Peter Henning hat sich einen Traum erfüllt. Als Siebenjähriger fing er die ersten Schmetterlinge in den Mainauen. Jetzt, 50 Jahre später, ist er aufgebrochen zu seiner großen Falter-Expedition. Ein Jahr lang fuhr er kreuz und quer durch Europa. Von der südspanischen Sierra de Segura geht es an die kroatische Küste, auf die griechische Insel Samos und ins schweizerische Gstaad. Es ist eine Reise in eine faszinierende, verborgene Welt, die als Suche beginnt und als Abenteuer endet. Wir entdecken Segelfalter beim Liebeswerben in luftiger Höhe, Tango tanzende Isabellaspinner und Raupen, die sich als Schlange tarnen. Peter Henning entschlüsselt Verhaltensmuster und Überlebensstrategien der schillernden Verwandlungskünstler. Sein Buch ist eine Liebeserklärung an die flüchtigen Wesen, die zum Schönsten und Geheimnisvollsten zählen, was die Natur zu bieten hat.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.04.2018Der Angriff des Erdbaumfalters
Es sind die vielleicht literarischsten Tiere überhaupt. Schmetterlinge mögen Ovid zu den "Metamorphosen" inspiriert haben, Jean Paul nannte sie "fliegende Blumen" und in Gottfried Kellers Heinrich, der seine liebe Mühe mit dem Töten gesammelter Falter hat, erblüht ein "aristokratisches Mitgefühl für diese edleren Kreaturen". Bruchlos fügt sich hier der Kölner Autor Peter Henning ein, der in seinem als Reisereportage getarnten Quasi-Sachbuch ebenfalls berichtet, seit Kindertagen mit dem Fangnetz unterwegs gewesen zu sein. Bis er aus Unbehagen am Chloroformieren der Erhaschten seine Sammelkästen verschenkte, um sich aufs Züchten und Auswildern zu verlegen.
So viel entomologisches Faktenwissen dabei ausgebreitet wird - Dutzende Falter stellt uns der Autor in ihrem charakteristischen Aussehen und Verhalten vor -, so ist doch jederzeit klar, dass es auch noch mehr zu erkennen gilt. Dabei wirkt es zunächst wie eine fast trotzige Form der Meditation, sich ein ganzes Jahr lang den stillsten, anmutigsten und verletzlichsten Geschöpfen zuzuwenden. Wie uns Henning aber teilhaben lässt am Abarbeiten seiner persönlichen "Sehnsuchtsliste" - es geht darum, jeder Falter-Art zumindest einmal im Leben in respektvoller Zuneigung zu begegnen -, das führt auf zarte und lichte Weise die Vielgestaltigkeit der Natur vor Augen.
Eine ganze Parallelgesellschaft aus Tänzern, Täuschern und Tausendsassas sehen wir bald vor uns: den furchtlos angreifenden Erdbeerbaumfalter, den majestätischen Oleanderschwärmer, den stoischen Falschen Apollo, jenen trickreichen Bläuling, der in Ameisennestern heranwächst, den Eulenfalter, der schlafenden Vögeln Tränen stiehlt, die Tausende von Flugkilometer absolvierenden Monarchfalter oder jene gefürchteten, als Kollektiv aber höchst imposanten Prozessionsspinner. Schmetterlingsbegegnungen sind Momente der Magie, macht Henning deutlich. Zugleich aber stelle sich angesichts eines Falters "ein Gefühl des Triumphs und der Lebendigkeit" ein: "Weil er mir vor Augen führt, wie schön und vital das Dasein trotz aller Zerbrechlichkeit ist und dass das Leben immer neu beginnt." Es handelt sich, das merkt man erst spät, um ein Trostbuch, ein wissenspralles, in dem die Zeit flatternd stillsteht.
oju.
Peter Henning: "Mein Schmetterlingsjahr".
Ein Reisebericht. Theiss Verlag / WBG, Darmstadt 2018. 228 S., geb., 19,95 [Euro]
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es sind die vielleicht literarischsten Tiere überhaupt. Schmetterlinge mögen Ovid zu den "Metamorphosen" inspiriert haben, Jean Paul nannte sie "fliegende Blumen" und in Gottfried Kellers Heinrich, der seine liebe Mühe mit dem Töten gesammelter Falter hat, erblüht ein "aristokratisches Mitgefühl für diese edleren Kreaturen". Bruchlos fügt sich hier der Kölner Autor Peter Henning ein, der in seinem als Reisereportage getarnten Quasi-Sachbuch ebenfalls berichtet, seit Kindertagen mit dem Fangnetz unterwegs gewesen zu sein. Bis er aus Unbehagen am Chloroformieren der Erhaschten seine Sammelkästen verschenkte, um sich aufs Züchten und Auswildern zu verlegen.
