Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 926 Bewertungen
Bewertung vom 08.08.2017
Der Duft des Teufels
Jasmund, Birgit

Der Duft des Teufels


ausgezeichnet

Köln 1695: Die verwitwete junge Hebamme Katharina weist den hartnäckigen Verehrer Fritz Haan ab. Haan, der wegen schlechter Arbeit als Weber nun auch noch seine Arbeit verloren hat, zeigt Katharina aus Rache wegen Hexerei an. Da die weltliche Obrigkeit diese Anzeige nicht weiterverfolgt, schließt er sich dem Dominikanermönch Martin an, der mit Hetzreden die Bürger aufstachelt, wieder Jagd auf Hexen zu machen.
Auslöser dafür ist das Gerücht, dass ein teuflisches Duftwasser im Umlauf sei, das Frauen dazu treibt, eine Buhlschaft mit dem Höllenfürsten einzugehen. Das Parfum wird tatsächlich verteilt und verhilft so mancher eingeschlafener Beziehung zu neuen Höhenflügen. Aber ist es wirklich teuflischer Herkunft?
Doch der Mönch heizt mit seinen Hassreden die Stimmung der Stadtbewohner an und so werden willkürlich Frauen und Mädchen verhaftet und in das Dominikanerkloster gebracht.
Um Katharina aus den Fängen des Mönches zu befreien, setzt ihr Geliebter Daniel alle Hebel in Bewegung. Er arbeitet mit dem Parfumeur und Krämer Giovanni Paolo Feminis zusammen, der das Duftwasser nachbauen will, um die menschliche Herkunft zu beweisen.
Wird es Daniel und Giovanni gelingen die festgenommenen Frauen zu befreien?
Meine Meinung:
Die Autorin macht es wirklich spannend. Fehlschlag um Fehlschlag bei der Rekonstruktion des Wässrchens lassen Feminis beinahe aufgeben, aber nur beinahe. Die Zweifel an seiner Nase und seinem Können kann ich gut nachvollziehen. Auch die Angst, die ihn und seine Familie in Bann hält, ist deutlich spürbar. Er ist ja nur ein „zugereister Italiener“ und denen traut man alle Böse zu.
Gut beschrieben ist wie die Stadt in zwei Lager geteilt ist: In jene, die an den Fortschritt glauben und in jene, die – aus welchen Gründen auch immer – engstirnig sind, und nach wie vor an die Existenz von Hexen und Teufeln glauben. Bruder Martin und ein Teil der Mönche aus dem Kloster gehören leider zu den Hetzern und Uneinsichtigen.
Die Standesunterschiede, die eine Heirat zwischen Katharina und Daniel unmöglich scheinen lässt, die Zivilcourage, die einige Bewohner Kölns doch an den Tag legen und die Hysterie, die unter den Menschen ausgebrochen ist, sind authentisch dargestellt.
Wer der Teufel in Menschengestalt ist, lässt sich unschwer aus dem Prequel „Das Rezept des Bösen“ erkennen. Bis ihm das Handwerk gelegt werden kann, rinnt einiges Wasser den Rhein hinunter.
Für Spannung sorgen die verschiedenen Charaktere, die sich auch manchmal ambivalent verhalten sowie das Schwanken zwischen altem Glauben und neuem Wissen.
Fazit:
Ein fesselnder historischer Roman, der mich auf den 464 Seiten sehr gut unterhalten hat. Gerne gebe ich 5 Sterne.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.08.2017
Kaiserwasser
Hallé, Fyona A.

Kaiserwasser


ausgezeichnet

Nach dem Prequel „Hotel Welt“ begegnen wir Margret Mondo, ihrer Tochter Conny und der Fürstlichen Familie von und zu Finsterfels zwei Jahre später wieder. Conny und ihre fürstliche Freundin Tony sind nunmehr fünfzehn und beinahe junge Damen, aber nur beinahe.

Neu in der Geschichte ist Margrets Freundin und Bestseller-Autorin Cassie Herno, deren Buch ebenfalls „Kaiserwasser“ heißt und just an diesem der Öffentlichkeit vorgestellt wird: Also eine klassische „Buch-im-Buch-Geschichte“, die aufmerksam gelesen werden muss.

Neu auch Connys (Halb)Brüderchen, dessen Vater ein (noch) streng gehütetes Geheimnis ist.

