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Benutzername: 
Waterlilly
Wohnort: 
Bayern

Bewertungen

Insgesamt 90 Bewertungen
Bewertung vom 02.09.2022
Gretas Geheimnis / Die Winzerin Bd.2
Engel, Nora

Gretas Geheimnis / Die Winzerin Bd.2


ausgezeichnet

„Gretas Geheimnis“ setzt quasi nahtlos ein, wo „Gretas Erbe“ aufgehört hat. Da ich den ersten Band erst kürzlich gelesen habe und der Inhalt auf den ersten Seiten kurz zusammengefasst wird, bin ich sehr schnell wieder in die Geschichte eingetaucht.
Nachdem die Hellerts, bei denen Greta aufgewachsen ist, sie quasi vom Hof gejagt haben und ihre große Liebe Robert als Musiker durch Amerika tourt, fällt es ihr leicht, sich für das Erbe ihres Vaters zu entscheiden. Mit der Bedingung eine Ehe mit dem Kellermeister Bruno einzugehen kann sie sich zunächst gut arrangieren, denn die Belohnung dafür ist das größte Weingut der Region.
Band zwei begleitet Gretas Werdegang vom Ende der 70er Jahre bis ins Jahr 2000. Es ist toll zu sehen, wie aus dem jungen Mädchen eine erfolgreiche Geschäftsfrau wird. Trotz ihrem Ehrgeiz bleibt Greta jederzeit sympathisch und man freut sich mit ihr über jeden erreichten Meilenstein.
Das Autorinnenduo kreiert gleich eine handvoll liebenswerter Charaktere. Neben Greta selbst mochte ich insbesondere ihre Großmutter Adela, Matse Hellert, Selma und die vier Kinder sehr gerne. Die liebevollen Gespräche und das harmonische Verhältnis zwischen diesen Figuren schaffen eine Atmosphäre, in der man sich als Leser sehr wohl fühlt.
Wenig romantisch entwickelt sich allerdings die arrangierte Ehe mit Bruno. Wirkte er zunächst auf mich wie ein kauziger, aber dennoch sympathischer Mensch, fällt es im Laufe der Zeit immer schwerer, Verständnis für sein seltsames Verhalten aufzubringen. Er ist kein schlechter Mensch, aber seine Engstirnigkeit und seine schweigsame Art stoßen nicht nur Greta, sondern auch den Leser immer wieder vor den Kopf. Mit jedem Kapitel hofft man mehr auf eine Scheidung, da Greta einfach etwas Besseres verdient hat.
Deswegen verübelt man es ihr auch nicht, wenn sie außerhalb ihrer Ehe nach Zuneigung sucht.
Was ich sehr positiv finde ist, dass man zwar aufgrund des Klappentextes denkt, man wüsste, wie Gretas Liebesleben ausgeht, aber überraschenderweise hatte ich am Ende des Romans keine Ahnung, wie sich Greta entscheiden wird. Alles ist möglich.
Ebenfalls als Überraschung kam für mich, dass es einen dritten Band gibt, der sich dem Titelbild nach mit Greta und ihren Töchtern befassen wird. Da mir Teil 1 und Teil 2 so gut gefallen haben, ist dies eine tolle Nachricht und ich wünschte sogar, ich könnte direkt weiterlesen.
Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass es den Autorinnen gut gelungen ist, die wichtigsten Höhepunkte der beschriebenen Jahrzehnte einfließen zu lassen. Manches Mal fühlte man sich in der Zeit zurück versetzt und erinnert sich z. B. an das erste eigene Handy, oder an den Jahrtausendwechsel. Auch die Hits zur Epoche bekommen ihren Raum und eine Playlist, die z. B. auf Spotify zu finden ist, runden die Geschichte ab.
Alles in allem fand ich „Gretas Geheimnis“ sehr gut, sogar noch etwas besser als Band 1.

