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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2031 Bewertungen
Bewertung vom 04.03.2021
Der Pater und der Philosoph
Horsten, Toon

Der Pater und der Philosoph


sehr gut

Wer sich nicht mit Philosophie auskennt, wird dennoch die Namen Nietzsche oder Heidegger kennen. Wer sich auch nur ein wenig mit Philosophie befasst hat, dem wird auch der Name Edmund Husserl ein Begriff sein. Er war ein Philosoph, geboren 1859, gestorben 1938, der viele andere beeinflusste, z.B. auch Martin Heidegger. Dass das Hauptwerk des jüdischen Philosophen in Nazideutschland nicht vernichtet wurde, ist der Verdienst des flämischen Pater Van Breda und davon erzählt dieses Buch.

Streckenweise war es mir zu wenig Husserl, aber das änderte sich dann wieder als es um die Analyse der Beziehung zwischen Husserl und Martin Heidegger ging.
Schließlich entsteht das Husserl-Archiv unter der Leitung von Van Breda.

Toon Horsten hat die Leistung Van Bredas recherchiert und in diesem Buch auf spannende Art vermittelt.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.03.2021
Ein Stadtmensch im Wald
Walden, H.D.

Ein Stadtmensch im Wald


ausgezeichnet

Die Zeit im Wald

W.H.Walden ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Schriftstellers. Wer das ist wird ganz am Ende des Buches verraten.
Das autobiografische Buch ist sehr zeitgenössisch, denn der Protagonist und Icherzähler entflieht der Corona-Gefahr indem er eine einsame Hütte im Wald aufsucht und da einige Wochen verbringt. Alleine mit den Tieren. Nur an einem Wochenende besucht ihn mal seine Freundin, aber insgeheim ist er froh, dann wieder alleine zu sein. Zu seinen engsten Vertrauten werden die Tiere, insbesondere ein Waschbär, den er füttert und ein großer Igel. Dann gibt es noch einen räudigen Fuchs, die Vögel der Umgebung und Rehe.

Es ist eine leicht kuriose Art des Nature Writing, da der Stadtmensch so naiv und unvertraut mit dem Leben im Wald ist. So hat er viel zu lernen und wir Leser begleiten ihn dabei. Die Zuneigung für die Umgebung und die Tiere ist leicht zu teilen.

Die Kunst des Buches ist es, die Gefühlslage des Erzählers nachvollziehbar zu machen und dass man seine Erfahrungen so hautnah teilen kann. Daher halte ich das Buch für sehr gelungen und es hat viel Spaß gemacht, es zu lesen.

Bewertung vom 04.03.2021
Wolfgang Niedecken über Bob Dylan
Niedecken, Wolfgang

Wolfgang Niedecken über Bob Dylan


sehr gut

Die Bände aus KiWis Musikbibiothek finde ich generell stark, manche sogar genial. Wolfgang Niedeckens Text gehört dazu. Seit Jahrzehnten auf den Spuren von Bob Dylan wurde er von ihm musikalisch beeinflusst, hat ihn auch gecovert und hat dessen Chronicles als Hörbuch eingelesen. Er ist also wirklich ein wissender, was das Phänomen Bob Dylan angeht.

Und jetzt dieses überaus lebendige Buch, was so viel über Musik und Stimmungen erzählt. Klar, das man als Leser beim Lesen von Songs von Dylan und Niedecken hin und her wechselte.

Weite Teile des Buches nehmen Beschreibungen der Reisen von Wolfgang Niedecken in den USA ein.
Dem verschlossenen Mysterium Bob Dylan kommt man nicht näher, dem offenen, warmherzigen Wolfgang Niedecken aber schon.

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Bewertung vom 04.03.2021
Melanie Raabe über Lady Gaga
Raabe, Melanie

Melanie Raabe über Lady Gaga


sehr gut

Von Lady Gaga kenne ich als Oldtimer eigentlich wenig.
Aber da ich die KiWi-Musikbibliothek inzwischen schon ein wenig kenne, weiß ich, was hier abgeht. Die Autorin Melanie Raabe schließt sich ihren Vorgängern der Reihe an und schreibt eigentlich in erster Linie über sich selbst.
Eine glückliche Kindheit als einzige Schwarze im Osten Deutschlands und nach der Wende ein schüchterner Teenager, schließlich Beginn als Journalistin und der Traum von Veröffentlichungen als Prosaautorin.

Ihr Traum ist vergleichbar mit den Botschaften der Songs von Lady Gaga. Es ist nicht unbedingt wegen dem Sound, sondern für das Gefühl.