Conny und Tony versuchen herauszufinden, was mit Cassie Hernos hässlichen Mops geschehen ist, der bei einem Bad in der Alten Donau auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist. Genauso spurlos wie jede Menge Hunde, deren Besitzer den koreanischen Koch in Verdacht haben, ihre Lieblinge zu koreanischen Eintopf verarbeiten.

Tony, ausgestattet mit einer Tauchausrüstung und dem entsprechenden Können, erforscht das trübe Kaiserwasser und ... Nein, das verrate ich euch nicht. Bitte lest selbst!

Wie wir es schon aus „Hotel Welt“ von der Autorin gewöhnt sind, spart sie nicht mit schrägem Humor und Lokalkolorit. Natürlich darf der eine oder andere Seitenhieb auf Wiens Stadtpolitiker auch nicht fehlen. Herrlich die Bemerkung des Fürsten von und zu Finsterfels, dass er mit dem Vizebürgermeister um mehr als sieben Ecken verwandt ist, und den man um eine kleine Gefälligkeit schicken kann.

Fazit:

Ein Krimi beinahe zum Totlachen, der ohne Leichen und Blutvergießen (wenn man von den Hunden absieht) auskommt. Vor allem, wenn die Gegend kennt und mögliche reale Vorbilder zu erkennen glaubt. Gerne gebe ich 5 Sterne und hoffe ganz stark auf eine Fortsetzung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.08.2017
Wenn der Platzhirsch röhrt
Bleyer, Alexandra

Wenn der Platzhirsch röhrt


ausgezeichnet

Das idyllische Mölltal mit seinen unterschiedlichen Bewohnern ist nun zum zweiten Mal Schauplatz eines Krimis.

Anton Nowak, Schwiegersohn von Heinrich Belten, will seinen Schwiegervater ins Altersheim abschieben und sich neben unserem wackeren Aufsichtsjäger Sepp Flattacher häuslich niederlassen. Doch da hat Anton die Rechnung ohne den Wirt, pardon ohne den Sepp, gemacht. Obwohl Flattacher auch auf Heinrich Belten nicht gut zu sprechen ist, schmieden die beiden Pläne den ungeliebten Wiener loszuwerden.

Während Sepp und Heinrich GEGEN Anton arbeiten, bemühen sich Bettina und Martin ZUEINANDER zu finden. Doch auch das ist nicht immer einfach und so reden (oder vielmehr schweigen) die beiden aneinander vorbei.

Da kommt Martin die Leiche, die in Antons verbrannten Auto gefunden wird, gerade recht.

Ist es wirklich Anton? Dann wären ja die Probleme von Heinrich Belten gelöst.

Meine Meinung:

Alexandra Bleyer bietet wieder ihr ganzes Können auf, um ihre Leser zu unterhalten. Wieder mit dabei sind die zum Teil schrulligen Figuren aus dem ersten Band „Waidmannsdank“ wie der Postenkommandant Treichel, der immer wieder mit kreativen Wortschöpfungen auffällt oder Kurt Acham, der Kotzbrocken vom LKA Klagenfurt, gegen den ein Elefant im Porzellanladen grazil wie eine Gazelle aussieht. Auch Bettinas Bruder Reini erhält eine größere Rolle und Sepp Flattacher kann seine Bedeutung als Strippenzieher voll ausspielen.
Das Buch beschert uns sprachliche Genüsse, pendelt die Autorin zwischen Deutschem, Wiener und Kärntner Dialekt leichtfüßig hin und her. Herrlich ist es, den Freunden wider Willen beim Kochen zuzusehen. Fleischlaberl oder Frikadellen, das ist hier die Frage!

Keine Bange - es gibt ein ausführliches Glossar, dass Wiener, Kärntner und Jägersprachliche Ausdrücke erklärt und ins Hochdeutsch übersetzt.

Mit „Wenn der Platzhirsch röhrt“ ist Alexandra Bleyer wieder ein toller Krimi gelungen, der ohne den ersten Band „Waidmannsdank“ gut zu lesen ist. Allerdings entgeht dem interessierten Leser ein Feuerwerk an Wortwitz.

Fazit:

Ein Krimi, in dessen Fokus, eher die unterschiedlichen Charaktere als das Verbrechen stehen. Gerne gebe ich 5 Sterne und warte (un)geduldig auf eine Fortsetzung.

