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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 08.12.2016
Der Bulle von der Schlei
Jörnsson, Bengt Thomas

Der Bulle von der Schlei


sehr gut

In der Rah hängt ein Toter. Die Schiffsbesatzung starrt nach oben, eifrig kommt der Bulle von der Schlei an Bord und stolpert gleich über eine Taurolle. „Schnitt“ schreit der Regisseur.
Dreharbeiten also, der Tote hängt laut Regieanweisung da oben. Aber seltsam, er regt sich nicht mehr, also doch Mord, oder?
So turbulent beginnt der amüsante Krimi. Kommissar Paul Beck und Kollege Nick Harder müssen doch ermitteln, denn auch der Bulle von der Schlei stammt aus dem Drehbuch. Es gibt viele Verdächtige auf dem Boot, die ganze Filmcrew war dort und der Schauspieler war kein angenehmer Mensch, Motive und Gelegenheit finden sich also genug. Vor allem, als dann auf der „Pippilotta“ noch ein präparierter Geldkoffer gefunden wird. Der stammt aus einem Entführungsfall in Dänemark, das Entführungsopfer ist die Schwester des toten Schauspielers. Zwei dänischen Kolleginnen, im Entführungsfall involviert, greifen Paul und Nick nur zu gern unter die Arme.
Das Setting bietet viel Gelegenheit zum Slapstick und zu amüsanten Blicken hinter die Kulissen einer Krimiserie. Der Polizisten-Darsteller geht so in seiner Rolle auf, dass die „echte“ Polizei ihn kaum bremsen kann. Die Grenzen zwischen Film und Krimi sind fließend, das macht richtig Spaß bei der Lektüre. Vor allem, da auch die beiden Beamten wie aus einem Drehbuch wirken. Nick Harder, als Actiondarsteller und Paul Beck besetzt die Rolle des Detektivs mit den grauen Zellen. Er kleidet sich mit Bowler und schwarzen Lodenmantel fast wie Hercule Poirot. Dass die Katze von Beck dann noch Watson heißt und ihm als Orakel dient, rundet die Exzentrik noch ab.
Mir hat dieser Krimi viel Spaß gemacht, die Atmosphäre auf dem Schiff und die Dreharbeiten boten viel Abwechslung und Unterhaltung, wobei für mich einige Szene schon fast etwas zu albern war. Die Spannung kam auch nicht zu kurz, die überschaubare Zahl der Verdächtigen lädt zum Miträtseln ein. Der richtige Krimi also für Leser, die beim Regionalkrimi auf Humor und Witz setzen.

Bewertung vom 07.12.2016
Canterbury Blues
Edelmann, Gitta

Canterbury Blues


ausgezeichnet

Ella Martin, eine junge Schriftstellerin, reist für Recherchen zu ihrem neuen Roman nach England. Genauer gesagt nach Canterbury. Sie kennt die Stadt gut, hat aus früheren längeren Aufenthalten auch Freunde gefunden und eine der Freundinnen hat ihr einen Aufenthalt in Feniston Park ermöglicht. In diesem herrschaftlichen Landsitz hat sich vor einigen Jahrzehnten eine tragische Liebesgeschichte abgespielt und Ella möchte sich davon inspirieren lassen.
Zwei Schwestern lebten dort, Rose, verheiratet mit George und Mutter von drei Kindern und Amelia, sehr unglücklich in Felix verliebt, der von der Familie als nicht standesgemäß angesehen wird. Zusätzlich hat der 1. Weltkrieg die Liebenden getrennt. Amelie wählte den Freitod und auch Rose ist nicht glücklich. Ihr Mann George, ein wahrer Tyrann, desertierte und ließ seine Frau und Kinder in Schande zurück.
Ella wird herzlich aufgenommen, ganz besonders von der betagten Heather, einer Tochter von Rose, die dort bei ihrem Neffen Ed Buckton, dem Titelerben und seiner Frau lebt. Dennoch scheint es auf Feniston Park Geheimnisse zu geben, je weiter Ella mit ihren Recherchen kommt, umso deutlicher wird, dass sie jemandem damit zu nahe kommt.
Hier stimmt wirklich alles, die englische Landhausatmosphäre, die sich für einen Cozy-Krimi direkt anbietet. Spannung, Verwicklungen, für Ella auch amouröser Art, hielten mich gefangen. Von der ersten Seite an, habe ich mich wunderbar unterhalten. Der locker-flüssige Sprachstil machten mir wirklich Spaß und Lust auch auf die anderen Abenteuer von Ella Martin, die fast wie Miss Marple in der Version 2.0 agiert. Das Buch ist eine Empfehlung für alle Liebhaber des Genres.