Zu meiner eigenen Überraschung merke ich bei der Lektüre, dass ich einige Gaga-Songs doch kenne. Neben Pokerface zum Beispiel auch das grenzwertige Telephone und das abartige Born this Way. Schwere Beats im Dicso-Style!

Gaga, ooh-la-la
Want your bad romance

Bewertung vom 03.03.2021
Schlachthofromanze. Verliebt in Fury in the Slaughterhouse
Hinzberg, Illi

Schlachthofromanze. Verliebt in Fury in the Slaughterhouse


sehr gut

Was es heißt, Fan zu sein

Das Buch hat einen Stil und Ton eines Blogs, und die Autrin ist ja auch Bloggerin. Es wird also nicht gerade literarisch ausgefeilt geschrieben sondérn locker-flockig geht es darum, die Gefühlslage über das hier gewählte Thema auszudrücken. Es ist auch weniger direkt ein Buch über Fury in the Slaughterhouse, die erfolgreiche Rockband aus Hannover. Vielmehr ist es eine treffende Beschreibung des Fan-seins, im positiven Sinne. Als das funktioniert es und ist unterhaltsam, oft auch albern bis witzig. Aber sie stellt die Band nicht direkt vor und analysiert nicht die Songs. Man sollte halt keine falscher Erwartungshaltung haben.
Fury in the Slaughterhouse sind glaube ich eine gute Wahl für dieses Buch, denn die Band hat viele zugängliche Songs ohne dass sie flach oder anspruchslos sind. Zudem kennt sie wohl fast jeder. Es macht auch Spaß, während des Lesens ihrer Musik zu lauschen.

Illi Hinzberg ist authentisch, das zeichnet das Buch aus.

Bewertung vom 02.03.2021
Die Verlorenen
Halls, Stacey

Die Verlorenen


sehr gut

lebhaft erzählter historischer Roman

Der Roman Die Verlorenen von Stacey Halls schwelgt in der besonderen Zeit Mitte des 18.Jahrhunderts in London.
Der erste Teil zeigt die Armut und Notlage von der jungen Bess, die ihr neugeborenes Baby in ein Waisenhaus weggeben muss. Der Vater ist tot. Nach 6 Jahren will sie ihre Tochter zurückholen, erfährt aber, dass diese schon 1 Tag später wieder abgeholt wurde.
In Zweiten Teil ändert sich die Stimmung ein wenig. Unter falscher Identität wird sie Kindermädchen bei ihrer Tochter, die bei einer reichen Frau lebt. Auch ein erzählerischer Perspektivwechsel erfolgt, davon profitiert das Buch. Alexandra Callard lebt sehr zurückgezogen, sie ist eine zweite wichtige Figur, die die Handlung trägt.

Man bekommt von dem Buch, was zu erwarten war. Der Stil ist dicht und erzeugt lebhafte Bilder, fast wie ein großer Kinofilm.
Zwar ist es kein anspruchsvoller historischer Roman, aber er erzählt seine Geschichte konsequent. Außerdem steigert sich der Roman kontinuierlich.

Bewertung vom 01.03.2021
Sommer der Träumer
Samson, Polly

Sommer der Träumer


sehr gut

Ein Theater für Träumer

Von Beginn an fällt der detaillierte Stil des Romans auf, der stimmungsvoll und weich gehalten ist.

Es ist der Bericht einer Frau in Griechenland. Wie in einer Klammer wird aus der Gegenwart ein Sommer im Jahr 1960 erzählt.
Erica erinnert sich, wie sie als junge Frau damals nach dem Tod ihrer Mutter auf die Insel Hydra gekommen war.
Die Ankunft und das Leben auf Hydra wird mit allen Sinnen beschrieben. Die Stimmung der Zeit wird eingefangen.
Erica ist in einer Gemeinschaft, die ein freies Leben wollen. Dazu gehören vor allen Künstler, zum Beispiel der junge Leonard Cohen.
Es gibt viele Figuren. Leider geht die Autorin bei den meisten nicht sehr in die Tiefe.
Erica ist meistens die Beobachterin, die selbst die Handlung wenig beeinflusst.

A Theatre for Dreamers, so der Originaltitel, wurde von Bernhard Robben ins Deutsche übersetzt, das steht für Qualität und das ist bei dieser besonderen Sprache sehr wichtig.
Es ist aber ein weich gezeichneter Stil, den Polly Samson anwendet und den muss man mögen, da die Handlung selbst relativ wenig Höhepunkte setzt. Auf die Dauer fehlt es an Spannung. Man liest ein wenig wie im Gleichklang mit dem stillen Meer, das den Sturm noch nicht kennt. Doch es gibt so viele bemerkenswerte Beschreibungen, die das Buch unbedingt lesenswert machen.

