Sasa Stanisics erster Kinderroman macht Mut zum Anderssein
Aktuell:
Ausgezeichnet mit dem Jugendliteraturpreis 2024 als bestes Kinderbuch
Ausgezeichnet mit dem "White Raven 2024" als eines der besten Kinder- und Jugendbücher weltweit.
Ausgezeichnet von Stiftung Buchkunst als "Schönstes Buch 2024" Kategorie Kinderbuch
SPIEGEL Bestseller Oktober 2024
Ausgezeichnet als "Hörbuch des Monats" August 23 (von der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur)
Shortlist des Literaturpreises "Der Vielfalter - für Diversität im Kinder- und Jugendbuch 2023"
Ausgezeichnet mit dem "Leselotse" Juni 2023 (Börsenblatt)
Ausgezeichnet mit "Die besten 7 Kinder- und Jugendbücher" Juni 2023 (Deutschlandfunk)
Kemi wird im Ferienlager Teil einer Gruppe unterschiedlichster Jugendlicher und Betreuer. Und er trifft auf Jörg, der irgendwie andersiger ist, für den sich Kemi aber sehr interessiert. Er beobachtet genau, was die anderen mit Jörg machen und wie in der Gruppe langsam alles eskaliert. Wie weit? In seinen Träumen begegnet Kemi einem Wolf, seiner eigenen Angst. Er lernt, mit dem Wolf zu leben und mutig zu sein.
WOLF ist ein meisterhaft beobachtender Kinderroman darüber, wie schmal der Grat zwischen Anderssein und Ausgrenzung ist.
thematisiert Mobbing unter Jugendlichenein Buch über Freundschaft, Empathie und Charakterbildunggrandios erzählt vom vielfach preisgekrönten Bestseller-Autor Sasa Stanisic
Aktuell:
Ausgezeichnet mit dem Jugendliteraturpreis 2024 als bestes Kinderbuch
Ausgezeichnet mit dem "White Raven 2024" als eines der besten Kinder- und Jugendbücher weltweit.
Ausgezeichnet von Stiftung Buchkunst als "Schönstes Buch 2024" Kategorie Kinderbuch
SPIEGEL Bestseller Oktober 2024
Ausgezeichnet als "Hörbuch des Monats" August 23 (von der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur)
Shortlist des Literaturpreises "Der Vielfalter - für Diversität im Kinder- und Jugendbuch 2023"
Ausgezeichnet mit dem "Leselotse" Juni 2023 (Börsenblatt)
Ausgezeichnet mit "Die besten 7 Kinder- und Jugendbücher" Juni 2023 (Deutschlandfunk)
Kemi wird im Ferienlager Teil einer Gruppe unterschiedlichster Jugendlicher und Betreuer. Und er trifft auf Jörg, der irgendwie andersiger ist, für den sich Kemi aber sehr interessiert. Er beobachtet genau, was die anderen mit Jörg machen und wie in der Gruppe langsam alles eskaliert. Wie weit? In seinen Träumen begegnet Kemi einem Wolf, seiner eigenen Angst. Er lernt, mit dem Wolf zu leben und mutig zu sein.
WOLF ist ein meisterhaft beobachtender Kinderroman darüber, wie schmal der Grat zwischen Anderssein und Ausgrenzung ist.
