Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Sikal
Wohnort: 
Österreich

Bewertungen

Insgesamt 1155 Bewertungen
Bewertung vom 29.05.2018
Bowls

Bowls


ausgezeichnet

Bowls – ein Baukastenprinzip

Bowls sind derzeit voll im Trend, folgen einem einfachen Prinzip – Schüsseln werden nach einem Baukastenprinzip befüllt, wobei unten die kohlenhydratreichen Sattmacher rein kommen, darüber schichtet man je nach Wunsch oder Vorlieben geschnittenes Obst oder Gemüse. On Top gibt es noch eine Eiweißkomponente, garniert mit etwas Sauce, Dip oder Toppings wie z.B. Kräuter. Unzählige Varianten lassen sich hier zusammen-bowlen, der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Bowls sehen nicht nur verlockend aus, schmecken lecker – nein, sie sind auch noch äußerst gesund und Grundstock für eine bewusste Ernährung. Das Buch ist sehr klar aufgebaut, ist gut strukturiert und lädt ein, mit zu bowlen…

Die Rezeptideen variieren von Frühstücks-Bowls, Smoothie-, Salad- und Veggie Bowls, bis hin zu Sushi Bowls und solchen mit Fleisch. Sogar Sweet Bowls für den Nachtisch finden sich. Die Rezepte sind sehr übersichtlich mit zusammengefassten Zutaten-Gruppen und genauen Anleitungen für das Arrangement der Bowl. Ebenso findet man Hinweise für die Zubereitungsdauer. Ergänzt wird jedes Rezept noch zusätzlich mit einem Foto – und ganz ehrlich, es sehen alle lecker aus!

Unter dem Tipp „Koch dich glücklich“ findet man noch einige Hinweise, warum gewisse Lebensmittel so wertvoll und gesund sind. Hier finden sich erstaunliche Anmerkungen. Als Bowl-Anfänger bin ich hier sehr dankbar für einige Rezepte, die nicht allzu aufwändig sind und deren Zutaten man nicht extra im Spezialitätengeschäft besorgen muss.

Bewertung vom 29.05.2018
Das Geheimnis der Muse
Burton, Jessie

Das Geheimnis der Muse


sehr gut

Das Geheimnis der Muse

Das Buch erzählt die Geschichte zweier Frauen in zwei verschiedenen Zeitebenen, deren Schicksal durch ein Gemälde miteinander verbunden ist.

London 1967: Die junge Odelle Bastien reist von Trinidad nach London, um sich dort ihren Traum, Schriftstellerin zu werden, zu verwirklichen. Anfangs verdient sie sich ihre Brötchen in einem Schuhgeschäft, doch bald wechselt sie in eine Kunstgalerie, wo sie auf die geheimnisvolle Mrs. Quick trifft. Durch Zufall taucht ein Gemälde des spanischen Künstlers Isaac Robles auf, welches Odelle schon bald in eine Geschichte hineinzieht, deren Geheimnis in der Vergangenheit zu suchen ist.

Andalusien 1936: Die begabte junge Malerin Olive Schloss trifft auf die Geschwister Isaac und Teresa, fühlt sich zu Isaac hingezogen und teilt mit ihm nicht nur die Liebe zur Kunst, sondern will ihn auch durch ihre politischen Interessen beeindrucken. Olives Vater beginnt Isaac zu fördern und ahnt nicht, in welche Turbulenzen seine Familie gerät – und das hat nicht nur mit dem Beginn des Spanischen Bürgerkrieges zu tun.

Die Geschichte rund um die beiden Frauen verspinnt sich ganz langsam und man beginnt zu ahnen, wohin diese führt. Doch der Autorin gelingt es hier, letztendlich noch eine Überraschung einzubauen, durch viele Wendungen das Tempo zu erhöhen und Spannung zu erzeugen. Anfangs hatte ich den Eindruck, dass es sich hauptsächlich um eine Romanze dreht, doch ich wurde hier schnell eines Besseren belehrt: Freundschaft, Vertrauen, Liebe, Selbstzweifel, Enttäuschung, Verrat, … um hier nur einige Themen zu nennen.

