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Benutzername: 
Lunamonique
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Bremen

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Insgesamt 413 Bewertungen
Bewertung vom 16.11.2020
Ein weißer Schwan in Tabernacle Street / Peter Grant Bd.8
Aaronovitch, Ben

Ein weißer Schwan in Tabernacle Street / Peter Grant Bd.8


ausgezeichnet

„Ein weißer Schwan in Tabernacle Street“ ist Band 8 der Kultreihe um Polizist und Zauberlehrling Peter Grant von Autor Ben Aaronovitch.

Der 28jährige Peter Grant ist suspendiert und bewirbt sich um einen Job bei Serious Cybernetics Corporation. Internet-Genie Terrence Skinner arbeitet an einem Geheimprojekt. Als Mitarbeiter der Sicherheitsabteilung versucht Peter herauszufinden was dahinter steckt.

Peters Suspendierung stellt Fragen auf. Der Rätsel wird nicht gleich aufgelöst. Kniffelig sind auch seine privaten Herausforderungen. Wer mit einer Flussgöttin zusammenlebt, hat es so schon nicht einfach. Jetzt kommt noch ein erschwerendes Detail hinzu. Die Dialoge zwischen Peter und Beverly Brook sind sehr unterhaltsam. Bei seinem neuen Job stößt Peter auf Ungereimtheiten. Das Mysteriöse wird gut ausgespielt und zum roten Faden der Geschichte. Nicht nur der Leiter der Einheit Spezielle Analysen Detective Chief Inspector Thomas Nightingale steht Peter zur Seite. Der neue Fall ist größer als gedacht. Wer ist der Strippenzieher im Hintergrund? Unter den Gegnern ist eine übermächtige Meistermagierin. Perfekt und sehr effektvoll inszeniert sind die überraschenden, abrupten Wendungen. Es geht ums nackte Überleben, aber auch hier kommt die Selbstironie nicht zu kurz. Der humorvolle Erzählstil ist unschlagbar. Peters Gedanken bringen zum Schmunzeln. Auch Haushälterin Molly sorgt mit ihren eigenwilligen Auftritten wieder für Lacher. Ihre Schwester Fingerhut spielt eine wichtige Rolle. Das Thema „Künstliche Intelligenz“ wird in eine originelle Geschichte verpackt. Das technische Drumherum ufert teils etwas aus. Verrat, Finten, schräge Details und explosive Wahrheiten, für Abwechslung ist gesorgt. Etwas zu kurz wird der Showdown abgehandelt. Effekte und eigenwillige Tricks sind gelungen.

Das Cover hat Seriencharakter. Autorenname, Titel und Details ziehen alle Blicke aufs Buch. „Ein weißer Schwan in Tabernacle Street“ ist nicht der beste Band der Kultreihe, der Unterhaltungswert ist trotzdem hoch. Für Fans ein absolutes Muss. Die Neugierde auf Band 9 und Peters besondere private Herausforderungen sind geweckt.

Bewertung vom 11.11.2020
Die Erben von Seydell - Das Gestüt / Die Gestüt-Saga Bd.1
Martaler, Sophie

Die Erben von Seydell - Das Gestüt / Die Gestüt-Saga Bd.1


sehr gut

„Die Erben von Seydell - Das Gestüt“ bildet den Auftakt zur Trilogie von Autorin Sophie Martaler. Hinter dem Pseudonym verbirgt sich ein nicht namentlich genanntes Autorenduo.

London 1947, nach der Beerdigung ihres Ehemannes Hugh erfährt Elisabeth Clarkwell von seinem folgenschweren Laster. Sie besucht ihren schwerkranken Onkel Robert in Norfolk. Er hat all die Jahre ein Geheimnis bewahrt. Was hat es mit dem Brief auf sich?