thematisiert Mobbing unter Jugendlichenein Buch über Freundschaft, Empathie und Charakterbildunggrandios erzählt vom vielfach preisgekrönten Bestseller-Autor Sasa Stanisic
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.05.2023Er kauert am Bett, seine Augen leuchten
Sasa Stanisic zeigt in "Wolf", wie man zum Außenseiter gemacht wird
Kemi lehnt die Natur ab. Bäume findet er "nur als Schrank super". Und über Abenteuer liest er lieber, als selbst welche zu erleben. Auf keinen Fall will er in das Ferienlager, für das seine Mutter ihn angemeldet hat. Er hat keine Lust auf Klopapierfetzen, die an dreckigen Fliesen kleben, auf Mücken, verkohlte Kartoffeln und schon gar nicht auf seine Mitschüler. Lieber würde er mit Erwachsenen über die Börse reden. Aber er versteht, dass seine Mutter Zeit für sich braucht. Also fährt Kemi mit und landet wie erwartet in einer "Aktivitätenhölle" aus Basteln, Nachtwalk, Klettergarten und Wanderung zum Wasserfall. Jeden Bespaßungsversuch der Betreuer durchschaut er und enttarnt das gesamte Ferienprogramm als ausgelagerte Erziehung.
Das Zimmer muss er sich mit dem Außenseiter Jörg teilen. Einige Jungs haben es auf Jörg abgesehen. Sie füllen Salzwasser in seine Trinkflasche, rempeln ihn an und werfen seinen Rucksack in den Schlamm. Kemi beobachtet das alles. Er erkennt, wie sich die Welt um ihn herum in Grüppchen aufteilt, die der Kinder ebenso wie die der Erwachsenen: "Die Ausländereltern stehen zusammen, die Ökos lassen eine Tupperbox mit Radieschen kreisen, die Jacken der Outdoor-Eltern reflektieren sinnlos vor sich hin." Und er erkennt, dass einige, wie Jörg und er selbst, aus diesem Schema rausfallen.
Das Setting wirkt an einigen Stellen aus der Zeit gefallen: der Puddingpokal, der Schmetterling im Marmeladenglas und der Außenseiter mit Zauberwürfel. Aber das Phänomen Mobbing ist zeitlos und Sasa Stanisic fängt es treffend ein. Nicht Anderssein ist das Problem, sondern dass man von anderen anders gemacht wird. Die Gründe dafür sind beliebig. Jörg wird anders gemacht, weil er Jörg heißt oder weil er seine T-Shirts sorgsam faltet. Weil er Segelohren hat oder weil er Sachen wie "Alles paletti!" sagt, die uncool sind, auch wenn niemand erklären könnte, wieso. Jörg könnte auch unauffällig auf einem Stuhl sitzen, und jemand würde fragen: "Wie sitzt du denn?" So zeigt Stanisic auf kluge Weise, wie die Muster von Ausschluss und Gruppenbildung funktionieren, ohne ein Lehrbuch aus der Geschichte der zwei Außenseiter zu machen.
Die Gratwanderung zwischen Realismus und Ermutigung gelingt dem preisgekrönten Autor der Romane "Herkunft" und "Vor dem Fest", indem er den Erzähler Kemi das Erzählen selbst reflektieren lässt. So verkündet Kemi schon auf halber Strecke, dass ein Happy End, in dem sich die Täter entschuldigen und Jörg plötzlich beliebt wird, unrealistisch ist. Das heißt andererseits aber nicht, dass sich diejenigen, die gemobbt werden, mit allem abfinden müssen. Kemis Gedanken über seine Rolle als Erzähler macht deutlich: Das Leben besteht aus Geschichten. Und man kann sich aussuchen, wie man sie erzählt. Man kann sich aussuchen, wen man als Trottel darstellt. Wer die Guten und wer die Bösen sind. Ob man sich selbst zum zynischen, aber sympathischen Besserwisser macht und den Zimmernachbarn zum Mobbingopfer. Ob man einen Hirsch namens Dietmar vorkommen lässt oder einen Wolf.
Der titelgebende Wolf taucht mal in der Nacht auf, mal am Tag. Nachts heult er und kauert am Bettende mit leuchtenden gelben Augen. Er will etwas. Aber was? Will er, dass man sich wehrt oder dass man ihn ignoriert? Wie kann man den Wolf vertreiben? Oder sollte man ihm die Tür öffnen, damit er sich auf den Fußboden legt und einen bewacht?