Die Autorin Jessie Burton hat mich mit ihrem Schreibstil gefangen, flüssig und eindrucksvoll beschreibt sie die Kunstszene ebenso wie die Wirren im Krieg. Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, man erkennt die Kämpfe der jungen Olive ebenso, wie den inneren Zwiespalt von Odelle.

Ein Roman, den ich sehr gerne gelesen habe - die Wege der beiden Frauen, die Verbindung der beiden Zeitebenen und die Erkenntnis, dass das Leben eben nicht nach Plan läuft.

Bewertung vom 28.05.2018
Basiswissen Selbstversorgung aus Biogärten
Heistinger, Andrea;Verein ARCHE NOAH

Basiswissen Selbstversorgung aus Biogärten


ausgezeichnet

Einfach loslegen und ausprobieren!

Selbstversorgung, geht das? Wenn man der Autorin Andrea Heistinger Glauben schenkt, ist es kein Problem, für sich den Weg in die Selbstversorgung zu finden. Hier stehen mehrere Möglichkeiten offen, ob im eigenen Garten oder in der Gruppe in Gemeinschaftsgärten. Interessante Perspektiven werden von der Autorin hier aufgezeigt, bestimmt sind diese nicht jedem einzelnen bekannt und vielleicht ein Gedankenanstoß.

Das Buch an sich ist bereits eine Herausforderung zu überblicken. Ich war sehr überrascht, ein solch umfangreiches Gesamtwerk zu erhalten und versuchte mich durch die einzelnen Kapitel zu schmökern. Doch ich verlor mich ziemlich rasch in einzelnen Details und sprang somit hin und her und war plötzlich in der Gartenwelt gefangen … Es gibt eben so vieles, was sich lohnt zu erkunden, dass es nicht leicht ist, den Überblick zu behalten. Obwohl wir bereits seit Jahren mit dem Bepflanzen eines Hochbeetes und dem Kräuteranbau vertraut sind, gab es für mich viel Interessantes zu entdecken.

Man darf nicht davon ausgehen, dass innerhalb kürzester Zeit die Tipps dieses Buches umgesetzt werden können. Das würde auch am Sinn vorbei gehen, Gartenarbeit und Selbstversorgung soll ja ein Weg zum Genuss sein und nicht Druck machen, um mehr oder bessere Erträge zu erwirtschaften. Es ist nicht wichtig, alles für sich anzunehmen und auszuprobieren – vielmehr soll man in kleinen Etappen sein Ziel erreichen und sich erst mal mit kleinen Schritten begnügen oder wie es die Autorin ausdrückt:

„Es geht nicht darum, dass Sie sich für die eine oder andere Variante entscheiden. Fangen Sie einfach an!“

Die einzelnen Kapitel behandeln anfangs die Selbstversorgung als Philosophie, man erfährt von diversen Kennzahlen, hinterfragt welche Variante für einen selbst passt, bekommt Tipps zur Vorbereitung. Danach werden die Ressourcen durchgeackert - Boden, Dünger, Kompost, Wasserversorgung und einiges mehr stehen in diesem Kapitel im Fokus. Die benötigten Werkzeuge, Tipps zur Lagerung und zum Haltbarmachen werden ergänzend vorgestellt.

Letztendlich kommt man zur Umsetzung, was natürlich sehr umfangreich abgehandelt wird. Der Anbau von Gemüse und Obst wird nochmalig unterteilt in einzelne Bereiche, wie Beetformen, Fruchtfolgen, Jungpflanzenanzucht, Wintergemüseanbau, Empfehlungen für Gemüsearten und –sorten, richtige Ernte, usw. Beim Obstanbau erfährt man einiges über die Planung, Pflanzung, Tiere im Obstgarten, empfohlene Sorten und deren bevorzugte Standorte. Zusätzlich gibt es noch Kapitel über den Kräuteranbau, die Haltung von Bienen und Hühnern, sowie einen Serviceteil, in dem man z.B. auch einen Garten- sowie einen Mondkalender findet.

