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Benutzername: 
hasirasi2
Wohnort: 
Dresden

Bewertungen

Insgesamt 1128 Bewertungen
Bewertung vom 14.06.2017
Mädchen grillen anders
Haun, Silke

Mädchen grillen anders


ausgezeichnet

Seit ich die Ankündigung zu Silke Hauns neuem Buch „Mädchen grillen anders“ zum ersten Mal gesehen hatte, fieberte ich auf dessen Erscheinen hin, denn seit ihrem Backbuch „ Fräulein Glücklich backt“ sind wir echte Fans von ihr. Auch ihren Blog und ihre Facebookseite verfolge ich regelmäßig und hab schon einiges ausprobiert.

Gleichzeitig mit dem Buch trafen auch meine Eltern ein – und haben sich sofort die Klebezettel zum Markieren geschnappt. Mein Papa hat Anfang Juli Geburtstag und da wird immer gegrillt. Jetzt hat er sich aus dem Buch endlich ein paar neue Wunschrezepte ausgesucht, die wir nach und nach getestet haben und zu seinem Geburtstags-Grilldinner servieren werden. Es werden also endlich mal nicht nur Fleisch auf dem Grill und dazu Kartoffelsalat auf dem Teller landen ;-).

Das Buch unterteilt sich in die Kapitel „Unverzichtbar: Aufstriche, Soßen und Salate“, „Dürfen nicht fehlen: Spannende Brotideen“, „Dabei sein ist alles: Beilagen für Jedermann und jede Frau“, „Klassiker mal anders: Burger, Fleisch und Fisch“, „Last but not least: Die Nachspeisen-Highlights“ und“ Leicht im Abgang: Meine Partygetränke“. Ich habe aus jedem Abschnitt mindestens ein Rezept probiert und alle haben hervorragend geschmeckt.

Los ging es mit der Herstellung von Kräutersalz, welches dann im mediterranen Weißbrot (das war ein Gedicht und wird auf jeden Fall öfter gebacken!) und dem Spargel-Erdbeersalat zum Einsatz kam.
Meistens sind es ja die kleinen Sachen, die den Unterschied ausmachen und so ist es beim bunten Nudelsalat das Dressing aus zerdrücktem Knoblauch und Ingwer, welches ihm den besonderen Pfiff gibt.

Ab und an habe ich mehrere Rezepte wild kombiniert und herausgekommen sind so u.a. ein Burger mit (selbst eingelegtem) Grillkäse und (selbst) gegrillter Paprika. Dazu gab es Süßkartoffelpommes mit Schinken und Ahornsirup – eine geniale Kombination! Durch den (eigentlich) einfachen Trick mit dem Sirup schmecken die Süßkartoffeln viel intensiver.

Zum Dessert gab es die gegrillte Ananas mit dem Ananas-Kokos-Eis. Hinterher hat mein Mann traurig geguckt, er hätte es wohl gern allein verputzt ...

Natürlich habe ich auch die Getränke probieren „müssen“. Die Kräuterlimonade ist mit dem, was man fertig zu kaufen bekommt überhaupt nicht zu vergleichen – sie schmeckt viiiiiiieeeel besser.
Auch die Piña Colada und den Cocktail mit dem selbstgemachten Ingwersirup wird es jetzt häufiger geben.

Schon die Fotos der Gerichte sind ansprechend und sehr appetitlich. Die Rezepte sind erstaunlich unkompliziert, die Zutaten bis auf wenige Ausnahmen selbst im Discounter zu bekommen und die Ergebnisse haben uns restlos überzeugt. Wenn man die Familie nach ihrem Lieblingsrezept fragt, sagen sie „alle“.

Unser Fazit: 5 Grillzangen

Bewertung vom 27.05.2017
Monsieur Picasso und der Sommer der französischen Köstlichkeiten
Aubray, Camille

