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Bewertungen

Insgesamt 109 Bewertungen
Bewertung vom 20.04.2011
Die Frau meines Lebens
Barreau, Nicolas

Die Frau meines Lebens


sehr gut

Als der Pariser Buchhändler Antoine wie so oft in seinem Lieblingscafé sitzt, erwartet er nicht, dass an diesem Tag noch etwas geschehen wird, das sein Leben verändert. Bis er SIE sieht. Die Frau seines Lebens. Sie sitzt einfach so da am Nebentisch, sieht in an und er weiß es. Sie und keine andere. Aber bevor Antoine genug Mut gefasst hat um sie anzusprechen, sitzt da auch schon ein anderer Mann an ihrem Tisch. IHR Mann?

Als sie ihm beim Hinausgehen ein Kärtchen mit ihrer Telefonnummer zusteckt, glaubt Antoine sich am Ziel seiner Träume. Aber in Antoines Leben läuft selten etwas glatt und so ist es mit der Telefonnummer natürlich auch nicht so einfach, wie man es zunächst vermuten könnte. Kann er seine Traumfrau dennoch wiederfinden?

Unglaublich heiter, leicht und beschwingt erzählt Nicolas Barreau eine Liebesgeschichte, die mit den ganz leisen Tönen bezaubert und trotzdem viel Platz für den ein oder anderen Schmunzler lässt.

Ein toller Schreibstil, eine wirklich gute Übersetzung und ganz viel Herz und Feingefühl geben diesem Buch eine ganz besondere Stimmung, die vom Flair der Pariser Umgebung wundervoll unterstrichen wird.

Der Klappentext sagt: Ein federleichter und lebenskluger Roman über den wunderbaren Wahn der Liebe.

Und genau das trifft es. Wer der Liebe schon einmal begegnet ist, wird diesen Roman lieben.

Zitate:

Ich finde, Literatur muss die Welt nicht zwangsläufig draußen vor der Tür lassen – im Gegenteil! Oft genug holt sie die Welt auch zu uns herein. (Seite 7)

6 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.04.2011
Lügnerin!
Larbalestier, Justine

Lügnerin!


sehr gut

Micah ist eine Lügnerin. Nicht so, wie wir alle Lügner sind. Notlügen, gelegentliche Bequemlichkeitslügen – Kleinigkeiten. Sie lügt einfach – sie lügt immer. Und wenn sie doch mal nicht lügt? Wie soll man da wissen, dass sie die Wahrheit sagt? Micah verspricht zu Beginn ihrer Geschichte, dass sie dieses Mal die Wahrheit sagt. Und? Kann man ihr trauen?

Das ist eigentlich die zentrale Frage des Buches. Sagt Micah die Wahrheit? Micah ist ein ganz und gar unbeständiger Charakter. Man kann sie kaum richtig greifen. Immer, wenn man glaubt, dass man jetzt die Wahrheit kennt und weiß, was mit Micah los ist, entgleitet sie einem auch schon wieder.

Was ist mit Zach wirklich geschehen? Was ist mit Micah geschehen? Was verband die beiden und hat Micah wirklich nichts mit Zachs Tod zu tun?

Dieses Buch ist so unzuverlässig und anders, spielt mit den Erwartungen seiner Leser und spielt Erzählerin und Leser förmlich gegeneinander aus. Justine Larbalestier hat hier etwas vollkommen Eigenes erschaffen. Eine Story, die einen herausfordert und man weiß nie, ob man der Herausforderung gewachsen ist. Bis zum Schluss nicht.

Wer Lust auf etwas Neues hat – auf eine Herausforderung – der sollte sich Micahs Geschichte anhören. Ob sie die Wahrheit ist? Wer weiß das schon! ;)

Zitate:

Mein Vater ist ein Lügner, genau wie ich. Aber ich werde damit aufhören. Ich muss damit aufhören. Ich werde euch meine Geschichte erzählen und ich werde sie wahrheitsgemäß erzählen. Keine Lügen, keine Auslassungen. Das verspreche ich. Und diesmal meine ich es wirklich ehrlich. (Seite 7)

Dort drinnen ist alles bedeckt von einer dicken Schicht von Trauer und Staub. Und Leere. Die Küche ist das Herz von Zachs Zuhause, aber keiner ist da. (Seite 74)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.04.2011
Adams Erbe
Rosenfeld, Astrid

Adams Erbe


ausgezeichnet

“Fängt man an zu schreiben, weil es jemanden gibt, dem man alles erzählen will? Fängt man an zu erzählen, weil der Gedanke, dass alles einfach verschwinden soll, unerträglich ist?”

