ihrem Haus sicher, das System ist nicht nur durch einen Zahlencode, sondern auch durch einen Augen-Check vor fremden Zugriffen geschützt. Doch dann verschwindet Linda eines Nachts spurlos. Da es keine Einbruchsspuren gibt, vermutet die Polizei, dass Linda aus freien Stücken gegangen ist, doch Hendrik glaubt nicht an diese Version, zumal auch Freunde und Verwandte nichts von derartigen Plänen wissen. Er beginnt auf eigene Faust zu ermitteln und stößt auf einige Ungereimtheiten.
Die Vorstellung, jemand Fremdes könnte unbemerkt in die eigene Privatsphäre eindringen und über eine Smart-Home-App das Privatleben nicht nur beobachten, sondern auch aktiv eingreifen und zu einer Bedrohung werden, vermittelt ein Unbehagen und ein Gänsehautgefühl. Diese Stimmung hätte ich mir gern in dem Buch gewünscht, diese geht jedoch leider in der sehr plumpen und vorhersehbar angelegten Geschichte unter. Die Charaktere wirken sehr flach, sie agieren zum Teil sehr unglaubwürdig, die Dialoge wirken meist steif und sehr aufgesetzt unnatürlich.
Es gibt eingeschobene Abschnitte aus der Opfersicht, die in Abgrenzung zum Hauptteil im Präsens geschrieben sind, obwohl sich zeitlich parallel ablaufen. Die Schilderungen wirken dadurch eher wie Regieanweisungen und sorgen für eine Distanz zu den Personen, die der vermutlich eigentlich beabsichtigten Spannung und eindringlichen Atmosphäre entgegenwirkt.
Der Autor versucht hier und da falsche Fährten zu legen, dennoch ist beim Lesen schnell klar, worauf die Geschichte hinausläuft und wer zu den „Bösen“ gehört. Statt subtiler Hinweise werden hier die Hinweise so deutlich wiederholt, dass man gar nicht anders kann, als die richtigen Schlüsse zu ziehen und in der zweiten Hälfte des Buches nur noch auf die offizielle Auflösung wartet. Spannung kommt dabei nicht auf. Selbst der Showdown am Schluss bekommt noch eine kleine Pause, in der die Zusammenhänge in Kurzfassung noch einmal dargelegt werden, was aber weder der abenteuerlich konstruierten Geschichte noch den Motiven der Hauptfiguren zu mehr Glaubwürdigkeit verhilft.
Als banale Krimigeschichte ist das Buch okay, für Fans von Psychothrillern kann ich es nicht empfehlen.

Bewertung vom 02.09.2020
Im Zeichen des Killers / Jigsaw Man Bd.1 (eBook, ePUB)
Matheson, Nadine

Im Zeichen des Killers / Jigsaw Man Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Mit „Jigsaw Man - Im Zeichen des Killer“ hat die Londonerin Nadine Matheson, die Hauptberuflich als Verteidigerin in Strafrechtsverfahren tätig ist, ihren ersten Roman und Auftakt einer geplanten Thriller-Reihe veröffentlicht.
In London werden eines frühen Morgens an verschiedenen Orten in der Nähe der Themse Leichenteile gefunden. Wie Teile eines Puzzles wurden diese gut auffindbar positioniert, und schnell wird deutlich, dass es sich um mehr als ein Opfer handeln muss. Detective Inspector Anjelica Henley und ihre Kollegen sind schnell an ein ähnliches Szenario vor drei Jahren erinnert, doch Peter Olivier, der Serienmörder von damals, sitzt inzwischen im Gefängnis. Ist hier ein neuer Nachahmungstäter am Werk? Aber wie kann es sein, dass dieser Täter die Opfer mit demselben Zeichen kennzeichnet wie Olivier, obwohl dieses Detail nie an die Öffentlichkeit gelangt ist? Hatte er einen Komplizen, oder gibt es eine undichte Stelle bei der Polizei?
Anjelica Henley setzt dieser Fall persönlich sehr zu, er weckt nie ganz verheilte Traumata und stellt zudem ihre bereits seit längerem unter Spannungen leidende Ehe auf eine weitere Belastungsprobe. Dagegen entpuppt sich der zunächst lästig erscheinende Anwärter Salim Ramouter, der ihr zur Seite gestellt wird, mit seinen intelligenten Fragen und Ermittlungsansätzen als wichtige Bereicherung zur Lösung des Falls.
Die Geschichte beginnt spannend, es gibt verschiedene Ermittlungsansätze und einige rätselhafte Fakten, die Szenen wirken unter anderem durch viele Dialoge sehr lebendig.
Für meinen Geschmack sind einige Szenen zu blutig geraten, weiden sich die Darstellungen zu sehr an Grausamkeit, aber damit hätte ich bei dem Titel wohl rechnen müssen. Mir liegen Psychothriller mit einem raffinierter angelegten Plot mehr.
Einige der Hauptcharaktere haben mir gut gefallen, insbesondere der persönliche Druck, unter dem Anjelica Henley leidet, ist gut heraus gearbeitet, Ramouter ist eine der sympathischsten Figuren und kann sich im Verlauf glaubhaft weiterentwickeln. Andere Charaktere erscheinen jedoch sehr klischeehaft, die Motivation zu den Taten wird kaum herausgearbeitet und erscheint wenig schlüssig.
Nach einem vielversprechenden Beginn ist meine Begeisterung zunehmend abgeflacht. Die Geschichte entwickelt sich zu vorhersehbar, es fehlt an überraschenden Wendungen.
Der Thriller ist gut geschrieben und wirkt solide, auch wenn die Autorin viel Erfahrung in die Geschichte einfließen lassen kann, mangelt es letztendlich an Originalität.