So viel entomologisches Faktenwissen dabei ausgebreitet wird - Dutzende Falter stellt uns der Autor in ihrem charakteristischen Aussehen und Verhalten vor -, so ist doch jederzeit klar, dass es auch noch mehr zu erkennen gilt. Dabei wirkt es zunächst wie eine fast trotzige Form der Meditation, sich ein ganzes Jahr lang den stillsten, anmutigsten und verletzlichsten Geschöpfen zuzuwenden. Wie uns Henning aber teilhaben lässt am Abarbeiten seiner persönlichen "Sehnsuchtsliste" - es geht darum, jeder Falter-Art zumindest einmal im Leben in respektvoller Zuneigung zu begegnen -, das führt auf zarte und lichte Weise die Vielgestaltigkeit der Natur vor Augen.
Eine ganze Parallelgesellschaft aus Tänzern, Täuschern und Tausendsassas sehen wir bald vor uns: den furchtlos angreifenden Erdbeerbaumfalter, den majestätischen Oleanderschwärmer, den stoischen Falschen Apollo, jenen trickreichen Bläuling, der in Ameisennestern heranwächst, den Eulenfalter, der schlafenden Vögeln Tränen stiehlt, die Tausende von Flugkilometer absolvierenden Monarchfalter oder jene gefürchteten, als Kollektiv aber höchst imposanten Prozessionsspinner. Schmetterlingsbegegnungen sind Momente der Magie, macht Henning deutlich. Zugleich aber stelle sich angesichts eines Falters "ein Gefühl des Triumphs und der Lebendigkeit" ein: "Weil er mir vor Augen führt, wie schön und vital das Dasein trotz aller Zerbrechlichkeit ist und dass das Leben immer neu beginnt." Es handelt sich, das merkt man erst spät, um ein Trostbuch, ein wissenspralles, in dem die Zeit flatternd stillsteht.
oju.
Peter Henning: "Mein Schmetterlingsjahr".
Ein Reisebericht. Theiss Verlag / WBG, Darmstadt 2018. 228 S., geb., 19,95 [Euro]
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Ovid, Jean Paul und Gottfried Keller haben über Schmetterlinge geschrieben und das neue Buch des Kölner Journalisten und Schriftstellers Peter Henning fügt sich nahtlos ein, schwärmt Rezensent Oliver Jungen, der in dieser Reiserreportage Meditation und Faktenwissen auf das Schönste verbunden sieht. Ein Jahr lang Jahr hat Henning Schmetterlinge beobachtet, erklärt der Kritiker und verdankt diesem besonderen Band nicht nur faszinierende Einblicke in eine ganze "Parallelgesellschaft", sondern auch viele magische Momente.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Der Erkenntnisgewinn ist groß ... Ich habe dieses Buch für die Erweiterung meiner Weltsicht sehr gerne gelesen, schönes Buch.« Denis Scheck, WDR 2 »Leichtfüßig ... erscheinen die ... Erzählungen wie zugeflogen in der eigenen Sehnsucht zu schweben ... Mit 'Mein Schmetterlingsjahr' hält man das Glück förmlich in den Händen.« Bayerischer Rundfunk BR2 Diwan »Bei Henning kann man etwas lernen ... Kann die Zeit vergessen, sich in Geduld üben und im Kleinen das Spektakuläre entdecken.« Süddeutsche Zeitung »Dieses Buch ist ... ein ganz besonderes, weil es Peter Henning gelingt, die schnelllebig gewordene Zeit langsamer, beschaulicher und folglich liebevoll vergehen zu lassen.« Bayern 2 »Berührend.« Frankfurter Rundschau »Er ist einer der Besten seiner Generation!« T. C. Boyle »Peter Henning kann wunderbar über Schmetterlinge schreiben.« Daniel Kehlmann »Es handelt sich, das merkt man erst spät, um ein Trostbuch, ein wissenspralles, in dem die Zeit flatternd stillsteht.« Frankfurter Allgemeine Zeitung »Man kommt bei der Lektüre aus dem Staunen nicht mehr heraus.« Mitteldeutsche Zeitung »Wie schön, dass Leser ihn begleiten dürfen bei einer spannenden und zugleich sehr entspannenden Lektüre.« Sächsische Zeitung » ... (eine) sinnliche Reise zu den Schmetterlingen.« SWR2 Tandem