Bewertung vom 02.12.2016
Schöne Bescherung für Helene
Mayer-Zach, Ilona

Schöne Bescherung für Helene


sehr gut

Als ob Helene in der Weihnachtszeit nicht schon genug um die Ohren hätte, da bittet sie ihre Freundin Theresa sie zur Beisetzung der Großmutter zu begleiten. Anschließend beschließen die Zwei ganz spontan mit dem alten Mercedes Cabrio der Verstorbenen einen kleinen Ausflug zu unternehmen und touchieren beim Einparken die Garagenwand. Das bleibt nicht ohne Folgen, es tut sich nicht nur ein Loch in der Wand auf, auch eine ziemlich tote Hand wird sichtbar.
Helene, die ja nicht zum ersten Mal ihr detektivisches Talent unter Beweis stellt, nimmt sich des Falls an. Vor allem in Theresas Familie scheint nicht alles so tadellos bürgerlich zu sein, wie der äußere Schein vorgaukelt.
Helene ist eine sympathische und patente Endvierzigerin, die sich grade beruflich und privat neu erfinden möchte. Die Kinder sind erwachsen, Wien scheint nicht mehr der Lebensmittelpunkt zu sein, vor allem da Ehemann Thomas sein Ingenieurswissen meist in der weiten Welt anwendet und sie monatelang allein ist. Graz, ihre alte Heimatstadt, ist grade in der Adventszeit ein ganz besonderer Ort.


Das macht auch den Krimi aus, die liebenswerten Figuren und der Schauplatz. Graz wirkt geradezu weihnachtlich leuchtend und wenn dann die dicken weißen Flocken fallen, wähnt man sich im Weihnachtsland. Wenn man mit Helene über den Grazer Adventmarkt schlendert, hat man den Duft von Glühwein und Weihnachtsplätzchen gleich in der Nase. Bei all den Ablenkungen lässt sich Helene aber nicht von ihren Ermittlungen ablenken und schnüffelt hartnäckig in alten Familiengeheimnissen.
Das ist ein richtiger Wohlfühlkrimi mit adventlichem Flair und viel Charme. Wer dann noch an dem einen oder anderen österreichischen Wort rätselt, findet im Anhang ein Glossar. Aber grade diese österreichischen Ausdrücke machen auch den Reiz des Buches aus.

Bewertung vom 23.11.2016
Ihr einziges Kind / Nola van Heerden & Renke Nordmann Bd.3
Wendelken, Barbara

Ihr einziges Kind / Nola van Heerden & Renke Nordmann Bd.3


ausgezeichnet

Mit der Geburt des kleinen Caspars wirkt das junge Eheglück von Silvana und Dr. Cord Cassjens zumindest nach außen vollkommen. Doch die junge Mutter scheint unter postnatalen Störungen zu leiden, sie sieht sich und das Kind bedroht und als sie das Baby versteckt und sich nicht mehr daran erinnert, kommt zum ersten Mal die Polizei ins schöne Familienheim nach Martinsfehn. Renke Nordmann und seine Kollegin Nola van Heerden ahnen schon, dass das nicht das letzte Mal sein wird.
Tatsächlich sind sie einige Tage später schon wieder in Martinsfehn. Cord liegt erschossen im Wohnzimmer, die Pistole liegt auf Silvanas Bett und sie und das Baby sind verschwunden. Silvana steht unter starken Psychopharmaka und die Zeit drängt, sie und das Baby unversehrt zu finden. Nur Nola scheint Zweifel am offensichtlichen Tathergang zu haben und drängt auf weitere Ermittlungen. Doch schon bald zeigt sich, dass es hinter der schönen Fassade der Familie Cassjens eher brodelt. Die Mutter Margit ist erfolgreiche und einflussreiche Unternehmerin, die ihren Enkel gern allein aufziehen möchte und ihre Schwiegertochter ablehnt. Dr. Cord Cassjen war immer auf die Unterstützung seiner Mutter angewiesen und ihr in Hassliebe verbunden. Und dann taucht noch ein Erpresserbrief auf….
Wer die Autorin kennt, weiß, dass im beschaulichen Ostfriesland Abgründe lauern. Ihren sympathischen Ermittlern, denen man gern auch im Privaten über die Schulter schaut, folgt man gern auf der Spurensuche. Mit familiären Konflikten, Rachsucht, Ehebruch und Gier finden sich genug Motive und Verdächtige um das Buch von der ersten Seite sehr spannend und offen zu halten. Barbara Wendelken spinnt ihre Fäden sehr geschickt und ihre Protagonisten zeigen erst nach und nach ihre wahre Natur. Die realistischen Ermittlungen und vor allem die Darstellung der einzelnen Charaktere mit ihrer psychologischen Tiefe gefielen mir außerordentlich. Als Leserin machte es mir sehr viel Spaß mich ins Geschehen ziehen zu lassen und in die Abgründe Martinfehns zu blicken.

