Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
utaechl
Wohnort: 
Bremen
Über mich: 
http://taechl.blogspot.de/

Bewertungen

Insgesamt 264 Bewertungen
Bewertung vom 09.03.2022
Ostfriesensturm / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.16
Wolf, Klaus-Peter

Ostfriesensturm / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.16


sehr gut

Inselmorde zur Coronazeit

Ostfriesensturm ist der sechzehnte Fall für Klaasen und Weller. Covid-19 hat Wangerooge und den Rest der Welt erreicht, was jedoch nicht verhindert, dass weiterhin gemordet wird.

Wangerooge ist touristenfrei, es gibt viele leerstehende Ferienwohnungen und gerade dieses scheint ein Serienkiller auszunutzen. Ann Kathrin Klaasen und Frank Weller stehen dank der globalen Lage neuen Problemen gegenüber, die die Ermittlungen behindern und erschweren, trotzdem folgen die beiden natürlich ihrem Weg und lassen sich von niemand von ihrem Vorgehen abbringen. Es ist spannend, anders und modern.

Für mich war es der erste Covid-19 geprägte Krimi und eigentlich kann ich auf die ganzen Klischees und Corona-Diskussionen, die uns mehr als zwei Jahre begleiten auch gut verzichten, aber sie gehören wohl dazu, wenn man heutzutage angesiedelte Bücher schreibt. So gibt es einige Charaktere, denen ich im wahren Leben nicht wirklich begegnen will, die aber natürlich ihren Platz im Buch bekommen. Insgesamt scheint es mehr um das außen herum zu gehen, als um die Ermittler, die nicht viel Entwicklung im Buch durchlaufen können, außer reichlich polizeiinternen Streitigkeiten und Unstimmigkeiten.

Bei der Hörbuchfassung handelt es sich um eine Autorenlesung. Klaus-Peter Wolf liest also selbst und es kommt tatsächlich ein Lesungsfeeling auf und man merkt, dass er es gewohnt ist zu lesen. Mir hat es gefallen, auch wenn ich mir gut vorstellen kann, dass das Buch auch von einer weiblichen Stimme eingelesen wird.

Ostfriesensturm ist auf jeden Fall etwas für Fans des Autors, die bisher treu die Serie begleitet haben. Es gibt reichlich Überraschungen, die beiden Ermittler sind wie immer super in ihrem Element und die Täterseite besteht aus ganz besonderen Charakteren, über die man gerne mehr erfährt. Eine interessante Mischung, die einen unterhaltsamen Ostfriesland-Krimi ergibt.

Hinzu kommt diesmal ein Aspekt aus Klaus-Peter Wolf eigener Lebensgeschichte, den er mit diesem Buch verarbeiten konnte. Es ist also ein besonderes Buch, das mit gut gefallen hat und das zeigt, dass dem Autor selbst nach all den Büchern nicht die Ideen ausgehen.

Bewertung vom 07.03.2022
Der letzte Traum
Hell, Faye

Der letzte Traum


ausgezeichnet

Träumt schön…

Faye Hells neueste Geschichte ist eine Dystopie mit einer gut gefüllten Seite an Content Notes, die darauf hindeuten, dass auf den 339 Seiten einige unangenehme Themen angesprochen werden. Das Ende der Welt wird dadurch eingeläutet, dass Menschen sterben, wenn sie zu lange schlafen, wenn sie beginnen zu träumen. Wir begleiten die Protagonistin aus der Ich-Perspektive auf ihrer Reise quer durch die Staaten, auf der sie einigen interessanten Menschen begegnet und deren bewegende Lebensgeschichten kennenlernt.