Bewertung vom 23.08.2022
Die Freundinnen vom Strandbad - Wogen der Freiheit / Die Müggelsee-Saga Bd.2
Heiland, Julie

Die Freundinnen vom Strandbad - Wogen der Freiheit / Die Müggelsee-Saga Bd.2


sehr gut

Bereits wenige Wochen nach der Veröffentlichung von Band 1 ging es mit den „Freundinnen vom Strandbad“ weiter.
Julie Heilands Schreibstil ist auch dieses Mal so mitreißend und kurzweilig, dass die knapp 600 Seiten nur so vorbeifliegen.
Die Fortsetzung ist etwas erwachsener, da die Protagonistinnen mittlerweile keine Teenager mehr sind, sondern junge Frauen. Wir begleiten die drei Freundinnen von den 60er Jahren bis hin zum Anfang der 90er Jahre.
Am Ende von Band 1 ist Clara in den Westen geflohen und ich fand ihren Handlungsstrang besonders interessant, da ich wissen wollte, wie sie sich alleine in einer komplett neuen Umgebung zurechtfindet.
Martha und Betty bleiben weiterhin eng befreundet, auch wenn ihr Leben nicht mehr zu 100 % zusammen stattfindet, sondern jeder sein eigenes Päckchen zu tragen hat.
Betty verfolgt ihren Traum von einer Karriere als Schauspielerin weiter und löst sich von ihrem untreuen Ehemann, während Martha versucht, als Schriftstellerin Fuß zu fassen.
Freundschaften und Zusammenhalt haben einen großen Stellenwert in dieser Reihe und viele harmonische Momente machen das Buch trotz teilweise düsterer Themen zu einem feel-good Roman für mich. Im Leben der drei Frauen reiht sich ein Ereignis an das andere, so dass beim Lesen niemals Langeweile aufkommt.
Die Liebe spielt natürlich auch eine große Rolle, dennoch behalten sich alle drei ihre Eigenständigkeit bei und entwickeln sich auch außerhalb von Beziehungen weiter, was ich sehr positiv fand.
Ich habe diesen Roman ausgesprochen gerne gelesen, vergebe für die Fortsetzung allerdings trotzdem „nur“ 4 Sterne. In den letzten Kapiteln wurde es mir doch ein wenig zu unrealistisch und zu sehr auf auf schnelles Happy-End getrimmt, insbesondere, was Clara und Alex angeht.
Insgesamt hat mich diese Reihe aber wirklich gut unterhalten und es hat sich gelohnt, die Bücher zu lesen.

Bewertung vom 23.07.2022
Findelmädchen
Bernstein, Lilly

Findelmädchen


ausgezeichnet

Da ich Lilly Bernsteins Debütroman „Trümmermädchen“ sehr geliebt habe, war ich auf ihr neues Buch „Findelmädchen“ ausgesprochen gespannt. Was soll ich sagen, die Autorin hat mich ein zweites Mal mit einer emotionalen und berührenden Geschichte in den Bann gezogen, die ich aufgrund des flüssigen und lebendigen Schreibstils kaum aus der Hand legen wollte.
Dieses Buch spielt im selben Universum wie das Vorherige. Wir treffen erneut auf Helga und Jürgen, die in „Trümmermädchen“ unter schlimmsten Bedingungen leben mussten. Inzwischen sind die Geschwister zu Teenagern herangewachsen und beginnen gemeinsam mit ihrem Vater, der endlich aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurde, ein neues Leben in Köln.
Der Fokus der Erzählung liegt auf der 16-jährigen Helga. Ich mochte das junge Mädchen sehr gerne. Sie hat furchtbare Sachen während und nach dem Krieg erlebt und ist nun voller Lebenslust. Die Autorin schildert sehr anschaulich, wie das Köln der 50er Jahre wieder zu pulsieren beginnt. Tanzlokale und Kinos locken die Massen an. Den Menschen bieten sich berufliche Perspektiven und alle sind in Aufbruchsstimmung. Gleichzeitig sitzen ihnen die Schrecken des Krieges noch in den Knochen und schleichen sich immer wieder in die Gedanken.
Ich fand den Kontrast sehr realistisch beschrieben und Helga war die perfekte Protagonistin, um all diese Widersprüche zu verkörpern.
Sie träumt von einer Karriere und von der Liebe. Sie hat mit ihrem Brüder Jürgen und ihrer Freundin Fanny wunderbare Menschen an ihrer Seite. Man wünscht ihr von allem nur das Beste und so schmerzt jeder Schicksalsschlag, den sie erleiden muss.
Lilly Bernstein hat keinen kitschigen Roman geschrieben sondern schickt ihre Charaktere immer wieder durch die Hölle, die die damalige Zeit teilweise war.
Neben all den beschriebenen Tragödien gingen mir besonders die Zustände im Waisenhaus sehr nahe. Die abgrundtiefe Grausamkeit, mit der die Kinder dort behandelt wurden, macht fassungslos.
Aber auch die Erbarmungslosigkeit der Gesellschaft gegenüber ledigen Müttern und Frauen im Allgemeinen erschütterten mich und es empörte mich, mit welcher Selbstverständlichkeit sich Menschen das Recht nahmen, über andere zu bestimmen.
Lilly Bernstein skizziert ein sehr düsteres Bild der 50er Jahre, zeigt gleichzeitig aber auch die schillernde Seite und lässt immer wieder Momente der Freude und der Leichtigkeit einfließen.
Für mich war „Findelmädchen“ ein absolut lesenswerter Roman, der mir sehr gefallen hat.