Das Buch ist wirklich ein wahrer Schatz an Informationen, wenn man sich mit Selbstversorgung und Gartenarbeit befassen möchte. Viele Erfahrungsberichte, Bilder, Skizzen und Pläne, Tabellen und Diagramme ergänzen die sehr informativen Texte und machen das Lesen zu einem Vergnügen.

Sicherlich sind nicht alle Kapitel für jeden umsetzbar oder brauchbar, doch es findet sich bestimmt für jeden das ein oder andere Interessante, was sich auszuprobieren lohnt. Gerne vergebe ich für dieses gut recherchierte Werk 5 Sterne.

Bewertung vom 26.05.2018
Good Home
Boyle, T. C.

Good Home


sehr gut

Alltagsgeschichten

T.C. Boyle hat hier eine Mischung aus Kurzgeschichten zusammengestellt, die wie mitten aus dem Leben gegriffen erscheinen. Alltagsgeschichten sozusagen – aber keinesfalls alltäglich. Wer den Aufbau seiner Bücher kennt, weiß wie subtil er manche Gegebenheiten einbaut, welche Szenarien er spinnt und wie fasziniert man Seite um Seite seinen Ausführungen folgt.

Kurzgeschichten sind nun nicht so spannungsgeladen wie manches Buch, doch ich habe diese sehr gerne gelesen. Er erzählt von Menschen wie „du und ich“, die nun keine waghalsigen Abenteuer erleben sondern die breite Palette des Alltagslebens spiegeln. Man trifft auf absurde Fantasien, unvorhersehbare Begebenheiten und größere und kleinere Dramen, z.B. erzählt Boyle von einem kleinen Jungen, der kein Schmerzempfinden hat und von seiner Familie als Attraktion verkauft wird oder von einem Mann, der seinem Chef anfangs eine kleine Lüge auftischt, die sich zu einem Riesenkoloss aufbaut, nach und nach immer größere Ausmaße annimmt und letztendlich wie ein Kartenhaus einstürzt und vielen anderen.

Boyle zeigt hier keinesfalls immer nur positive Charaktereigenschaften auf – im Gegenteil, er taucht tief in die Abgründe der menschlichen Seele und fördert so manch unbewusste Disposition zutage. Nicht alle Charaktere waren mir sympathisch, das ist ja auch im tatsächlichen Leben nicht anders und kann gar nicht sein. Doch durch die Vielfalt der Inhalte ist wohl für jeden etwas dabei.

Bewertung vom 26.05.2018
Jenseits auf Rezept
Lercher, Lisa

Jenseits auf Rezept


ausgezeichnet

Turbulenzen in der schönen Wachau

Die alte Rosl Nienführ stürzt über die Kellertreppe und ist tot. Ein Unfall? Ihre Tochter Marianne mag das nicht so recht glauben und wendet sich in ihrer Verzweiflung an Major Paul Eigner. Als dieser ein wenig herumschnüffelt und nicht auf die kleinste Spur stößt, bekommt er bereits den zweiten Toten geliefert – ein alter Mann war bereits seit Tagen tot in seinem Bett gelegen, als er dann doch noch gefunden wurde. Ein Herzanfall? Der Herr Major versucht Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Toten zu finden, doch letztendlich kann er keine Ungereimtheiten entdecken – wenn da nicht sein Bauchgefühl wäre …

Sonja König, Physiotherapeutin und DIE Schönheit nach der alle Männer lechzen, wird tot aus der Donau gefischt. Gibt es hier eine Verbindung zu den beiden alten Leuten? Oder war es ein Verbrechen aus Leidenschaft? Oder gar aus Eifersucht? Jedenfalls gibt es einige in Sonjas Umfeld, die ihr nicht gut gesinnt waren. Ihre privaten Eskapaden zogen weite Kreise und griffen auch in ihr Arbeitsumfeld ein. Doch so sehr Major Eigner auch ermittelt, immer scheinen alle Fäden bei Dr. Donabaumer, dem Dorfarzt, zusammen zu laufen. Oder ist das nun zu einfach?