Ein Roman, der mit solchen Sätzen, die einen gleich aus den Schuhen hauen vor lauter Wahrheit, beginnt, MUSS einfach gut sein!

Ich habe Recht behalten. In wenigen Tagen hatte ich Astrid Rosenfelds Erstlingswerk verschlungen.

Im ersten Teil des Buches lernte ich Edward kennen. Und seine Mutter. Nicht jedoch seinen Vater, der war längst wieder in Norwegen oder in Schweden; jedenfalls hat auch Edward ihn nie kennen gelernt. Überhaupt ist in Edwards Leben wenig so, wie es sein sollte. Seine Mutter hat es nie geschafft sich von ihrer eigenen Mutter zu lösen und steht auch als längst erwachsene Frau noch stark unter deren Einfluss. Sein Großvater lebt völlig zurückgezogen auf dem Dachboden und ist kaum fähig am Familienleben teilzunehmen. Eine Familie also, die ganz offensichtlich alte Geheimnisse und Verletzungen mit sich herum trägt über die niemand spricht. Wird er je erfahren, was es mit seinem Großonkel Adam auf sich hat, dem er laut seinem Großvater so unglaublich ähnlich sieht? Als Edwards Mutter schließlich heiratet wird alles noch viel abenteuerlicher, als Edward sich je vorzustellen gewagt hatte.

Jahre später, als das Schicksal Edward nach einer Odyssee quer durch Deutschland wieder nach Berlin zurück bringt, findet er auf dem Dachboden Adams Aufzeichnungen und lässt uns damit an dessen Leben teilhaben.

Denn Adam hat geschrieben weil der Gedanke, dass alles einfach verschwinden soll, unerträglich für ihn war. Er erzählt seine Geschichte, die 1938 beginnt, und auch ein Stück der Geschichte von Anna, seiner großen Liebe. Er erzählt die Geschichte seiner Suche. Seiner Suche nach Anna, die eines Tages spurlos verschwand und seiner Suche nach Menschlichkeit und Hoffnung in einer Welt, die so grausam schien, dass es mich, obwohl ich ja wusste was mich in etwa erwarten würde, sehr oft sprachlos zurück gelassen hat.

Adams Erbe ist ein tragisches Buch. Und ein komisches Buch. Mit tragischen und komischen Figuren. Mit Figuren, so ausgereift, so lebendig und vielfältig, dass es mir mehr als schwer fällt meine Meinung in ein paar Sätzen zusammen zu fassen, weil ich ständig das Gefühl habe, ihnen Unrecht zu tun. Moses, dem Großvater, der noch so in der Vergangenheit gefangen ist, dass er die Gegenwart nicht leben kann. Jack, dem Mann von Edwards Mutter, den seine eigene Zerrissenheit Dinge tun lässt, die man kaum verstehen kann. Adam, der aus Liebe zu den Menschen die er liebt, wahre Wunder vollbringt.

Astrid Rosenfeld schreibt mit solcher Leichtigkeit und so flüssig über so grausame Zeiten und Dinge, dass ich beim Lesen oft einen ziemlich dicken Kloß im Hals hatte. Doch ein paar Sätze später sät sie schon wieder Hoffnung und bringt ein Lächeln, manchmal sogar ein Grinsen, mitten ins Dunkel.

Der zweite Teil des Buches – Adams Geschichte – hat mir letztlich ein kleines bisschen besser gefallen als der erste Teil, der stellenweise ein bisschen konstruiert wirkte. Trotzdem – volle 5 Sterne für ein Buch und für Personen, das bzw. die ich sicher lange nicht vergessen werde.