Bewertung vom 19.07.2022
Das Leuchten vergangener Sterne
Fischer, Rena

Das Leuchten vergangener Sterne


weniger gut

An Rena Fischers neuem Roman „Das Leuchten, vergangener Sterne“ hat mich sehr viel angesprochen. Zunächst einmal ist das Cover mit den Mohnblumen im Abendlicht einfach wunderschön. Außerdem fand ich das Thema Ausgrabungen und Archäologie originell und vielversprechend. Da ich selbst schon in Sevilla / Andalusien im Urlaub war, habe ich mich darauf gefreut, mich in diese Gegend zurückzulesen.
Die Voraussetzungen waren also sehr gut und ich wollte dieses Buch wirklich mögen. Deswegen tut es mir wirklich ausgesprochen leid, dass mich „Das Leuchten, vergangener Sterne“ leider nicht wirklich begeistern konnte.
Die ersten 150 Seiten empfand ich als wahnsinnig zäh. Es gelang mir einfach nicht, in die Geschichte hineinzufinden. Die Erzählweise ist einerseits sehr ausschweifend und gleichzeitig dauert es lange, bis die Ereignisse ins Rollen kommen und die Spannungskurve nach oben geht.

Nina ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Auf der Suche nach einer Investitionsmöglichkeit für ihren Chef kommt sie auf eine Ausgrabung des Archäologen Taran Sternberg. Da sie von der Materie selbst keine Ahnung hat, beauftragt sie den windigen Orlando Torres mit der Erstellung eines Gutachtens.
Nina wird immer wieder als sehr hübsche, fast schon ätherisch schöne Frau beschrieben. Die Männer liegen ihr zu Füßen. Sei es ihr Kolleg Nils, Taran oder Orlando. Es bedarf nur wenige Tage Bekanntschaft und schon sprudeln die Liebesschwüre aus den Herren heraus. Mir ging es zu schnell und überstürzt, wie schnell von großen Gefühlen die Rede war, obwohl man sich kaum kennt.

Taran und Orlando könnten unterschiedlicher nicht sein. Sie verkörpern typische Extreme. Taranist der sensible, selbstlose Träumer, der seinen Beruf voller Leidenschaft ausführt. Monetäre Hintergedanken sind ihm fremd.
Orlando ist der Prototyp eines Badboys. Er hatte eine schlimme Kindheit und ist auf der Suche nach Zugehörigkeit, auf die schiefe Bahn geraten. Er hat teilweise aggressive Wutausbrüche und ich fand seine Art oft unangenehm.
Von daher war klar, dass ich Team Nina und Taran bin, aber so richtig aus vollem Herzen mitfiebern konnte ich auch hier nicht. Die Gefühle der beiden kamen bei mir nicht an und ich konnte zu den Charakteren keine wirkliche Beziehung aufbauen, da sie mir nicht sympathisch waren.
Das komplette Szenario, von der ersten Begegnung, bis zum Wiedersehen und den Meinungsverschiedenheiten wirkte sehr konstruiert und vorhersehbar auf mich.

Die Autorin hat definitiv viel Zeit in ihre Recherchearbeit gesteckt. Mit viel Liebe zum Detail beschreibt sie Sehenswürdigkeiten, Landschaften und historische Hintergründe. Man bekommt Lust, sich in das nächste Flugzeug zu setzen und all das mit eigenen Augen zu sehen. Obwohl ich mir alles gut vorstellen konnte, waren mir die Beschreibungen teilweise zu ausgedehnt. Manchmal hatte ich das Gefühl, einen Reiseführer zu lesen.