Monsieur Picasso und der Sommer der französischen Köstlichkeiten


ausgezeichnet

Côte d’Azur, Frühjahr 1936: Ondine ist 17 und arbeitet im Café ihrer Eltern. Dieses ist ein Geheimtipp und so verwundert es nicht, dass Monsieur Ruiz sein Mittagessen in Zukunft von dort geliefert bekommen möchte. Hinter Ruiz versteckt sich der berühmte Maler Picasso, welcher in diesem Frühling inkognito in Juan-les-Pins lebt und arbeitet. Er wird Ondines erster Gast, für den sie allein zuständig ist.
Genau wie ihre Mutter führt sie ein Notizbuch, in welchem die Rezepte der Gerichte stehen, die sie für Picasso kocht. Dieses Notizbuch erbt Céline 2013 in Amerika von ihrer Mutter Julie – Ondines Tochter. Es ist aber nicht nur ein Rezeptheft sondern gleichzeitig eine Art Tagebuch, zumindest stichpunkthaft kann Céline Ondines Zeit mit Picasso rekonstruieren. Als sie in einem Geheimversteck auch noch Julies Reiseunterlagen für Frankreich entdeckt, tritt sie kurzerhand die Reise an die Côte d’Azur und in die Vergangenheit von Ondine und Julie an ...

In „Monsieur Picasso und der Sommer der französischen Köstlichkeiten“ ist der Name Programm. Neben den wundervollen Gerichten, die einem beim Lesen das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen, bekommt man einen großartigen Einblick in Picassos Leben und die Beziehungen zu seine Frauen – letzteres hat die Autorin sehr elegant gelöst.
Picasso muss ungemein charismatisch gewesen sein, selbst Ondine (sie könnte seine Enkelin sein) ist fasziniert von ihm. Sie ist noch unerfahren, fühlt sich aber durch seine Aufmerksamkeit geschmeichelt und von ihm angezogen. Sie wird (natürlich) bald auch sein Modell. Obwohl seine Bilder sie zum Teil verstören: sie findet sie anregend, erotisch und gleichzeitig brutal.
Ondine blüht auf, kann sich erstmals eine Zukunft als Köchin in Paris vorstellen, aber plötzlich ist Picasso abgereist, ohne Abschied, eine Zeile, ein Wort. Trotzdem gibt die Zeit mit Picasso ihr den Anstoß, gegen den Willen der Eltern selber über ihre Zukunft bestimmen zu wollen.
Céline ist ihrer Großmutter ähnlich – unabhängig, stark, oft einsam. Ihr Vater war ein jähzorniger nazistischer Mensch, der die Kinder aus seiner ersten Ehe immer vorgezogen und ihre Mutter unterdrückt und entmündigt hat. Julie kam damit klar, Céline nicht.

Die Lebensgeschichten dieser 3 Generationen erzählt Camille Aubray trotzt der auch vorhandenen Dramen wunderbar leicht, sehr fesselnd, unterhaltsam und überraschend. Zwischendurch gab es zwar ein paar Situationen, die ich den Protagonisten nicht ganz abgekauft habe bzw. war mir ein kleiner Teil des Endes zu vorhersehbar, aber das filmreife Ende entschädigt für alles! Nur für welche Art Film es das passende Ende wäre, verrate ich hier natürlich nicht. 4,5 Sterne

Bewertung vom 14.05.2017
Apfelkuchen am Meer
Barns, Anne

Apfelkuchen am Meer


ausgezeichnet

Fernweh inklusive

Genau wie Merle würde auch ich jetzt gern meinen Koffer packen und ans Meer – nach Juist – fahren. Sie muss die Trennung von ihrem (wirklich unmöglichen) Ex-Freund verarbeiten und fährt deswegen auf die Insel ihrer Kindheit. „Liebe macht verletzbar. Wer hoch fliegt, fällt tief.“ (S. 41) Ihre Mutter stammt von Juist und ihre Oma ist gerade dahin zurückgezogen. Aber eigentlich ist es ein Zufall, wie ihn nur das Leben schreiben kann, der Merle letztendlich zu dieser Reise bewegt. Eine Freundin hat ihr erzählt, dass sie vor einiger Zeit in einem Café auf der Insel die berühmte Apfelrosentorte gegessen hat. Dabei ist dieses Rezept eigentlich geheim und wird nur innerhalb Merles Familie weitergegeben. Als sie sich das Café Strandperle im Internet anschaut, wird dort einen Saisonkraft gesucht – die Zeit passt perfekt in Merles Semesterferien ...

