Im Jahr 2016 begann Alice Oseman an einem Herzensprojekt zu arbeiten – „Heartstopper“, eine Webcomicserie über Charlie und Nick, die bereits Nebenfiguren in Osemans Roman „Solitaire“ waren. Es geht um ihr Kennenlernen, ihre Freundschaft und wie sie sich ineinander verlieben. Charlie, der ein Jahr
lang gemobbt wurde, nachdem er sich als homosexuell geoutet hatte und Nick, der freundliche…mehrIm Jahr 2016 begann Alice Oseman an einem Herzensprojekt zu arbeiten – „Heartstopper“, eine Webcomicserie über Charlie und Nick, die bereits Nebenfiguren in Osemans Roman „Solitaire“ waren. Es geht um ihr Kennenlernen, ihre Freundschaft und wie sie sich ineinander verlieben. Charlie, der ein Jahr lang gemobbt wurde, nachdem er sich als homosexuell geoutet hatte und Nick, der freundliche Rugbyspieler, der im Laufe des ersten Bandes erkennt, dass er sich nicht nur zu Mädchen hingezogen fühlt. Der Webcomic war so erfolgreich, dass zwei Jahre später die erste englische Printausgabe als Graphic Novel erschien, eine Netflix-Adaption soll folgen. Allerhöchste Zeit also, dass Deutschland nun mit einer deutschsprachigen Ausgabe nachzieht. Wie mir die Graphic Novel gefallen hat, erfahrt ihr hier.
Um es direkt vorwegzunehmen – ich bin zwiegespalten. Einerseits ist es eine sehr schöne, romantische, geradezu niedliche Geschichte. Sie brachte mich zum lächeln und ich mochte Charlie und Nick auf Anhieb. Die Autorin beschreibt umsichtig und empathisch, wie Charlie eine Affäre zu einem anderen Jungen beendet, der nicht öffentlich zu ihm steht, wie Nick ihn unterstützt und ins Rugbyteam holt, wie sich eine Freundschaft zwischen beiden entwickelt und Nick nichts auf die teils abfälligen Kommentare anderer Jungs aus dem Team oder in seinem Freundeskreis gibt, wie er seine Gefühle und seine sexuelle Orientierung hinterfragt.
Daneben verblasste der Ernst der Konflikte und Schwierigkeiten meinem Empfinden nach jedoch zu stark. Und die Konflikte sind nicht ohne. So hatte Charlie es nicht einfach nach seinem Outing. Und nach wie vor sind da die Jungen, die meinen, als Schwuler sei Charlie nicht gut in Sport oder die sagen, er sei zwar schwul, aber trotzdem echt okay. Hinzu kommen besagte heimliche Treffen mit seinem Mitschüler Ben, der ihn verletzt und enttäuscht hat. Diese einschneidenden Erlebnisse und abwertenden Reaktionen von Mitschülern fielen für mich neben der Liebesgeschichte zu wenig ins Gewicht. Und Nick, dem bewusst wird, dass er mehr für Charlie empfindet, als reine Freundschaft? Seine Unsicherheit und Gedanken werden in „Heartstopper“ ebenfalls recht zügig abgehandelt.
Natürlich ist es klasse, wenn eine Graphic Novel über Homosexualität oder jedwede andere sexuelle Orientierung stärken möchte, dazu beitragen will, Vorurteile zu zerschlagen und einfach vom wundervollen Gefühl des sich Verliebens erzählen will. Das feiere ich sehr und in dieser Hinsicht ist dieser Webcomic zu Recht so erfolgreich geworden. Es ist eine positive, romantische Geschichte, aber halt auch nicht mehr als das. Dazu geht Alice Oseman den Konflikten zu pädagogisch korrekt, geradezu belehrend, aus dem Weg.
Weiterhin sind natürlich auch die Zeichnungen ein wichtiger Aspekt in einer Graphic Novel und in diesem ersten Band von „Heartstopper“ fand ich sie leider enttäuschend. Ich mag möglichst wirklichkeitsgetreue und feine Zeichnungen, hier sind sie hingegen wenig detailliert und ausdrucksstark, teilweise fand ich sie auch nicht sonderlich schön. Besonders die Hintergründe wirken oft hingekritzelt. Aber das ist nur mein persönlicher Anspruch und ich las in diversen Rezensionen, dass sich die Qualität der Zeichnungen mit jedem Band verbessert.
„Heartstopper“ von Alice Oseman ist eine Graphic Novel mit wichtigen und richtigen Botschaften und damit sicherlich zu Recht so erfolgreich. Die Autorin erzählt einfühlsam von den aufkeimenden Gefühle zwischen Charlie und Nick, und ich habe die beiden unmittelbar ins Herz geschlossen. Besser hätte mir der Comicroman jedoch gefallen, wenn er auch mal eine raue Kante gezeigt hätte, Konflikte und Unsicherheiten weniger oft lösbar oder allzu schnell überwindbar dargestellt hätte. Daher bin ich gespannt, ob sich das im nächsten Band ändert.