Die Autorin Lisa Lercher entführt uns hier in die schöne Wachau, lässt trotz der Kriminalfälle eine angenehme Atmosphäre entstehen und schreibt mit viel Humor und Empathie. Man wandert zwischen den Marillenbäumen, blickt auf die Donau, begibt sich auf Radwege und genießt das beschauliche Dorfleben. Als gute Beobachterin baut sie kleine Details ein, sodass man die Szenerie bildhaft vor sich sieht. Die Charaktere sind gut getroffen und sehr authentisch, so trifft man auf den suspekten Politiker ebenso, wie auf den Herrn Doktor, der unter dem Einfluss seiner Mutter steht und auf den aufbrausenden Liebhaber. Jeder könnte der Täter sein …

Lisa Lercher schafft es, so manche Spur zu legen, die dann wieder im Sand verläuft und führt den Leser immer wieder auf eine falsche Fährte. Sie lässt ihren Protagonisten, den Herrn Major, auch Zeit mit seinem Enkel verbringen, seine Schwester beraten, mit Kolleginnen flirten und dann wieder in Gedanken versinken, in denen er seiner geliebten Frau nachtrauert oder über seine mittlerweile erwachsene Tochter grübelt. Also ein Ermittler, der auch ein Privatleben hat und dort einige Hürden bewältigen muss. Trotzdem gelingt es ihm letztendlich mit Scharfsinn und Verstand, den Fall zu lösen. Und ganz ehrlich – mit dieser Wendung hätte ich nicht gerechnet. Ich hatte zwar bald einen Verdacht, vermutete jedoch einen anderen Hintergrund. Somit ist es der Autorin perfekt gelungen, bis zuletzt die Spannung aufrecht zu halten.

Ich habe den Krimi sehr gerne gelesen und kann alle nur dazu einladen, einen Ausflug in die schöne Wachau zu machen, um Major Eigner über die Schulter zu schauen …

Bewertung vom 25.05.2018
Der Pilz am Ende der Welt
Tsing, Anna Lowenhaupt

Der Pilz am Ende der Welt


sehr gut

Was haben Kapitalismus und Pilze miteinander zu tun?

Dieser Frage geht die Autorin Ann Lownhaupt Tsing auf knapp 450 Seiten nach. Die Professorin für Anthropologie wurde bereits mehrfach für ihre Arbeiten ausgezeichnet und ihr Buch „Der Pilz am Ende der Welt“ wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Aber was haben Kapitalismus und Pilze – genauer gesagt, einer der teuersten Pilze der Welt – nun wirklich miteinander zu tun?

Wenn hier die Sprache auf einen der teuersten Pilze kommt, so wird ein Bezug zum Kapitalismus schon wahrscheinlicher, bleibt aber dennoch sehr vage. Und genauso vage bleiben die Erzählungen der Autorin, wenn sie von Pilzsuchern in prekären Lebensverhältnissen in den unterschiedlichsten Ecken der Welt erzählt.

„Einem Wirbel von Geschichten zuzuhören und sie zu erzählen kann man als Methode bezeichnen.“ [Seite 57]

Genau einem solchen Wirbel von Geschichten ist man als Leser dieses Buches ausgesetzt – am Anfang scheint dieses Buch wie ein Konvolut unzusammenhängender Erzählungen. Erzählungen aus Japan, China und Oregon. Wild zusammengewürfelte Erzählungen von Pilzsammlern, Händlern und Lieferketten aus den unterschiedlichsten Ländern der Erde in Richtung Japan.

Aber wo bleibt nun der wirkliche Zusammenhang mit dem Kapitalismus? Wer nämlich jetzt denkt, der Pilz mit seinem hohem Preis würde den Kapitalismus stützen oder zumindest einige seiner Nutznießer, liegt nur teilweise richtig – eher ist es umgekehrt: der Pilz profitiert vom Kapitalismus, indem er in Gegenden zu wachsen beginnt, die vom frühen kapitalistischen Holzhandel völlig zerstört wurden.

