Skript aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Ethnologie / Volkskunde, Note: 1,3 (mündl. Prüfung), Freie Universität Berlin (Institut für Ethnologie), Veranstaltung: Abschlussprüfung, Sprache: Deutsch, Abstract: Während meiner viermonatigen Projektarbeit mit marginalisierten türkischen Jugendlichen in einem medienpädagogischen Projekt in Berlin-Kreuzberg im Sommer 2002 gewann ich Erkenntnisse über deren Lebenswirklichkeit und Werteorientierungen, die in überraschender Weise vom öffentlichen Diskurs über diese Gruppierungen abwichen: 1. ein ausdifferenziertes Wertebewusstsein, dass vom Drogenverkauf und bestimmtem delinquentem Verhalten über die dezidierte Ablehnung von Waffen, Gewalt, Genussmittel- und Drogenmissbrauch bis hin zu einer Statuszuschreibung reicht, die dem gesellschaftlichen Mainstream entspricht 2. eine weitreichende Kenntnis von und Sensibilisierung für den Widerspruch zwischen der öffentlichen Debatte über dt.-türkische Jugendliche einerseits und ihren tatsächlichen Werteorientierungen anderseits und das dezidiert geäußerte Bedürfnis, beide Diskurse zu harmonisieren Beispiele: - Bandenführer Ibo: Statuszuschreibung und Autorität durch abgeschlossene Ausbildung, Job, eigene Wohnung - Erziehung junger Gruppenmitglieder zu "rechtschaffenem" Verhalten (kein Alkohol, keine Zigaretten, keine Drogen) durch höhergestellte Gruppenmitglieder - Gruppensolidarität geht über politische und kulturelle Grenzen hinweg: Türkisch dominierte Gruppe integriert kurdische Mitglieder Als Fragen für meinen Vortrag ergeben sich aus diesen Schlaglichtern: 1. Bandengründungen und Gruppendelinquenz werden häufig als kulturell bedingte Phänomene dargestellt. Zu welchen Ergebnissen kommt die soziologische und ethnologische Forschung hinsichtlich dieser Frage? 2. In welcher Beziehung stehen öffentliche Diskurse über dt.-türk. Jugendliche (z.B. Ghettoisierung, Eherbegriff/Schiffauer, religiöser Fundamentalismus/ Heitmeyer) zur tatsächlichen Lebenswirklichkeit und Werteorientierung dieser Jugendlichen? 3. Dt.-türk. Jugendliche der zweiten und dritten Generation wurden oft als "verlorenen Generation" tituliert. Wie gehen die Jugendliche mit dieser Stigmatisierung um, und inwieweit ist dieses Bild heute noch stichhaltig? 4. Seit Mitte der 90er Jahre erregte eine neue transnationale Jugendkultur (HipHop, Breakdance, Graffiti u.a.) große öffentliche Aufmerksamkeit. Wie ist diese Kultur entstanden, und welche Auswirkungen hat sie Kultur auf das Selbstverständnis und die Lebenswirklichkeit dt.-türk. Jugendlicher?
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