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Havers
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Insgesamt 1378 Bewertungen
Bewertung vom 02.08.2015
Spiel der Zeit / Clifton-Saga Bd.1
Archer, Jeffrey

Spiel der Zeit / Clifton-Saga Bd.1


gut

„Spiel der Zeit“ von Jeffrey Archer – da er seit 1992 Angehöriger des britischen Hochadels ist, lautet sein korrekter Titel übrigens Jeffrey Howard Archer, Baron Archer of Weston-super-Mare - ist der erste Band der breit angelegten Clifton Saga. Im Original sind bereits fünf Bücher erscheinen, der sechste Teil ist für Februar 2016 angekündigt.

Es ist ein sehr breit angelegtes Familienepos, in dessen Mittelpunkt der junge Harry Clifton steht, dessen Vater bei einem tragischen Vorfall ums Leben gekommen ist. Das Geld ist immer knapp in der kleinen Familie, obwohl seine Mutter Maisie Tag und Nacht arbeitet, um den Lebensunterhalt für sich und ihren Sohn zu sichern. Dieser möchte lieber in die Fußstapfen seines Vaters treten anstatt zur Schule zu gehen, weshalb er sich tagtäglich zum Missfallen seiner Mutter an den Docks herumtreibt. Das ändert sich, als engagierte Lehrer dafür sorgen, dass er ein Chorstipendium für ein renommiertes Internat erhält. Die Vorurteile und Anfeindungen seiner Mitschüler erträgt Harry nur dank der Freundschaft mit den beiden Jungen Deakins und Giles Barrington, wobei er nicht ahnt, dass sein Leben mit Giles enger verbunden ist als er ahnt…

Jeffrey Archer hat als Zeitraum für den Auftakt seiner Familiengeschichte die zwanziger und dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gewählt. Der Handlungsrahmen ist relativ eng gefasst, denn obwohl der Roman fast 600 Seiten hat, dreht sich alles um die Menschen, die in Harry Cliftons Leben in jungen Jahren eine Rolle spielen und seine ersten Kontakte mit den Mitgliedern der Reederfamilie Barrington. Der Autor wechselt kontinuierlich die Perspektiven und lässt den gleichen Zeitraum sowie die gleichen Ereignisse von verschiedenen Personen aus deren jeweiligem Blickwinkel erzählen und kommentieren. Hier tritt die Handlung auf der Stelle, da das gleiche Thema immer wieder durchgekaut wird und man kaum Neues erfährt. Das ist für mich die größte Schwäche des Romans, denn auf Dauer wirkt sich diese Stagnation sehr ermüdend auf den Leser aus.

„Spiel der Zeit“ stellt keine großen Ansprüche an den Leser. Die Sprache ist einfach, es gibt keine großartigen Verwicklungen und durch die häufigen Wiederholungen ist man jederzeit bestens über das gemächliche Fortschreiten der Handlung informiert. Aber gerade deshalb eignet sich das Buch ideal als unterhaltsame, leichte Urlaubslektüre.

Natürlich drängt sich bei diesem Romanzyklus der Vergleich mit Ken Folletts Jahrhundert-Trilogie auf. Hier schneidet Archer wesentlich schlechter ab, denn wo Follett das Panorama einer Epoche entwirft und reale historische Ereignisse entsprechend einarbeitet und mit dem Leben seiner Protagonisten verknüpft, bleibt Archer vage und zu sehr in individuellen Schicksalen verhaftet. Ich bin gespannt, ob sich das in den Folgebänden ändert. Geprüft werden kann dies spätestens im November 2015, denn dann erscheint der zweite Teil „Das Vermächtnis des Vaters“ in der deutschen Übersetzung.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2015
Engelskalt / Kommissar Munch Bd.1
Bjørk, Samuel

Engelskalt / Kommissar Munch Bd.1


ausgezeichnet

Offenbar sind die skandinavischen Musiker ein äußerst kreatives Völkchen, die neben ihren musikalischen auch noch schriftstellerische Fähigkeiten haben – man denke an Jo Nesbø und das Autorenduo Jerker Eriksson und Håkan Axlander Sundquist aka Erik Axl Sund. Neu im Bunde ist der norwegische Singer-Songwriter Frode Sander Øien, der unter dem Pseudonym Samuel Bjørk mit „Engelskalt“ seinen ersten Thriller geschrieben hat.