Im Vergleich zum Beginn des Romans, ließ sich das letzte Drittel leicht lesen, die Ereignisse spitzen sich zu und es passiert in jedem Kapitel etwas Neues. Die Geschichte wird dramatisch wie eine spanische Telenovela. Drogenmafia, Gefängnis, Erpressung, Liebe... es ist alles dabei. Mir persönlich wurde das alles zu wild und realitätsfern.

Leider hat mir „Das Leuchten vergangener Sterne“ nicht so gut gefallen, wie erwartet und ich vergebe 2,5 Sterne.

Bewertung vom 10.07.2022
Was ich nie gesagt habe / Gretchen Bd.2
Abel, Susanne

Was ich nie gesagt habe / Gretchen Bd.2


ausgezeichnet

„Stay away from Gretchen“ war 2021 eins meiner Jahreshighlights. Deswegen habe ich mich sehr gefreut, als ich in der Verlagsvorschau ein neues Buch von Susanne Abel entdeckte. Als ich feststellte, dass es sich um eine Fortsetzung von Gretchen handelt, war ich kurz skeptisch und befürchtete, es könnte sich um einen zweiten Aufguss handeln. Diese Bedenken stellten sich schnell als unbegründet heraus, denn diesmal steht Konrad, der Vater von Tom Moderath, im Zentrum. Es werden zwar die wichtigsten Details aus Gretas Leben noch einmal angesprochen, dies empfand ich jedoch nicht als Wiederholung, sondern als Auffrischung meiner Erinnerung.
Der Schreibstil von Susanne Abel ist wirklich sehr ansprechend und die Gegenwartshandlung mit Tom und seinem bisher unbekannten Bruder Hank konnte mich sehr schnell abholen und teilweise sogar zum Lachen bringen. Tom ist ein sensibler Mann, der zur Vogelstrauß-Taktik tendiert, wenn Probleme aufkommen. Die kaum zu bremsende Motivation von Hank in der Vergangenheit zu graben überfordert ihn und verursacht Spannungen zwischen ihm und seiner Freundin Jenny. Ich fand die Emotionen und Sorgen der Charaktere sehr realistische und glaubwürdig beschrieben und konnte mich gut in die Personen eindenken.
Für den Handlungsstrang, der in der Vergangen spielt, brauchte ich ein paar Seiten länger, bis ich so richtig in der Geschichte eingetaucht war.
Konrad ist ein Charakter, mit dem man nicht so schnell warm wird. Als Kind erlebte er traumatische Dinge im Krieg und war früh auf sich alleine gestellt. Diese Tragödien haben vermutlich dazu beigetragen, dass Konrad sehr in sich gekehrt ist und seine Probleme oft mit sich alleine ausmacht. Vom Grund her, ist er eigentlich ein netter Mensch, allerdings führen verschieden Umstände dazu, dass er einige fragwürdige Entscheidungen trifft. Trotzdem verurteilt man ihn als Leser nicht komplett, sondern kann sich aufgrund der gesellschaftlichen Normen der damaligen Zeit zumindest vorstellen, wie es so weit kommen konnte.
Susanne Abel überrascht ein weiteres Mal mit Themen, die nicht schon in zig anderen historischen Büchern durchgekaut wurden und die ich vom Klappentext her nicht erwartet hatte.
Unfruchtbarkeit und künstliche Befruchtung spielen eine zentrale Rolle und die Autorin entspinnt eine Geschichte, die schockiert und sprachlos macht. Gleichzeitig ist die Handlung wahnsinnig fesselnd. Man ist teilweise so fassungslos und möchte genau aus diesem Grund immer weiter lesen und mehr erfahren.
Auch den kurze Abriss der jüngeren Vergangenheit fand ich sehr interessant und mir ist bewusst geworden, wie wenig ich doch über die weltpolitische Situation in den 90er Jahren weiß, obwohl ich damals selbst schon ein Teenager war (Stichwort: Bosnienkrieg).
Mir gefällt es wirklich sehr, wie die Autorin Informationen mit einer Romanhandlung verknüpft.
Mein einziges Bedauern ist, dass es zur Zeit nur diese beiden Bücher von Susanne Abel gibt. Gäbe es bereits mehr Veröffentlichungen, würde ich jedes einzelne sofort aufsaugen. Ich freue mich auf alles, was in den nächsten Jahren hoffentlich noch kommt!