Faye Hell hat eine sehr direkte Art, Situationen und Begebenheiten zu beschreiben, die perfekt zu den Ereignissen passt. Eine Art, die einen direkt in die Situation hineinzieht und sie hautnah miterleben lässt. Hinzu kommen stimmungsvolle Beschreibungen, genaue Kenntnis der Orte und der amerikanischen Eigenheiten und ein allgemeiner beunruhigender Grundtenor, der einen durch die Handlung begleitet. Man muss einfach weiterlesen, will mehr erfahren, auch wenn man weiß, dass man immer tiefer in die Dystopie gezogen wird.

Der letzte Traum zeigt uns, was Schlafmangel bewirken, wie man mit der Situation umgehen kann und wie sinnlos es zu sein scheint, das unausweichliche Ende hinauszuzögern. Ein Kampf gegen eine Macht, den man nicht gewinnen kann, der aber gleichzeitig scheinbar nicht unausweichlich dazu führt, dass die Menschen sich nicht mehr zur Seite stehen oder sich nicht mehr füreinander interessieren. So bekommt die Protagonistin die Chance, mehr über die kurzzeitigen Wegbegleiter auf ihrer Reise auf ihrem Fahrrad durch die USA zu erfahren.

Was es allerdings zu erfahren gibt, wohin die Reise führt und ob die Vorahnungen, die sich während des Lesens ansammeln, wirklich das Ende vorhersehen lassen, das muss jeder selbst herausfinden. Mir hat Der letzte Traum sehr gut gefallen. Es ist eine spannende, verstörende Ansammlung an Erlebnissen, die Menschenleben verändern können und die perfekt ins Setting passen. Es ist ein Buch, in dem Esel, Opossums und ein Rezept, um Ravioli leckerer und genießbarer zu machen, eine Rolle spielen.

Ich kann die Dystopie jedem empfehlen, der gerne über die düstere, bedrückende Seite des Endes der Menschheit liest, der es mag, wenn der Autor genüsslich den literarischen Finger in der Wunde herumdreht und dafür sorgt, dass es ungeschönt zur Sache geht.

Bewertung vom 09.02.2022
Der Uhrmacher in der Filigree Street
Pulley, Natasha

Der Uhrmacher in der Filigree Street


sehr gut

Eine Taschenuhr, eine Bombe und mysteriöse Verwicklungen

Wenn man eine goldene Taschenuhr auf seinem Kopfkissen findet und diese nicht mehr loswerden kann, so kann man sich sicher sein, dass einen das Abenteuer seines Lebens bevorsteht. Genau das passiert Thaniel Steepleton.

Dieser ist Angestellter im Innenministerium und hat einen geregelten Tagesablauf, bis er im Oktober 1883 in London die besagte Taschenuhr findet. Erst sechs Monate später rettet diese ihn vor der Explosion einer Bombe und er stößt auf den japanischen Uhrmacher Keita Mori, dessen geheime Machenschaften alles nur noch verkomplizieren.

Natasha Pulley hat mit dem viktorianischen London einen Ort gewählt, über den ich sehr gerne Geschichten lese. Es gibt einen kleinen steampunkigen Einschlag, die Orte und Ereignisse werden detailliert beschrieben und mit Grace gibt es noch eine tolle weibliche Hauptcharakterin, die eine spannende Rolle spielt.

Die Handlung treibt manchmal eher plätschernd vor sich hin und man fragt sich, ob die eine oder andere Begebenheit denn unbedingt sein muss, aber gerade beim Hörspiel hat mich das nicht weiter gestört. Gelesen wird das Buch von Jonas Minthe, bei dem die 12 ½ Stunden Handlung problemlos verfliegen.

Insgesamt ist es ein tolles Debüt, das an einigen Stellen straffer, geradliniger erzählt werden könnte, dessen Charaktere ein bisschen mehr Tiefe nicht geschadet hätten und Handlungsorten in Oxford, London und Tokio, die glaubhaft vor den Augen der Leser mit Leben gefüllt werden.

