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Buecherundschokolade

Bewertungen

Insgesamt 130 Bewertungen
Bewertung vom 08.02.2023
Sibir
Janesch, Sabrina

Sibir


ausgezeichnet

In Sibir erzählt Sabrina Janesch eine berührende Geschichte über Identität & Ankommen, über Erinnerung & Vergessen.

Der 9-jährige Josef Ambacher wird 1941 mit seiner Familie in die kasachische Steppe verschleppt, auf dem Weg stirbt sein kleiner Bruder, die Mutter verschwindet in einem Schneesturm. Ihr „Verbrechen“ ist ihre deutsche Herkunft, die Nazis haben die Sowjetunion überfallen. In „Sibir“ wie sie das mal eisige, mal brütend heiße Land nennen, kämpft die Familie ums Überleben, stößt auf Misstrauen & Hass gegen „die deutschen Nazis“ & findet doch Hilfe bei anderen Menschen die kaum mehr haben. Denn fast alle in dieser Elendssiedlung, in der Erdhütten die Regel sind, wurden selbst verschleppt, gehören Minderheiten im Sowjetreich an, sind Stalin suspekt: Russlanddeutsche, Finnen, Karatschaier, Kalmücken, Tschetschenen, Inguschen, Balkaren, Krimtataren. Und alle haben (berechtigterweise) Angst davor im Gulag zu enden.

Doch Josefs Leben in der Weite Kasachstans ist auch aufregend. Mit seinem kasachischen Freund Tachawi erlebt er zahllose Abenteuer & so erzählt dieses Buch auch die Geschichte eines Aufwachsens unter ungewöhnlichen Umständen. 1955 werden Ambachers schließlich frei gelassen & landen als „Heimkehrer“ im niedersächsischen Mühlheide.

Erzählt wird in dem Roman auch die Geschichte Leilas, Josefs Tochter. Aus ihrer Perspektive erleben wir den Umbruch Anfang der 90er, als plötzlich in großer Zahl Deutschstämmige aus der zerfallenden Sowjetunion in Mühlheide ankommen. Die seit Jahrzehnten dort lebenden „Altsibirier“ sind gespalten, Mitleid & ängstliche Abscheu (auch vor dem eigenen Schicksal) prägen das Klima. Doch Josef hat eine klare, sehr kasachische Antwort: Gastfreundschaft. Die Ereignisse spülen aber unterdrückte Erinnerungen nach oben…

Sibir ist ein wahnsinnig gut geschriebenes Buch, das kaum jemanden kalt lassen wird. Mehr als eine Stelle hat uns zu Tränen gerührt. Sabrina Janesch gelingt es meisterhaft das Schicksal der Betroffenen zu schildern & gleichzeitig einen sehr spannenden Abenteuerroman zu schreiben. Ein klare #empfehlung für dieses tolle Stück #literatur

Bewertung vom 06.02.2023
Jede*r kann die Welt verändern! - Ich bin Martin Luther King Jr.
Eliopoulos, Christopher;Meltzer, Brad

Jede*r kann die Welt verändern! - Ich bin Martin Luther King Jr.


ausgezeichnet

Martin Luther King Junior kennt mal als mutigen Kämpfer für die Rechte der afroamerikanischen Bevölkerung. Sein Engagement veränderte die USA und die Welt. Für seinen unermüdlichen, friedlichen Einsatz erhielt er den Friedensnobelpreis. In diesem Comic aus der Serie Jede*r kann die Welt verändern - Ich bin … wird seine Geschichte für Kinder verständlich und schön illustriert erzählt. Die Serie hat uns schon mit Einstein begeistert, aber die Ausgabe über Martin Luther King Jr. ist noch besser gelungen. Das Buch bietet tolle Bilder und auch die Texte sind einfühlsam und doch für Kinder verständlich. Etwas verwundert waren wir darüber, dass das tödliche Attentat auf ihn ganz ausgespart wurde, da es ja auch zur Geschichte gehört. Beim Comic über Malala hat man das anders (besser) gelöst und sehr zurückhaltend auch diesen gewalttätigen Aspekt erzählt. Dennoch eine der besten Comicreihen für Kinder, die wir bei uns im Regal stehen haben und daher eine klare Empfehlung für dieses Buch.

Bewertung vom 01.02.2023
Forschungen eines Hundes, Der Bau
Kafka, Franz

Forschungen eines Hundes, Der Bau


ausgezeichnet

Franz Kafka lesen wir beide sehr gerne, wahlweise Der Proceß & Das Schloss zählen sogar zu unseren Lieblingsbüchern.