Bewertung vom 23.11.2016
Mainschatten
Mäderer, Anja

Mainschatten


ausgezeichnet

Sebastian Dreher, Juniorchef und Tanzlehrer einer angesehenen Würzburger Tanzschule, kommt ums Leben. War es Unfall durch falsche Insulindosierung des Diabetikers oder hat jemand nachgeholfen?
Victor de Mancini, der unnahbare Staatsanwalt, stimmt zum großen Erstaunen der Polizeitruppe einem nicht ganz korrekten Undercover Einsatz von Kommissarin Nadja Gontscharewa in der Tanzschule zu. Während die übrige Truppe Angehörige und Angestellte routinemäßig befragt und dabei die Unfalltheorie nach außen weiter stehen lässt, sind die Ergebnisse der Gerichtsmedizin eindeutiger.
Der neue Würzburg Krimi der Autorin Anja Mäderer löst das Versprechen ein, dass sie mit ihrem Debütroman „Mainleid“ gegeben hat. Eine raffiniert ausgedachte Geschichte mit genügend Bodenhaftung zum fränkischen Umfeld und eine ganze Reihe von Verdächtigen, die den Leser lange miträtseln lassen, machen das Lesen wirklich zum Vergnügen. Dabei sind die Protagonisten wirklich toll geschildert. Vom Womanizer bis zum stillen Wasser mit Sprachstörung, findet Nadja viele Charaktere in der Tanzschule versammelt und merkt sehr schnell, dass es trotz der lockeren Stimmung viele unterschwellige Spannungen und Eifersüchteleien gibt. Der Einsatz stellt sich schnell gefährlicher heraus, als sie anfangs dachte.
Besonders gefiel mir der gut dosierte Einsatz von Witz und Dialekt, die das Buch auflockern und eine ironisch-humorvolle Komponente mitbringen. Einmal angefangen, konnte ich das Buch kaum zur Seite legen. Ein gelungener Regionalkrimi, wie so oft aus dem Emons Verlag, der in diesem Genre immer wieder gute Autoren entdecken lässt. Ich freue mich schon auf weitere kriminelle Abstecher nach Würzburg mit Anja Mäderers toller Truppe.

Bewertung vom 19.11.2016
Mord auf Antrag
Madsen, Inger G.

Mord auf Antrag


gut

Das verbotene Moor hat auf zwei Jungs eine große Anziehungskraft, dass sie ausgerechnet eine Moorleiche entdecken, bringt eine mehr als zwei Jahrzehnte alte Vermisstenmeldung zur Aufklärung. Aber nicht nur dass, kurz danach nimmt Anna Larsen, eine ehrgeizige Journalistin, einen anonymen Anruf entgegen, der noch weitere Morde vorhersagt.
Das ist der Auftakt zu einer Mordermittlung, die Robert Benito zusammen mit den Kollegen vom Kommissariat in Aarhus lange beschäftigt.
Gleichzeitig gerät das Leben von Kamilla und Sabrina, zwei jungen Frauen aus Aarhus, die sich nicht kennen aus den Fugen.
Skandinavische Kriminalromane spiegeln häufig ein Bild der Gesellschaft, so werden auch hier soziale und gesellschaftspolitische Themen angepackt. Vielleicht stehen sie sogar ein wenig zu sehr im Vordergrund, denn ich so richtig Spannung wollte bei mir nicht aufkommen. Ich möchte nicht zu viel zum Thema sagen, um nicht gleich alles zu verraten. Aber auch so ist schon nach einem Drittel der Geschichte klar, wie die Geschehnisse verknüpft sind. Der Roman beleuchtet parallel die Lebensgeschichte einiger Protagonisten und ihre Verbindung zur Vergangenheit. Allerdings fesselten mich die Handlungsstränge nicht allzu sonderlich, hier wäre weniger vielleicht mehr gewesen. Der Stil der Autorin ist sachlich, unaufgeregt und fast ein wenig kühl, das passt zu diesem Buch, das zwar als Krimi angelegt ist, aber fast schon ein Gesellschaftsdrama ist.
Sehr gut fand ich die Auflösung, die jeden Leser für sich die Frage nach Recht und Schuld stellen lässt.