Bewertung vom 23.06.2017
Die verlorenen Kinder
Seitz, Michael

Die verlorenen Kinder


ausgezeichnet

Wien 2015 – in zwei Pflegeheimen kommen zwei alte Männer auf dieselbe Art und Weise ums Leben. Obwohl sich in den Jahren 1986-1989 der Pflegeheimskandal rund um die „Mordschwestern von Lainz“ zugetragen hat, scheint die Polizei dem Tod der beiden Männer nicht wirklich nachgehen zu wollen.

Erst als Privatermittler Falco Brunner, ehemals Polizist, von der recht junge Witwe eines der Opfer beauftragt wird, Ermittlungen anzustellen, wird auch die Polizei hellhörig. Zumal es sich bei dem ermittelnden Kriminalbeamten Bruno Horvath um Falcos ehemals bestem Freund und Kollegen sowie jetzigem Lebenspartner von Falcos Ex-Frau handelt. Aus diesem Dreiecksverhältnis ergeben sich natürlich Schwierigkeiten, die auch Einfluss auf die Polizeiarbeit haben. Falcos Ex ist nämlich die Pathologin, die die Leichen der Männer untersucht.

Doch was haben die Toten gemeinsam? Nur dem Schmiss im Gesicht, der sie als Mitglieder einer „Schlagenden Burschenschaft“ ausweisen?
Kurz darauf ist der nächste ermordet. Das und die bislang noch nicht untersuchten Todesfäller ähnlichen Musters lässt einen Zusammenhang mit vergangenem Unrecht und Grausamkeiten nun sichtbar werden. Alle Ermordeten haben in der einen oder anderen Weise mit der Jugendwohlfahrt der Stadt Wien zu tun.
Falco heftet sich auf die Spuren einer Gruppe inzwischen betagter Kinderschänder, die ihre jungen Opfer aus den Kinderheimen rekrutierten. Schon einmal ist das Verbrechen beinahe aufgeflogen, doch hohe Parteifunktionäre haben die Aufklärung mit Nachdruck verhindert.

Ist es jetzt soweit, dass den größten teils schwer traumatisierten Betroffenen endlich späte Gerechtigkeit widerfährt? Oder wird der Skandal, der sich bis in die höchsten Kreise der Österreichischen Innenpolitik zieht, abermals vertuscht?

Meine Meinung:

Die Wirklichkeit der Zustände in den Kinderheimen kann sich kaum jemand vorstellen. Kleine Mädchen und Jungs wurden systematisch gedemütigt, misshandelt und jahrelang sexuell missbraucht und zwar genau von jenen, die sie in ihrer Obhut hatten. Dieser Skandal, der nicht nur in den Wiener Heimen im Schloss Wilhelminenberg und Auf der Hohen Warte zugetragen haben, gehört zu den dunkelsten Kapiteln der Österreichischen Jugendwohlfahrt. Ein Großteil der Erzieher (egal ob Männer oder Frauen) sind nach dem Krieg trotz weiterhin rechter Gesinnung als „Pädagogen“ tätig und können ihre Menschen verachtenden, kriminellen Neigungen ohne große Scheu ausleben. Denn, wer glaubt denn schon einem Heimkind?

Michael Seitz nimmt sich des brisanten Themas an, schockiert manchmal die Leser und lässt Zweifel an der sogenannten guten Gesellschaft aufkommen.
Mit Falco Brunner stellt er den Opfern allerdings einen hartnäckigen Privatermittler zur Seite. Dabei hätte sein Protagonist Falco selbst psychologische Unterstützung nötig, ist er doch von einer Rückkehr der eben überstandenen Leukämie bedroht. Diese Angst vor der Wiederkehr der Krankheit verdrängt er durch ein etwas exzessives Sexualleben, mit dem er auch die Scheidung von seiner Frau verarbeiten will. Doch der gemeinsame Beruf, die gemeinsamen Kinder und die Tatsache, dass seine Christina jetzt ausgerechnet mit seinem früher besten Freund Bruno zusammen ist, lassen Falco beinahe scheitern.

Entschärft wird die hochdramatische Situation durch Falcos Vorliebe für Star Wars, die immer wieder für Schmunzeln sorgt.