Elisabeths brenzlige Situation und ein Entschluss bilden die Basis für die Saga und Rückblicke. Der zweite Handlungsstrang beginnt im August 1889 in der Lüneburger Heide. Luises Geständnis bringt Alexander aus dem Gleichgewicht. Im Zentrum stehen das Gestüt Seydell und eine Liebesgeschichte. Die eigensinnige und temperamentvolle Luise erinnert ein bisschen an Scarlett O’Hara aus „Vom Winde verweht“. Auch sie steht zwischen zwei sehr gegensätzlichen Männern. Alexander hat ein Händchen für Pferde, ist sympathisch und beliebt. Ausgerechnet sein jähzorniger, hinterhältiger und brutaler Bruder Ludwig soll das Gestüt erben. Ihm geht es nur um Macht und Ansehen. Die drohenden Eskalationen und verhängnisvolle Geheimnisse sorgen für Spannung. Über lange Strecken liegt der Fokus auf diesem Teil der Geschichte. Luises Entwicklung überrascht. Sie wird mehr und mehr zur taffen Kämpferin. Die Herausforderungen wachsen, Heimlichtuereien und Raffinesse nehmen zu. Die Frauen stehen im Mittelpunkt der Saga. Auch Elisabeth braucht einen Plan, um sich aus der Misere zu retten. Für Atmosphäre sorgen Gestütskulissen in unterschiedlichen Ländern, Traditionen und Pferde mit viel Anmut und Persönlichkeit. So manche schicksalhafte Wende erschüttert und berührt. Im letzten Buchdrittel dreht die Geschichte noch einmal auf. Elisabeth trifft auf erbitterten Widerstand. Luise kann ihr Temperament nicht in Zaum halten. Die Dramatik nimmt zu. Der Cliffhanger ist sehr gelungen, die Neugierde auf Band 2 geschürt.

Cover und Titel stimmen auf eine schicksalhafte, fesselnde Geschichte ein. Die Details passen gut zum Inhalt und sorgen für Atmosphäre. „Die Erben von Seydell – Das Gestüt“ entführt in eine andere Zeit und verknüpft originelle Ideen mit historischen Daten und Fakten zu einer mitreißenden Trilogie. Rätsel, Geheimnisse und drohende Eskalationen halten die Spannung hoch. Die Vorgeschichte überzeugt in Band 1 mehr. Eine Leseprobe am Ende des Buches verspricht eine interessante Fortsetzung.

Bewertung vom 10.11.2020
Den letzten Gang serviert der Tod / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.13
Maurer, Jörg

Den letzten Gang serviert der Tod / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.13


sehr gut

„Den letzten Gang serviert der Tod“ ist Band 13 der Alpenkrimireihe um Kommissar Jennerwein von Autor Jörg Maurer. Ein komplexer Fall bringt das Ermittlerteam an seine Grenzen.

Ein Waldrestaurant wird zur Mordkulisse. Täter und Motiv bleiben im Dunkeln. Die Anzahl der Verdächtigen nimmt stetig zu. Was ist wirklich geschehen? Bei den Ermittlungen kommen unfreiwillig düstere Geheimnisse ans Licht.

Die Einleitung mit dem Fokus auf Kochkünste ist ungewöhnlich. Tatsächlich dreht sich in Band 13 alles um den Zauber der kulinarischen Genüsse, die besondere Kochleidenschaft, Geduld und Raffinesse. Ausgerechnet ein Kochclub-Treffen steht im Mittelpunkt eines kuriosen Mordgeschehens. Der Fall ist derart komplex und unübersichtlich, dass Kommissar Jennerwein ein paar Trümpfe aus dem Ärmel ziehen und auch mal über seinen Schatten springen muss. Skurrile Mordtheorien und Details, es macht Spaß mitzurätseln und das Wirrwarr aufzudröseln. Die scheinbaren Auflösungen werden immer abstruser und vernebeln die Sicht auf die Wahrheit. Urige Typen tauchen auf. Jeder hat auf die ein oder andere Weise Dreck am Stecken und ein schlechtes Gewissen. Sehr gelungen sind die Seitenhiebe auf Bewertungsportale, notorische Meckerer, Kochkünstler und Pseudo-Pilzexperten. Die wundersame Palette kurioser Pilzarten ist es auch, die sich durch den Krimi zieht und zum Schmunzeln bringt. Mit der steigenden Anzahl von Akteuren wirkt die Story zeitweise etwas überladen. Aufgrund ihrer speziellen Eigenarten, Berufe und Co lassen sich die Charaktere weitestgehend gut auseinanderhalten. Spekulationen werden von kniffeligen bis unterhaltsamen Anhaltspunkten angeheizt. Es bleibt viel Platz für Interpretationen. Zum Schluss zieht das Tempo an, die Ereignisse überschlagen sich und beim Humor wird die langersehnte Schippe drauf gelegt. Kommissar Jennerwein in Hochform! Kommando zurück! wird zum Kaulauer. Zwei Randfiguren trauen ihren Beobachtungen nicht. Herrlich amüsant!