Bewertung vom 18.11.2016
I.Q / Isaiah Quintabe Bd.1
Ide, Joe

I.Q / Isaiah Quintabe Bd.1


sehr gut

I.Q. steht für Isaiah Quintabe und er ist ein Detektiv wie weiland Sherlock Holmes. Allein durch seine Fähigkeit zu Deduktion löst er seine Fälle. Er setzt seine Fähigkeiten ein, um Nachbarn, benachteiligten Bürgern, Minderheiten usw zu ihrem Recht zu verhelfen. Sein Charakter ist davon geprägt, dass er vor Jahren mit ansehen musste, wie sein Bruder überfahren wurde. Aus dieser Zeit stammt auch die Bekanntschaft/Freundschaft mit Dodson, einem Dealer und Kleinkriminellen, der für I.Q. die Fälle ranschafft und auch die „Buchhaltung“ regelt. Auch I.Q. selbst hat schon einige Male Konflikte mit dem Gesetz gehabt, fast unausweichlich, wenn man in den Schwarzenviertel Los Angeles groß wird.
Dann soll I.Q. für den Super Rapper Murda One arbeiten. Der Musikstar hat Angst um sein Leben, nachdem es schon einige Mordanschläge auf ihn gab.
Der Hintergrund des Romans, die schwarze Rapperszene in Los Angeles ist für mich Neuland, das Musikbusiness und die Sprache der „Ganstas“ und „Narcos“ ebenso. Da brauchte ich einige Zeit bis ich mich eingelesen und darauf eingelassen habe. Anfangs hatte ich damit einige Schwierigkeiten, weil das so gar nicht meine Welt und meine Sprache ist, aber es passt zum Buch und wirkt absolut stimmig. Da sich der Autor genau dieses Slangs bedient, wird der Roman abgehackt und rasant erzählt. Es gibt einen Erzähler, der immer auch wieder frühere Fälle und Geschichten mit einbezieht. So ist nicht nur die Sprache schnell, auch die Perspektiv- und Zeitwechsel erfordern die volle Aufmerksamkeit. So gibt es immer wieder Rückblicke in die Vergangenheit Isaiahs. Auch die Perspektive des Täters findet sich eingeflochten in die Handlung. Ich fand den Schreibstil authentisch, auch wenn ich in der Szene überhaupt nicht zuhause bin, wie wahrscheinlich der Großteil der Leser, hat mir das gut gefallen. Auch Los Angeles als Ort der Handlung, und zwar eher die Nachtseiten von Los Angeles sind sehr gut dargestellt.
Ein Thriller, der gut zur neuen, jungen Linie des Suhrkamp Verlags passt, wie ich finde. Das als Herausgeber Thomas Wörtche genannt wird, ist auch ein Hinweis auf den literarischen Anspruch des Buches. Auch die Ausstattung ist gelungen, die vorherrschenden Grau/Schwarztöne mit den zwei gelben Initialen I.Q. die auch durch die Haptik hervorgehoben sind, sind ein echter Blickfang.