Zitate:

“Eduard, hör niemals auf zu zweifeln.” … “Zweifle, wenn dich alle verdammen, und zweifle genauso, wenn dir alle auf die Schulter klopfen.” … “Bring die Schäfchen nicht ins Trockene. Lass sie draußen, und hol ihnen einen Schirm. Oder halt den verfluchten Regen einfach aus. Das geht vorbei. Denn drinnen, drinnen ist nichts zu holen, Eduard.” (Seite 32 / 33)

“Man weiß nie, wie viel Zeit man noch hat. Und deine Mutter hat es mehr als alle anderen Menschen auf der Welt verdient, dass ihre Wünsche in Erfüllung gehen. Weil sie…” Und dann nahm er seine rechte Hand vom Lenkrad und fasste sich an die Brust. “Weil sie… In ihrem Herzen, Ed, kann man wohnen.” (Seite 76)

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.04.2011
Noahs Kuss
Levithan, David

Noahs Kuss


sehr gut

Eine Highschool in den USA. Der Quarterback des Footballteams ist eine Dragqueen, einige Schüler sind hetero, andere sind schwul oder lesbisch und wieder andere bi… eine (fast) perfekte queere Gesellschaft. Mittendrin Paul, der von seiner großen Liebe Kyle verlassen wurde, weil der plötzlich glaubte hetero zu sein.

Als Noah an der Schule auftaucht, der ebenfalls von einer großen Liebe enttäuscht wurde, scheint für beide ein Neuanfang möglich. Aber natürlich geht das nicht ohne Komplikationen und Missverständnisse. Plötzlich erkennt Kyle, dass es ein Fehler war, Paul zu verlassen. Haben Noah und Paul eine Chance und ist am Ende Heilung und neues Vertrauen möglich?

Mit sehr viel Feingefühl hat David Levithan hier eine Welt erschaffen in der es fast belanglos ist, welches Geschlecht der Mensch hat, den man liebt. Eine Welt, in der Jugendliche sich darauf konzentrieren können, sich selbst zu finden und zu entdecken. Eine schöne, fast perfekte Welt. Am Anfang verstörend, weil jeder, der die Realität kennt weiß, dass es leider noch eine fiktive Welt ist, aber im Verlauf des Buches schätzt man immer mehr das schöne Umfeld, dass der Autor einem bietet und lässt sich fallen in eine Welt, die sich jeder, der nicht in die Heteronormativität unserer Realität passt, so oder zumindest ähnlich wünscht.

Die Liebe zwischen Paul und Noah hätte für meinen Geschmack noch ein wenig mehr Tiefe vertragen können, aber da es ein Jugendbuch ist, ist das dann auch schon jammern auf hohem Niveau.

Insgesamt eine schöne, runde Geschichte in die man sich fallen lassen kann und die einen mit einem rosa Wölkchen im Herzen zurücklässt. Mindestens so lange, bis man wieder in der echten Welt ankommt, in der leider immer noch nicht alles so rosa ist, wie es sein könnte.

Zitate:

Seine Eltern sind Religionsfanatiker, wobei völlig unwichtig ist, um welche Religion es sich dabei handelt – ab einen bestimmten Punkt sind sich alle gleich. Kaum eine davon sieht es gern, dass ein schwuler Junge sich am Samstagabend mit seinen Freunden in der Stadt herumtreibt. (Seite 7)

An diesem Ort, in diesem Moment sind wir ganz von uns erfüllt. Wir sind die, die wir sein wollen, Ich hatte es bisher in meinem Leben leicht, denn um Ich sein zu können, brauchte ich nicht viel Mut. Aber andere mussten eine ganze Welt umrunden, um hier auf der Lichtung zu sich selbst zu finden. (Seite 282)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.03.2011
Ich dich auch nicht
Sperling, Sacha

Ich dich auch nicht


sehr gut

Dieser Roman ist anders. Würde ich ihn in einem Wort beschreiben müssen, fiele mir spontan “kaputt” ein. Man ist gefesselt und weiß nicht genau warum. Man liest immer weiter – und fragt sich, warum?!

Es ist schwer in Worte zu fassen, was dieses Buch ausmacht. Vollkommene Schonungslosigkeit vielleicht?!

Drogen, Sex, Gewalt – nichts lässt Sacha aus auf seiner Suche nach sich selbst und dem Sinn, der hinter allem stehen muss und entfernt sich doch immer nur noch weiter von dem einzig wahren Kern. Er kann, wie viele Menschen, nicht erkennen, wonach er wirklich sucht und entfernt sich so immer weiter von seinem Ziel.

Ungeschminkt erzählt Sacha Sperling die Geschichte einer Generation, die man viel zu früh zwingt in das harte, eiskalte Gesicht der Welt zu blicken und die nicht verarbeiten kann, was sie sieht. Eltern, die zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind um noch zu sehen, was ihre Kinder brauchen und sie viel zu früh in die Selbstbestimmung entlassen. Kinder, die auf der Suche nach Liebe und Anerkennung zu viele falsche Wege einschlagen. Eine alles überschattende Leere, die gefüllt werden will.

