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yellowdog

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Insgesamt 2030 Bewertungen
Bewertung vom 24.03.2021
Der Fallmeister
Ransmayr, Christoph

Der Fallmeister


ausgezeichnet

Im Tosen des großen Falls

Wie schon die vergangenen Bücher von Christoph Ransmayr ist auch der dystopische Roman Der Fallmeister in einer äußerst kraftvollen Sprache verfasst, die es schafft zu faszinieren. Diese Sprache nutzt sich nicht ab sondern hat im Gegenteil eine bemerkenswerte Frische, die zu detaillierten Beschreibungen führt.

Auch die Erzählperspektive ist außergewöhnlich. Der Erzähler ist ein leicht exzentrischer Hydrotechniker, der überzeugt ist, dass sein Vater den Tod von 5 Menschen herführte. Das war als Unfall in einem Fluss aufgefasst, doch war der Vater vielleicht doch irregeführt?
Der Vater war Fallmeister, wie er sich selbst titulierte, also ein Schleusenwärter, der sich nach diesem Vorfall selbst in dem Fluß zu Tod erbrachte.
Der Romanuntertitel Eine kurze Geschichte vom Töten ist also nicht grundlos gewählt.

Es ist eine Welt der nahen Zukunft, die inzwischen vielfach zerfallen ist und die von fehlenden Ressourcen bedroht und von Syndikaten beherrscht wird.

Der Protagonist befindet sich dann teilweise mit einem Auftrag in Kambodscha. Dabei wird die schwere Vergangenheit des Landes, dass durch die Massaker durch die roten Khmer geschildert.
Aber auch von der aktuellen europäischen Gesellschaft zeichnet Christoph Ransmayr ein pessimistisches Bild.
Schließlich drohen weitere Veränderungen und der Protagonist steigert sich immer mehr in einen fiebrigen Zustand rein.

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.03.2021
Aufregende Zeiten
Dolan, Naoise

Aufregende Zeiten


ausgezeichnet

Der Roman wird von einer 22jährigen Irin erzählt, die nach Hongkong gegangen ist. Hier arbeitet sie als Englischlehrerin für wohlhabende Kinder, aber am wichtigsten ist Ava ihre Beziehung zu einem Banker, bei dem sie kostenlos wohnt.

Ava wirkt ziel- und orientierungslos. Das lässt einen gleich an Sally Rooneys Roman Gespräche mit Freunden denken. Dieser Vergleich liegt auf der Hand. Aber tatsächlich nicht nur thematisch, auch stilistisch können die literarischen Qualitäten von Naoise Dolan mithalten. Die große Stärke ist Avas Perspektive, bei der alle ihre Emotionen wie Unsicherheiten und Hoffnungen deutlich werden.

Avas Beziehung zum Banker Julian entwickelt sich nicht weiter. Schließlich lernt sie Edith kennen und verliebt sich in sie. Damit steht sie endgültig zwischen allen Stühlen.

Aufregende Zeiten ist ein intelligent gemachtes Buch, ein Debüt, das mich beeindrucken konnte.

Bewertung vom 19.03.2021
Dancing with Bees
Strawbridge Howard, Brigit

Dancing with Bees


sehr gut

Nature writing mit Prosa wie Honig
Dancing with bees ist ein ganz besonders starkes Stück Nature Writing. Man kann sich an den Sätzen der britischen Autorin Brigit Strawbridge Howard berauschen, die sehr genau beobachtet und sehr ins Detail geht.
Die Autorin merkt erst im mittleren Alter, das sie wenig über die Natur weiß und ändert das radikal. In ihrem wilden Garten findet sie viel vor. Im Vordergrund stehen Bienen, aber nicht nur. Auch Hummeln in ihrem Garten liebt sie. Immer wieder beobachtet sie Abläufe der Natur, die sie (und den Leser) emotional berühren und sie greift nicht ein.
Ein sehr anrührendes Kapitel ist das über ihre Mutter, die in ihren letzten Jahren genießt die Vögel in ihrem Vogelhäuschen zu beobachten, besonders fasziniert sie der Kopf-über-Vogel, den die Autorin schließlich bei einem Besuch als Kleiber identifizieren kann.
Unbedingt erwähnen muss man die vereinzelten schön gezeichneten Abbildungen von Bienen und anderen Tieren, die besser wirken als es selbst Fotos könnten.

Bewertung vom 18.03.2021
Vom Aufstehen
Schubert, Helga

Vom Aufstehen


ausgezeichnet

In kurzen Episoden schreibt die 80jährige Autorin Helga Schubert von ihrem Leben. Und das Leben umfasste viel. Geboren zu Kriegszeiten, der Vater starb als sie ein Baby war, die Mutter musste flüchten. Dann lange Jahre in der DDR als Schriftstellerin. Auch da war die kurze Form ihre favorisierte.

Es geht bei den Episoden zeitlich hin und her. Eben noch Kind, ist sie im nächsten Kapitel schon 80. Eben noch Krieg, dann schon Mauerfall.
Ihre Großmutter bekommt früh ein sehr schönes Kapitel, aber die eigentlich übergroße Figur ist die Mutter, die viele Kapitel deutlich bestimmt.

Es ist ein Buch, das ich sehr schätze, da es die Tragik der vergangenen Zeit verdeutlicht.