Beide Geschichten sind im besten Sinne kafkaesk & greifen zudem das beliebte Motiv der Schilderung aus tierischer Perspektive auf. In „Forschungen eines Hundes“ berichtet ein alter Hund von seinem lebenslangen, erfolglosen Streben nach Antworten zum Wesen der Hundeschaft. Ausgangspunkt für ihn: Woher nimmt die Erde ihre Nahrung?
Auffällig an der Geschichte ist, dass Hunde auftreten - etwa auch schwebende Lufthunde & Musikhunde - aber Menschen in der Geschichte fehlen. Hier liegt auch die Wurzel der Erkenntnisprobleme des Hundes: Er kann den Menschen und seine Auswirkungen auf die Hundewelt nicht erkennen.

Noch besser hat uns aber die zweite (fragmentarische) Erzählung „Der Bau“ gefallen. Hier folgen wir einem Tier (ein Dachs?) bei seinen Streifzügen durch seinen riesigen, verzweigten Bau, den es stetig zu perfektionieren versucht. Zunächst ist es noch sehr zufrieden mit seinem Werk, das u.a. einen großen Vorratsraum namens „Burgplatz“ enthält. Getrieben von seiner Angst vor Fressfeinden, erlebt man sodann aber wie das Tier von einer immer größeren Paranoia ergriffen wird. Insbesondere ein nicht einzuordnendes Geräusch spielt dabei eine große Rolle.

Beide Erzählungen sind sprachlich & stilistisch hervorragend & haben uns Vergnügen bereitet.

Mit addiert ca. 150 Seiten Text ist dieses Buch auch ein Beitrag zu #kurzebändezumwochenende & eine schöne Empfehlung nicht nur für Kafka-Fans.

Besonders hervorzuheben ist die bibliophile Ausstattung dieses Bandes der Reihe Perlen der Literatur, die sich auf moderne Klassiker konzentriert. Freunde von Leinen, Kalligraphie und künstlerische Buchgestaltung kommen voll auf ihre Kosten.

Bewertung vom 22.01.2023
Das Geheimnis der Frau Purpur / Detektiv Parzival Po Bd.1
Troll

Das Geheimnis der Frau Purpur / Detektiv Parzival Po Bd.1


sehr gut

Das Cover ist ein Hingucker: ein Po-Gesicht trinkt mit einem Hamster Tee in einem Büro. Und schon sind wir mittendrin in Detektiv Parzival Pos Welt. Der von Troll (Pseudonym des japanischen Duos Yoko Tanaka und Masahide Fukasawa) erfundene Ermittler trifft in den beiden Fällen dieses kleinen Comic-Bandes auf zwei knifflige Rätsel, die er mit seinem
Scharfsinn löst. Positiv stechen vor allem die klar japanisch konotierten Zeichnungen Fukasawas hervor, die uns sehr gut gefallen haben. Auch die Stories an sich waren - zwar nicht unfassbar - originell, aber durchaus unterhaltsam. Auch die Verarbeitung des schmalen, gebundenen Bandes, der im dtv Verlag erschienen ist, überzeugt als hochwertig. Alles in allem für Kinder auf Grund der Rätsel empfehlenswert und für erwachsene Leser durchaus unterhaltsam und schön zum Durchblättern.

Bewertung vom 18.01.2023
ministeps: Fingerspiele für Klitzekleine
Volksgut

ministeps: Fingerspiele für Klitzekleine


ausgezeichnet

Schon das Cover ist zauberhaft illustriert mit einer Ente und einem Schaf auf einer Picknickdecke. Auch der Inhalt dieses Kleinkinderbuchs aus der Reihe Ministers konnte uns vollauf überzeugen: Kinderreime von „Das ist der Daumen, der schüttelt die Pflaumen“ bis hin zu „Fährt ein Schiffchen übers Meer, wackelt hin und wackelt her“ begeistern die Eltern und die Kleinsten zusammen mit vielen bunten, fröhlichen Bildern. Segelnde Frösche, gärtnernde Schafe und Pflaumen essende Enten runden das Buch optisch schön ab. Zu jedem Reim gibt es Hinweise für Fingerspiele z.B. die Finger abzählen beim Pflaumenreim, usw. Das Buch ist ein lustiger Anreiz für schöne Reimspiele mit den Kleinen und hat uns Freude gebracht. Daher eine Empfehlung für dieses liebevoll und hochwertig gestaltete Buch für Kleinkindee aus dem Ravensburger Verlag.