Bewertung vom 05.11.2016
Lucy Schröders gesammelte Wahrheiten
Rehlein, Susann

Lucy Schröders gesammelte Wahrheiten


sehr gut

Mir fällt es nicht leicht, die Geschichte in wenigen Sätzen zusammenzufassen. Lucy hat nicht viel Liebe erfahren in ihrem jungen Leben, sie hat sich eingeigelt und mit Menschen kann sie gar nicht umgehen. Da stellt sie schnell ihre Stacheln auf. Ihre Gabe, manches Ereignis im Leben ihrer Gegenüber vorherzusehen und das dann auch ungefiltert mitzuteilen, beschert ihr auch kaum Freundlichkeit. Aber die will sie gar nicht, gegen Gefühle hilft kein Aspirin, also meidet sie sie. Wenn da nicht ihr Therapeut eine Schockaufgabe stellen würde, sie soll raus in die reale Welt und Kontakte knüpfen, nicht nur in der Geborgenheit ihrer vier Wände, Schneekugeln kreieren. Dass sie ausgerechnet Schneekugeln herstellt, passt wie eine Metapher zu ihrem Leben. Gefangen unter einer gläsernen Hülle, nur wenn von außen geschüttelt wird, gibt es etwas Bewegung. Nun soll sie selbst dafür sorgen, dass ihre Kugel geschüttelt wird. Ausgerechnet im Kaufhaus Schönstedt will sie das in Angriff nehmen.
Die Menschen, denen Lucy auf ihrem Weg begegnet, sind auf ihre Weise ebenso besonders, ein Kaufhausdetektiv in Zirkusuniform, eine Wäscheverkäuferin mit Hang zur Farbe Lila, ein Bettler mit Sauberkeitswahn und natürlich Enno, der schon seit drei Monaten nicht mehr auf ihre Mails antwortet, nach dem sie ihn vor den Kopf gestoßen hat, nur weil er sie persönlich kennenlernen wollte. Je mehr sie sich um Menschen kümmert, desto mehr Menschen kümmern sich um sie und da ist es nur ein kleiner Schritt zu richtigen Gefühlen.
Das Buch entspricht nicht unbedingt meinen üblichen Lesegewohnheiten und doch war ich nach einigen Seiten völlig gefangen. Mir gefällt der Stil, die Sprache, die gleichzeitig mal zart und mal rotzfrech daherkommt. Es gibt jede Menge seltsamer Figuren, magischer Ereignisse, die ich gar nicht hinterfragen wollte, ich habe mich einfach in die Geschichte fallen lassen. Es war wie Zuckerwatte, süß und fluffig. Wenn es dann gar zu rosarot wird, gibt die Autorin mit garstigen Fußnoten Kontra. Ein wirklich zauberhaftes Buch, ein charmanter Seelenwärmer, wie ich es eher von französischen Autoren erwartet hätte.
Auch die Ausstattung mit Lesebändchen für das feine, gut in der Hand liegende Hardcover ist gelungen.

Bewertung vom 04.11.2016
Dunkle Marsch
Denzau, Heike

Dunkle Marsch


sehr gut

Der Journalist Gero Schlüter nimmt den Auftrag an, über die Industriellenfamilie Wenckenberg eine Reportage zu schreiben. Bei seinen Recherchen findet er Material, das bis in die NS Zeit zurückreicht. Das ist für Gero die Möglichkeit an Geld zu kommen um für seinen Neffen eine Delphin Therapie zu finanzieren. Er fordert von Amon Wenckenberg Geld für sein Schweigen.

Sehr bewegend ist dieser zweite Handlungsstrang, der in die Jugend der Klara Wenckenberg, der Familienmatriarchin, führt. Ihre Schwester Rosmarie, die am Down Syndrom litt, kam - wie viele behinderte Kinder - in einem Pflegeheim ums Leben. Daraus leitet die Familie ihr ganz besonderes Engagement für Behinderte ab.
Aber warum musste Tim, einer der Schützlinge nun das Haus verlassen und warum muss die Angestellte Anette, eine junge Frau mit Down Syndrom, schweigen?


Kurz darauf ist Gero Schlüter tot, er wurde bei einem Treffen mit Amon Wenckenberg, seinem Auftraggeber vergiftet. Galt der Mordanschlag ihm, oder war eigentlich Amon gemeint? Was hat die Familie zu verbergen? Es gibt eine Menge Fragen, die sich dem Team um Beamtin Lyn Harms stellen. Dabei wollte sie doch in Ruhe ihren Hochzeitsvorbereitungen nachgehen.


Obwohl schon der 5. Fall um Lyn Harms, ist es das erste Buch, das ich aus dieser Reihe gelesen habe und ich bin begeistert. Die Krimi ist in sich geschlossen, man also ohne Vorkenntnisse einsteigen, aber ich werde sicher die früheren Bände nachholen.
Das liegt an den sehr vielschichtig geschilderten Persönlichkeiten, der Spannung, die sich im Verlauf der Geschichte immer weiter steigert und dem raffiniert angelegten Plot. Die Handlungsstränge Vergangenheit und Gegenwart sind gut verknüpft und stimmig aufgelöst. Die Rahmenhandlung um die Kriminalbeamten und ihr Privatleben haben den Krimi etwas aufgelockert, es machte Spaß Lyns Kabbeleien mit ihren Töchtern zu verfolgen, aber es blieb gut im Hintergrund. Es waren kleine Verschnaufpausen, die die Spannung und die Dramatik noch weiter aufbauten. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, ich konnte es kaum aus der Hand legen und ich bin nun schon sehr neugierig auf die anderen Bücher der Autorin geworden.