Bewertung vom 01.07.2022
Die Hennakünstlerin / Jaipur Bd.1
Joshi, Alka

Die Hennakünstlerin / Jaipur Bd.1


sehr gut

Durch Reese Witherspoons Bookclub wurde Alka Joshis Roman „Die Hennakünstlerin“ stark gepuscht und auch ich bin neugierig geworden und habe mich gefreut, dass das Buch nun in Deutschland erscheint.
Vorneweg kann ich sagen, dass die Geschichte etwas anders als erwartet war. Ich hatte mir vorgestellt, dass es geschichtlich mehr in die Tiefe geht und war über die teilweise doch recht seichte Handlung überrascht.

Mit gerade einmal 15 Jahren wird Lakshmi verheiratet. Da ihr Ehemann Hari sie schlägt, fliegt sie in die Großstadt Jaipur, wo sie sich ein neues, eigenständiges Leben aufbaut.
Der Leser trifft auf Lakshmi an einem Zeitpunkt, an dem sie es beruflich geschafft hat. Sie ist eine angesehene Hennakünstlerin und bei den reichen Damen sehr beliebt. Sie konnte so viel Geld verdienen, dass ihr eigenes, luxuriöses Haus kurz vor der Fertigstellung ist.
Das Buch arbeitet das soziale Ungleichgewicht in Indien gut heraus. Die Geschichte spielt in den 50er Jahren und während das Leben auf den Dörfern sehr einfach und von Armut geprägt ist, leben die wohlhabenden Städter sehr exklusiv und feudal.
Klatsch und Tratsch spielt eine große Rolle, so wie auch die Herkunft der Menschen. Lakshmi konnte sich aus der Armut befreien, doch obwohl sie bei den Reichen ein und aus geht, wird sie niemals dazugehören, sondern immer eine Angestellte bleiben.
Als Lakshmis 13-jährige Schwester Radha in Jaipur auftaucht, beginnt ihr Leben, welches sie sich so sorgsam aufgebaut hat, in sich zusammenzufallen.

Ich bin gut in das Buch gestartet. Es fallen viele indische Begriffe, wodurch die Geschichte besonders atmosphärisch wird. Es gibt auch einen Glossar, in dem die Worte erklärt werden, doch meistens konnte ich sie mir aus dem Zusammenhang erschließen.
Nach einem kurzweiligen Start empfand ich die Handlung teilweise als etwas zäh. Bei den Besuchen bei den reichen Damen wird sehr viel geplaudert, teilweise belanglos, wodurch keine wirkliche Spannungskurve entsteht.
Erst im letzten Viertel überschlagen sich dramatische Ereignisse, die mir manchmal allerdings recht übertrieben und wenig realistisch erschienen. Würde sich das Königshaus wirklich so leicht manipulieren und austricksen lassen wie hier beschrieben?

Der Roman ist in der Ich-Form aus der Sicht von Lakshmi geschrieben. Trotzdem konnte ich zu ihr keine Nähe aufbauen. Sie blieb für mich ein Geist, den ich mir nicht wirklich vorstellen konnte, was vielleicht auch daran liegt, dass ihr Äußeres nicht sonderlich ausführlich beschrieben wird. Auch wird ihr Name selten erwähnt. Ich habe schätzungsweise bis zur Hälfte gebraucht, bis ich ihn mir überhaupt merken konnte.

Die weiblichen Charaktere fand ich überwiegend unsympathisch. Lediglich Kanta konnte ich ins Herz schließen, eine wirklich tolle, hilfsbereite Freundin.
Die Frauen aus der Upperclass, die hochnäsig auf das Fußvolk herunterblicken und Intrigen spinnen fand ich durch ihre Skrupellosigkeiten abstoßend.
Auch Lakshmis Schwester Radha machte es mir nicht leicht, sie zu mögen. Sie hatte kein einfaches Leben und mit 13 ist vermutlich jeder Teenager bockig und egoistisch, aber sie ist völlig rücksichtslos und merkt nicht, wie sie das Leben ihrer Schwester zerstört.

„Die Hennakünstlerin“ wird derzeit für Netflix verfilmt und ich denke, diese Serie wird sehr gut funktionieren. Eine farbenfrohe, exotische Seifenoper, die neben viel Drama auch knisternde Momente hat. Die Autorin präsentiert gleich mehrere Männer, die trotz ihrer Fehler anziehend rüber kommen. Sei es der notorische Fremdgeher Samir oder der geläuterte Hari.
Dann haben wir auch noch den selbstlosen Arzt Dr. Kumar.
Ich freue mich schon jetzt darauf, die Geschichte in bewegten Bildern neu zu erleben.