Der Wolf ist hier nicht einfach eine Metapher für das Mobbing. Er ist da, um die Grenzen zwischen Fiktion und Realität zu verwischen. Das Spiel mit der Phantasie führt dem Leser vor Augen, dass die Realität nicht in Stein gemeißelt ist. Die einfühlsamen Illustrationen von Regina Kehn verstärken diese Botschaft. Man muss sich seiner Geschichte nicht ergeben.
Das gilt für beide Außenseiter: Kemi kann entweder als einsamer, stolzer Wolf jeden Spaß im Rudel verteufeln. Oder er kann zugeben, dass einige Aktivitäten gar nicht so blöd sind und dass er sich insgeheim freut, als Jörg ihm einen Gelbwürfeligen Dickkopffalter fängt. Man kann seine Geschichte auch in die Hand nehmen, indem man das Tablett auf den Boden knallt. Das tut Jörg, als ihm alles zu viel wird. Danach ist es still. Diese Stille, nachdem man etwas Wichtiges gesagt hat, nachdem man all die Wut rausgelassen hat, die man immer heruntergeschluckt hat, diese Stille gehört dann nur einem selbst. HELENA SCHÄFER
Sasa Stanisic: "Wolf". Roman.
Mit Bildern von Regina Kehn. Carlsen Verlag, Hamburg 2023. 192 S., geb, 14,- Euro. Ab 11 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sasa Stanisic zeigt in "Wolf", wie man zum Außenseiter gemacht wird
Kemi lehnt die Natur ab. Bäume findet er "nur als Schrank super". Und über Abenteuer liest er lieber, als selbst welche zu erleben. Auf keinen Fall will er in das Ferienlager, für das seine Mutter ihn angemeldet hat. Er hat keine Lust auf Klopapierfetzen, die an dreckigen Fliesen kleben, auf Mücken, verkohlte Kartoffeln und schon gar nicht auf seine Mitschüler. Lieber würde er mit Erwachsenen über die Börse reden. Aber er versteht, dass seine Mutter Zeit für sich braucht. Also fährt Kemi mit und landet wie erwartet in einer "Aktivitätenhölle" aus Basteln, Nachtwalk, Klettergarten und Wanderung zum Wasserfall. Jeden Bespaßungsversuch der Betreuer durchschaut er und enttarnt das gesamte Ferienprogramm als ausgelagerte Erziehung.
Das Zimmer muss er sich mit dem Außenseiter Jörg teilen. Einige Jungs haben es auf Jörg abgesehen. Sie füllen Salzwasser in seine Trinkflasche, rempeln ihn an und werfen seinen Rucksack in den Schlamm. Kemi beobachtet das alles. Er erkennt, wie sich die Welt um ihn herum in Grüppchen aufteilt, die der Kinder ebenso wie die der Erwachsenen: "Die Ausländereltern stehen zusammen, die Ökos lassen eine Tupperbox mit Radieschen kreisen, die Jacken der Outdoor-Eltern reflektieren sinnlos vor sich hin." Und er erkennt, dass einige, wie Jörg und er selbst, aus diesem Schema rausfallen.
Das Setting wirkt an einigen Stellen aus der Zeit gefallen: der Puddingpokal, der Schmetterling im Marmeladenglas und der Außenseiter mit Zauberwürfel. Aber das Phänomen Mobbing ist zeitlos und Sasa Stanisic fängt es treffend ein. Nicht Anderssein ist das Problem, sondern dass man von anderen anders gemacht wird. Die Gründe dafür sind beliebig. Jörg wird anders gemacht, weil er Jörg heißt oder weil er seine T-Shirts sorgsam faltet. Weil er Segelohren hat oder weil er Sachen wie "Alles paletti!" sagt, die uncool sind, auch wenn niemand erklären könnte, wieso. Jörg könnte auch unauffällig auf einem Stuhl sitzen, und jemand würde fragen: "Wie sitzt du denn?" So zeigt Stanisic auf kluge Weise, wie die Muster von Ausschluss und Gruppenbildung funktionieren, ohne ein Lehrbuch aus der Geschichte der zwei Außenseiter zu machen.
