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Benutzername: 
Zabou1964
Wohnort: 
Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 193 Bewertungen
Bewertung vom 02.06.2016
Wie ein fernes Lied
Jary, Micaela

Wie ein fernes Lied


ausgezeichnet

Ich mag die Bücher von Micaela Jary sehr, ihre bildhafte Sprache, die mich jedes Mal in die Handlung zieht und einen Film vor meinem inneren Auge entstehen lässt. In diesem Werk hat sie es geschafft, dass ich auch die Musik gehört, ja förmlich gespürt habe. Sie ist unverkennbar die Tochter eines Musikers, genau wie ich. Schon aus diesem Grund war dieser Roman für mich Pflichtlektüre, eine Pflicht, der ich ausgesprochen gerne nachgekommen bin.

Der Roman besteht aus zwei Handlungssträngen, wobei mich die Geschichte Margas, die zu Beginn des zweiten Weltkrieges spielt, mehr gepackt hat. Aber auch der zweite Strang, der in der Gegenwart spielt und von einer Begegnung der jungen deutschen Pianistin Andrea mit einem alten Herrn erzählt, konnte mich begeistern. Die Geschichte beginnt mit einem Abschied. Marga muss sich von ihrem Jugendfreund und ihrer Liebe, den Halbjuden Michael, verabschieden. Es ist 1939, die Juden werden in Deutschland verfolgt. Michael gelingt es, als Klarinettist ein Engagement in der Schweiz zu bekommen. Marga bleibt allein in Hamburg zurück, kann Michael aber nicht vergessen. Als sie erfährt, dass er in Paris unter dem Namen Jules Delabord lebt, setzt sie alles daran, die Liebe ihres Lebens wiederzusehen.

Im Jahr 1999 begegnet die junge Pianistin Andrea, die sich ihren Lebensunterhalt als Pianistin in einer Hotellobby verdient, einem alten Herrn, der ihr als einziger zuhört. Als sie ihn ansprechen will, läuft er förmlich vor ihr weg – direkt vor ein Auto. Sie kann den geheimnisvollen Mann nicht vergessen und begibt sich auf Spurensuche.

Die Geschichte klingt zunächst recht vorhersehbar, was sie aber nicht ist. Durch einige überraschende Wendungen ist es der Autorin gelungen, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Dabei habe ich besonders mit Marga gelitten, geweint und getanzt. Aber auch Andreas Schicksal hat mich immer mehr gepackt. Nach 544 Seiten konnte ich das Buch mit einem glücklichen Seufzen schließen, obwohl es mir sehr schwer fiel, von den liebgewonnenen Figuren Abschied zu nehmen.

Fazit:
Ganz großes (Kopf)-Kino mit einem mitreißenden Soundtrack!

Bewertung vom 03.04.2016
Das Schicksal der Templer / Die Templer Bd.3
André, Martina

Das Schicksal der Templer / Die Templer Bd.3


ausgezeichnet

Martina André ist eine meiner Lieblingsautorinnen. Deshalb freue ich mich über jedes neue Werk von ihr. Neben zahlreichen Einzeltiteln hat sie die Templer-Reihe veröffentlicht, aus der nun mit „Das Schicksal der Templer“ der vierte Band vorliegt. Da ich bereits die ersten drei Teile sehr gerne gelesen habe, war der vierte Teil natürlich Pflichtprogramm.

Die Geschichte um den Tempelritter Gero und seine Frau Hannah, die aus der Gegenwart stammt, wird im Jahr 1315 fortgesetzt. Die beiden leben auf der Burg von Geros Eltern. Hannah erwartet ein Kind, Gero soll der Nachfolger seiner Tante Margaretha, einer Gräfin, werden. Es könnte also endlich Frieden einkehren für das Paar. Doch die Inquisition ist noch nicht beendet und ein alter Feind Geros hat die Suche nach ihm und seinen überlebenden Kameraden wieder aufgenommen. Gero und Hannah müssen fliehen. Auf ihrer Flucht begegnen sie Sir Walter of Clifton, der Gero bittet, ihm bei der Rettung des Schatzes der Templer zu begleiten. Ein spannendes Abenteuer führt die Templer unter anderem nach Schottland. Ihre Verfolger sind ihnen dabei immer dicht auf den Fersen.