Das Cover hat Seriencharakter, Humor und stimmt auf eine skurrile Geschichte ein. „Den letzten Gang serviert der Tod“ legt den Fokus auf den rätselhaften Fall. Die zwischenmenschliche Situationskomik kommt zu kurz. Lustige Pilzsorten, schräge Theorien und Wendungen und das rasante Ende machen Einiges wieder wett.

Bewertung vom 07.11.2020
Amissa. Die Verlorenen / Kantzius Bd.1
Kodiak, Frank

Amissa. Die Verlorenen / Kantzius Bd.1


sehr gut

„Amissa – Die Verlorenen“ bildet den Auftakt zur Thrillerreihe um die Privatermittler Jan und Rica Kantzius von Autor Frank Kodiak. Frank Kodiak ist das Pseudonym von Andreas Winkelmann.

Ex-Polizist Jan Kantzius und seine Frau Rica werden in dramatische Ereignisse verwickelt. Schnell ist klar, dass mehr hinter den grauenvollen Entwicklungen stecken muss. Sie beginnen auf eigene Faust zu ermitteln und treffen auf einen alten Bekannten.

Der direkte Einstieg sorgt für Spannung und katapultiert innerhalb weniger Zeilen in die Geschichte. Handlungswechsel, ein Familienstreit eskaliert. Eine schreckliche Zeit der Selbstvorwürfe und des Wartens beginnt. Im Dunkeln bleiben die Zusammenhänge. Spekulationen werden angeheizt. Die Irrwege sind gut inszeniert. Nur ein Schicksal ist sicher, aber auch hier gibt es kein vollständiges Bild. Der Jagdinstinkt bei Jan und Rica ist geweckt. Sie sind ein interessantes Ermittlerpaar. Der Fokus liegt auf Liebe und Vertrauen. Was ist in der Vergangenheit passiert? Andeutungen weisen auf schlimme Erlebnisse hin, die beide zusammengeschweißt hat. Ihre Gegenspieler agieren kaltblütig und gewissenlos. Das Ausmaß ist noch nicht abzusehen. Es lässt sich aber erahnen. Der ermittelnde Hauptkommissar Arthur König, Spitzname King Arthur, ein Ex-Kollege von Jan, schmeißt ihnen Knüppel in den Weg. Die Zwistigkeiten sorgen für eine zusätzliche Baustelle, die ihnen immer wieder das Leben erschwert. Perspektivwechsel und Rückblicke erzählen von den Opfern und ihr Martyrium. Der Kampf ums Überleben ist noch nicht vorbei. Dieses Fünkchen Hoffnung lodert wie ein Feuer und steigert die Spannung. Jan und Rica stoßen in ein Wespennest und geraten immer mehr in Gefahr. Nur langsam setzt sich das Puzzle zusammen. Rica überrascht mit ihrem Hackertalent. Die beiden sind ein eingespieltes Team und haben noch ein paar Trümpfe in der Rückhand. Die Zeit drängt. Das Grauen nimmt zu. Der Showdown zum Ende wird zu schnell abgehandelt. Hier wäre mehr nervenaufreibende Spannung drin gewesen. Die Kulisse ist gut gewählt und untermalt Entsetzen und Aussichtslosigkeit. Eine in sich schlüssige und realitätsnahe Geschichte, die teils ein Quäntchen zu viel verrät.