Die Gratwanderung zwischen Realismus und Ermutigung gelingt dem preisgekrönten Autor der Romane "Herkunft" und "Vor dem Fest", indem er den Erzähler Kemi das Erzählen selbst reflektieren lässt. So verkündet Kemi schon auf halber Strecke, dass ein Happy End, in dem sich die Täter entschuldigen und Jörg plötzlich beliebt wird, unrealistisch ist. Das heißt andererseits aber nicht, dass sich diejenigen, die gemobbt werden, mit allem abfinden müssen. Kemis Gedanken über seine Rolle als Erzähler macht deutlich: Das Leben besteht aus Geschichten. Und man kann sich aussuchen, wie man sie erzählt. Man kann sich aussuchen, wen man als Trottel darstellt. Wer die Guten und wer die Bösen sind. Ob man sich selbst zum zynischen, aber sympathischen Besserwisser macht und den Zimmernachbarn zum Mobbingopfer. Ob man einen Hirsch namens Dietmar vorkommen lässt oder einen Wolf.
Der titelgebende Wolf taucht mal in der Nacht auf, mal am Tag. Nachts heult er und kauert am Bettende mit leuchtenden gelben Augen. Er will etwas. Aber was? Will er, dass man sich wehrt oder dass man ihn ignoriert? Wie kann man den Wolf vertreiben? Oder sollte man ihm die Tür öffnen, damit er sich auf den Fußboden legt und einen bewacht?
Der Wolf ist hier nicht einfach eine Metapher für das Mobbing. Er ist da, um die Grenzen zwischen Fiktion und Realität zu verwischen. Das Spiel mit der Phantasie führt dem Leser vor Augen, dass die Realität nicht in Stein gemeißelt ist. Die einfühlsamen Illustrationen von Regina Kehn verstärken diese Botschaft. Man muss sich seiner Geschichte nicht ergeben.
Das gilt für beide Außenseiter: Kemi kann entweder als einsamer, stolzer Wolf jeden Spaß im Rudel verteufeln. Oder er kann zugeben, dass einige Aktivitäten gar nicht so blöd sind und dass er sich insgeheim freut, als Jörg ihm einen Gelbwürfeligen Dickkopffalter fängt. Man kann seine Geschichte auch in die Hand nehmen, indem man das Tablett auf den Boden knallt. Das tut Jörg, als ihm alles zu viel wird. Danach ist es still. Diese Stille, nachdem man etwas Wichtiges gesagt hat, nachdem man all die Wut rausgelassen hat, die man immer heruntergeschluckt hat, diese Stille gehört dann nur einem selbst. HELENA SCHÄFER
Sasa Stanisic: "Wolf". Roman.
Mit Bildern von Regina Kehn. Carlsen Verlag, Hamburg 2023. 192 S., geb, 14,- Euro. Ab 11 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Rezensentin Cornelia Geißler erlebt lustige und beunruhigende Momente in diesem Kinderbuch von Sasa Stanisic, das von Ferien im Zeltlager erzählt, aber mehr noch vom Anderssein. Oder , wie es das Ich dieser Erzählung sagen würdet:vom Andersigsein. Die Rezensentin tut sich nicht leicht damit, die Geschichte nachzuerzählen, weil sie die Pointe nicht verraten möchte. Aber sie versichert, dass es sich bei "Wolf" keineswegs um eine Tiergeschichte handelt, sondern um ein wirklich "sehr gutes" Kinderbuch. Die Illustration von Regina Kehn gefallen Geißler auch.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Stanisic hat eine Sprache für Fast-Teenager, [...], gefunden, die ehrlicher und einfallsreicher nicht sein könnte." Susanne Baller STERN 20231215