Dieses Buch ist eine Geschichte über die Suche nach dem Sinn des Lebens, bei der sich die Protagonisten in der Sinnlosigkeit verlieren. Eine Momentaufnahme des Erwachsenwerdens.

Erwachsenwerden beginnt mit der Erkenntnis, der eigenen Sterblichkeit. Der Moment, in dem dir bewusst wird, dass nichts ohne Ende ist. Nichts! Auch du nicht. Der Moment, der dir den Boden unter den Füßen wegreißt und dich zwingt, dem Leben mitten ins Gesicht zu sehen. Deinem Leben!

Zitate:

Eines Tages wird sie nicht mehr da sein. Ob man die Stimme seiner Mutter vergisst? Ihren Geruch? Mir kommt es so vor, als würden die Toten in den Köpfen der Lebenden nur einen Schatten zurücklassen. Meine Mutter wird nie ein Schatten sein. Ich werde vor meinem Tod nicht so viel Angst haben wie vor ihrem. (Seite 23)

Ich will ein teil von ihm werden, so nützlich wie eine Hand, so lebenswichtig wie ein Herz. Er ist der Einzige, der mich mitnehmen kann zu dem Punkt, wo alles verschwindet. Mit ihm verschwinden. (Seite 123)

Du sagst, das Leben ist ein Spiel, aber du willst nicht verlieren. (Seite 129)

Liebe ist das Bedürfnis nach Anerkennung, Traurigkeit das Fehlen eines absehbaren Vorhabens, Wut eine Verteidigung gegen sich selbst. (Seite 199)

Erwachsenwerden heißt einsehen, dass Fliehen unmöglich ist, dass die Geschichten kurz und bedeutungslos sein, aber aus Gründen, die wir nicht nachvollziehen können, Spuren hinterlassen. Erwachsenwerden heißt einsehen,. dass es kein Anderswo gibt. Erwachsenwerden heißt einsehen, dass man sterben wird, oder nicht? (Seite 211)

8 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.03.2011
Einmal Tod ist nicht genug / Jenseits GmbH Bd.2
Benson, Amber

Einmal Tod ist nicht genug / Jenseits GmbH Bd.2


sehr gut

In ihrem ersten Abenteuer musste Callie sich auf einen Handel mit Höllenhund Zerberus einlassen und steht deshalb in seiner Schuld. Diese Schuld muss sie nun begleichen und ihm den altägyptischen Baumeister Sennenmut bringen, der irgendwie durchs System gerutscht ist und der eigentlich schon seit mehreren tausend Jahren in der Hölle weilen sollte. Als Callie mit ihrer Recherche beginnt ahnt sie noch nicht, dass sie einer unfassbaren Verschwörung auf der Spur ist, deren Ursprung weit in der Zeit zurückliegt.

Auch in diesem zweiten Band der Reihe um Calliope Reaper-Jones, der Tochter des Todes, büßt Amber Benson nichts an Erfindungsgeist und Humor ein. Ein gut durchdachter Plot, spannend und abwechslungsreich erzählt, gespickt mit ihrem unnachahmlichen Humor, machen aus der Story um die Antiheldin Callie wieder ein lustiges und kurzweiliges Lesevergnügen.

Wie Benson die Mythologien der verschiedenen Epochen, Glaubensrichtungen und Völker miteinander vermischt und für ihre Geschichte nutzt, ist wirklich einzigartig und gibt den Büchern eine ganz besondere Note.

Wer Band 1 liebte, wird sich auch in diesem Buch wiederfinden und, genau wie ich, auf Band 3 sehnsüchtig warten.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.03.2011
Tanz auf dem Eis
Kallmaker, Karin

Tanz auf dem Eis


sehr gut

Als Ani während ihres Doktorandenstudiums einen schweren Fehler begeht um ihre Mentorin zu schützen, ist ihre Karriere in den Gletschern von Alaska vorbei. Vollkommen zerstört, panisch und übereilt setzt sie sich nach Florida ab. Aber Ani lässt nicht nur ihre Karriere zurück. Sie verliert dabei auch ihre große Liebe Eve. Ein Verlust, den sie nie verkraftet.

Erst ihre quirlige Kollegin Lisa kann Ani davon überzeugen, dass eine Flucht niemals eine Lösung auf Dauer sein kann und dass man sich irgendwann den Dämonen der Vergangenheit stellen muss um nach vorne schauen zu können.