Trotzdem eine Empfehlung für alle, die Geschichten aus dieser Zeit lieben und sich von der Werbung für das Buch nicht täuschen lassen. Es ist um einiges ruhiger als erwartet, anders als man vermuten könnte und trotzdem für sich selbst stehen ein lohnenswertes Buch um das Geheimnis einer goldenen Taschenuhr gespickt mit ein paar phantastischen Elementen.

Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie die Geschichte ihre Fortsetzung in „The Lost Future of Pepperharrow“ finden wird.

Bewertung vom 08.02.2022
Weißer Stechapfel

Weißer Stechapfel


ausgezeichnet

Tolle Fortsetzung

Weißer Stechapfel ist ein Urban Fantasy-Roman der unter der Prager Altstadt spielt. Er ist die Fortsetzung von Bittersüßer Nachtschatten und hat mir noch besser gefallen, als dieser.

Dies liegt vor allem an dem neuen Hauptcharakter, Erika, die schon fast 100 Jahre im Gefolge des Leibhaftigen dient und Sündern ihre Taten vor Augen führen muss. Dadurch ergibt sich ein Charakter, dem ich einfach lieber durch das Buch gefolgt bin.

Ansonsten sind alle Stärken des ersten Teils weiterhin vorhanden, spannende, überraschende Handlung, ein tolles, stimmungsvoll und detailliert beschriebenes Setting, starke Charaktere und eine Welt voller Engel und Teufel. Hat man also den ersten Teil gelesen, wird man um diesen zweiten nicht herumkommen.

Das Taschenbuch ist mit 200 Seiten noch kürzer als das erste und diese 200 Seiten verfliegen so schnell, dass man sich bald neuen Lesestoff wünscht, gerne auch mit mehr Seiten. Wie beim ersten Band eine Empfehlung für alle, die das Genre und starke weibliche Charaktere lieben.

Bewertung vom 07.02.2022
Elisa Hemmiltons Kofferkrimi
Rina, Lin

Elisa Hemmiltons Kofferkrimi


ausgezeichnet

Ein lohnenswerter Besuch im Staubchronik-Universum

London, 1890/91, es regnet Koffer vom Himmel, also zumindest einen. Durch ihn wird Elisa Hemmilton in einen Kriminalfall verstrickt, der sich als aufregende Abwechslung ihres Studentenlebens erweist. An ihrer Seite beschäftigt sich Jamie, Spezialist für mechanische Maschinen, mit dem Inhalt des Koffers, der die Stromversorgung der Großstadt revolutionieren könnte.

Mit dem Kofferkrimi kehrt Lin Rina zurück in ihr unterhaltsames, spannendes und aufregendes Staubchronik-Universum, das sie vier Jahre zuvor mit Animant Crumbs Staubchronik den Lesenden präsentierte.

Diesmal sind Elisa und Jamie die Hauptcharaktere des Buches und die Handlung wird abwechselnd aus beider Ich-Perspektive erzählt. Der Fall um den vom Himmel gefallenen Koffer und die weitreichenden Verwicklungen, die er auslöst, ist spannend und lädt zum Mitermitteln ein. Er bietet den Charakteren trotzdem genug Raum, um sich zu entfalten, so dass man ihnen gefesselt und entzückt durch ihre Abenteuer folgen kann.

Ich bin begeistert von dem Buch, das nicht nur mit seiner Geschichte, sondern auch mit seiner Aufmachung überzeugen kann. Eine tolle Idee sind Jamies Randbemerkungen, die an Briefpapier erinnerten Seitenhintergründe und das hervorragende Umschlagbild. Ich hoffe es wird noch einige so schöne Bände im Staubchronik-Universum geben.

Der Kofferkrimi ist ein überaus gelungener historischer Krimi voller starker Charaktere, für die damalige Zeit modernen Maschinen und einer Handlung, die zumindest genau meinen Geschmack getroffen hat. Eine Empfehlung für alle ab 12 Jahren aufwärts, die historische Krimis lieben und die Zeit vor der Jahrhundertwende mit Charakteren erleben möchten, die einem sofort ans Herz wachsen.