„Apfelkuchen am Meer“ ist ein Buch zum festschmökern. Ich habe sofort alles um mich rum vergessen und bis spät nachts gelesen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es weiter- bzw. ausgeht.
Auf Juist angekommen muss Merle feststellen, dass ihr Auftauchen auf der Insel viele Erinnerungen an ihre jung verstorbene Tante Undine weckt, der sie sehr ähnlich sieht. Sie spürt sofort, dass es da ein Geheimnis gibt, aber die Bewohner schweigen. Auch ihre Mutter und ihre Oma meinen, sie soll die Vergangenheit ruhen lassen und das Leben genießen. Aber Merle hat das Gefühl, die Geschichte aufklären zu müssen und dann ist da ja immer noch das Geheimnis um die Apfelrosentorte – im Café wird sie nämlich gar nicht angeboten! Wer hat sie also gebacken?

Merle, ihre Freundinnen, überhaupt die weiblichen Akteure im Buch – sie alle sind tolle starke Frauen, die mit beiden Beinen fest im Leben stehen. Frauen, die man gern als Freundin hätte. Dazu kommen die schnuckeligen männlichen Inselbewohner, die nicht nur Merle gefährlich werden könnten. Endlich mal wieder ein Buch, wo sich die Männer krumm machen müssen, um ihre Traumfrauen zu erobern!
Ich war noch nie auf Juist, aber durch die lebendigen Beschreibungen habe ich das Gefühl, die Insel zu kennen. Man bekommt sofort Lust auf Urlaub am Meer.

Es ist das perfekte Sommer-Sonne-Strand-Buch – sehr abwechslungsreich, „lecker“ (hinten sind tolle Rezepte drin), mit einer kleinen Prise Erotik und einem ordentlichen Schuss Spannung durch ein altes Familiengeheimnis.

Bewertung vom 14.05.2017
Simply Veggie

Simply Veggie


gut

Ich bin eine routinierte Köchin, koche täglich frisch und den Großteil der Woche essen wir vegetarisch bzw. vegan. Durch unsere verschiedenen Arbeitszeiten habe ich oft nur 1 h Zeit dafür, deshalb bin ich immer wieder auf der Suche nach neuen leckeren simplen Rezepten und Ideen.

Sehr schön für Kochanfänger sind der „Einblick“ in die Vorratskammer des Buchautors und die einführenden Kapitel (z.B. zu den 5 Geschmacksrichtungen und dem perfekten Schnitt), um erst einmal einen Überblick zu bekommen.

Wir haben uns dann durch die verschiedenen Rezepte probiert, aber so richtig überzeugen konnten uns nur die Standards wie Zwiebelsuppe, Crepe oder Apfeltarte.
Die etwas ausgefalleneren Sachen waren leider nicht nach unserem Geschmack. Das „Pad Thai“ lag mit 2 EL Erdnussbutter und 1 EL Zucker pro Person viel zu schwer im Magen. Im Prinzip ist es nur eine dicke Erdnusspampe mit ein paar Nudeln drin. Das Zusammenspiel der Aromen funktionierte hier aber gut – süß, sauer, salzig und scharf hat man herausgeschmeckt. Der Koriander wäre sicher die bittere Variante gewesen, aber den mögen wir nicht.
Auch das „Shakshuka“ hat leider nicht so funktioniert wie im Buch beschrieben. Ich habe es letztendlich über 1,5 h auf dem Herd kochen lassen (das ist die doppelte Zeit wie angegeben) und fand es immer noch viel zu dünn. Dabei habe ich einen Induktionsherd mit konstant hoher Temperatur ☹. Außerdem war es uns zu salzig und zu scharf. Ich würde es aber nochmal probieren, denn gerade bei kalten Temperaturen wärmt es schön durch. Allerdings dann gleich mit offenem Deckel, damit die Suppe auch eindicken kann, und viel weniger Gewürzen.
Besonders gefreut hatte ich mich auch auf die Kokos-Panna-Cotta. Der Geschmack war dann leider nur ok - beim nächsten Versuch werde ich deutlich weniger Zucker nehmen.

Bedauerlicherweise habe ich bei vielen der probierten Rezepten gemerkt, dass sie entweder überwürzt, zu süß oder zu fettig sind, wenn man sie nach Originalrezept macht (beim ersten Versuch halte ich mich immer daran). Das fand ich sehr schade.
Ein weiteres Manko sind auch in diesem Kochbuch die fehlenden Nährwertangaben, ich finde einfach, die gehören dazu.
Positiv vermerken möchte ich, dass die Zubereitungszeiten und Mengen pro Person meistens gestimmt haben.