Kann Anidyr alte Fehler wieder gutmachen und endlich aufklären, was damals wirklich geschah?

Karin Kallmaker – The Queen of Lesbian Romance hat wieder zugeschlagen. Und sie hatte mich schon, als ich die Widmung las. Denn sie widmet ihren aktuellen Roman unserem gemeinsamen großen Vorbild. Einem Mann, der Inspiration für mittlerweile Generationen von Lesben und Schwulen war und immer noch ist. Auch noch über 30 Jahre nach seinem schrecklichen und vollkommen sinnlosen Tod.

"Mein erster Roman, den ich vor fast zwanzig Jahren schrieb, spielte im Jahr 1978 und war eine Hommage an mein großes Vorbild. Heute, dreißig Jahre später, ist Harvey Milk noch immer ein Quell der Inspiration. Es lebe unser gemeinsames Erbe!"

Harvey Milk * 22. Mai 1930 - † 27. November 1978, San Francisco



Eindringlich und klug erzählt sie die Geschichte einer jungen Frau, die aus Naivität und Gutgläubigkeit fast alles verliert, was je in ihrem Leben gezählt hat. Die glaubt, keinen anderen Ausweg zu haben außer der Flucht.

Ani ist eine sehr komplexe Persönlichkeit, die sehr gut ausgearbeitet ist und glaubhaft rüber kommt. Sehr detailliert und mit wahnsinnig viel Feingefühl bringt einem die Autorin den Kampf, den die junge Frau mit sich und ihrer Umwelt austrägt nah und schafft es, dass man gleich von Anfang an mit Ani mit leidet und fiebert.

Die Schauplätze in Alaska und Florida sind so wunderbar beschrieben, dass man fast glaubt, selbst da gewesen zu sein und unterstreichen das Wesen ihrer Bewohner eindrucksvoll.

Einige Kleinigkeiten im Hauptplot kamen mir zwar ein bisschen zu kurz und wurden, besonders am Ende, ein bisschen zu schnell abgehandelt, aber das tut dem grundsätzlichen Lesegenuss kaum einen Abbruch, denn es ist in erster Linie eine Geschichte über eine große Liebe und somit genau das richtige für ein wunderbar romantisches Leseerlebnis.

Lobenswert finde ich übrigens, dass der Verlag seine Bücher so drucken lässt, dass sie gleich hoch sind und im Regal passend nebeneinander stehen können. Ja, das interessiert vermutlich wieder niemanden außer mir, aber jeder hat das Recht auf seinen persönlichen Knall ;)

Zitate:

Sie war nicht vollkommen und ich auch nicht, aber zusammen waren wir es. (Seite 101)

Sie hat dich so sehr geliebt, dass sie dir ihren Hund anvertraut hat. Und wenn mich nicht alles täuscht, dann heißt das in Alaskas Lesbencode: Lass und heiraten und Kinder kriegen. (Seite 236)

[…] dies war ein Neuanfang, der erste Kuss eines ganzen noch zu lebenden Lebens. (Seite 296)

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.03.2011
Freispruch
Kuck, Manuela

Freispruch


sehr gut

Als die erfolgreiche Anwältin Lena in ihrem Job einen folgenschweren Fehler begeht, scheint ihre steile Karriere vorbei zu sein. Jahre später übernimmt sie den zunächst glasklaren Fall einer Frau, die aus Habgier ihre Tante ermordet haben soll und ahnt noch nicht, dass an diesem Fall gar nichts klar ist. Immer verworrener stellt sich die ganze Geschichte dar und als Lena endlich beginnt die Sache zu durchschauen, ist es fast zu spät.

Kann sie die Fäden, die ihr in die Hand gelegt wurden, entwirren und Licht ins Dunkel bringen?

Mit sehr viel Liebe zum Detail hat Manuela Kuck hier einen Plot ersonnen, der einen in Atem hält. Klar strukturiert gewährt die Autorin Einblick in die Welt der Justiz, in der Recht und Gerechtigkeit nicht immer das Selbe sind und in der sich eine junge Anwältin fast in Selbstüberschätzung und Überheblichkeit verliert, weil sie sich ihrer Sache allzu sicher ist.