Als ein sechsjähriges Mädchen ermordet und zur Schau gestellt in einem Waldstück aufgefunden wird, bekommt Kommissar Holger Munch den Fall übertragen. Das an dem Leichnam befestigte Schild „Ich reise allein“ gibt ihm Rätsel auf. Hilfe erhofft er sich von seiner suspendierten Kollegin Mia Krüger, die durch ihre ungewöhnliche Sicht der Dinge schon so manch aussichtslosen Fall gelöst hat. Um sie aber wieder ins Boot zu holen, muss er auf die einsame Insel Hitra fahren, auf die sie sich nach ihrer Beurlaubung zurückgezogen hat, um sich mit Alkohol und Tabletten auf den Tag ihres Selbstmords vorzubereiten.

Munch kann sie zur Rückkehr überreden, und gemeinsam mit Gabriel, dem neuen Teammitglied und ausgewiesenen Computerfreak, beginnen sie ihre Ermittlungen. Schnell wird ihnen klar, dass noch weitere Opfer folgen werden, wenn sie nicht zügig zu Ergebnissen kommen. Womit sie aber nicht rechnen ist der Umstand, dass jemand aus ihrem Team in diese Sache hineingezogen wird…

Samuel Bjørk hat in seinem Erstling alles richtig gemacht: Zu Beginn ein kleines Häppchen, damit der Leser ahnen kann, was auf ihn zukommt. Darauf folgt eine detaillierte Einführung seiner Hauptfiguren, die die verschiedenen Facetten ihrer Persönlichkeit erfasst, aber nicht langatmig ist. Danach beschreibt er die Ermittlungsarbeit, legt Spuren, die oft genug in einer Sackgasse enden und eine Neuinterpretation erforderlich machen. Aber es gibt auch Erfolge zu verzeichnen, sodass sich nach und nach das Bild verdichtet und der Fall zufriedenstellend gelöst wird.

Eine spannende Geschichte und ein cooles Team – davon möchte ich mehr lesen. Samuel Bjørk ist definitiv ein Autor, den man sich merken sollte!

Bewertung vom 21.07.2015
Bretonischer Stolz / Kommissar Dupin Bd.4
Bannalec, Jean-Luc

Bretonischer Stolz / Kommissar Dupin Bd.4


sehr gut

In „Bretonischer Stolz“, dem vierten Band der Dupin-Reihe des Wahlbretonen Jean-Luc Bannalec (Pseudonym eines deutschen Verlegers) ist einmal mehr das kriminalistische Gespür des vor fünf Jahren aus Paris zwangsversetzten Kommissars Dupin gefragt.

Nach mittlerweile fünf Jahren Polizeiarbeit in Concarneau und der Beförderung zum Hauptkommissar stehen Fortbildungsmaßnahmen für Dupin an. Als ihn auf dem Weg zu einem Seminar die Nachricht von einem Toten erreicht, stürzt er sich aber sofort erleichtert in die Ermittlungen. Überflüssige Kurse ohne Relevanz sind seine Sache nicht, und so kommt ihm dies ganz recht. Zumal die von ihm hochgeschätzte Diva Sophie Bandol die Leiche entdeckt hat. Bis Dupin am Fundort eintrifft, ist der Tote aber spurlos verschwunden.

Als kurze Zeit später ein weiterer Leichnam in der Region der Monts d’Arrée entdeckt wird und bald darauf klar ist, dass es einen Zusammenhang zwischen den beiden Funden gibt, mobilisiert Kommissar Dupin sein Team mit Nolwenn, Riwal und Kadeg, wobei ihm die Alleingänge des letzteren auch noch so manches Kopfzerbrechen bereiten und sein Eingreifen erfordern.

Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren und stellen einmal mehr unter Beweis, dass die Einflüsse der bretonischen Kultur wesentlich weiter reichen, als man es sich gemeinhin vorstellt. Rätselhafte Geheimgesellschaften, die Machenschaften der Austernzüchter und mafiös organisierte Sandräuber – die Themen, die Bannalec in „Bretonischer Stolz“ aufgreift und mit dem neuesten Fall verbindet, sind vielfältig. Und sie stehen immer in unmittelbarem Zusammenhang mit den Eigenheiten dieses französischen Landstrichs. In diesem neuesten Fall erfährt der Leser viele Details zur Zucht der Belon-Auster, im Vorgängerband „Bretonisches Gold“ wurden von der Salzgewinnung erzählt.