Bewertung vom 08.01.2023
Frankie
Köhlmeier, Michael

Frankie


ausgezeichnet

Das Leben des 14-jährigen Ich-Erzählers Frank Thaler ändert sich grundlegend, als sein Großvater nach 18 Jahren aus dem Gefängnis entlassen wird.

Wer ist dieser Mann, vor dem seine Mutter Angst zu haben scheint? Was hat er getan? Sein Verhalten gegenüber „Frankie“, wie er ihn beharrlich nennt, schwankt zwischen Versuchen der Vereinnahmung und Gewalt aus nichtigem Anlass. Er fasziniert und stößt den Jungen gleichzeitig ab.

Schließlich schenkt er Frankie eine Pistole und setzt damit eine ungeahnte Eskalationsspirale in Gang…

Michael Köhlmeier erzählt gekonnt die Geschichte eines durchschnittlichen Wiener Teenagers, der vermeintlich in die Fänge eines dämonischen Ex-Knackis gerät (so zumindest der Klappentext).

Doch was ich mich beim Lesen gefragt habe:

Wie vertrauenswürdig ist Frankie, der Ich-Erzähler eigentlich?

Er tut jedenfalls alles, um sich in ein gutes Licht zu rücken. Mustergültiger Sohn einer alleinerziehenden Mutter (kocht für sie, legt ihr Zettelchen mit netten Sachen hin…), kluges Kerlchen (Dokus auf 3Sat, reflektiertes Denken, altkluge Sprache), ein kleines bisschen könnte man ihn vielleicht als Außenseiter empfinden. Aber hinter dieser Fassade spürt man eine gewisse Dunkelheit hervorschimmern, die man nicht so richtig einordnen kann. Eine Neugier auf das Abseitige oder doch schon mehr?

Der Roman hat mich sehr gefesselt, an seinen besten Stellen musste ich an die roman durs von Georges Simeon denken, vielleicht gepaart mit einem Coming-of-Age-Roman. Die Handlung konnte überraschen, was der Klappentext kaum hätte vermuten lassen. Lesende, die sich eine klare Auflösung aufgeworfener Fragen wünschen, werden hier allerdings auf Granit beißen.

Insgesamt sehr gute Unterhaltung. War es am Ende vielleicht sogar ein Thriller? Je ne sais pas. Aber auf jeden Fall ist Frankie von Michael Köhlmeier eine klare Empfehlung wert.

Bewertung vom 05.01.2023
Guinness World Records für Erstleser - Tiere (Rekordebuch zum Lesenlernen)

Guinness World Records für Erstleser - Tiere (Rekordebuch zum Lesenlernen)


ausgezeichnet

Kinder lieben Tiere, vom nachbarschaftlichen Hund bis hin zum Löwen im Zoo. Daher waren wir (und natürlich unser Sohn) sofort begeistert, als wir dieses Guinnessbuch-World-Records-Sachbuch für Kinder im Buchladen entdeckt haben. Sehr kenntnisreich und mit vielen Bildern werden die Kleinen über die Tierwelt ins Bilde gesetzt. Ideal zum Blättern oder Vorlesen und informativ für große und kleine Leser und Leserinnen macht es auch uns ordentlich Spaß und wir konnten einiges dazulernen. Altersmäßig würde ich es für Erstleser bedingt empfehlen, auf jeden Fall aber für ältere Grundschüler. Vorher wird man eher die Bilder und Übersichten/Grafiken genießen oder sich von den Eltern oder Großeltern vorlesen lassen. Ideal kann das Wissen gleich im Sachkundeunterricht eingebracht werden. Daher eine klare Empfehlung von uns für dieses Sachbilderbuch

Bewertung vom 05.01.2023
Das Ravensburger Grundschullexikon von A bis Z
Gampfer, Peggy;Köster-Ollig, Claudia;Schönfeld, Anke

Das Ravensburger Grundschullexikon von A bis Z


ausgezeichnet

Das Ravensburger Grundschullexikon von A bis Z begeistert schon von Anfang an durch seine hochwertige Gestaltung. Zunächst kann man sich ja schon die Frage stellen, wofür man heute noch ein gedrucktes Nachschlagewerk ins Regal stellen soll. Es gibt doch Wikipedia, oder? Doch, dieses Buch zeigt schnell seinen Wert und Sinn: Gerade für Grundschüler ist es nicht nur sinnvolles Arbeitsmittel (zB Referatsvorbereitung), sondern auch ein interessanter Zeitvertreib und spannende Wissensvermittlung. Fundiert erfährt man kompakt, was Sache ist von Abgase bis Zwilling.
Am Ende des Buches gibt es noch eine gelungene Übersicht über Schulwissen und eine Sammlung von Regeln für eine gelungenes Referat. Sprachlich ist das ganze für Kinder gut gestaltet, ohne dass die Qualität des Inhalts dadurch zu stark leiden würde. Daher eine Empfehlung für wissbegierige Kinder.