Sehr gekonnt verknüpft sie zwei spannende Fälle so, dass die Geschichte fast keinerlei Längen aufweist und bekommt es auch hin, dass die zarten Liebesbande, die ganz nebenbei geknüpft werden, nicht untergehen.

Lena Bokken ist eine Hauptfigur, die gleich sympathisch ist und die einen mit ihrem Kampfgeist und ihrer zurückhaltenden Stärke schnell so für sich einnimmt, dass man nach kurzer Zeit das Gefühl hat, eine Geschichte über eine gute Freundin zu lesen. Die Details von Lenas Aikido-Training, das zwar sehr interessant ist und auch einen Einfluss auf die Geschichte und die Gestaltung ihrer Persönlichkeit hat, hätte ich mir zwar ein klein bisschen weniger detailliert gewünscht und dafür die Liebesgeschichte etwas intensiver, aber ich bin mir fast sicher, dass wir von Lena Bokken noch etwas hören werden und dass Manuela Kuck dann vielleicht auch ihre neu entstehende Liebe ein bisschen stärker in den Fokus rückt.

Freispruch hat mich richtig gut und spannend unterhalten und ich kann es nur jedem wärmstens ans Herz legen. Sollte es wirklich noch einen weiteren Fall für Lena Bokken geben, werde ich in jedem Fall wieder dabei sein.



Zitate:

Ich tue, was ich fühle, ich fühle, was ich tue. (Seite 48)

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.02.2011
Das neue Buch Genesis
Beckett, Bernard

Das neue Buch Genesis


ausgezeichnet

Als Anaximander vor der Prüfungskommission der Akademie erscheint, ahnt sie noch nicht im Ansatz, welche Wendung ihr Leben an diesem Tag nehmen würde. Der Mann, dessen Leben ihr Spezialgebiet und Prüfungsthema ist, der Mann, dessen Lebensgeschichte sie fast besser zu kennen glaubte als ihre eigene, hat die Welt, in der Anax lebt, erst möglich gemacht. Aber weiß sie wirklich alles? Oder gibt es eine grundlegende Wahrheit, die alles in Frage stellt?

Was Bernard Beckett hier geschafft hat, hat meinen allertiefsten Respekt verdient. Ein Buch mit nicht einmal zweihundert Seiten, das die grundlegendste aller Fragen der Menschheit aufgreift und ihr in einer Weise gerecht wird, wie man es zu Beginn der Lektüre kaum zu glauben wagt.

Wo beginnt Bewusstsein?

Wo beginnt Menschlichkeit?

Ein höchst philosophischer Roman der nicht nur eine Geschichte erzählt, sondern eine Idee in die Köpfe seiner Leser pflanzt. Eine Idee, der man sich nicht entziehen kann und die, gehegt durch die Macht des Bewusstseins, keimt und sich fortpflanzt.

Beckett hat eine sehr ungewöhnliche Erzählform für sein Buch gewählt, die auf eine großartige Art zwei Erzählstränge zu einem verbindet. Als ich zum ersten Mal, auf Seite 107, ahnte, in welche Richtung die Auflösung gehen würde, fachte das meinen Wissensdurst nur noch mehr an. Und ich kann glaubhaft versichern, dass zwar mein Grundgedanke richtig war, das ganze Ausmaß der Lösung mir jedoch niemals in den Sinn gekommen wäre.

Der Moment, in dem man vollends begreift ist der Moment, in dem man das Buch nach der letzten Seite zuklappt und man bleibt mit einem Gefühl des Unglaubens zurück.

Mehr kann und will ich zu diesem großartigen Buch nicht schreiben, denn jedes Wort mehr, wäre ein Wort zu viel. Man muss es lesen um es zu verstehen.

Wie sagte Carl Hilty so schön: Die Bildung kommt nicht vom Lesen, sondern vom Nachdenken über das Gelesene.


Es sollte mehr Bücher wie dieses geben!



Zitate:

Es muss nichts besonderes an dem Streichholz sein, dass das Feuer entzündet. […] Bis auf die Tatsache, dass es das Streichholz ist, das das Feuer entzündet. (Seite 24)

Damit eine Gesellschaft erfolgreich funktioniere kann, ist vielleicht ein Maß an Mitgefühl nötig, das nicht korrumpiert werden kann. (Seite 47)

Was war zuerst da? Der Geist oder die Idee des Geistes? (Seite 114)

[…] letztlich ist Bewusstsein nichts anderes, als der Kontext, in dem Denken stattfindet. (Seite 127)

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.