Bewertung vom 09.05.2017
Punschkrapfen, Kipferl und ein Mord
Birgmann, Sonja

Punschkrapfen, Kipferl und ein Mord


sehr gut

Bei diesem zuckersüßen Cover bin ich schwach geworden, obwohl ich bei „Punschkrapfen“ und „Kipferl“ eher an Weihnachten als an rosa Herzchen denke. Es sieht einfach zum Anbeißen aus und ich hab sofort amouröse Verwicklungen erwartet – und ein bisschen stimmt das ja auch ;-). Aber hauptsächlich geht es natürlich um Mord!

Emma betreibt die Bäckerei „Lust & Sahne“. Ihre Spezialität sind erotische Backwaren und die Vorstellung ihrer „Lustbäckerei“ in der Fernsehsendung „In 80 Bäckereien um die Welt“ könnte sie nochmal so richtig nach vorn bringen. Doch dann fällt eines Morgens ausgerechnet der unsympathische und bei seiner Crew unbeliebte Moderator Benedikt tot aus Emmas Kühlschrank. Natürlich gehört auch Emma zu den Verdächtigen, aber zum Glück arbeitet ihr Halbbruder Hendrik bei der Mordkommission.

Das Buch liest sich leicht, flüssig und sehr amüsant. Zwar ist der Humor manchmal etwas anzüglich oder derb, aber schließlich geht es ja auch um den Mord in einer erotischen Bäckerei. Zudem knistert es schön zwischen den verschiedenen Beteiligten. Das Ambiente stimmt also schon mal.
Emmas entspannte Art, mit dem Leben umzugehen und sich von niemandem reinreden zu lassen, hat mir gut gefallen. Es passt zu ihrer bodenständigen Persönlichkeit. Zu ihrem Bruder hat sie eine sehr harmonische Beziehung und ihre Freundin Melanie ist einfach ein Schatz. Außerdem ist Hendriks Chef eine echte Sahneschnitte, findet Emma.

Natürlich kann sie es sich nicht verkneifen, eigene Nachforschungen anzustellen und sich dabei in Gefahr zu begeben, aber schließlich will sie ihren Laden so schnell wie möglich wieder betreiben und wissen, wer den Moderator warum „kalt gestellt“ hat.

Ich hatte zwar schon nach dem ersten Drittel einen konkreten Verdacht bezgl. des Täters und lag am Ende gar nicht soweit daneben, trotzdem war das Buch bis zum Schluss spannend, unterhaltsam und hatte die eine oder andere Überraschung parat.
In einer meiner Lieblingsszenen kommen übrigens Tatortreiniger vor und ich musste dabei unweigerlich an Schotty denken ...

4 „Punschmöpschen“ für diesen kurzweiligen frivolen Krimispaß.

Bewertung vom 08.05.2017
Das Haus der schönen Dinge
Rehn, Heidi

Das Haus der schönen Dinge


ausgezeichnet

Mit der Eröffnung des Kaufhauses Hirschvogl am Rindermarkt wird Jacob Hirschvogl zum Königlich-Bayerischen Hoflieferanten ernannt – endlich hat er es geschafft, sich zusammen mit seiner Frau Thea nicht nur den Traum vom eigenen Kaufhaus zu erfüllen, sondern auch als Jude in der Münchner Gesellschaft anerkannt zu werden. Um ihre spätere Nachfolge müssten sie sich keine Sorgen machen, ihr ältester Sohn Benno soll das Kaufhaus übernehmen, aber ausgerechnet er hat dafür überhaupt kein Interesse. Auch der jüngste Spross der Familie, Sepp, scheint nicht geeignet zu sein, da er ewig kränkelt. Die naheliegendste Lösung, ihre Tochter Lily, passt Jacob eigentlich nicht, trotzdem wird sie später seine würdige Nachfolgerin.

„Das Haus der schönen Dinge“ umfasst den Zeitraum von 1897 bis 1952. In dieser Spanne haben die Hirschvogls gegen Konkurrenten, Neider, Wirtschaftskrisen und Weltkriege zu kämpfen. Sie meistern diese Herausforderungen mit ihrem guten Gespür für die jeweilige Lage und immer wieder neuen fortschrittlichen Ideen – auch wenn sie oft als skandalös verschrien werden, der Erfolg gibt ihnen letzten Endes Recht. Doch dann kommen die Nazis an die Macht und alles wird anders ...