Neben Gero und Hannah tauchen in diesem Teil der Reihe wieder einige alte Bekannte auf, was mich sehr gefreut hat. Durch regelmäßige Rückblicke, die geschickt in die Geschichte eingeflochten sind, war mir die Handlung der vorherigen Bände schnell wieder präsent. Durch zahlreiche überraschende Wendungen verliert die Geschichte trotz der 848 Seiten nie an Spannung. Die Zusammenhänge sind allerdings teilweise recht kompliziert, sodass man schon konzentriert lesen muss. Ein Buch für Nebenher zum Abschalten ist dieses Werk mit Sicherheit nicht.

Martina Andrés Romane zeichnen sich nicht nur durch Spannung, sondern auch durch eine hervorragende Recherchearbeit aus. Auch in diesem Werk vermischt sie wieder Reales mit Fiktion. Einige Figuren sind historisch belegt, was im Personenverzeichnis im Anhang erklärt wird. Dazu kommt in der Templer-Reihe der Faktor Zeitreise. Mich faszinieren Geschichten dieser Art. Die Autorin versteht es ausgezeichnet, Historisches, Mystisches und Spannung zu verknüpfen.

Das Ende der Geschichte lässt auf eine Fortsetzung hoffen, die ich mit Sicherheit auch wieder lesen werde. Martina Andrés Bücher sind Garanten für intelligentes und spannendes Lesevergnügen.

Fazit:
Auch in der vierten Runde hat die Geschichte der Templer nicht an Spannung verloren.

Bewertung vom 23.11.2015
Rentierköttel / Torsten, Rainer & Co. Bd.3
Simon, Lars

Rentierköttel / Torsten, Rainer & Co. Bd.3


ausgezeichnet

Im dritten, und leider letzten, Teil seiner Trilogie um Torsten Brettschneider und seinen Chaos-Kumpel Rainer verschlägt es die beiden nach Lappland. Schon der erste Band „Elchscheiße“ sowie der zweite „Kaimankacke“ konnten mich begeistern, aber mit „Rentierköttel“ hat sich Lars Simon selbst übertroffen: So gelacht habe ich lange nicht mehr!

Torsten Brettschneider ist ein wenig erfolgreicher Mittdreißiger, der im ersten Band einer Erbschaft wegen nach Schweden gezogen ist. Eigentlich wollte er einen Ratgeber für Männer schreiben, woraus bisher aber noch nichts geworden ist. Immerhin hat er im vorliegenden dritten Band ein Haus gekauft, was sich allerdings als ziemlich renovierungsbedürftig herausstellt. Seine Angebetete Linda will auch nicht wirklich etwas von ihm wissen. Sie hat sich auf die Reise nach Lappland begeben, um ihren Ex-Freund Olle zu treffen. Als sie sich immer seltener bei ihren Eltern meldet, machen sich diese Sorgen und bitten ausgerechnet Torsten, nach ihr zu suchen. Der macht sich tatsächlich auf den Weg, im Schlepptau seinen chaotischen Kumpel Rainer. Dass dabei nichts Gutes herumkommt, ahnte ich schon. Aber Torsten und Rainer erwischt es ganz dicke …

Torsten ist mir im Laufe der Reihe immer mehr ans Herz gewachsen. Er ist so ein Mann, den Frau am liebsten schütteln möchte, damit er endlich mal aufwacht und „in die Puschen“ kommt. Sein Freund Rainer toppt ihn allerdings um Längen und hat meine Lachmuskeln wieder bis zum Äußersten gereizt. Als ewiger Student der Sozialpädagogik ist er natürlich krass sozial eingestellt und versucht grundsätzlich, immer alles erst einmal auszudiskutieren. Sein Aussehen, das man sich übrigens auf der Website von Lars Simon anschauen sollte, macht die Reaktion seiner Umgebung auf ihn auch nicht gerade besser. Dabei ist er ein herzensguter Mensch, der mir von allen Charakteren der liebste ist.