Und genau das ist es, was die Krimis von Jean-Luc Bannalec auszeichnet. Sie sind vollgepackt mit kulturellen Informationen: Mythen, Historie, und Brauchtum der Bretonen. Aber auch Kulinarisches und Ortsbeschreibungen dürfen nicht fehlen. Die Handlung als solche ist immer logisch konzipiert, wenngleich auch die eine oder andere unerwartete Wendung für kleinere Überraschungen sorgt. Bannalec schreibt keine Reißer, bei denen man an den Nägeln kaut, sondern nette Regio-Krimis mit Wohlfühlfaktor, die Lust auf den Nordwesten Frankreichs machen – eine schöne Lektüre zur Einstimmung auf einen Urlaub in der Bretagne.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.07.2015
Cutter und Bone
Thornburg, Newton

Cutter und Bone


ausgezeichnet

Und wieder einmal hat der Polar Verlag ein herausragendes Werk der Noir-Literatur veröffentlicht: „Cutter und Bone“ von Newton Thornburg, ein Thriller aus dem Jahr 1976, der 1981 unter dem Titel „Cutter’s Way – Keine Gnade“ mit Jeff Bridges verfilmt wurde.

Richard Bone hatte die Nase voll von seinem Leben als treusorgender Familienvater. Deshalb quittierte er seinen Job und verließ Frau und Kinder Richtung Sunshine State. Seither verbringt er seine Tage in Santa Barbara mit Drogen, Alkohol und Frauen, von denen er sich für seine Dienste bezahlen lässt. Und er hängt mit Alex Cutter herum, einem Vietnam-Veteranen, der physisch und psychisch schwer gezeichnet ist. Beide tragen große Wut und Bitterkeit in sich, denn ihnen ist klar, dass sie das, was sie vom Leben erwartet haben, nicht bekommen werden.

Aber vielleicht gibt es doch noch glückliche Zufälle. Die Leiche einer jungen Frau in einer Mülltonne könnte für die beiden das Ticket in ein besseres Leben sein. Sie glauben nämlich, in dem Täter J. J. Wolfe, einen Superreichen aus Missouri, erkannt zu haben. Und diese Vermutung setzt bei Cutter einen Prozess in Gang, der sich verselbstständigt, denn er projiziert allen Hass, den er in sich trägt, stellvertretend auf diese eine Person. Er soll für den Mord bezahlen, natürlich auch in klingender Münze.

Die beiden Männer verlassen für die Suche nach dem Mörder sogar ihr gewohntes Umfeld und machen sich auf die Jagd. Selbst als das Aufspüren des Täters für Bone längst an Wichtigkeit verloren hat, kann Cutter nicht davon ablassen, wobei es ihm in errster Linie gar nicht darum geht, den Schuldigen zu strafen. Eigentlich möchte er sich nur stellvertretend an ihm rächen – für all das, was ihm sein Heimatland angetan hat.

„Cutter und Bone“ ist nur in zweiter Linie ein Thriller, in erster Linie ist es ein höchst politisches Werk, angesiedelt in einer Zwischenzeit. Die Flower-Power Bewegung ist fast schon abgehakt und Reagans Amtszeit hat noch nicht begonnen. Amerika kämpft mit seinem Vietnam-Trauma, und die heimgekehrten Soldaten werden mit ihren Kriegserlebnissen allleingelassen. So auch Alex Cutter, der Veteran mit den schlimmen Verletzungen, der voller Ärger und Hass auf Kapitalisten und Politiker ist, die sein Land in den Krieg getrieben haben. Dafür stellvertretend jagt er Wolfe und möchte ihn zur Strecke bringen.

Thornburg hält der Gesellschaft den Spiegel vor und beschönigt nichts. Er gibt der Wut seines Protagonisten ein Ventil, bringt diese in messerscharfen Dialogen mit einer gehörigen Portion Zynismus genau auf den Punkt. Ein Meisterwerk des Genres, das man gelesen haben sollte.

Eine kleine Notiz am Rande: Die Ozarks in Missouri wirken offenbar sehr inspirierend auf Noir-Autoren. Nicht nur Daniel Woodrell lebt und findet dort seine Themen, auch Newton Thornburg erwarb nach dem Verkauf der Filmrechte von „Cutter und Bone“ eine Ranch in den Bergen von Missouri.