Und so wie in Hiroshima das erste neue Leben noch der nuklearen Katastrophe ein Matsutake war, wachsen diese Pilze eben auch in den abgeholzten Wäldern Oregons, wo sich die Sammler zu tausenden in die erstarkten Kieferwälder aufmachen, um ihre Körbe zu füllen.
Deren Geschichten sowie die Geschichte des Pilzes im Zusammenhang mit dessen Wirtsbaum – der Kiefer – erzählt die Autorin in diesem Buch in unzähligen kleinen mehr oder weniger zusammenhängenden Beiträgen. Aber auch wie der Kapitalismus es fertig brachte, die Gegenden in denen der Pilz vorkommt in kürzester Zeit herunterzuwirtschaften und eben die Sammler in deren prekären Lebensverhältnisse zurückzulassen.

Der Autorin ist es trotz der widrig scheinenden Verhältnisse dennoch gelungen, das Leben der Sammler als etwas Positives und Gewinnbringendes darzustellen, was die erzählten Geschichten der Sammler auch so untermauern. Dieses Buch zeigt, dass es auch in Gegenden und Zeiten des „Postkapitalismus“ positive Hinterlassenschaften des unbedachten Handelns gibt.

Am Anfang schwierig zu lesen, da die Geschichten wirr und unzusammenhängend erscheinen – mit zunehmender Lektüre lösen sich die Fragen jedoch auf, um am Ende wieder geballt daherzukommen.
Eine zentrale Antwort auf die Fragen in diesem Buch lässt sich aber bereits auf der ersten Seite finden: „Der Mensch kann nicht überleben, wenn er auf allem anderen herumtrampelt.“

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.05.2018
Ein Held dunkler Zeit
Hardinghaus, Christian

Ein Held dunkler Zeit


ausgezeichnet

Wahrlich ein Held …

Der Autor Christian Hardinghaus schrieb mit „Ein Held dunkler Zeit“ einen beeindruckenden Roman, der auf einer wahren Geschichte beruht. Im Prolog hat der 95-jährige Friedrich Tönnies einen Flashback durch einen T34-Spielzeugpanzer, welcher ihn in den Russlandfeldzug zurückversetzt. Er weiß nun, dass er die Geschichte rund um Dr. Friedrich Möckel niederschreiben muss, damit diese nicht vergessen wird…

1932 lernt der Augenarzt Dr. Wilhelm Möckel durch einen Jungmädchenstreich die Medizinstudentin Annemarie kennen. Sofort ist es um ihn geschehen und er will sie unbedingt heiraten, denn nur mit ihr will er sein restliches Leben verbringen. Als Annemarie jedoch erfährt, dass ihre Mutter jüdischer Abstammung ist, fällt sie aus allen Wolken. Sie gilt aufgrund der Nürnberger Gesetze als Mischling ersten Grades und muss bald erfahren, was das bedeutet. Freunde drehen ihr den Rücken zu, nur Wilhelm und ihre Eltern stehen zu ihr. Freude erfährt sie nur durch ihre beiden kleinen Söhne, die natürlich auch hochgradig gefährdet sind.

Wilhelms Bruder Karl gibt ihm den Rat, sich freiwillig als Arzt für die Wehrmacht zu melden. Durch Erhalt des „Eisernes Kreuzes I“ könnte er beantragen, dass Annemarie und die beiden Kinder als deutschblütig anerkannt werden. Dr. Wilhelm Möckel sieht keinen anderen Ausweg für sich und seine Familie und zieht 1941 in die Südukraine für Deutschland in den Krieg. Als ihm der treue Bursche und Sanitätsgehilfe Friedrich Tönnie zugeteilt wird, ahnt Wilhelm noch nicht, dass dies eine Freundschaft fürs Leben wird.