Auf ihrer Reise begegnen die beiden Freunde aber noch ganz anderen Gestalten. Ich bin aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen und habe mich oft gefragt, wie Lars Simon sich diese Figuren ausdenken konnte. Im Grunde ist es mir aber egal, er hat mir mit „Rentierköttel“ so manches herzhafte Lachen entlockt und mir so ganz nebenbei auch noch den Norden Schwedens im Winter nähergebracht. Ich finde, diese Reihe sollte unbedingt verfilmt werden! Die Zuschauer in den Kinosälen würden mit Muskelkater im Bauch das Haus wieder verlassen. Mein Kopfkino hat mir jedenfalls herrliche Bilder gezeigt.

Man kann diesen dritten Teil der Reihe natürlich auch lesen, ohne die vorgehenden Bände zu kennen – sollte man aber nicht, denn dann verpasst man zwei weitere superwitzige Bücher.

Fazit:
„Extremst krass witziger“ Abschluss der Trilogie mit lustigen Tierkot-Namen.

Bewertung vom 23.10.2015
Tanz des Vergessens
Rehn, Heidi

Tanz des Vergessens


ausgezeichnet

Ich habe schon einige Bücher von Heidi Rehn gelesen und war stets begeistert von ihrer Schreibweise. Auch mit ihrem neuesten Werk „Tanz des Vergessens“ konnte sie mich wieder überzeugen. Handlungsorte des Romans sind München, wo die Autorin selbst lebt, und Berlin. Die Geschichte spielt nach dem Ersten Weltkrieg.

Die junge Lou lebt mit ihrem Verlobten Curd in München. Als im Mai 1919 die Räterepublik zerschlagen wird, gibt es Unruhen auf Münchens Straßen. Durch ein tragisches Unglück kommt Curd dabei ums Leben. Lou macht sich bittere Vorwürfe, dass sie Curd wegen einer Besorgung nach draußen geschickt hat. Judith und Max, Curds Freunde aus Wien, stehen ihr zur Seite. Über ihre unermessliche Trauer hilft ihr das Tanzen hinweg. Sie findet eine Anstellung als Täschnerin und eine neue Bleibe bei der Tochter ihres Arbeitgebers, die ihr bald zur Freundin wird. Auf ihren nächtlichen Streifzügen durch Münchens Nachtleben lernt sie den wesentlich älteren Ernst kennen, der allerdings verheiratet ist. Ein sehr pikantes Arrangement ermöglicht es den beiden dennoch, sich regelmäßig zu sehen. Aber auch dieses kleine Glück währt nicht lange. Lou muss ihren Weg finden und begibt sich nach Berlin.

Heidi Rehn ist es mal wieder gelungen, mir ihre Protagonistin ans Herz wachsen zu lassen. Mit Lou hat sie einen außergewöhnlichen Charakter geschaffen. Ich konnte mich in die junge Frau hineinversetzen, mit ihr lachen und weinen. Zudem hat sie ihre Geschichte zu einer interessant Zeit in Deutschland angesiedelt. Die politische Situation in der Weimarer Republik war mir bisher nicht sehr geläufig. Die Wirtschaftskrise, die galoppierende Inflation und das Aufkommen der braunen Gesinnung hat Heidi Rehn geschickt in ihre Geschichte eingeflochten. Aber auch die Roaring Twenties, Tanzvergnügen, das Leben der Künstler und die Mode finden Erwähnung. Man merkt dem Roman eine gründliche Recherchearbeit an.