Verschiedene Handlungsstränge sind elegant verknüpft und lange Zeit ist nicht klar, wer Täter, wer Opfer ist. Die lange, zermürbende Warterei auf Gerechtigkeit, lässt für diejenigen, die das Recht in eigene Hände nehmen, Nachsicht aufkommen.

Fazit:

Ein vielschichtiger Krimi, der nachdenklich macht. 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 23.06.2017
Auf gegen Napoleon!
Bleyer, Alexandra

Auf gegen Napoleon!


ausgezeichnet

Die Historikerin Alexandra Bleyer beschäftigt sich in ihrem Buch mit der Frage „Sind die Befreiungskriege gegen Napoleon wirklich Volkskriege, wie es uns die Propaganda weiß machen will? Oder sind es vielmehr von den jeweiligen Regierenden gesteuerte (manchmal auch ungewollte) kleinräumige Erhebungen von Menschen, die die Kriege und ihre Auswirkungen satt hatten?“

Um diesem äußerst interessanten Thema näher treten zu können, muss erst die Ausgangslage analysiert werden.

Nach der Französischen Revolution und der Hinrichtung des Königspaars soll das revolutionäre Gedankengut in alle Welt getragen werden. Ganz klar, dass das den absolutistisch regierenden Monarchen in Europa nicht gefällt. Die Gegenmaßnahmen sind auch klar: Krieg gegen die Revolution und Wiederherstellung der alten Ordnung.
Doch hier macht ein ehrgeiziger General den Gegnern einen Strich durch die Rechnung: Napoleon Bonaparte. Er fegt mit seiner Armee, die er zuvor aus allen Bevölkerungsschichten Frankreichs ausgehoben hat, über Europa hinweg. Er erobert ein deutsches Fürstentum nach dem anderen, vertreibt die Machthaber und setzt Mitglieder seiner eigenen Familie als Regenten ein.
Gemeinsam mit seinen militärischen Erfolgen, die ihm den Nimbus des „Unbesiegbaren“ einbringen, benutzt er geschickt die Presse, bzw. deren Zensur, um kleine Siege größer und eventuelle Niederlagen ganz klein erschienen zu lassen. Seine täglichen Berichte von den Schlachtfeldern werden im „Le Moniteur“ veröffentlicht und verbreiten sich in Windeseile in ganz Europa.
Die wechselnden Allianzen, einzelne Separatfrieden und Uneinigkeiten in den verbündeten Herrscherhäusern zeigen die Zerrissenheit in Europas Herrscherhäusern. Langsam beginnt man Napoleons Kriegsberichterstattung zu kopieren und schönt die einzelnen Gefechte. Übertreibungen bei Truppenstärken, Verniedlichung der Verluste usw. sind an der Tagesordnung.

Von einem „Volkskrieg“ kann keine Rede sein, da es den Nationalismus wie er in Frankreich seit geraumer Zeit besteht, in den anderen Ländern nicht gibt. Deutschland ist in zahlreiche, kleine Herrschaftsbereiche unterteilt. Fürsten, Herzöge und Könige versuchen ihre Ansprüche mit und ohne Napoleon zu sichern. Selbst das Königreich Preußen ist noch lange nicht zu jener Größe herangewachsen, wie es (von den Preußen) gerne dargestellt wird. Die Habsburgermonarchie besteht aus vielen kleinen und größeren Gebieten (Erblande), die aus der geschickten Heiratspolitik der Vorgänger resultiert.

Alexandra Bleyer zeigt ein recht reales Bild der damaligen Zeit. Sie untermauert ihre Thesen mit Originalzitaten aus Briefen und Aktenvermerken. Es kommen sowohl Franzosen als auch alliierte Briefeschreiber zu Wort. Auch die Rolle der Schriftsteller(innen) im oft nicht von den Kriegshandlungen betroffenen Hinterland wird eingehend beleuchtet. So lesen wir häufig Lulu von Thürnheims und/oder Caroline Pichlers Briefwechsel – beides wortgewaltige Damen der Habsburgermonarchie. In Deutschland versuchen die Literaten rund um Theodor Körner ein Hohelied auf die „teutsche Tapferkeit“ anzustimmen. Dieses praktizierte „Deutschtum“ führt manchmal zu rechten Auswüchsen. Adelige und Bürger, auf Grund der Erziehung meist der französischen Sprache mächtig, sind angehalten ausschließlich „teutsche“ Worte zu benutzen.