Bewertung vom 21.07.2015
Die Tudor-Fehde / Tudor Bd.3
Gortner, Christopher W.

Die Tudor-Fehde / Tudor Bd.3


ausgezeichnet

Historische Kriminalromane, die während der Elisabethanischen Ära angesiedelt sind, gibt es zuhauf. Aber es gibt nicht viele Autoren die es schaffen, eine stimmige Atmosphäre zu kreieren und den entsprechenden Zeitgeist zu transportieren, ohne dabei ins Triviale abzugleiten. Ein weiterer Punkt ist die Einarbeitung historischer Fakten und Persönlichkeiten in eine belletristische Fiktion. Sie sollten korrekt sein, die Handlung unterstützen und den Lesefluss nicht stören. Natürlich darf sich ein Autor hierbei gewisse Freiheiten erlauben, aber die Glaubwürdigkeit seiner Geschichte sollte darunter nicht leiden.

Die Umsetzung dieser Punkte gelingt den Autoren einmal mehr, einmal weniger gut. Lobend erwähnt seien hier die Giordano-Bruno-Reihe von Stephanie Parris, die Nicholas-Bracewell-Reihe von Edward Marston und natürlich die Trilogie des amerikanischen Autors Christopher W. Gortner, in deren Zentrum Brendan Prescott steht. Nach „Die Tudor-Verschwörung“ und „Das Tudor-Komplott“ gehen in dem aktuellen Band der Reihe „Die Tudor-Fehde“ die Abenteuer von Elisabeth Tudors Spion weiter.

Mary I., auch genannt „die Blutige“, stirbt 1558. Ihre Schwester Elisabeth tritt die Nachfolge an und holt Brendan Prescott aus seinem vierjährigen Exil zurück. Aber sein Bleiben am Hof ist nur von kurzer Dauer, denn die Königin schickt ihn in geheimer Mission nach Vaughn Hall in Yorkshire, um das spurlose Verschwinden ihrer Hofdame Lady Perry aufzuklären. Prescott hat Bedenken, den Hof zu verlassen, da er um das Leben seiner Königin fürchtet. Aber Befehl ist Befehl, und so bricht er gen Yorkshire auf…

Von Beginn an legt Gortner ein hohes Tempo vor und hält dies auch bis zum Schluss. Und wie bereits in den Vorgängerbänden ist der Autor in der Lage, das Leben am Hof der Tudors sehr facettenreich darzustellen. Bildhafte Beschreibungen schaffen Atmosphäre und lassen uns einen Blick hinter die Kulissen werfen und denken, „Ja, so könnte das höfische Leben in England zu Zeiten Elisabeths I. gewesen sein“. Unerwartet Wendungen im Handlungsverlauf konfrontieren den Leser mit überraschenden Tatsachen, sodass die Spannung sich das gesamte Buch über auf einem hohen Level bewegt.

Auch wenn „Die Tudor-Fehde“ der dritte Band der Reihe ist, so kann man diesen doch ohne Problem als „Stand alone“ lesen. Bei Interesse an der kontinuierlichen Entwicklung der Figuren, empfehle ich allerdings die Lektüre der beiden Vorgänger, die dem aktuellen Roman in puncto Spannung nicht nachstehen.

Bewertung vom 21.07.2015
Herzenskalt / Marnie Rome Bd.1
Hilary, Sarah

Herzenskalt / Marnie Rome Bd.1


ausgezeichnet

„Herzenskalt“ ist das für diverse Auszeichnungen nominierte Thrillerdebüt der englischen Autorin Sarah Hilary. Es ist der Einstieg in eine Serie, in deren Mittelpunkt die Fälle von Detective Inspector Marnie Rome stehen. Unterstützt wird sie bei ihren Ermittlungen von ihrem Partner, Detective Sergeant Noah Jake. Die beiden bilden ein gut ausbalanciertes und sehr effektives Team - sehr verwunderlich, wenn man die Last bedenkt, die DI Rome mit sich herumträgt.