Bewertung vom 17.03.2021
Zwischen den Welten
Amiri, Natalie

Zwischen den Welten


ausgezeichnet

Mit großer Eindringlichkeit berichtet die Journalistin Natalie Amiri über die aktuelle, angespannte Situation im Iran.
Natalie Amiri hat eine deutsche Mutter und einen Vater, der vor mehr aus 50 Jahren aus dem Iran gekommen war.
Jahrelang leitete Natalie Amiri das ARD-Studio der ARD im Iran. Für Journalisten eine schwere Aufgabe, aus dem Iran zu berichten,besonders für Frauen. Aber sie liebt das Land und macht immer wieder deutlich, wie wichtig ihr die Menschen im Iran sind. Aber sie ist realistisch und illusionslos. Die
Aber der Untertitel „Von Macht und Ohnmacht im Iran“ ist auch nicht ohne Grund gewählt. Das iranische Regime und ihre Geheimdienste sind erbarmungslos.

Das Buch betrachtet einige Jahre und endet aktuell in der jetzigen Zeit, in der Natalie Amiri nicht mehr im Iran arbeiten kann. Zu groß die Gefahr, verhaftet und eine politische Geisel zu werden.

Nach diesem Buch hofft man mit ihr gemeinsam, dass es einen Umschwung im Iran geben wird und mehr Freiheiten für die Frauen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.03.2021
Lockvogel
Prammer, Theresa

Lockvogel


ausgezeichnet

Der Detektiv und sein Lockvogel

Der Roman spielt in Wien und zeichnet sich durch liebenswerte Figuren und amüsante Episoden aus.
Da ist schon am Anfang die Passage mit dem Drehbuchautor auf der Party zu nennen. Allerdings findet sich nach dieser Party ein toter Kellner im Swimmingpool.
Toni ist Schauspielschülerin. Mit ihrem Freund Felix hat sie wenig Glück, der ist ein Ox. Er hat ihr viel Geld und den Schmuck ihrer Großmutter gestohlen.
Verzweifelt wendet Toni sich an den Privatdetektiv Behms.
Für eine Detektivgeschichte hat dieser Detektiv durch gesundheitliche Probleme ein Handycap. Daher tun sich Toni und Behms zusammen. Dabei sind sie ziemlich verschieden veranlagt. Sie emotional offen und impulsiv, er eher verschlossen aber mitfühlend. Und beide sind sensibel. Für mich sind sie ein sympathisches Team. Sie bearbeiten gemeinsam einen Fall, der mit der Zeit spannend wird.

Theresa Prammer zelebriert ihren Roman mit Wiener Charme das es nur so ein Vergnügen ist und verwendet viel Wortwitz.

Bewertung vom 15.03.2021
Tatworte
Kraske, Michael

Tatworte


ausgezeichnet

Michael Kraskes Buch Der Riss war schon sehr stark, eindeutig und wirkmächtig.
Und Tatworte geht in die selbe Richtung. Mit großer Genauigkeit und Intensität nimmt Kraske die verschiedensten Reden und Auswürfe diverser AfD-Politiker unter die Lupe und analysiert absolut folgerichtig. Lange kann man sich kaum Lösen vom Buch. Zu denen, die er besonders in Augenschein nimmt, gehören Björn Höcke und Alexander Gauland, Andreas Kalbitz, Alice Weidel und noch einige andere. Er zeigt auf, wie die Strategie bei den Äußerungen dieser Politiker ist und wie nahe sie dem Rechtsnationalismus zeigen. Kraske lässt auch nicht unerwähnt, wie verschiedene Medien (Talkshows, Zeitungen) oder auch Politiker anderer Parteien dieser Strategie auf dem Leim gehen, indem sie diese Worte verharmlosen. Aber die Sätze der AfD sind brandgefährlich. Dieses Buch kann ich daher nur empfehlen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.03.2021
Socke und Sophie - Pferdesprache leicht gemacht
Zeh, Juli

Socke und Sophie - Pferdesprache leicht gemacht


ausgezeichnet

Socke und Sophie, ein tolles Team

Das Pony Sokrates, genannt Socke ist ein Problempferd, das niemand einreiten kann.
Die Begegnung mit der 12jährigen Sophie ändert alles, aber es ist ein langer Weg.
Das Cover mit dem beiderseitigen Fragezeichen ist kennzeichnend für das anfängliche Missverstehen.
Sophie liebt Pferde über alles, das heißt noch lange nicht, dass sie automatisch alles über sie weiß oder versteht, aber sie ist ambitioniert mehr zu lernen.
Die Kapitel wechseln in der Perspektive zwischen Sophie und Socke. Sophies Abschnitte haben Berichtscharakter.
Sockes Gedanken sind erstaunlich vielschichtig. Das hat mir gut gefallen.
Mit der Zeit gibt es viele Details über die Pferdeausbildung und -ausrüstung.
Zum Schluß gibt es sogar ein langes Kapitel über die Begriffe mit vielen Tipps und Hinweisen.
Das Buch ist sympathisch und ich mochte es. Doch von der Hörbuchversion rate ich für Erwachsene ab, denn es ist stimmlich (vor allen Sophie) auf Kinder abgestimmt.