Lous Geschichte hat mich von Anfang an fesseln können. Sehr gefühlvoll erzählt die Autorin, wie es der jungen Frau, die durch den Verlust ihres Verlobten sehr verletzt ist, ergeht. Aber auch die Nebenfiguren waren sehr gut ausgearbeitet. Judith, Lous Freundin, war mir die liebste. Mit ihrer direkten und zupackenden Art hat sie mir am besten gefallen. Anhand dieser Figur lernt der Leser auch etwas über die gleichgeschlechtliche Liebe zu Anfang des letzten Jahrhunderts.

Am Ende des Buches befindet sich ein Glossar mit zeitgenössischen und lokal geprägten Ausdrücken, das sehr hilfreich ist. Ein ausführliches Nachwort der Autorin rundet den Roman ab und gibt noch einige Erklärungen zum Thema.

Fazit:
Mit „Tanz des Vergessens“ ist Heidi Rehn ein atmosphärisch dichter und spannender Roman gelungen, an den ich noch lange und gerne zurückdenken werde.

Bewertung vom 23.08.2015
Die Tochter des Medicus
Bertram, Gerit

Die Tochter des Medicus


ausgezeichnet

Seit seinem ersten Roman verfolge ich bereits mit wachsender Begeisterung das Schaffen des Autorenpaares Gerit Bertram. Mit großer Spannung und hohen Erwartungen habe ich das Erscheinen ihres neuesten Werkes „Die Tochter des Medicus“ herbeigesehnt. Meine Erwartungen wurden nicht nur erfüllt, die Autoren haben sie sogar übertroffen. Die Geschichte um Alisah Friedmann hat mich bewegt, gerührt und neugierig gemacht auf das Leben der Juden und die Arbeit der Mediziner im späten Mittelalter.

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen. In der Gegenwart erbt Gideon Morgenstern, ein jüdischer Buchhalter, der in Italien lebt, von seinem Großvater einen Koffer, den Koffer „wider das Vergessen“, in dem seit Generationen Erinnerungsstücke aus dem Leben der Familienmitglieder gesammelt und weitergegeben werden. In diesem findet Gideon unter anderem das Tagebuch seiner Vorfahrin Alisah Friedmann, Tochter eines Medicus, die im Jahr 1519 Waise und mit allen anderen Juden aus Regensburg vertrieben wird. Ihr größter Wunsch ist es, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten und Medica zu werden. Doch Anfang des 16. Jahrhunderts ist dieser Beruf Männern vorbehalten. Aber Alisah geht ihren Weg, entgegen allen Widerständen.

Besonders interessant fand ich die Schilderung der Arbeit der Mediziner zu dieser Zeit. Wobei ich sehr froh war, dass die Autoren bei der Beschreibung einiger Operationen nicht zu sehr ins Detail gegangen sind. Aber auch das Leben der Juden, deren Verfolgung und die Ausübung der Religion fand ich spannend und packend erzählt. Man merkt dem Roman eine gründliche Recherchearbeit an. Trotzdem wirken die Erklärungen niemals belehrend, sondern sind unterhaltsam in die Geschichte eingeflochten.

In der Gegenwart lernt Gideon Morgenstern durch die Lektüre des Tagebuchs seiner Vorfahrin auch die Religion seiner Familie, die er bis dato immer abgelehnt hatte, besser kennen. Er beginnt, seinen Großvater, von dem er sich im Streit getrennt hat, besser zu verstehen und hinterfragt seine eigene Lebensweise. Dieser Teil der Geschichte hat mir auch sehr gut gefallen, wenn auch das Leben von Alisah mich mehr bewegt hat.

Im Anhang gibt es einige Erklärungen der Autoren sowie ein Glossar, das die jüdischen Begriffe und medizinischen Fachausdrücke sehr gut erklärt.

Fazit:
Packende Geschichte, die authentisch das Leben einer jungen Jüdin mit ungewöhnlichem Berufswunsch im frühen 16. Jahrhundert erzählt.