Die Conclusio dieses, 265 Seiten starken, Buches ist, dass das „Volk“ nur seine unmittelbaren Besitztümer verteidigt hat, diese dafür mit Zähnen und Klauen sowie Dreschflegel und Prügel. Die Bauern, Gewerbetreibenden usw. waren lediglich für einen temporären Verteidigungskampf in unmittelbarer Nähe ihres Besitzes zu gewinnen. Die weit entfernten Gebiete interessierten das Volk nicht.

Schreibstil und penible Recherche machen dieses Buch zu einem wertvollen Beitrag der Geschichte rund um die Napoleonischen Befreiungskriege. Für historisch Interessierte steht eine große Anzahl von weiterführender Literaturtipps im Anhang bereit.

Bewertung vom 23.06.2017
Das System Metternich
Bleyer, Alexandra

Das System Metternich


ausgezeichnet

Die Historikerin und Autorin Alexandra Bleyer entführt uns in die Welt des Biedermeiers.
Napoleon Bonaparte ist endgültig besiegt und die Herrscher verhandeln auf dem Wiener Kongress um die Neuordnung Europas.
Federführend ist Fürst Metternich, der dieser Epoche seinen Stempel aufdrückt. Er wird nicht nur als „Kutscher Europas“ in die Geschichte eingehen, sondern vor allem als Repräsentant des Überwachungsstaates. Allerdings gelingt es ihm auch, durch zähes Ringen um auch noch so kleine Kompromisse ein Jahrhundert des relativen Friedens für Europa auszuhandeln. Doch der Frieden hat seinen Preis: Spitzel und Denunzianten, von der Staatsmacht sanktioniert, haben Hochkonjunktur.


Doch Metternichs liebste Hobby sind die Frauen: neben seiner eigenen, liegt ihm das Who is Who der (Hoch)Adeligen zu Füßen.

Die Sehnsucht der Untertanen nach Freiheit und Eigenverantwortlichkeit, die 1789 mit der Französischen Revolution los getreten wurde, lässt sich nicht mehr verhindern. In den Revolutionen 1830 und 1848 werden diese Ideen und Ideale blutig niedergeschlagen.
Metternich, der Neugestalter Europas muss aus Wien flüchten. Manch anderer Vertreter der Obrigkeit wie Graf Latour bezahlt mit seinem Leben.
Doch die Saat keimt und wird sich während des Ersten Weltkriegs entladen.

Aus der Distanz von zwei Weltkriegen und der Gründung der Europäischen Union, scheint Metternichs Idee von einem vereinten Europa eine recht vernünftige zu sein. Dass die Umsetzung der Vereinigten Staaten von Europa nach ähnlich dem Vorbild der USA nicht gelingen kann, liegt zum Teil am (noch immer) nationalistischen Denken der einzelnen Staaten, die vor 200 Jahren einer Neuordnung Europas zugestimmt haben.

Meine Meinung:

Alexandra Bleyer versteht es wie keine Andere, trockene, historische Zahlen, Daten und Fakten, mit einem gehörigen Augenzwinkern an den Mann/an die Frau zu bringen. Dazu tragen die vielen Anekdoten, Zitate und Bonmots, die ihr zweites Sachbuch über diese Zeit, auflockern, bei. Empfohlen sei auch Bleyers anderes (erstes) Buch „Auf gegen Napoleon“.

Fazit:

Für alle historisch Interessierten und jene, die es noch werden wollen. Gerne vergebe ich fünf Sterne.

Bewertung vom 23.06.2017
Eltern werden ist nicht schwer ...
Bleyer, Alexandra

Eltern werden ist nicht schwer ...


ausgezeichnet

Alexandra Bleyer, Autorin mehrerer Sachbücher und eines hinreißenden Krimis, schenkt uns diesmal humoristische Gedanken zum Thema „Elternschaft“. Als Mutter von zwei quirligen Töchtern, weiß die Autorin, worüber sie schreibt.

Die gelernte Historikerin nimmt uns auf einen interessanten Streifzug durch die Geschichte mit. Anhand von vielen Zitaten zeigt sie uns, dass man sich schon in der Antike Gedanken über die richtige Kindererziehung gemacht hat. Doch auch kritische Gedanken sind hier zu finden, wie z. B. aus Erziehungsratgebern aus der NS-Zeit oder das strenge Einwickeln von Säuglingen im Wickelpolster (Steckkissen). Beides wissenschaftlich längst überholt, doch manche von uns kennen die eine oder andere Geschichte noch von unseren Großmüttern.