Am Ende des Romans kann Lakshmi ein Abenteuer abschließen und steht gleichzeitig am Anfang eines Weiteren. Gut, dass noch zwei weitere Bände folgen und der Leser somit die Reise der einstigen Hennakünstlerin weiterverfolgen kann.

Bewertung vom 26.06.2022
Gretas Erbe / Die Winzerin Bd.1
Engel, Nora

Gretas Erbe / Die Winzerin Bd.1


ausgezeichnet

Als die Haushaltshilfe Marie unverheiratet schwanger wird und bei der Geburt stirbt, nimmt die Winzerfamilie, bei der sie angestellt ist, den Säugling Greta bei sich auf.
Eine Geste, die zunächst nach großer Nächstenliebe klingt. Tatsächlich wird Greta jedoch nie wie ein eigenes Kind behandelt, sondern wie eine kostenlose Arbeitskraft. Lediglich die beiden Söhne Matse und Robert geben ihr Zuneigung.
Trotz der schweren Bedingungen wächst Greta zu einer ehrgeizigen jungen Frau heran, die ihren Mitmenschen offen und voller Mitgefühl begegnet. Sie ist auffallend intelligent, wodurch sie bei der Familie Hellert zusätzlich zum Außenseiter wird.
Der Schreibstil von Nora Engel lässt sich sehr angenehm und leicht lesen. Greta ist eine Person, die man schnell ins Herz schließt. Ich habe bewundert, mit welchem Eifer sie Wissen aufsaugt und trotz der körperlich schweren Arbeit sogar Klassenbeste wird.
Im Verlauf der Geschichte entwickelt sich die Handlung ein wenig in Richtung Groschenroman. Die Liebesschwüre, die Greta mit ihrem Robert austauscht, waren mir schon fast ein wenig zu schwülstig.
Teilweise kamen auch ein wenig Cinderella Vibes beim Lesen auf, denn die Hellerts lassen keine Gelegenheit aus Greta zu schikanieren, fast so wie die böse Stiefmutter und die Stiefschwestern in dem Märchen.
Sie wird als optisch sehr ansprechende Person beschrieben und so ziemlich jeder Mann, dessen Weg sie kreuzt, macht sich an sie heran, überwiegend auf sehr unangenehme Art.
Ein wenig lag es wahrscheinlich auch an der Zeit (die Geschichte spielt in den 70er Jahren) aber ich habe mich gewundert, mit welcher Feindschaft und Eifersucht die anderen Frauen Greta begegnet sind, selbst wenn sie Zeuginnen von übergriffigem Verhalten wurden.
Musik ist ein wiederkehrendes Thema in diesem Roman und durch die Erwähnung der damaligen Hits werden die 70er wieder lebendig. Allgemein gibt das Autorenduo einen guten Einblick in den damaligen Zeitgeist. Die Hellerts und viele andere sind noch immer sehr konservativ. Heiraten spielt eine wichtige Rolle und eine Karriere ist nur etwas für Männer. Auch Abtreibung, Hippies und Drogenkonsum werden in diesem Buch thematisiert.
Grundsätzlich bin ich beim Thema Spoiler nicht sonderlich empfindlich. Hier finde ich allerdings, dass der Titel zu viel verrät und auch eigentlich nicht passend ist, da das Erbe erst auf den letzten Seiten eine Rolle spielt, man sich aufgrund des Covers aber quasi von Anfang an vorstellen konnte, wo die Reise hingeht. Auch wer etwas vererben wird, war für mich vorhersehbar.
Insgesamt schwanke ich bei meiner Bewertung zwischen 4 und 5 Sternen.
Ich fand die Handlung teilweise überspitzt dramatisch und bei den Charakteren gab es nur gut oder böse, kein dazwischen. Gleichzeitig hat mich „Gretas Erbe“ wirklich sehr gut unterhalten und ich wollte es nicht aus der Hand legen. Man kann sich beim Lesen richtig gut vom Alltag erholen. Schön, dass der zweite Band schon bald erscheint, denn der Klappentext klingt nach einer Menge neuen Problemen!