Der Cover setzt auf Autorenname und Titel. Die Neugierde auf den Thriller ist geweckt. „Amissa – Die Verlorenen“ ist ein gelungener, fesselnder Auftakt. Ein bisschen Luft nach oben bleibt noch für die Folgebände. Die Entdeckungen aus Band 1 werden das eingeschworene Ermittlerteam noch länger beschäftigen.

Bewertung vom 05.11.2020
Ein gutes Dutzend wilde Pilze
Langer, Ewald

Ein gutes Dutzend wilde Pilze


ausgezeichnet

„Ein gutes Dutzend wilde Plize – Finden & Geniessen“ von Biologe Ewald Langer befasst sich mit den Top 12 der Speisepilze vom Austern-Seitling bis zum Fichten-Steinpilz. Zur selben Naturratgeber-Reihe gehört „Ein gutes Dutzend wilde Beeren – Finden & Geniessen“ von Otmar Diez.

„Wissenschaftler haben mit neusten genetischen Techniken herausgefunden, dass es weltweit bis zu fünf Millionen Pilzarten geben könnte. Zurzeit sind jedoch nur 120.000 davon in wissenschaftlichen Publikationen beschrieben. Es gibt also noch viel zu entdecken!“

Die Einleitung geht auf ungewöhnliche Sorten wie Tintenfischpilz und Erdstern ein und weist auf Regeln wie Wegegebote und Sammelverbote hin. Es gibt geschützte Pilzarten und Pilzvereine, die Einsteigern und Fortgeschrittenen helfen sich, im Dschungel der Pilze zurechtzufinden. Ob fleischfressende Pilze oder giftige Exemplare, die Vielfalt ist riesig. Der Naturführer widmet sich den begehrtesten Speisepilzen und stellt sie mit Hilfe von Fotos und Texten in Porträts vor. Es wird auf Aussehen, Besonderheiten, Fundorte und Verwechslungsmöglichkeiten eingegangen. Was ist wichtig bei der Zuordnung, welches sind die Schlüssel-Details? Es geht auch um Haltbarkeit, Lagerung und Verwendungsmöglichkeiten. Pfiffige Rezepte runden das Bild ab. Nicht immer sind trotz guter Qualität auf den teils kleinen Fotos Farben und Details perfekt auszumachen. Die präzisen Beschreibungen helfen dabei Zweifel auszuräumen. Wer mit dem Pilzsammeln anfängt oder sich mit neuen Pilzsorten befasst, sollte zunächst auf persönliche Expertenberatung setzen und einen Kurs besuchen. Verwechslungen können schlimme Folgen haben, die es zu vermeiden gilt. Im Serviceteil am Ende des Buches sind Giftnotrufzentralen und Giftinformationszentren aufgelistet. Auf der eingeklappten Buchseite am Ende lassen sich zusätzlich giftige Pilze finden, die nicht unter den Verwechslungsrubriken aufgelistet sind. Im kurzen „Interview mit dem Autor“ erzählt Ewald Langer von seiner Pilzleidenschaft und wie sie entstanden ist.

Das Cover stimmt mit dem Pilz in freier Natur auf ein besonderes Hobby ein. Der Naturführer hat ein praktisches Format, passt in die Umhängetasche und eignet sich nicht nur für den Waldspaziergang. „Ein gutes Dutzend wilde Pilze – Finden & Geniessen“ ist ein hilfreiches Bestimmungsbuch und bringt einem die Faszination Pilze und ihre kulinarische Vielfalt näher. Der Autor empfiehlt in seinem Interview Einsteigern, sich mit erfahrenen Pilzsammlern zusammenzuschließen. So lässt sich in kurzer Zeit viel lernen.

Bewertung vom 04.11.2020
Ein gutes Dutzend wilde Beeren
Diez, Otmar

Ein gutes Dutzend wilde Beeren


ausgezeichnet

In „Ein gutes Dutzend wilde Beeren – Finden & Geniessen“ von Otmar Diez dreht sich alles um die Top 12 der essbaren Beeren von der Berberitze bis zum Weissdorn.