Heidi Rehns neues Buch ist unglaublich bunt, wild, atmosphärisch und zeigt die ganze Bandbreite des Lebens. Es behandelt unstandesgemäße Beziehungen zwischen verschiedenen Gesellschaftsschichten, Christen und Juden bzw. homosexuellen Partnern. Das ergreifende Schicksal der Familie und ihrer Freunde ist dabei eng mit Politik und (Stadt-)Geschichte verwoben.
Die Hirschvogls nehmen unter den Münchner Kaufhausbetreibern eine Vorreiterrolle ein. Sie haben z.B. als erstes „Kleider von der Stange“ und Lingerie, verkaufen Fahrräder und Hosenröcke und motivieren ihre Angestellten durch Umsatzbeteiligungen. Das Kaufhaus wird vor allem Dank Theas und später Lilys Wagemut und Ideen schnell die allererste Adresse in München. Überhaupt wird der Erfolg der Familie vor allem von starken Frauen bestimmt.
Die Geschichte wirkt dabei so real, dass ich kaum glauben kann, dass es das Hirschvogl und die Familie so gar nicht hat gegeben hat, sondern beispielhaft für die fast ausschließlich jüdischen Kaufhäuser dieser Zeit steht.
Der Roman ist sehr bildhaft und lebendig – ich bewundere die Autorin für ihre Fantasie und das Können, diese zum Leser transportieren.
Das Hirschvogl habe ich mir übrigens immer wie die „Galeries LaFayette“ in Paris vorgestellt: überbordend, opulent, beeindruckend.

Ich habe die Hirschvogls gern auf ihrem wechselvollen Lebensweg begleitet – die knapp 660 Seiten waren leider viel zu schnell ausgelesen.

Bewertung vom 05.05.2017
Mordskuss / Kripo Greetsiel Bd.2
Busch, Ulrike

Mordskuss / Kripo Greetsiel Bd.2


ausgezeichnet

Partnersuche auf Friesisch

Urlauber finden eine tote Frau am Pilsumer Leuchtturm. Schnell wird klar – es war Mord. Während es für Hauptkommissar Tammo Andres nach einer Beziehungstat aussieht, verteidigt seine Kollegin und Profilern Fenna Stern ihre These eines Serientäters.
Die Tote, Silvia, war Gast in einem besonderen Hotel – „Friesenliebe“. Aber keine Angst, ich meine keinen Puff. Der Betreiber und seine Frau haben eine besondere Partnervermittlung aufgebaut und in dem dazugehörigen Hotel können sich die Pärchen treffen und näher kennenlernen.

„Mordskuss“ ist der zweite Fall der Ostfriesland-Krimireihe von Ulrike Busch. Diesmal knistert es nicht nur zwischen den Pärchen der „Friesenliebe“, auch bei Tammo und Fenna fliegen die Funken – wenn sich Tammo nur endlich ein Herz fassen und Fenna erklären würde. Diese gibt ihm eigentlich genug Hinweise, dass sie auch einer privaten Beziehung nicht abgeneigt wäre, aber wie Männer nun mal so sind ...
Auch in der „Friesenliebe“ ist nicht alles eitel Sonnenschein. Die Pärchen, welche sich im Internet noch sehr gut verstanden haben, passen in der Realität so gar nicht zusammen, flirten fremd und verbergen einige Geheimnisse. Außerdem geht der Wirt des Cafés nebenan sehr – nennen wir es mal offensiv – mit seinen weiblichen Gästen um, was diese gar nicht gern sehen. Vielleicht hatte auch einer von Silvias Ex-Männern die Schnauze voll? Sie war ja nicht gerade ein Kind von Traurigkeit. Oder ein weiblicher Hotelgast, dem Silvias Fremd-Flirterei zu viel wurde? Verdächtige gibt es jedenfalls genug.
Besonders gelungen fand ich den Gastauftritt der Reporterin Kaya Witt aus „Der blaue Stern“, einem weiteren Krimi der Autorin. Kaya will einen Artikel über den Fall schreiben und gerät durch ihre Neugier selbst in Gefahr.
Dann mischt sich auch noch Onkel Fridos Rentnergang ein und Tammo weiß nicht, was ihm mehr Kopfschmerzen bereitet ...

Ulrike Busch bringt neben der Spannung und den zwischenmenschlichen Verwicklungen auch das Nordsee-Urlaubsgefühl wieder sehr gut rüber. Ihre Protagonisten werden pointiert beschrieben, nichts Menschliches ist ihr fremd. Dazu kommt der tolle Humor und auch Buddy, mein heimlicher Star aus „Tod am Deich“, hat wieder seinen kleinen Auftritt. Bitte mehr davon!

