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A fascinating chronicle of the evolution of humankind traces the genetic history of the organs of the human body, offering a revealing correlation between the distant past and present-day human anatomy and physiology, behavior, illness, and DNA.

Produktbeschreibung
A fascinating chronicle of the evolution of humankind traces the genetic history of the organs of the human body, offering a revealing correlation between the distant past and present-day human anatomy and physiology, behavior, illness, and DNA.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.08.2008

Ein Schluckauf ist zu gar nichts gut
Aber da ist er doch: Ein Buch zur Geschichte des menschlichen Körpers
Warum in aller Welt gibt es so etwas wie den Schluckauf? Zwar ist er harmlos, kann aber überaus lästig werden, und einen Zweck hat er offenbar überhaupt nicht. Aus der Gegenwart des Menschen lässt er sich schlechterdings nicht begreifen. Man muss schon einen gewaltigen Sprung zurück in die Entwicklungsgeschichte tun, um seine Ursache zu verstehen, zurück bis zu jenem Punkt, wo der heikle Übergang des tierischen Lebens vom Wasser an das Land erfolgte. Kaulquappen können sowohl mit Lungen an Land als auch mit Kiemen im Wasser atmen. Nur sollten die beiden Atmungssysteme bitte nicht durcheinander geraten. Wenn die Kiemen eingeschaltet werden, soll Wasser durch Mund und Rachen gepumpt werden – aber nicht durch die Lungen. Infolgedessen tritt ein neuraler „Mustergenerator” in Kraft, der in dieser Lage automatisch die Glottis und damit die Luftröhre blockiert; wenn die Glottis zuschnappt, entsteht das berüchtigte Geräusch. Kiemen haben wir schon länger nicht mehr, aber dieser Mustergenerator ist uns treu geblieben. Dysfunktional ausgelöst wird er leider mit ziemlicher Leichtigkeit, denn die zugehörigen Nervenbahnen sind, gleichfalls ein Erbe aus früher Zeit, unpraktisch lang und entspringen statt am Brustkorb, wo sie wirksam werden, hoch am Hals, was sie für Verknäuelungen aller Art anfällig macht. Der Autor fühlt sich an ein altes Haus erinnert, in dem die verschiedenen Leitungsbahnen in der Wand nicht so verlaufen, wie es am praktischsten wäre, sondern wie Generationen von Klempnern, je nach aktuellem Bedarf und unter Verwendung des Werks ihrer Vorgänger, daran herumgepfuscht haben. Das Ganze funktioniert, sogar erstaunlich gut, aber optimal eben nicht.
Neil Shubin, Verfasser des Buchs „Der Fisch in uns” ist Paläontologe. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde er als der Entdecker des „Tiktaalik”, des endlich aufgefundenen Zwischenglieds zwischen Fisch und Landlebewesen, 375 Millionen Jahre alt. (Die Benennung überließ er höflicherweise seinen eskimoischen Gastgebern, denn dieses tropische Wesen grub er aus dem Boden der kanadischen Tundra.) Aber Shubin beschränkt sich nicht auf das Ausgraben und Einordnen von Fossilien, er koppelt die altehrwürdigen und in letzter Zeit etwas arrogant beiseitegeschobenen Disziplinen der Paläontologie, der vergleichenden Anatomie und der Embryologie mit der modernen Genetik. Erst durch diesen mehrdimensionalen Blick wird klar, was das Prinzip aller Entwicklungslehre, Abstammung mit Abwandlung, faktisch zu bedeuten hat. Jedes Lebewesen, sagt er, hat Eltern. Das scheint eine banale Erkenntnis; und hat doch entscheidende Folgen. Denn es heißt, dass jede Generation nur mit dem genetischen Ausgangsmaterial hantieren kann, das sie vorfindet. Nicht alles, was wünschenswert wäre, geht auch; die heutigen Tier- und Menschenkörper verdanken sich einer inspirierten und hartnäckigen Bastelei.
Shulin entgeht damit der klassischen Falle eines allzu ungeduldigen Darwinismus, der auf jedes „Warum?” sogleich mit einem „Damit” antwortet, als würde (was ja nicht sein kann) sich eben der Zweck doch umstandslos sein Mittel zurichten, wie er es braucht. Beim Schluckauf kommt man so nicht weit. Die Kapitelüberschriften heißen „Warum Geschichte uns krank macht” oder „Reden ist nicht billig”, einem sprechenden Tier nämlich geraten leicht Speisebrocken in die Luftröhre.
Shulin hat den Vorzug, selbst Wissenschaftler zu sein, der, was er zu sagen hat, aus erster Hand weiß, aber den Nachteil, nicht ganz dieselbe funkelnde Erzählfreude zu entfalten, die etwa der kürzlich verstorbene Wissenschaftsjournalist Stephen Jay Gould besaß. Man wird über viele Dinge belehrt, die man eigentlich noch kennt, wenn man sich nur ein bisschen an seinen Schulunterricht erinnert, etwa die Homologie der Armgliedmaßen bei Fisch, Mensch und Fledermaus. Ein echtes Problem sind die Abbildungen. Vieles von dem, was Shulin mitteilt, wäre nur durch hochwertiges Bildmaterial einsehbar zu machen; das Buch müsste, um seine Absicht zu erreichen, fast ein anatomischer Atlas sein. Stattdessen hat hier der Geiz an der falschen Stelle zugeschlagen und sich mit einfarbig grauen Skizzen begnügt, die wenig sinnliches und sinnfälliges Vergnügen bereiten. BURKHARD MÜLLER
NEIL SHULIN: Der Fisch in uns. Eine Reise durch die 3,5 Milliarden Jahre alte Geschichte unseres Körpers. Aus dem Amerikanischen von Sebastian Vogel. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008. 282 Seiten, 19,90, Euro.
Aufs Land! Fossil des urtümlichen Tiers Tiktaalik. Foto: dpa
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