„Man muss nicht in die Ferne schweifen, um an gesunde Früchte zu gelangen. Auch einheimische Beeren stecken voll wertvoller Inhaltsstoffe, Mineralien, den Vitaminen A, C, E, Kalium, Calcium, Phosphor, Pektin, Carotin, Folsäure, Silizium, Zink, Eisen, Magnesium und vielen Ballaststoffen.“

Die Einleitung hat Tipps für die Sammelorte und Ausrüstung parat, geht auf die Angst vor Zecken und Fuchsbandwurm ein und nimmt sich auch dem Thema „Eigener Beerengarten“ an. Fotos veranschaulichen die Ratschläge. Der Ratgeber ist übersichtlich aufgeteilt und widmet sich den einzelnen Beerensorten überraschend ausführlich. „So sieht sie aus!“, „So findest du sie!“, „Vorsicht Verwechslung!“ sind nur ein Teil der wichtigen Rubriken. Die jeweilige Beerensorte wird per Foto auf einer Doppelseite vorgestellt. Nach der optischen Einleitung folgen interessante, leicht wieder aufzufindende Informationen. Naturheilkunde und leckere Rezepte runden die Themen ab und bilden einen perfekten Ausklang. Der einheimischen Superfood kann man nach den geballten Eindrücken nicht mehr widerstehen. Jede Beerensorte hat ihren Reiz und lässt sich vielfältig verwenden. Die lehrreichen Tipps haben nicht nur für Einsteiger etwas Neues parat. Etwa 400 Brombeerarten gibt es in Deutschland und sogar eine stachelfreie Sorte. Hilfreich und originell ist die Auflistung von besten Freunden zur jeweiligen Beerensorte. Bei der Berberitze sind es Kiefer und Wacholder. Der Überblick am Anfang des Buches hilft, die Informationen zur gewünschten Beere schnell wiederzufinden. In der Rubrik „Service“ am Ende sind u.a. die Giftnotrufzentralen und Giftinformationszentren aufgelistet. Auf der eingeklappten Seite am Ende finden sich Abbildungen der giftigen Beeren. Was generell im Innenteil unter „Vorsicht Verwechslung!“ fehlt ist eine direkte fotografische Gegenüberstellung. So funktioniert der Vergleich nur mit umständlichen Hin-und Herblättern, was bei geringem Wissen und sehr ähnlichen Beeren bzw. Pflanzen nötig ist.

Das Cover macht mit Foto und Titel Lust auf das Thema „Wilde Beeren“. Das Buchformat passt perfekt für Handtasche oder Reisegepäck. „Ein gutes Dutzend wilde Beeren – Finden & Geniessen“ überrascht mit vielen hilfreichen und informativen Tipps und animiert dazu, die vielfältigen Rezepte auszuprobieren. Bei geringem Wissen und Zweifeln ist ein praktischer Kurs ratsam, um sich dem Wildbeeren pflücken anzunähern.

Bewertung vom 30.10.2020
Love & Bullets
Kolakowski, Nick

Love & Bullets


ausgezeichnet

In „Love & Bullets“ von Autor Nick Kolakowski trifft Bill folgenschwere Entscheidungen und macht sich mächtige Feinde. Gibt es ein Entkommen?

„Irgendwann kommt der Punkt, da schaut ein armer Trottel Sie an und sagt: „Das ist der schlimmste Tag meines Lebens.“ Die Geschichte einer Verfolgungsjagd beginnt, die durch mehrere Länder führt.