Bewertung vom 25.08.2020
Geburtstagskind / Ewert Grens ermittelt Bd.6 (eBook, ePUB)
Roslund, Anders

Geburtstagskind / Ewert Grens ermittelt Bd.6 (eBook, ePUB)


sehr gut

Vor 17 Jahren wurde der Stockholmer Ermittler Ewert Grens zu einem besonders grausamen Tatort gerufen. Ein kleines Mädchen hüpft fröhlich „Happy Birthday“ singend durch die Wohnung, doch ihre Familie kann nicht mehr mit ihr feiern, sie wurde ausgerechnet an Zanas 5. Geburtstag ermordet, die Geburtstagstorte steht seit Tagen unberührt auf dem Küchentisch.
Als nun genau aus dieser Wohnung ein Einbruch gemeldet wird, muss Grens fürchten, dass Zanas Verfolger nach knapp 20 Jahren ihre Spur aufgenommen haben und sie sich in Gefahr befindet. Weitere Indizien bestärken diesen Verdacht. Zeitgleich werden der ehemalige Undercover-Agent Piet Hoffmann und seine Familie von einer Gruppe skrupelloser Waffenhändler bedroht, in beiden Handlungssträngen beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.
Die Geschichte ist temporeich mit einem durchgehend hohen Spannungsbogen, es hat mir sehr gut gefallen, wie dicht man beim Lesen an den Gedanken aber auch Zweifeln der Hauptcharaktere teilhat, ihre innere Unruhe wirkt oft greifbar. Insbesondere die Figur Ewert Grens’ habe ich als sehr authentisch und glaubhaft empfunden.
Mit Piet Hoffmann habe ich mich da deutlich schwerer getan, er ist zu sehr Superheld, die Story um ihn wirkt oft sehr konstruiert. Was er zum Teil in wenigen Stunden erledigt und auf die Beine stellt, ist selbst bei einem Mann mit seinem Hintergrund unrealistisch und erinnert zu sehr an Actionfilme, die sich selbst nicht ganz ernst nehmen. Weniger wäre in diesem Fall mehr gewesen und hätte der Spannung nicht geschadet.
Insgesamt haben mir der Schreibstil und die Atmosphäre sehr gut gefallen, ich habe mich selbst gefragt, wieso zwar schon länger ein paar Bände der Reihen um Ewert Grens und Piet Hoffmann auf meiner Merkliste stehen, ich aber bislang keinen davon gelesen habe. Während Anders Roslund die vorherigen Bände gemeinsam mit Börge Hellström verfasst hat, erscheint dieser Krimi nur unter seinem Namen und vereint die Geschichten den beiden Hauptfiguren. Als Neueinsteiger hatte ich jedoch nie den Eindruck, mir würde Hintergrundwissen fehlen, und trotz einiger Anspielungen auf die Vorgeschichten ist mein Interesse geweckt, mehr aus der Reihe zu lesen.

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