Bewertung vom 04.01.2023
Das glückliche Geheimnis
Geiger, Arno

Das glückliche Geheimnis


ausgezeichnet

Der österreichische Autor Arno Geiger hat sich mit so fantastischen Büchern wie Es geht uns gut oder Der alte König in seinem Exil einen festen Platz in der Literatur erschrieben. In beiden Werken hat er seine Familiengeschichte (teilweise) verwertet oder gar direkt über die Demenzerkrankung seines Vaters geschrieben. In seinem neuen Buch Das glückliche Geheimnis beschäftigt sich Arno Geiger mit seinem persönlichen Werdegang, seinen (recht) erfolglosen und holprigen Anfängen als Schriftsteller, seinen Beziehungen als junger Mann und schließlich seinem Erfolg. Ganz wesentlich sind in seinem Leben ausgedehnte Touren durch das Wiener Altpapier, wo er Bücher, Briefmarkensammlungens, Kunstpostkarten findet und zu Geld macht. Aber es ist nicht allein wirtschaftlich motiviertes Verhalten, es ist in gewisser Weise Freiheit, die Überwindung von Scham. Seine Touren formen ihn, das sich Quälen zum frühen Aufstehen, die Bücher, die er findet und liest, die Verletzungen, die er sich beim in Container klettern zuzieht.
Das Buch liest sich sommerlich leicht, nicht nur das Cover ist für eine Januarneuerscheinung extrem gelb und orange. Ein bisschen literarischer Sommer im Winter also. Obendrein ein gut geschriebenes Memoir, in dem Geiger kein Blatt vor den Mund nimmt, auch seinen Verlag hart angeht für jahrelange Vernachlässigung und fehlende Unterstützung am Anfang seiner Karriere und eigene (auch charakterliche) Fehler nicht unterschlägt. Und hier setzt auch ein Kritikpunkt an, den ich bei allem Wohlgefallen und Begeisterung für sein Werk nicht ganz leicht übergehen will: An manchen Stellen schimmert eine Selbstverliebtheit durch, die man Künstler:innen vielleicht zugestehen muss, die Geiger aber in ein durchaus unsympathisches Licht rückt.

Auch seinen Umgang mit den Frauen in seinem Leben empfand ich beim Lesen an manchen Stellen als schwierig und unfair. Ich bin an dieser Stelle auch nicht bereit seinem dreißigjährigen Ego aus den späten 90er Jahren einen Freifahrtschein auszustellen. Nichtsdestotrotz ist Das glückliche Geheimnis (ja, damit meint er die Altpapiertouren) ein gutes Buch und (nicht nur für Geiger-Fans) empfehlenswert.

Bewertung vom 02.01.2023
Hund, Wolf, Schakal
Karim Khani, Behzad

Hund, Wolf, Schakal


ausgezeichnet

Hund Wolf Schakal von Behzad Karim Khani ist ein hartes Stück Literatur, messerscharf geschrieben, in einer Sprache, die kein Wort zu viel verschwendet und extrem prägnant ist.

Erzählt wird von den Brüdern Nima und Saam, die mit ihrem Vater nach der Hinrichtung ihrer Mutter aus dem Iran der Mullahs nach Berlin-Neukölln fliehen. Während sich der Vater als Taxifahrer durchschlägt, entwickeln sich die Söhne in unterschiedliche Richtungen. Saam verschafft sich mit Gewalt und Straftaten Respekt unter den Araber-Gangs und ermöglicht gleichzeitig Nima ein komfortables Leben jenseits von Kriminalität. Doch dieses Leben verändert sich plötzlich radikal, als Saam zu weit geht…

Auf der Frankfurter Buchmesse durften wir den Autor Behzad Karim Khani live erleben und waren von seiner sympathischen Art und dem interessanten Gespräch mit dem Bundesdrogenbeauftragten begeistert.

Daher eine klare Empfehlung für diesen starken Debütroman, der uns begeistern konnte.