Bewertung vom 02.05.2017
Hôtel Atlantique
Jakob, Valerie

Hôtel Atlantique


ausgezeichnet

Delphine Gueron war bis zu ihrer Pensionierung bei der Pariser Polizei. Jetzt lebt sie wieder in ihrem Heimatort, in der Nähe von Biarritz. Als sie eines Tages den 15jährigen Karim beim Einbruch in ihren Schuppen überrascht, handelt sie Wiedergutmachung aus – als „Strafarbeit“ soll er ihr im Garten und Haushalt helfen. Karim hat es so schon schwer genug. Sein Vater, ein Algerier, hat sich vor Jahren abgesetzt. Wegen ihm wird Karim ständig von seinen Mitschülern drangsaliert.
Durch Delphine lernt er auch die betagte Aurélie de Montvignon kennen. Delphine und Aurélie kennen sich schon ewig. Sie treffen sich jeden Dienstag im Hôtel Atlantique zum Tee.
Die beiden Frauen wollen Karim neben der Gartenarbeit auch eine ordentliche Bildung angedeihen lassen. Sie führen ihn in Museen, lassen ihn Weltliteratur lesen, werden Freunde.
Eines Diensttags erscheint Aurélie allerdings nicht pünktlich zum Tee. Sie ist vom Balkon gestürzt. Ein Unfall – vielleicht ein Schwächeanfall – meint die Polizei. Doch Delphine sieht es anders, denn ihre Freundin hat sie kurz zuvor gebeten, im Falle ihres Ablebens regelmäßig nach ihrem Anwesen zu sehen und sie war nicht krank ...
Auch Richard Lebrun, eine Art jüngerer Zieh-Bruder von Aurélie, scheint nicht an einen natürlichen Tod zu glauben. Aber er ist ein sehr introvertierter Mensch und will sich nicht gegen die Einschätzung der Polizei wehren. Außerdem scheint er etwas zu wissen, was er unbedingt verheimlichen möchte – warum?!

„Hôtel Atlantique“ hat mich sehr erschüttert. Was als beschaulicher Roman über die Freundschaft zweier älterer Damen mit viel französischem Flair beginnt, wird zu einem Krimi vor dem Hintergrund der deutsch-französischen Vergangenheit.
Neben den Ermittlungen zu Aurélies Tod geht es um die Schicksale der Kinder, die französische Frauen im 2. WK von Nazis bekamen bzw. in der heutigen Zeit von algerischen Einwanderern. Obwohl so viele Jahre zwischen diesen Schicksalen liegen, verbindet sie das „Ausgestoßensein“, die Verachtung der Nachbarn, Mitschüler oder Einheimischen. Valerie Jakob setzt sich damit auseinander, wie die Kinder diese Erfahrungen (später) verarbeiten. Kommen sie überhaupt je darüber hinweg? Letztendlich können sie als Produkte der Liebe ja am wenigsten für ihre Situation. „Es ist echt eine Tragödie. Auf allen Seiten nur Opfer.“ (S. 473)

Delphine ist eine sehr taffe Frau. Sie und Aurélie verband eine lebenslange Freundschaft, deshalb kann sie sich mit dem angeblichen Unfall nicht abfinden. Ihre gute Menschenkenntnis bringt sie dazu, Karim nach seinem Einbruchsversuch nicht anzuzeigen, sonst landet er nur endgültig auf der schiefen Bahn. Sie setzt es sich zur Aufgabe, wenigstens diesen einen Jugendlichen vor seinem scheinbar vorgezeichneten Leben als Kleinkriminellem zu retten.
Karim lebt schon lange hier, aber er ist immer noch der Fremde. Er wird von seinen Mitschülern regelmäßig verhöhnt und verprügelt . Wenn er seine Ruhe haben will, flüchtet er sich an seinen geheimen Platz, eine Höhle in der Steilküste „Es war, wie auf einem anderen Planeten zu sein, weit weg von allen Problemen und Blödmännern ...“ (S. 89)

Das Buch ist trotz der sich eher gemächlich entwickelnden Krimihandlung sehr spannend. Bei der Aufklärung des Mordes kommen viele weitere dramatische Geheimnisse und Verdächtige ans Licht.
In tollen Bildern beschreibt die Autorin die örtlichen Gegebenheiten und setzt dabei auch die Personen anschaulich in Szene.