Bewertung vom 23.06.2022
Das Letzte, was du hörst
Winkelmann, Andreas

Das Letzte, was du hörst


ausgezeichnet

Ich höre gerne und regelmäßig Podcasts und so fühlte ich mich von Andreas Winkelmanns neuem Thriller „Das Letzte, was du hörst“ direkt angesprochen.
Im Zentrum der Geschichte steht der Mental Coach Marc Maria Hagen, auch der Frauenflüsterer genannt. Als sein Podcast in Verbindung mit einer Mordserie in den Fokus rückt, stellt sich die Frage, ob Hagen ein Coach, ein Betrüger oder gar ein Mörder ist.
Die ermittelnde Polizistin ist Carola Barreis. Carola ist eine Einzelgängerin, die durch ihre spröde Art sehr speziell ist. Sie zählt die Tage bis zur Rente und ich fand sie zu Beginn des Buches ziemlich lustlos und tendenziell eher unsympathisch. Doch je länger ich las, desto mehr begann ich ihr skurriles Wesen und ihre bissigen Sprüche zu lieben. Kommentare wie „Hier ist keine Leiche – und wenn, eine geht noch“ sind genau die Art von schrägem Humor, über die ich mich amüsieren kann.
Was mich allerdings irritiert hat war, dass Carola quasi ganz alleine vor sich hin wurschtelt. Der Fall ist brutal und sehr verzwickt und trotzdem scheint sich in diesem Präsidium niemand anderes dafür zu interessieren.
Gut gefallen hat mir der verbale Schlagabtausch mit dem Rechtsmediziner Paul.
Sollte dies der Auftakt zu einer Serie sein, würde ich mich total freuen.
Carola, Paul und die Journalistin Roya haben das Zeug, zu einem außergewöhnlichen Trio zusammenzuwachsen. Diese drei könnten sicherlich noch mehr Kriminelle zur Strecke bringen.
Den Fall selber fand ich zum Einstieg sehr temporeich. Verschiedene Handlungsstränge prasseln auf den Leser ein und jeder für sich macht neugierig.
Nach einer Weile fällt der Thriller in eine gediegene Spannung und pendelte sich bei vier Sternen ein.
Doch dann nimmt Winkelmann Anlauf zum Finale. Die letzten hundert Seiten überschlagen sich mit völlig wilden Entwicklungen, so dass für „Das Letzte, was du hörst“ nur eine Bewertung für mich möglich ist: nämlich 5 Sterne!
Mir gefällt es, wenn in einem Krimi völlig verrückte Dinge passieren und so fühlte ich mich hier bestens unterhalten.

Bewertung vom 12.06.2022
Die Freundinnen vom Strandbad - Wellen des Schicksals / Die Müggelsee-Saga Bd.1
Heiland, Julie

Die Freundinnen vom Strandbad - Wellen des Schicksals / Die Müggelsee-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Als ich Cover und Klappentext von „Die Freundinnen vom Strandbad“ gesehen habe, fühlte ich mich total angesprochen.
Kaum hatte ich das Buch aufgeklappt, war ich völlig begeistert. Der Schreibstil ist so bildhaft und lebendig, es kam mir vor, als wäre ich mitten in die Geschichte, mitten ins Strandbad, hinein katapultiert worden. Dieses Gefühl hielt die kompletten 600 Seiten an. Ich habe den Roman wirklich sehr gerne gelesen. Die Handlung zieht einen in den Bann und die Seiten fliegen nur so vorbei.

Der Roman handelt von den drei 17-jährigen Mädchen Betty, Clara und Martha, die 1960 in Ostberlin leben. Die Grenzen sind noch offen, doch der Terror durch die DDR Regierung ist bereits allgegenwärtig. Vor allem Clara hat es nicht leicht. Ihre Eltern lehnen es strickt ab, der Partei beizutreten oder sich den Mund verbieten zu lassen. Clara ist nicht in der FDJ und so ist ihr Traum von einem Studium nur ein Traum, denn wer sich nicht unterordnet, hatte in der DDR keine Chance.
Martha kommt aus einem linientreuen Elternhaus und wurde quasi zu einem Spitzel erzogen. Je älter sie wird, desto mehr begehrt sie gegen die Regeln der Eltern auf.

Die drei Mädels sind jede für sich sehr unterschiedlich. Die Freundschaft entstand aus einem Zufall heraus, was die enge Bindung umso besonderer macht. Die drei sind füreinander da, egal was kommt. Selbst als Martha und Clara sich in den selben Jungen verlieben, ist die Freundschaft stark genug, um damit fertig zu werden. Ich fand dies sehr bemerkenswert. Denn gerade in diesem Alter, sind Rivalität und Eifersucht oft sehr ausgeprägt. Generell kamen mir die Mädels schon richtig erwachsen vor. Alle sind sehr selbständig und gereift, man hatte nicht das Gefühl, dass man ein Buch über Schüler liest.