Bewertung vom 04.08.2015
Kaninchenherz / Gesine Cordes Bd.1
Wieners, Annette

Kaninchenherz / Gesine Cordes Bd.1


ausgezeichnet

Ich hatte das Glück, diesen Krimi bei Vorablesen zu gewinnen und lesen zu dürfen. Weder das Cover noch der nichtssagende Titel hätten mich sonst wohl dazu animiert, das Buch in einer Buchhandlung in die Hand zu nehmen. Und das wäre ein großer Verlust für mich gewesen, denn das Krimidebüt der Autorin, das außerdem der Auftakt zu einer neuen Reihe ist, konnte mich durchaus überzeugen.

Gesine Cordes ist Friedhofsgärtnerin, lebt in einem Wohnwagen auf dem Grundstück eines Bauern und hat keinerlei Kontakte zu ihrer Familie. Das hat seinen Grund, denn vor zehn Jahren ist ihr zweijähriger Sohn an einer Giftpflanze gestorben. Gesine und ihre Schwester Mareike haben sich damals gegenseitig die Schuld am Tod des Kindes gegeben. Die junge Mutter war bei der Kriminalpolizei, konnte nach dem Schicksalsschlag aber weder ihren Beruf ausüben noch ihre Ehe retten. Als sie eines Tages die Kränze für eine Beerdigung in die Friedhofskapelle räumt, entdeckt sie, dass ihre Schwester Mareike die Tote ist. Sofort kommen alte Erinnerungen in ihr hoch. Eine Konfrontation mit ihrer Familie ist unausweichlich. Auch alten Kollegen begegnet sie, denn Mareikes Tod ist ungeklärt. Gesine gerät selbst unter Mordverdacht.

Die Geschichte wird aus Gesines Sicht erzählt. Durch Rückblenden erfährt der Leser nach und nach, was damals geschah. Unerwartete Wendungen brachten mich immer wieder auf andere Tatverdächtige. Die Autorin beschreibt vor allem Gesines psychische Verfassung sehr einfühlsam. Ich konnte mich gut in sie hineinversetzen, ihre Hilflosigkeit und Angst spüren. Bis zum Schluss wird die Spannung auf sehr hohem Niveau gehalten. Als kleine Atempausen hat Annette Wieners einige Beschreibungen von Giftpflanzen eingefügt, die Gesine in einem Notizheft sammelt. In ihrem neuen Beruf als Friedhofsgärtnerin geht sie vollkommen auf, genießt es förmlich, auf dem Friedhof alleine vor sich hinarbeiten zu können. Ich freue mich schon sehr auf ein „Wiederlesen“ mit der sympathischen Gärtnerin.

Fazit:
Sehr spannendes Krimidebüt und Auftakt einer neuen Reihe, die ich mit Sicherheit weiterlesen werde.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.08.2015
Siegeszeichen
Crönert, Claudius

Siegeszeichen


ausgezeichnet

Auf dieses Buch aufmerksam geworden bin ich durch eine Leserunde. Von diesem Autor hatte ich bisher noch nichts gelesen, was sich jetzt aber auf jeden Fall ändern wird. Sein mitreißender Schreibstil und ein intelligent durchdachter Plot haben mich überzeugt.

Nathan Fleming ist Bereitschaftspolizist, bis er nach einem Einsatz tödliche Schüsse auf einen Jugendlichen abgibt. Dieses Ereignis wirft ihn völlig aus der Bahn, sodass er seinen Dienst quittiert und zunächst depressiv zuhause sitzt. Erst als seine Frau ihn aus der Wohnung wirft, wird er wach und sucht sich einen neuen Job. Die gemeinsame Tochter Kati ist an Leukämie erkrankt. Von einer Behandlung in Hongkong verspricht sich Nathan die Heilung Katis. Doch diese Behandlung kostet viel Geld, das er als Personenschützer des rechtspopulistischen Politikers Schulte-Loh verdienen will. Aber die Skrupellosigkeit des Mannes bringt Nathan in ernste Gefahr.