Christian Hardinghaus hat hier ein Kriegsdrama der besonderen Art niedergeschrieben. Er erzählt aus der Perspektive Friedrich Tönnies von den Grausamkeiten an der Front, von den Kampfeinsätzen ebenso wie von der Langeweile, wenn alle für längere Zeit zum Nichtstun verdammt waren. Sehr eindrucksvoll erzählt Friedrich davon, mit welchen Gefahren sie umzugehen lernten, mit welchem Einsatz sie Leben retteten, dass sie auch russische Opfer versorgten und immer auf der Hut sein mussten, um ihr eigenes Leben nicht zu gefährden. Manches Mal hatten sie wahrlich mehr Glück als Verstand und einige Mal hatte „sein Arzt“ den richtigen Riecher, um den Kugeln auszuweichen. Doch Wilhelm hatte nur das eine Ziel vor Augen – endlich das „EK I“ zu erhalten, um seine Familie zu retten.

Die Verbindung zu Annemarie wurde durch zahlreiche Briefe aufrechterhalten, in denen sie ihm auch ihre Probleme in der Heimat teilweise schildert. Sie hat ihren eigenen Kampf zu führen, muss sich gegen sexuelle Belästigung eines Nazis wehren, erlebt den Tod ihres Vaters und den Abtransport ihrer Mutter ins KZ – immer mit der Angst vor Denunziation versucht sie trotz allem ihr Leben zu leben. Doch zum Glück hilft ihr letztendlich Karl Möckel, um für sich und die Kinder etwas Ruhe zu bekommen.

Der Roman ist sehr an das Sachbuch „Wofür es lohnte, das Leben zu wagen“ angelehnt, einige Episoden wurden in den Roman eingeflochten und man erkennt auch die Charaktere (trotz anderer Namen) wieder. Die wahre Geschichte des Helmut Machemer, der diesen unglaublichen Weg ging, um seine Familie zu retten, liest sich sehr erschütternd.

Gerne vergebe ich auch dem Roman fünf Sterne. Volle Leseempfehlung!

Bewertung vom 20.05.2018
Provence & Côte d'Azur Reiseführer
Nestmeyer, Ralf

Provence & Côte d'Azur Reiseführer


ausgezeichnet

Umfangreicher Reiseführer

Bei unseren Urlaubsreisen gibt es eine Konstante – den jeweiligen Michael Müller Reiseführer. Bereits einige Schätze in verschiedenen Ländern durften wir anhand dieser qualitativ hochwertigen Reiseführer entdecken. Nun durfte ich die Gegend Provence und Cote d’Azur erkunden (leider nur anhand des Buches …). Bereits die 11. Auflage wurde durch den Michael Müller Verlag herausgebracht, Autor Ralf Nestmeyer ist wahrlich ein Kenner der Region und hat sehr eindrucksvolle Plätzchen gefunden.

Natürlich gibt es wie in jedem Reiseführer auch hier allgemeine Infos zu Land und Leuten, klimatischen Besonderheiten, historische Hintergründe und vieles mehr. Durch die ausklappbare Karte im Buchdeckel sowie die kleineren Teilbereiche bei den jeweiligen Kapiteln kann man sich sehr gut orientieren – auch wenn man noch nie in dieser Region war. Der Reiseführer ist in 6 Kapitel eingeteilt und man findet sich in den jeweiligen Abschnitten gut zurecht:

Haute-Provence
Alpes Maritimes
Cote d’Azur
Von Grasse nach Aix-en-Provence
Vaucluse
Bouches-du-Rhone

Der Autor verteilt immer wieder im laufenden Text verschiedenen Anekdoten, erzählt einiges aus der Region (z.B. von Cezanne, dessen Stern am Kunsthimmel erst nach seinem Tod aufging). Zusätzlich sind immer wieder einige Fotos zu finden, hier hätte ich mir auch ein paar mehr gewünscht – doch vermutlich hätte das den Rahmen gesprengt, immerhin ist der Reiseführer auch so bereits ein ziemlicher Schmöker.

Man kann anhand dieses Reiseführers Südfrankreich sehr gut erkunden. Nicht nur der sonnenbadende Strandurlauber kommt hier auf seine Kosten. Nein, auch der kulturell interessierte Reisende findet hier eine Vielzahl an Entdeckungen. Doch nicht nur die Sehenswürdigkeiten der jeweiligen Region findet man in dem Reiseführer, sondern auch Tipps für Bistros, Hotels, Restaurants, usw. Auch die Links der jeweiligen Homepage werden angeführt, so kann man viele Infos laufend updaten.