Der Einstieg mit einer außergewöhnlichen Perspektive ist gelungen. Eine brenzlige, aussichtslose Lage sorgt für Hochspannung. Abzocker Bill hat sich mit den Falschen angelegt und steckt ironischerweise gleich doppelt in der Klemme. Die Hauptfigur hat Unterhaltungswert. Trotz aller Schwierigkeiten kann er bestimmte Angewohnheiten nicht ablegen und bringt sich damit in skurrile und gefährliche Situationen. Seine Gegner sind mordlustig, eiskalt und unberechenbar. Bills Dummheiten machen ihn sympathisch. Ausgerechnet seine Ex Fiona taucht auf der Bildfläche auf. Die Pläne der cleveren Killerin sind anfangs undurchsichtig. Auf welcher Seite steht sie? Der Dritte im Bunde ist ein eigenwilliger Auftragskiller, der Zeuge von Bills Odyssee wird. Perspektiven und Ich-Erzähler sorgen für Humor. Bills rasante Flucht hat viele überraschende und packende Wendungen parat. Das Tempo bleibt auf hohem Niveau. „Bonnie und Clyde reloaded“ mit Witz, Ironie und Sarkasmus. Die Geschichte wirkt trotz abgefahrener Szenen und sich überschlagener Ereignisse realitätsnah. Es fällt leicht Bill zu zu trauen, sich in derart verzwickte Lagen zu bringen. Mit Bills und Fionas Entscheidungen steigen Spannung und Bedrohungen. Dialoge und flapsige Sprüche sind gelungen. Eine Wende überrascht und schockiert. Die Auflösung folgt etwas später. Verrat, Lügen, Misstrauen, exzentrische Gegner geben sich launisch. Das Tempo zieht zum Showdown noch einmal an. Undurchsichtiges fließt mit ein. Der finale Handlungsort hat viel Action- und Ausweglosigkeit-Potential. Packend und effektvoll bis zum Schluss.

Das Cover setzt auf den Titel und überrascht mit der Elvis-Figur. Der Titel ist Programm und passt mit dem speziellen Detail perfekt zum Inhalt. „Love & Bullets“ spricht Actionfans an. Ein Haufen Leichen pflastern ihren Weg. Vieles ist nicht vorhersehbar. Perspektivwechsel und mehrere Handlungsstränge erhöhen die Spannung. Popcornkino zum Lesen. Sehr empfehlenswert, aber nichts für Zartbesaitete.

Bewertung vom 19.10.2020
Die große Pause
Bielendorfer, Bastian

Die große Pause


sehr gut

In „Die große Pause – Mein Corona-Tagebuch“ erzählt Autor und Comedian Bastian Bielendorfer aus seinem alltäglichen Leben während der monatelangen Ausnahmesituation.

„Ich muss diese seltsame Zeit irgendwie festhalten, um nicht den Bezug zur Realität zu verlieren, so unwirklich fühlt sich das alles an. Ich beginne mit meinem Corona-Tagebuch.“ Von der Zwangswohngemeinschaft mit Frau, Mops und Schwiegermutter über skurrile Begegnungen bis zur 10km-Challenge, Bastian Bielendorfer plaudert aus dem WG-Nähkästchen und nimmt Absurditäten aufs Korn.

Der Prolog gewährt Einblicke in die Tücken und Herausforderungen einer Kameraprobe. Ob kroatische Allzweckwaffe oder Glücksbringer, es fällt leicht sich in Atmosphäre und Situation hinein zu finden. Offenheit, Ehrlichkeit und Ironie, Bastian mit Stärken, Schwächen und humorvollen Beobachtungsgabe ist einfach sympathisch. Sein Corona-Tagebuch beginnt am 14.März in Berlin kurz vorm Auftritt und drohenden Lockdown. Die Virus-Angst greift um sich. Veränderungen sind spürbar. Erst mit seiner Abreise nach Köln und den täglichen Herausforderungen nimmt der Unterhaltungswert zu, und der Comedian in Bastian kommt richtig in Fahrt. Köln hat Skurriles zu bieten. Fast noch mehr Lacher produzieren die Telefongespräche mit Papa. Eigenarten, Sturheit und Eigensinn haben Trumpf. Da wird auch mal gerne auf Durchzug geschaltet. Überhaupt steht die Familie sowieso an erster Stelle und rückt zusammen. Manchmal unfreiwillig. Der ein oder andere Kompromiss in der anhaltenden Ausnahmesituation muss her. Hyperaktivität der Schwiegermutter kann schon mal zum Problem werden. Es werden aber auch ernste Themen wie Lieblingsvirologen, Merkel, Trump und Verschwörungstheorien abgehandelt. Für Pausen-Spaß sorgt Mops Otto, der über ausgeprägte Tröst- und Kampfgene verfügt. Vergleiche und Beschreibungen sind bühnenreif und wecken Erinnerungen an Zeiten als Gast im Publikum. Im letzten Buchdrittel wird noch einmal an den Lachmuskeln gekitzelt, bis es zum Ende des Epilogs „Der leere Stuhl“ ernster zugeht und ein Verlust zu Tränen rührt.