Bewertung vom 02.02.2022
ANDERSWO WEIT
Kaufmann, Ernst

ANDERSWO WEIT


ausgezeichnet

Amüsant, berührend, lesenswert

Ernst Kaufmann führt uns in 16 Reiseerzählungen um die Welt und teilt seine Erlebnisse mit uns. Thrillerfans dürfte er unter dem Pseudonym „Ernest Nybørg“ als Autor der Lena Halberg Reihe bekannt sein. Dieses Mal geht es jedoch nicht um spannende Fälle, sondern um ruhigere, zum Nachdenken einladende Begebenheiten, die er in seinen Jahren als Reisender und Dokumentarfilmer erlebt hat. Dabei führt der Autor uns über Asien, Afrika, Nordamerika bis nach Südamerika.

Die Geschichten sind hervorragend erzählt und genau auf den Punkt gebracht. Es bringt sehr viel Spaß sich beim Lesen in die Zeit und an die Orte zu versetzen und mitzuerleben, was jemandem passieren kann, der eine Reise tut.

Besonders gut gefallen haben mir „Der Schmied von Port Hartcourt“ über Gastfreundlichkeit in Afrika, „Das Butt-o-drome“ um eine Autopanne in der Nähe des Michipicoten First Nation Reservats und „Sundance“ über die Begegnung mit Selo Black Crow.

Ein Buch für alle, die Reiseerlebnisse lieben, die in diesen Zeiten nicht Reisen können und sich mit den Geschichten die Ferne leicht nach Hause holen können. Interessante Erlebnisse, über die man mehr erfahren möchte und ein Blick in ein Leben, das sicher spannend und sehr abwechslungsreich ist. Ergänzt wird jede Geschichte von einem dazu passenden stimmungsvollen Foto.

Bewertung vom 01.02.2022
Kind des Goldenen Gottes - Pardona I
Stritter, Mháire

Kind des Goldenen Gottes - Pardona I


ausgezeichnet

Packende, epische Fantasy in der Welt des Schwarzen Auges

Mháire Stritter entführt die Leser mit ihrem ersten Roman in die Welt des Schwarzen Auges und erzählt uns in der Pardona-Trilogie eine epische Geschichte, die sich über einen Zeitraum von 5000 Jahren abspielt. Das Buch ist der 172. Roman, der in der Rollenspielwelt spielt.

Für mich ist es Jahrzehnte her, dass ich mich mit DAS beschäftigt habe, da ich doch damals schnell zur amerikanischen Konkurrenz gewechselt bin. Aber wenn Mháire ein Buch schreibt, ist es ein guter Grund, sich mit der Welt des Schwarzen Auges zu beschäftigen und so habe ich nun endlich erfahren, was das Schwarze Auge eigentlich ist. Man lernt nie aus.

Das Buch ist also ideal für Einsteiger geeignet, da es einen weit zurückliegenden Bereich der Geschichte beleuchtet, in dem die Hochelfen die Geschicke Aventuriens bestimmten und insbesondere die Menschen noch so gut wie keine Rolle spielten. Erzählt wird die Geschichte Amadenas, einer Elfe, die mit ihren Taten die bisherigen Errungenschaften der Elfen auszulöschen droht. Dies nimmt man natürlich nicht kampflos hin und so setzt sich Acuriën zur Wehr, nachdem er erkennt, wie gefährlich ihre Taten sind. So wird die Geschichte auch hauptsächlich aus seiner Sicht erzählt, während Amadena in Ruhe im Hintergrund ihre Pläne schmieden kann.

Mir gefällt der Schreibstil hervorragend, er ist schön beschreibend, glänzt mit langen, verschachtelten Sätzen und macht es einem leicht, in die fantastische Welt einzutauchen und mit den Charakteren mitzufiebern.