Ein sehr umfangreicher Reiseführer über eine Region, in der es einiges zu entdecken gibt (auch abseits der Touristenströme). Nachdem ich Südfrankreich noch nie besuchte, werden wir wohl einen unserer nächsten Urlaube dort verbringen. Der Reiseführer hat mich nun erstmal darauf eingestimmt …

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.05.2018
Einsamkeit - die unerkannte Krankheit
Spitzer, Manfred

Einsamkeit - die unerkannte Krankheit


sehr gut

Einsamkeit – ein Symptom oder eine Krankheit?

„Einsamkeit ist nicht das Gleiche wie soziale Isolation, sondern deren psychologischer Aspekt. Mit Einsamkeit wird ein subjektives Erleben bezeichnet – man FÜHLT sich einsam – wohingegen soziale Isolation gemessen werden kann (wie einsam IST man)“

Der Trend zum Singledasein, auf keinen Menschen Rücksicht nehmen, keinerlei Verantwortung übernehmen - außer für sich selbst. All dies rächt sich irgendwann mal. Nicht umsonst gibt es die alte Weisheit „Beziehungen gehören gepflegt“ - und das gilt nicht nur für die Partnerschaft, auch Freundschaften oder Nachbarschaften sowie die Familie … Soziale Interaktion ist wichtig und – wenn man Dr. Spitzer glauben darf – ein „Krankheits-Reduzierer“.

„Nichts ist gesünder im Sinne der Verlängerung des eigenen Lebens als die aktive Teilnahme an der Gemeinschaft mit anderen Menschen. Einsamkeit erlebt jeder von uns – der eine mehr und der andere weniger -, und man solle sie nicht leichtfertig als Nebensache abtun. Sie kann jeden befallen, Jung und Alt, Mann und Frau, Arm und Reich. Und langfristig bringt sie uns um!“

Das Buch ist gut strukturiert, in zehn Kapiteln werden verschiedene Themen behandelt, wie z.B. soziale Ansteckung, Online (gem)einsam, Einsamkeit als Krankheitsrisiko, „Du machst mich krank“, usw. In den jeweiligen Kapiteln werden nicht nur diverse Thesen aufgestellt und mit Studien belegt, interessante Fakten finden sich hier immer wieder, wie den Zusammenhang Schmerzen – Einsamkeit. Spitzer deutet darauf hin, dass diese zwei unterschiedlichen Zustände den gleichen Bereich in unserem Gehirn aktivieren. Interessant ist aber auch:

„Im Hinblick auf das Geschlecht gibt es Wechselwirkungen mit dem Familienstand: Am einsamsten sind unverheiratete Männer, gefolgt von unverheirateten Frauen und, mit einem gewissen Abstand, verheirateten Frauen. Am wenigsten einsam fühlen sich verheiratete Männer.“

Spitzer plädiert dafür, dass es ein Umdenken in der Gesellschaft geben muss. Einsamkeit muss den Status einer Krankheit erreichen, um dagegen etwas tun zu können. Prävention wird hier noch nicht groß geschrieben. Es gibt Interventionen gegen Rauchen, für gesundes Essen, Bewegungstherapien und vieles andere mehr – doch es gibt keine „Verordnung“, um das Risiko in die Einsamkeit zu rutschen, abzufangen. Hier darf man nur auf die Zukunft hoffen, dass diese Gefahr minimiert werden kann.

Was mir letztendlich ein wenig fehlt, sind praktikable Lösungsvorschläge – hier wird eindeutig nur auf eine Therapie gezielt. Auch der Vorschlag, dass aktives Vereinsleben, gemeinsame Unternehmungen oder Musik zum Entgegensteuern herangezogen werden sollen, klingt wenig brauchbar. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Menschen sich aus dem Sumpf „Einsamkeit“ herausziehen lassen (oder dies selbst tun), wenn diese nicht von selber wollen. Ob man als „Nicht-Psychologe“ die Kompetenz hat, einen Zugang zu einem einsamen Menschen zu finden, wage ich zu bezweifeln.