Der gewaltsame Tod ihrer Eltern vor einigen Jahren macht ihr noch immer zu schaffen, zumal diese von ihrem Pflegebruder ermordet wurden. Seine Schuld ist zweifelsfrei bewiesen, und obwohl er seine Tat bis zum heutigen Tag nicht bedauert, besucht sie den Inhaftierten regelmäßig im Gefängnis. Sie möchte verstehen, was ihn zu dieser grausamen Tat getrieben hat. Und es ist dieses Ringen um Erkenntnis, was ihr schlussendlich auch hilft, ihren aktuellen Fall zu lösen.

Zusammen mit ihrem Kollegen Noah Jake möchte Marnie Rome eine Zeugin befragen, die von ihren Brüdern mit Bleiche geblendet wurde, sodass sie nun auf einem Auge blind ist. Das Frauenhaus gewährt ihr Schutz. Aber diese vermeintliche Sicherheit ist fragil, denn als Noah und Marnie dort eintreffen, müssen sie feststellen, dass der Ehemann einer Bewohnerin es geschafft hat, einzudringen. Das Chaos ist perfekt, denn diese ist mit einem Messer auf ihn losgegangen. Er droht zu verbluten, aber kann durch das beherzte Eingreifen von Noah und einer Bewohnerin gerettet werden.

Nun gilt es, zwei Fälle zu bearbeiten, in denen Frauen Opfer von Männergewalt wurden. Den beiden Polizisten stellt sich nicht nur die Frage nach der Täterin sondern auch danach, wie dieser Mann trotz aller Sicherheitsmaßnahmen in das Frauenhaus gelangen konnte. Anfangs scheint der Fall glasklar, aber je weiter die Ermittlungen voranschreiten, desto undurchsichtiger wird er. War es wirklich ein Akt der Selbstverteidigung, oder steckt doch etwas anderes dahinter?

Die Thematik, die Sarah Hilary für ihren Erstling gewählt hat, geht an die Nieren, da Frauen rund um die Welt tagtäglich Gewalt erfahren müssen. Verpackt in eine spannende Story nennt sie die Dinge beim Namen. Die Autorin arbeitet mit unterschiedlichen Zeitebenen und kurzen Kapiteln, die zum einen das Tempo gleichmäßig hoch halten und ihr zum anderen die Gelegenheit geben, die verschiedensten Facetten der Personen in Vergangenheit und Gegenwart
entsprechend auszuarbeiten und darzustellen. Dazu kommen zahlreiche unerwartete Wendungen, die das Interesse des Lesers bis zum unvorhersehbaren Ende fesseln.

Mit „Herzenskälte“ ist Sarah Hilary ein spannender Einstieg gelungen, und so dürfen wir uns hoffentlich auf weitere Thriller mit DI Marnie Rome freuen. Im Original ist der zweite Band mit dem Titel „No other darkness“ nämlich bereits erschienen

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.07.2015
Der Anhalter / Jack Reacher Bd.17
Child, Lee

Der Anhalter / Jack Reacher Bd.17


sehr gut

Lee Child, der britische Wahlamerikaner, hat 1997 seinen ersten Jack Reacher-Thriller veröffentlicht (Killing Floor, dt. Größenwahn). Seither erscheint mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks jedes Jahr ein weiterer Band mit dem unkonventionellen Ex-Militär, der außer seiner Zahnbürste keine weltlichen Besitztümer hat. Mittlerweile gibt es im Original neunzehn Bände, der zwanzigste erscheint im September 2015. In der deutschen Übersetzung liegt mittlerweile mit „Der Anhalter“ nummerisch der sechzehnte Thriller vor, wobei hier die 2011 erschienene Nr. 16 der Originalreihe „The Affair“ (ein Prequel, in dem die Gründe für Reachers Ausscheiden aus dem Militärdienst erklärt werden) ausgespart wurde.

Die Geschichte des „Anhalters“ startet damit, dass ein großgewachsener Mann mit gebrochener Nase im Mittleren Westen mitten in der Nacht trampend unterwegs ist. Überraschenderweise hält ein PKW, der mit zwei Männern und einer Frau besetzt ist. Fahrer und Beifahrer kennen sich wohl, aber die Frau im Fond macht auf Reacher den Eindruck, als ob sie mit den beiden nichts zu tun hätte. Dieser Eindruck bestätigt sich im Laufe der Fahrt, bei der sie einige Kontrollposten der Polizei passieren müssen, denn offenbar wird nach den Mördern eines Mannes gefahndet, die ein Fahrzeug gestohlen haben und nun auf der Flucht sind…