Der Autorin gelingt es hervorragend, die interessantesten Momente der Geschichte, die in diesem Buch 1000 Jahre umfasst, herauszupicken und fesselnd zu präsentieren. Die Charaktere rund um Acuriën und Kilgan, einem menschlichen Jäger, der in die Fänge der Elfen gerät, wachsen einem schnell ans Herz. Sie erleben spannende und bedrohliche Abenteuer en masse und die eine oder andere Katastrophe bleibt nicht aus.

Ideales Material für einen hervorragenden Fantasyroman, auf dessen Fortsetzungen ich sehr gespannt bin. Eine Empfehlung nicht nur für Fans des Schwarzen Auges, sondern auch für alle, die epische Fantasy-Geschichten lieben.

Bewertung vom 16.11.2021
Das Haus in der Half Moon Street (MP3-Download)
Reeve, Alex

Das Haus in der Half Moon Street (MP3-Download)


ausgezeichnet

Ein besonderer Mann in einer besonderen Zeit

Die Originalausgabe von Das Haus in der Half Moon Street ist bereits 2018 erschienen und inzwischen gibt es schon drei Bücher der Reihe rund um Leo Stanhope. Ich hatte bei dem Cover und der Kurzbeschreibung eine etwas andere Geschichte erwartet, wurde aber positiv von Leo und den Ermittlungen rund um den Mord an seiner Geliebten Maria überrascht.

Leo arbeitet als Assistenz eines Gerichtsmediziners und zwei Leichen, um die er sich kümmern muss, bewegen ihn dazu, selbst Ermittlungen anzustellen. Die eine ist ein angeblich Ertrunkener, der im Besitz einer Flasche mit der Gravierung „Mercy“ ist und die zweite seine Geliebte Maria, die sich eigentlich mit ihm treffen wollte, dann aber zu diesem Treffen nie aufgetaucht ist. Er gerät selbst in Verdacht, was ihn nur noch mehr bestärkt, weitere Nachforschungen anzustellen, auch wenn dies bedeuten könnte, dass das Geheimnis, das er seit seinem 15. Lebensjahr mit sich herumträgt, aufgedeckt werden könnte.

Bis dahin hört es sich nach einem normalen Fall an, der im viktorianischen England, in London 1880 spielt. Aber einen Großteil des Buches geht es nicht um die Ermittlungen, sondern um Leo selbst. Man bekommt dank der Ich-Perspektive einen sehr guten Eindruck in Leos Seele und Verhalten, die Handlungsorte und Situationen werden sehr atmosphärisch beschrieben und man kann sehr gut am eigenen Leib miterleben, was Leo bewegt und was er alles durchleben muss.

Das ungekürzte Hörbuch wird hervorragend von Viola Müller gelesen. Ihre Stimme passt perfekt zum Hauptcharakter und macht die Handlung noch greifbarer. Gleichzeitig gelingt es ihr auch auf den Punkt den anderen Charakteren ihr eigenes Profil zu geben und es macht einfach Spaß sich die Handlung von ihr vorlesen zu lassen.

Kommen wir dazu, was Leo so besonders macht. Und dafür muss ich ein bisschen spoilern, wer sich also die Überraschung bewahren will, sollte nicht weiterlesen und mir einfach so glauben, dass es sich lohnt, dem Haus in der Half Moon Street einen Besuch abzustatten.

Leo war bis zu seinem 15. Lebensjahr noch kein Mann. Er ist als Pfarrerstochter aufgewachsen, und musste für sich erkennen, dass er im falschen Körper lebt und legte seine alte Identität ab. Seine Familie konnte dies nicht verstehen und brach größtenteils den Kontakt ab und er musste sich alleine mit seinem neuen Ich durchschlagen, immer in Gefahr, dass ihn sein Körper verrät. Diesem Aspekt wird vom Autor sehr viel Raum eingeräumt und man durchlebt glaubhaft und fesselnd, wie Leo sich den täglichen Herausforderungen einer Zeit stellt, in der Transgender in der Gesellschaft nicht existierten. Zum Glück gab es auch damals schon Menschen, die damit umgehen konnten, auch wenn sie sehr rar gesät waren.