Das Cover setzt Titel und Komiker mit einem kleinen Detail humorvoll in Szene. Der Comedian ohne Starallüren hat Anziehungskraft. „Die große Pause – Mein Corona-Tagebuch“ braucht ein paar Tagebucheinträge um auf Spaßlevel zu kommen. Humor und Statements zeigen Komiker-Persönlichkeit und sind treffsicher. Skurrile Erlebnisse wecken eigene Erinnerungen. Wird es eine Fortsetzung geben? Herbst und Winter haben noch einige Absurditäten parat.

Bewertung vom 15.10.2020
Dream Big
Nassar, Zeina

Dream Big


sehr gut

In „Dream Big - Wie ich mich als Boxerin gegen alle Regeln durchsetzte“ erzählt Boxerin und Autorin Zeina Nassar von ihrem Lebensweg, Widerständen, Herausforderungen, Niederlagen und Siegen.

Mit 13 Jahren beginnt Zeina Nassar mit dem Boxsport und nimmt mit 15 Jahren an ihrem ersten offiziellen Wettkampf teil. „Ich bin erst fünfzehn Jahre alt und schon Wegbereiterin. Ich bin das erste Mädchen, die erste Frau, die offiziell mit dem Kopftuch in den Ring steigt.“

„Dieses Buch widme ich allen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die ähnliche Situationen, wie ich sie erlebte, überwunden haben. Aber auch allen, die weniger erfolgreich waren oder die ans Aufhören denken. Glaubt weiter an eure Ziele und sucht euch euren Weg. Folgt euren Träumen und verändert euer Leben.“ Die Widmung am Anfang des Buches stimmt auf eine beeindruckende Persönlichkeit ein, die sich von ihren Wünschen, Träumen und Zielen nicht abbringen lässt. Eine Niederlage erschüttert, bedeutet aber nicht das Aus. Zeinar Nassar gewährt persönliche Einblicke, erzählt von ihren Eltern und Geschwistern, vom Libanon, ihrem Glauben, wichtigen Entscheidungen und der Liebe zum Sport. Schonungslos ehrlich und offen berichtet sie aus ihrem Leben voller Höhen aber auch Tiefen. Mit wachsendem Selbstbewusstsein erkämpft sie sich Respekt, erst auf dem Fußballplatz dann beim Boxen. Immer den Traum vom außergewöhnlichen Leben vor Augen. „Ich bin nicht nur anders, ich bin besonders. Und viele Menschen da draußen sind es auch, obwohl sie belächelt werden.“ Ihr Kampfgeist, eiserner Wille und ihre Karriere machen Mut. Sie wird zum Vorbild für Andere. Entwicklung und Veränderungen sind spannend. Es geht immer wieder darum, den eigenen Weg neu zu bewerten. Manchmal geschieht dies gezwungenermaßen. Sie schafft es, kleine und große Rückschläge zu überwinden und nach Vorne zu schauen. In der Buchmitte dokumentieren Fotos ihren Weg zur erfolgreichen Sportlerin und Botschafterin für Visions for Children. Am Ende des Epilogs macht sie abschließend noch einmal auf sympathische und persönliche Weise Mut, seine Träume zu leben.