Ein bewegendes Buch mit echtem Gänsehautfaktor! Wer kriminell-dramatische Geschichten mag, wird von „Hôtel Atlantique“ begeistert sein

Bewertung vom 27.04.2017
Der Gärtner war's nicht! / Konny und Kriemhild Bd.1
Kruse, Tatjana

Der Gärtner war's nicht! / Konny und Kriemhild Bd.1


ausgezeichnet

Die „Bestager“ Zwillingsschwestern Konny und Kriemhild (60+, aber über das Alter einer Frau spricht man bekanntlich nicht ;-) )hatten sich ihren Lebensabend auch irgendwie anders vorgestellt. Konny, die „Lebefrau“ wollte um die Welt ziehen und Kriemhild mit ihrem Kommodore altwerden. Aber Konny hat nie Geld zurückgelegt und der Kommodore ist leider viel zu früh verstorben. Zum Glück hat ihnen eine Erbtante ein kleines Anwesen hinterlassen, welches sie in eine Pension umwandeln konnten. Noch hat diese aber Startschwierigkeiten und so verdient Konny das Geld mit ihrer Kolumne „Kummerkasten-Konny“ für die Zeitschrift Happy 50+, Kriemhild kümmert sich ums Haus und die spärlichen Gäste und der Nacktkater Amenhotep fühlt sich als Chef des Ganzen. Ein „Faktotum“ wie in den guten alten englischen Krimis gibt es auch: Herrn Hirsch, ehemals Bankdirektor, nach einem Schlaganfall aber mit Aphasie (einer Sprachstörung) geschlagen, kümmert sich hingebungsvoll um den Garten und alles, was sonst noch so im Haus anfällt.

Als eines Tages die berühmte Band Cordt (Hiphopper = "Ich meine diese jungen Waldorfschüler, die sich gegenseitig Beleidigungen vortanzen." S. 22) gleich 5 Zimmer bucht, sind die K&K Schwestern hin und weg: Geld spielt keine Rolle. Alles was verlangt wird, ist vegane Kost und Diskretion. Doch dann ist der Bandleader tot und es sieht so aus, als hätte ihn jemand mit dem Rasentraktor überfahren ...

Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so über einen Krimi gelacht habe! Ich wollte das Buch gestern gemütlich im Wartezimmer lesen und hab dann Tränen gelacht – die anderen Patienten haben zum Teil verstört, zum Teil aber auch neugierig geguckt. Am liebsten hätte ich ihnen die entsprechenden Stellen vorgelesen, konnte mich dann aber doch bremsen.

„Der Gärtner war’s nicht“ ist eine echte Slapstick-Komödie und lebt von der Situationskomik und den schrulligen Personen. Die Schwestern könnten kaum unterschiedlicher sein: Konny ist klein, rund, fast immer fröhlich und steht auf derben Humor; Kriemhild ist lang, hager, immer verbiestert und hat es mehr mit trockenen hintergründigen Witzen. Aber wenn es hart auf hart kommt, halten sie zusammen und lesen sich bei Gewitter gegenseitig Astrid Lindgren vor.
Neben dem armen Herrn Hirsch, der leider nie die passenden Wörter findet – sich aber fröhlich mit den falschen durchs Leben schlägt – gibt es noch den seltsamen und extrem unsympathischen Pensionsgast Holger Bettenberg. Ihn hätte ich gern als „sagrotangetränkte“ Leiche gesehen (mehr dazu erfahrt ihr im Buch), aber er bekommt auch so sein Fett weg.

Natürlich ist auch der Mordfall an sich spannend. Neben den anderen Bandmitgliedern scheinen der Manager und ein dubioser Geldeintreiber Mordmotive gehabt zu haben. Oder war es doch ein Versehen des Gärtners?! Mein Bauchgefühl war leider falsch. Doch wie sagt Kriemhild so schön: „Bauchgefühle sind meistens einfach nur verkappte Blähungen.“ (S. 83)

5 Aufsitzrasenmäher – äh Sterne – für diesen extrem lustigen und spannenden Cosykrimi. Ich hoffe, bald wieder von den K&K Schwestern zu lesen. Schließlich haben sie bei der Aufklärung dieses Falles Blut geleckt ...