Damit ist Alex Reeve ein ganz besonderer Charakter gelungen und ich bin darauf gespannt, wie es in den Folgebänden weitergehen wird, da man eigentlich meint, alles über Leo erfahren zu haben. Vielleicht wird den Fällen nun mehr Raum eingeräumt, die vielleicht nicht ganz so persönlich für den angehenden Ermittler sind.

Mir hat der historische Krimi sehr gut gefallen, ich wurde überrascht, von der Hauptfigur gefesselt und habe die Achterbahnfahrt durch Leos Gefühls- und Leidenswelt voller Faszination überstanden. Das Buch hat mich nicht nur wegen des spannenden Kriminalfalls, der mit sehr vielen Überraschungen gespickt ist, überzeugt, sondern gleichermaßen wegen des sehr modernen Hauptcharakters, der sich in einer Zeit befindet, in der er nur in Schwierigkeiten geraten kann. Für Fans des Genres und jeden, der mehr über die Identität eines Trans Mannes erfahren möchte.

Bewertung vom 15.11.2021
Das Erbe der Elfenmagierin / Die Chroniken von Beskadur Bd.1
Sullivan, James A.

Das Erbe der Elfenmagierin / Die Chroniken von Beskadur Bd.1


sehr gut

Wenn ein junger Elf sich auf Reisen begibt

Ardoas ist der Erbe der Elfenmagierin Naromee und muss sich auf eine gefährliche Reise zum Felsentempel von Beskadur machen, um sein Schicksal zu erfüllen. James A. Sullivan hat einen High Fantasy-Roman geschrieben, bei dem es um eine reichlich diverse Beziehung geht und eine Reise, die ich eher als Vorgeschichte zum folgenden Teil einstufen würde.

Ardoas hat mir als Hauptcharakter sehr gut gefallen, er ist anfangs naiv, hat dank seiner Aufgabe ein Abenteuer vor sich, auf das er nicht wirklich gut vorbereitet ist und mit seinen Gefährten, dem Adelssohn Daludred und der Söldnerin Jerudana Menschen um sich, die ihm Tag und Nacht zur Seite stehen. Es bringt Spaß, an Ardoas‘ Seite durchs Land zu reisen und der Spur seiner Vorgängerin zu folgen, mit dem Ziel den Elfen die Seelenmagie zurückzubringen.

Es werden viele Orte, darunter reichlich Bibliotheken, relativ kurz erkundet, da man dank neuer Spuren, reichlich Angriffen und Schwierigkeiten kaum lange an einem Ort verweilen kann. Dabei bleibt den dreien zum Glück genug Zeit, ihre wachsende Dreiecks-Liebesbeziehung auszubauen. Es entsteht dadurch ein abwechslungsreiches Wechselspiel aus lebensbedrohlichen Momenten, neuen Entdeckungen und ruhigen, erotisch angereicherten Augenblicken.

Dadurch ist Erbe der Elfenmagierin doch schon ein ziemlich besonderes High Fantasy Buch, das sicher nicht von allen geliebt werden wird. Es ist anders, betont eher die harmonische Seite des Abenteuerlebens und präsentiert ein Ende, das mich doch ziemlich überrascht hat.

Dieses Ende ist dann auch mein Hauptkritikpunkt und es ist schwierig, ohne zumindest ein bisschen zu Spoilern, diesen zu beschreiben. Es passiert etwas, das für mich den Eindruck erweckt, als ob der erste Band der Dilogie nur das Prequel zu der eigentlichen entscheidenden Geschichte ist, etwas, was eigentlich später oder kurz zusammengefasst erzählt gehört. Ich bin gespannt, ob ich nach Lesen des zweiten Teils recht behalte, vielleicht irre ich mich ja. Irre ich mich nicht, so hätte ich mir diesen Teil wahrscheinlich sparen können.