Wieder einmal folgt Lee Child den gewohnten Mustern, die wir aus seinen Thrillern kennen: auf der einen Seite Jack Reacher, der einsame Wolf und Ex-Militär mit Superkräften, auf der anderen Seite die bösen Buben und ein Mensch in Not, den es zu retten gilt. So weit, so bekannt. Wenn man sich allerdings die Story als solches anschaut, fallen speziell in der ersten Hälfte einige spannungsarme und langatmige Passagen auf, was unüblich für die Thriller dieser Reihe ist. Die zweite Hälfte bringt dann wieder die gewohnten und erwarteten Actionsequenzen, gepaart mit der bekannten Ermittlungsarbeit des Protagonisten. Von diesem Zeitpunkt an kann man auch wieder von der Existenz einer Spannungskurve sprechen, die sich bis zu dem furiosen Finale kontinuierlich steigert, auch wenn dieses etwas aus dem Hut gezaubert scheint.

Gute Thriller-Unterhaltung nicht nur für Jack Reacher Fans sondern auch für Neueinsteiger in die Reihe.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.07.2015
Das letzte Sakrileg / Giordano Bruno Bd.3
Parris, Stephanie

Das letzte Sakrileg / Giordano Bruno Bd.3


ausgezeichnet

Unter dem Pseudonym Stephanie Parris veröffentlicht die englische Journalistin und Literaturkritikerin Stephanie Jane Merritt, die üblicherweise für die Feuilletons des Guardian und des Observer schreibt, ihre historischen Romane aus dem Elisabethanischen England. Nach „Ketzer“ und „Frevel“ liegt nun mit „Das letzte Sakrileg“ der dritte Band der Reihe vor, in dessen Zentrum der von der italienischen Kirche als Häretiker verunglimpfte Giordano Bruno, Priester, Philosoph und Astronom, steht. Er gehört dem Spionagenetzwerk Francis Walsinghams an, das die Sicherheit von Königin Elisabeth I. garantieren und deren Feinde überwachen soll. Diese Tätigkeit führt ihn nicht nur an den Hof sondern auch in die verschiedensten Ecken des Königreiches.

Aber es ist nicht nur die Königin, die seiner Hilfe bedarf. Eine alte Freundin, Sophia, wendet sich an ihn, da sie beschuldigt wird, ihren Ehemann ermordet zu haben. Sie vertraut sich Bruno an, der ihr nun helfen soll, ihre Unschuld zu beweisen. Verkleidet machen sich die beiden auf den Weg nach Canterbury, dem Wohnort Sophias. Bruno findet heraus, dass dort ein Mörder sein Unwesen treibt und dass der Tatort mit Bedacht gewählt wurde, denn genau dort wurde Thomas Beckett von den Schergen König Henrys II. im Jahre 1170 ermordet. Welche Verbindung gibt es zwischen den beiden Ereignissen?

Ein besonderes Kennzeichen der historischen Romane von Stephanie Parris ist die Authentizität, die sie in ihren Beschreibungen des Lebens in der Tudor-Zeit transportiert. Und dabei macht es keinen Unterscheid, ob sie das Leben der Reichen und Mächtigen am Hofe oder das der einfachen Leute beschreibt. Angereichert mit zahlreichen Fakten, die die Ereignisse sowie die historisch verbürgten Personen betreffen, ergibt sich so ein stimmiges Bild dieses spannende Zeitalters, das vor allem durch religiöse Differenzen geprägt ist, die immer wieder Einfluss auf die Handlung nehmen.

„Das letzte Sakrileg“ ist ein komplexer, intelligent geplotteter Krimi, der sich wohltuend von der Masse der simplen Veröffentlichungen im Genre der historischen Kriminalromane abhebt. Von Beginn an spannend, kann die Autorin ihre mit zahlreichen unvorhersehbaren Wendungen gespickte Geschichte allmählich und ohne Längen entwickeln, sodass das Interesse des Lesers bis zu der unerwarteten Schlusssequenz konsequent hoch gehalten wird.

Wer an fundierten Informationen zu dieser Periode der englischen Historie interessiert ist, die in eine spannende Krimihandlung verpackt sind, liegt mit den Romanen von Stephanie Parris absolut richtig. Sehr empfehlenswert!