Gegen Ende hin gibt es einen Bruch in der Handlung. Erica hatte die Insel verlassen und kehrt 10 Jahre nach diesem Sommer zurück. Es ist eine Art kleines Resümee, das sie zieht und sie erkennt an den Veränderungen, dass diese Zeit nicht mehr da ist. Ein gelungener Schluß!

Bewertung vom 28.02.2021
Ich dachte schon, du fragst mich nie
Engelmann, Gabriella

Ich dachte schon, du fragst mich nie


sehr gut

Schlemmen in Hamburg und Palma

Der Roman „Ich dachte schon, du fragst mich nie“ hat einige Besonderheiten, zum Beispiel zwei Schauplätze: Hamburg und Palma de Mallorca. Und er wird in wechselnden Kapiteln aus zwei Perspektiven geschildert. Sophie, die mit ihrer Tochter gerade das Lokal Livs eröffnen möchte und Marc, der sie dabei unterstützen wird, als sie Hilfe dringend benötigen.
Man verfolgt die Gedanken der Protagonisten. Das finde ich originell von Gabriella Engelmann gemacht, man muss sich aber mit einer gewissen Sprunghaftigkeit abfinden.

Ich mag es, dass die Handlung in der Restaurant-Branche angesiedelt ist, wobei kulinarische Beschreibungen relativ kurz kommen.
Die Ausgangssituation des Romans ist schon ein wenig arg konstruiert.
Dafür sind die Beschreibungen des chaotischen Familienlebens ganz lustig, z.B. auch mit Sophies Töchtern und ihrer Schwester Geli.

Auch die sich anbahnende Beziehung zwischen Sophie und Marc ist überzeugend. Sie spüren von Anfang an eine Anziehungskraft zwischen sich, aber es entstehen auch einige Missverständnisse.
Den Roman zeichnen Humor und Leichtigkeit aus.

Bewertung vom 24.02.2021
Das bist du
Peltzer, Ulrich

Das bist du


sehr gut

Ulrich Peltzer entwirft in Das Bist Du eine Hommage an eine Zeit Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger, die ihn prägte. Musik, Film, Literatur dieser Zeit wird auf nahezu jeder Seite aufgeführt. Doch das ist nicht Namedropping sondern Programm. Tatsächlich können sie einen Menschen mit bestimmen. Da ich jünger bin als Ulrich Peltzer haben mich all diese genannten Elemente nicht so stark geprägt wie spätere, aber sie sind mir ein Begriff und manches teile ich doch. Sie wirken auf mich. Daher sind die Erwähnungen dieser Zeitdokumente für mich wertvoll.

Außerdem kommt weiteres hinzu. Die Stadt Berlin, oft wechselnde Freundinnen des jungen Schriftstellers und seine ersten Schreibprojekte. Daher wird der Roman zwar kein spektakuläres, aber ein interessantes Werk.

Bewertung vom 24.02.2021
Hard Land
Wells, Benedict

Hard Land


sehr gut

Ein bewegtes Jahr

Sam, der Erzähler des Romans schildert von einem Jahr, das sein schönstes und sein schlimmstes war. Er war 15 Jahre alt und zum ersten mal verliebt, aber es ist auch die Zeit als seine lange krebskranke Mutter stirbt.
Er ist ein schüchterner, zurückhalten der Junge, ein Außenseiter. Erst durch Kirstie und ihrer Clique lebt er auf. In mancher Hinsicht ist es ein typischer Coming-of-age-Roman. Aber die Krankheit der Mutter mit Gefahr von Rückfällen und Krankenhausaufenthalten bestimmt sein Leben stark Es ist die Angst vor schlechten Prognosen, dem schmerzhaften Verlust und dem langen Warten.

Der Roman wird stark von der Zeit der Handlung in den USA bestimmt. Es ist 1985. Eine Zeit bestimmt von Popmusik, Unterhaltungsfilmen wie Back to the Future und wilder Kleidung.

Eigentlich hat mir der Roman ganz gut gefallen und die Hauptfigur finde ich sehr glaubwürdig, besonders die Momente, bei denen es bei ihm emotional kippt. Aber bei manchen Versatzstücken merkt man manchmal, das Bendict Wells sich zu sehr an den klischeehaften Teenagerfilmen der achtziger Jahre orientiert hat.