Abgesehen von diesem Kritikpunkt hat mir das Buch sehr gut gefallen. Die Charaktere wachsen einem schnell ans Herz, ihre Liebesbeziehung passt zu den dreien und zur Welt und fühlt sich natürlich an. Die Abenteuer sind abwechslungsreich, wenn auch etwas gehetzt und Schreibstil und das Weltenerzählen sind sehr angenehm. Es ist eine etwas andere High Fantasy, als das ich sie gewohnt bin, manchmal hätte ich mir einen Tick weniger Romantasy gewünscht, da ich auch so verstanden habe, worum es geht.

Ein Buch für Fans des Genres, die sich auf andere Konstellationen einlassen. Wahrscheinlich muss man die Dilogie schließlich als Gesamtwerk betrachten, um eine abschließende Meinung fassen zu können. Somit ein Buch, das man lesen kann, aber nicht lesen muss.

Bewertung vom 10.11.2021
Totenreich / Inspektor Jens Druwe Bd.3
Jensen, Michael

Totenreich / Inspektor Jens Druwe Bd.3


ausgezeichnet

Genau der richtige Mann für den wichtigen Job

Totenreich ist der dritte Krimi rund um Inspector Jens Druwe und seine Ermittlungen direkt nach Kriegsende 1945. Allerdings endet gleich zu Beginn seine Polizeikarriere mit der Anklage als Kriegsverbrecher. Er bekommt allerdings eine zweite Chance, indem er mit den britischen Besatzern kooperiert.

Es geht vor allem darum, untergetauchte Nazis aufzuspüren und ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Darunter ist auch ein größerer Fisch, der für tausende Tötungen im Osten verantwortlich sein soll. Druwe macht sich souverän an die Arbeit, die ihm so schnell nicht ausgehen dürfte, da es doch reichlich Ex-Nazis gibt, die versuchen als normale Bürger unterzutauchen.

Ein detailliertes und hervorragend recherchiertes Bild der damaligen Zeit. Das Buch macht die Suche nach den Kriegsverbrechern hervorragend fassbar und zeigt, wie leicht es manchen doch gefallen ist, erst einmal unterzutauchen. Zum Glück gibt es Männer wie Druwe, die alles daransetzen, dass sie ihr Schicksal ereilt. Insbesondere im zweiten Teil des Buches ergibt sich eine Wendung, die wieder völlig neue Möglichkeiten eröffnet.

Für mich war dieser dritte Band der Reihe der erste, den ich gelesen habe. Ich bin problemlos in die Handlung hineingekommen und hatte, da es ein neuer Lebensabschnitt für Druwe ist, keinerlei Probleme in die Geschichte und die Charaktere einzutauchen. Einen richtigen Kriminalfall gibt es nicht, es ist eher schon ein Thriller mit ein bisschen Agentenhandlung, der den Kampf gegen die Alt-Nazis beschreibt. Da ich aber sowohl die Geschehnisse, die dem Buch zugrunde liegen, als auch Jens Druwes Erlebnisse in dem Buch sehr fesselnd finde, hat es mich nicht gestört, sondern eher genau meinen Geschmack getroffen.

Dies mag auch an Rolf Bergs Stimme und Erzählweise liegen, die mich sofort gepackt und mitgerissen hat. Es ist einfach toll, der Erzählung in dieser Form zu folgen. Eine hervorragende Umsetzung, die ich nur empfehlen kann.

Ein Buch, dass ich jedem empfehlen kann, der sich in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg hineinversetzen und einige spannende Stunden auf der Jagd nach Nazis verbringen will. Hervorragend erzählt, spannend präsentiert und ein Abschnitt im Leben Jens Druwes, der alles verändern kann und wird. Ein historischer Krimi, mit großem historischem Anteil, den ich kaum zur Seite legen konnte.