Die Handlung umfasst ein Jahr. Teilweise konnte ich kaum glauben, dass nur 12 Monate vergangen sein sollen, denn es passiert unglaublich viel im Leben der Freundinnen. Aufregende Momente wie erste Küsse, Partys und der Schulabschluss aber auch wirklich schlimme Dinge, wie Tod, dunkle Familiengeheimnisse und die Frage, ob es in diesem Land überhaupt eine Zukunft geben kann.

Am Ende ließ mich der Roman sehr emotional bewegt zurück. Die Autorin beschreibt sehr anschaulich und dramatisch die Szenen des Mauerbaus und die jungen Mädchen müssen folgenschwere Entscheidungen treffen.
Der Schluss des Buches ist offen, denn es wird eine Fortsetzung geben, auf die ich mich schon jetzt sehr freue. Da wir die deutsche Geschichte kennen, wissen wir, dass noch viele Widrigkeiten auf die Freundinnen zukommen werden.

Ich fand „Die Freundinnen vom Strandbad“ richtig toll. Fünf Sterne hat das Buch sicher und ist außerdem Anwärter auf meinen Roman des Monats.

Bewertung vom 05.06.2022
Ein Leben für das Glück der Kinder / Die Hafenärztin Bd.2
Engel, Henrike

Ein Leben für das Glück der Kinder / Die Hafenärztin Bd.2


sehr gut

„Die Hafenärztin – Ein Leben für das Glück der Kinder“ ist der zweite Teil einer Reihe, der trotzdem sehr gut als Einzelband gelesen werden kann, da die Handlung in sich abgeschlossen ist und kein Vorkenntnisse erforderlich sind.
Die Geschichte spielt im Jahr 1911 in Hamburg. Im Fokus stehen insbesondere drei Charaktere: die junge Ärztin Anne Fitzpatrick, die sich vor allem für die untere Gesellschaftsschicht einsetzt, die angehende Lehrerin Helene und der Kommissar Berthold Rheydt.
Anne und Helene sind zwei vielschichtige, interessante Persönlichkeiten. Beide sind für die Epoche, in der sie leben, sehr modern eingestellt, stehen auf eigenen Beinen und setzen sich für Frauenrechte ein. Die Kapitel über die beiden Frauen habe ich immer sehr gerne gelesen. Sowohl im beruflichen Umfeld als auch privat ist immer sehr viel los, so dass die Geschichte sehr kurzweilig ist.
Mit Berthold Rheydt hatte ich schon im ersten Band meine Schwierigkeiten. Es dauerte auch nicht lange, bis es wieder um sein Fußballspiel ging, zum Glück deutlich weniger als beim letzten Mal. Ich finde Berthold mit seiner verlotterten Art und seinen Halluzinationen von seiner verstorbenen Familie etwas sonderbar. Er wird als Frauenschwarm beschrieben, wirkt auf mich allerdings nicht besonders anziehend.
„Die Hafenärztin“ würde ich in die Kategorie historischer Krimi einordnen, denn gleich mehrere Verbrechen bestimmen einen Großteil der Handlung: Auswandererkinder, die vergiftet werden, Frauen, die Selbstjustiz üben und mächtige Menschen, denen Profit wichtiger ist, als ein Menschenleben.
Diese Fälle sind das Verbindungsglied zwischen den Protagonisten, da alle drei auf die ein oder andere Art darin verwickelt sind.
Bei den vielen verschiedenen Themen kommt keine Langweile auf. Persönlich hätte ich mir ein wenig mehr Entwicklung in Liebesdingen gewünscht. Am Ende kristallisiert sich eine künftige Beziehung heraus, die mich tatsächlich überrascht, da ich mit dieser Kombination nicht gerechnet hätte.
Was ich allerdings wohl habe kommen sehen, war der Drahtzieher hinter den Vergiftungen. Trotzdem war der Showdown spannend und in seiner Brutalität ein wenig schockierend.

Mir hat dieser zweite Band wieder gut gefallen und ich bin schon gespannt, was Anne und die anderen in ihrem dritten Abenteuer erleben werden.