Das Cover zeigt eine starke, ungewöhnliche Frau, die ihren Weg geht. Der Titel fasst den Inhalt zusammen und weckte die Neugierde. „Dream Big - Wie ich mich als Boxerin gegen alle Regeln durchsetzte“ spricht Menschen an, die auch mal an sich zweifeln und einen neuen Energieschub benötigen. „Und wenn du anders bist, so wie ich mit meinem Boxstil, dann bist du besonders. Finde das, was in dir lodert, und bringe es zum Brennen, Träume, und tu etwas dafür. Denn Träumen ohne Taten bleiben Träume.“ Worte, die etwas bewegen können und vielleicht sogar neue Wege eröffnen.

Bewertung vom 11.10.2020
Golden wie Blut / Die Göttinnen von Otera Bd.1
Forna, Namina

Golden wie Blut / Die Göttinnen von Otera Bd.1


sehr gut

„Die Göttinnen von Otera – Golden wie Blut“ ist das Debüt von Autorin Namina Forna und bildet den Auftakt zur Fantasy-Trilogie.

Die 16jährige Deka ist Außenseiterin in ihrem Dorf Irfurt und wünscht sich nichts sehnlicher, als das Ritual der Reinheit zu bestehen und offiziell in die Dorfgemeinschaft aufgenommen zu werden. Ihr Vater macht ihr Mut. Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse.

Die Trilogie nimmt sich dem Thema „Unterdrückung der Frau“ auf ungewöhnliche Weise an. Dekas Schicksal berührt. Mit ihrer braunen Hautfarbe sieht sie aus wie eine Südländerin und erinnert die Dorfbewohner an die verhassten Stämme. Weil sie ein Mädchen ist, wird sie unterdrückt. Sie will es nur allen Recht machen und dazugehören. Es geht um Manipulation und Verrat. Die Schlüsselfigur in Dekas Leben ist ihre tote Mutter. Mit einer sich anbahnenden Wende beginnt Dekas Abenteuer. Schwer zu ertragen sind Grausamkeiten und Gräueltaten, die ein Großteil der Geschichte ausmachen. Es herrscht Krieg, und die Gegner scheinen übermächtig. Eine Schlacht jagt die nächste. Dekas Suche nach der Wahrheit stößt auf große Widerstände. Sie schließt ungewöhnliche Freundschaften. Deka und die ihr nahestehenden Charaktere werden zum Fundament der Geschichte. Zusammenhalt und Überleben ist bald das Wichtigste. Es fällt leicht mit den Hauptfiguren mitzufiebern, besonders als noch die Liebe ins Spiel kommt. Drei phantasievolle, sympathische Wesen steigern den Unterhaltungswert. Das viele Blutvergießen dagegen schockiert. Ein undurchschaubarer Charakter besticht mit seinen Geheimnissen. Was für eine Strategie verfolgt sie? Auch Deka stellt weiterhin Fragen auf. Wer ist sie wirklich? Die Auflösung nach Irrungen und Wirrungen wirkt trotz aller Erklärungen nicht ganz wasserdicht. Zu sehr wird alles plötzlich aus einer anderen Perspektive betrachtet. Mit einer kniffeligen Situation steigt zum Ende noch einmal die Spannung. Zwar bleibt der erwartete Cliffhanger aus, die Neugierde auf die Fortsetzung des Abenteuers wird trotzdem geschürt.

Das Cover passt perfekt zum Inhalt, beeindruckt mit kreativen Details und einer effektvoll in Szene gesetzten Hauptfigur. Rot und Gold unterstreichen das Magische und Abenteuerliche. „Die Göttinnen von Otera – Golden wie Blut“ überzeugt mehr mit gegensätzlichen Charakteren, wachsender Freundschaft und Liebe. Die Trilogie ist für Heranwachsende ab 14 Jahren gedacht und nichts für Zartbesaitete. Phantasievolle Geschöpfe lassen das Schlachtgetümmel auch mal vergessen. Umso schöner, dass sie aus dem anfänglichen Schattendasein hervortreten. Gerne mehr davon.