Claudius Crönert ist mit diesem Krimi ein echtes Meisterstück gelungen. Er beschreibt nicht nur die Machenschaften der rechten Partei „Bündnis der Freunde Deutschlands“, sondern schildert auch plausibel die Beweggründe aller Beteiligten. Nathans Verzweiflung war förmlich greifbar, die Angst um seine kranke Tochter treibt ihn immer weiter. Schulte-Loh wird von einem fast schon krankhaften Geltungsdrang getrieben. Andere Figuren werden durch ihre DDR-Vergangenheit in ihrem Handels beeinflusst. Crönert ist es gelungen, mir jede Figur näher zu bringen und ihr Handeln mehr oder weniger nachvollziehbar zu machen. Obwohl die Zusammenhänge relativ schnell ersichtlich sind, bleibt die Geschichte spannend. Am Ende hält der Autor einen Showdown bereit, der mich atemlos die Seiten umblättern ließ.

Fazit:
Intelligent durchdachter Krimi mit interessanten Figuren.

Bewertung vom 08.07.2015
Kölner Wahn
Keller, Stefan

Kölner Wahn


ausgezeichnet

In seinem nunmehr fünften Fall hat der Privatdetektiv Marius Sandmann es mit der Obdachlosen-Szene zu tun. Er beobachtet, dass ein Obdachloser in seinem Hof übernachtet, mitten im Winter. Weil ihm der Mann leid tut, bietet er ihm an, im Keller des Miethauses zu schlafen, in dem Sandmann wohnt. Als ein Feuer ausbricht, stirbt der Mann in den Flammen. Die Polizei legt den Fall schnell zu den Akten, hält den Tod für einen tragischen Unfall. Doch Marius glaubt nicht daran. Er denkt, dass der Obdachlose ermordet wurde und begibt sich auf dessen Spuren.

Interessant an dem Toten ist, dass er gemalt hat. Marius entdeckt im Hof wirre Zeichnungen, auf denen er selbst abgebildet ist. Der Mann trug immer eine Rolle mit sich, die nach dessen Tod verschwunden ist. Die Nachforschungen des Privatdetektivs stellen sich als äußerst schwierig heraus. In der Szene stößt er auf eine Mauer des Schweigens. Bis er einer Frau begegnet, die den Toten kannte. Nebenher ermittelt Marius in einem Fall von Kunstraub und auch seine Exfreundin, die Journalistin Verena Talbot, spielt in diesem Fall wieder eine Rolle. Die Polizistin Paula Wagner ist einem Verbrechen auf der Spur, an dem Marius beteiligt war.

Sandmann wird in diesem Fall viel abverlangt. Der durchtrainierte Asket stößt das ein oder andere Mal an seine physischen Grenzen. Obwohl dieser Krimi sehr actionreich ist, gibt es auch leise Momente, die mich nachdenklich gemacht haben. Wie alle Bücher von Stefan Keller ist dieses auch wieder sehr gut durchdacht und erfordert die Aufmerksamkeit des Lesers. Viele überraschende Wendungen machen die Geschichte spannend. Der Autor legt verschiedene Fährten, sodass ich einige Male mit meinen Vermutungen falsch lag. Die Auflösung des Falls war überraschend, aber schlüssig. Am Ende des Romans gibt es eine Wendung, die ich überhaupt nicht erwartet hatte. Ich bin sehr gespannt, ob und wie es weitergehen wird mit dem Kölner Privatdetektiv, der mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen ist.

Dieser fünfte Fall ist sehr eng mit dem vierten verknüpft. Ich denke, man kann der Geschichte dank der zahlreichen Rückblenden trotzdem folgen, empfehle aber trotzdem, zumindest den Vorgänger „Kölner Grätsche“ zu lesen. Am besten liest man natürlich alle Fälle der Marius-Sandmann-Reihe, denn sie sind alle spannend und außergewöhnlich.

Fazit:
Spannender Fall im Obdachlosenmilieu, der eine tragische Familiengeschichte als Hintergrund hat.