Allen jenen Eltern, die gerade mitten in der Pubertät ihrer Kinder stecken, sei gesagt: es dauert nicht mehr lange und auch diese Durststrecke geht vorüber.
Freut euch auf eure zukünftige Rolle als Großeltern – da könnt‘ ihr die Enkel hemmungslos verwöhnen!

Das Buch ist als Hardcover und Leinenrücken hochwertig verarbeitet. Auch das Lesebändchen fehlt nicht.

Das mit viel Witz und historisch fundierten Geschichten aufbereitete Büchlein ist ein hervorragendes Mitbringsel für alle jene, die gerade Eltern werden oder geworden sind.

Bewertung vom 23.06.2017
Drum prüfe, wer sich ewig bindet
Bleyer, Alexandra

Drum prüfe, wer sich ewig bindet


ausgezeichnet

Mit diesem Streifzug durch tausende Jahre Ehe schenkt uns die Autorin einen humorvollen Ratgeber.
Der Bogen spannt sich (bezogen auf Europa) von der Antike über die Germanen ins Mittelalter und weiter in die Neuzeit und über die Französische Revolution in das 20. Jahrhundert.

Von Kennenlernen über Hochzeit, Ehe und Kindersegen bis in den Tod – auf diese Reise begeben wir uns.
Immer gewürzt durch historische Zitate, gelingt es Alexandra Bleyer, dass wir uns auf dieses Abenteuer (nein, nicht die Ehe) einlassen.

Wir erfahren unter anderem, dass Xanthippe gar nicht so zänkisch war und Sokrates nicht ihretwegen den Schierlingsbecher trank.
Nicht, dass wir es nicht ohnehin wüssten: Reiche und Mächtige konnten sich leichter ihrer Ehegefährten entledigen (siehe Heinrich VIII.)
Nicht alle Völker waren monogam, nicht alle Priester oder Päpste ehelos, nicht alle Ehen freiwillig und schon gar nicht alle glücklich.

Wie es sich für einen Ratgeber gehört, hat Alexandra Bleyer auch mehrere kluge Ratschläge.

Egal ob du dich heimlich mit deinem Zukünftigen triffst, vor der Hochzeit schwanger wirst, mit einem anderen durchbrennst oder zu guter Letzt dem lieben Gemahl ein früheres Wiedersehen mit seinen Ahnen bescherst, beherzige das 11. Gebot:

„Lass dich nicht erwischen“

Bewertung vom 23.06.2017
Propaganda als Machtinstrument
Bleyer, Alexandra

Propaganda als Machtinstrument


ausgezeichnet

Die promovierte Historikerin und Autorin von Sachbüchern und Krimis, Alexandra Bleyer hat sich eines Themas angenommen, das in jüngster Zeit wieder an Bedeutung gewinnt: „Propaganda als Machtinstrument“.

In neun Kapiteln versucht die Autorin mit plakativen Bespielen, den Lesern das Wesen und die Methoden dieser Beeinflussung begreiflich zu machen. Diese Beispiel stammen bewusst aus dem historischen Kontext.

Dieses Buch ist längst nötig und fällig gewesen. Kaum jemand kann sich der Propaganda entziehen, auch wenn sie gerne als „PR-Maßnahme“ oder „Marketing“ verkauft wird. Erst kürzlich abgehaltene Wahlen in mehreren westlichen Staat zeigen deutlich, dass auch Demokratien nicht von Propagandisten verschont werden. In Zeiten von sozialen Netzwerken erreichen Nachrichten (egal ob echt oder falsch) ihre Empfänger in Sekundenschnelle und haben einen Multiplikator, bei dem einem schwindlig wird.

Es liegt an uns, diese Mechanismen zu durchschauen und dagegen zu wirken, „denn Propaganda wirkt nur, solange sie nicht als solche erkannt wird“ (S.8)

Der Schreibstil ist sachlich und nüchtern. Viele Zitate und Beispiele helfen den Lesern den schweren Stoff zu verdauen. Ein ausführlicher Anhang mit weiterführender Literatur lässt den interessierten Leser vermutlich zu der einen oder anderen zusätzlichen Lektüre greifen.