Verschwundene aufzuspüren gehört zum Alltagsgeschäft des heruntergekommenen Privatschnüfflers Harry Angel (Mickey Rourke). Er ist hinter dem Sänger Johnny Favorite her, dessen Spur sich vor zwölf Jahren in den Wirren des Krieges verloren hat. Den ersten Zeugen, den er in die Mangel nehmen will, findet Angel mit einer Kugel im Kopf. Auch zur ehemaligen Geliebten Favorites, einer attraktiven, aber auch sehr mysteriösen Wahrsagerin, kommt er zu spät. Angel gerät unter Mordverdacht und versucht verzweifelt, seinen Job wieder loszuwerden. Doch sein Auftraggeber Louis Cyphre (Robert De Niro) erhöht zynisch sein Honorar. Die Spur zu Johnny Favorite wird immer blutiger, der Routinefall wird zum Horrortrip.
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DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Making Of - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - Interviews - Audiokommentar - Einführung - Featurette - Voodoo-Ritual - Starinfos - Behind the Scenes - FotogalerieFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.05.1999Wenn Herzblut aus der Tüte tropft
"Heart": Der Film von Charles McDougall will den Pulsschlag des Melodrams erhöhen
Ein Zug rast durch die Landschaft. Die Kamera hat es noch eiliger und fliegt ihm entgegen. Im Innern: Eine Frau nimmt Platz, stellt eine blutige Tüte ab. Schnitt: Die Frau kniet vor einem Grabstein, gräbt ein Loch, will den Inhalt der Tüte beerdigen - und wird von der Polizei festgenommen. Schon in den ersten Minuten hat der Film "Heart" die Pulsfrequenz eines Sprinters kurz vor dem Ziel. Dann holt er einmal tief Luft und läßt die unbekannte Frau anheben, ihre Geschichte zu erzählen. Kaum hat sie den ersten Satz gesagt, folgt ein Schnitt. Der Film springt in die Vergangenheit und startet von dort aus so schnell wieder Richtung Gegenwart, daß der Herzschlag kaum noch meßbar ist.
Ein junger Mann auf einem Motorrad gibt Gas; eine junge Autofahrerin im Drogenrausch beschleunigt; eine andere Frau schläft heftig mit ihrem Liebhaber; ihr Mann sitzt zu Hause im Rollstuhl und wartet fieberhaft. Raserei auf vier Spuren: In einer aberwitzig schnell geschnittenen Parallelmontage verbindet der Film seine Hauptfiguren über alle Distanzen zu einer Schicksalsgemeinschaft. Der Motorradfahrer verliert nach einem Zusammenstoß mit der Autofahrerin sein Leben. Sein Herz wird Gary (Christopher Eccleston), dem Mann im Rollstuhl, eingepflanzt. Der gewinnt daraufhin das Herz seiner Frau (Kate Hardie) zurück, doch deren Liebhaber (Rhys Ifans) will es nicht verlieren. Dieses Gefühl kennt Maria McCardle (Saskia Reeves), die Mutter des Verunglückten, nur zu gut. Sie glaubt, daß ihr eigen Fleisch und Blut im Körper eines fremden Mannes weiterlebt.
Der Regisseur Charles McDougall und sein Autor Jimmy McGovern mußten ihrem Melodram ein künstliches Herz einpflanzen, weil ein natürliches mit dem frenetischen Tempo heillos überfordert gewesen wäre. Ihre Figuren folgen wie Vektoren vorgezeichneten Bahnen, statt ihren eigenen Weg zu gehen. Sie treffen nur deshalb mit Wucht aufeinander, weil die Dramaturgie es so will. Immer wenn der Zuschauer meint, ihnen ein Stück näher zu kommen, sind sie schon wieder vorbeigerauscht. Die Exposition ist auf ein Minimum reduziert, die Gefühle - ob Liebe, Trauer, Verzweiflung, Eifersucht, Lust oder Haß - entwickeln sich im Zeitraffer. Einen Sympathieträger kann es in diesem Film nicht geben, weil er das Tempo drücken würde. So leidet "Heart" verstärkt unter einem Problem vieler britischer Produktionen: Die Figuren wachsen dem Zuschauer nicht ans Herz.
Nur im Mittelteil des 81 Minuten langen Films, seinem emotionalen Zentrum, sind die Figuren mehr als bloß Schemen. Dort konzentriert sich "Heart" auf Marias eigenartige, obsessive Mutterliebe und ist gelegentlich berührend, wenngleich nie ergreifend. Als sie erfährt, daß das Herz ihres Sohnes entgegen dem Versprechen des Arztes einem Mann gegeben wurde, der keine Kinder hat, nimmt der Film ihre tiefe Enttäuschung ernst und läßt sie den Zuschauer spüren. Um sie auch mitempfinden zu können, müßte man Maria und ihre Vorgeschichte jedoch weit besser kennen. Gary, der uns anfangs als eifersüchtig und jähzornig vorgestellt wird, scheint mit dem jungen Herzen in seinem Körper und dem großen Herzen Marias in seiner Nähe zu einem besseren Menschen zu werden. Doch der Film nimmt sich wenig Zeit für diese Verwandlung und behauptet sie nur.
Am Ende fällt Gary ohnehin wieder in alte Gewohnheiten zurück und geht mit einer Brechstange gegen den Liebhaber seiner Frau vor. Gleiches gilt für den Film: Er bricht im Finale viel übers Knie und mündet nach allerlei dramaturgischen und psychologischen Unstimmigkeiten in eine wirre Tötungsorgie. Die Ansätze von Subtilität gehen im Blutbad unter. Spätestens hier merkt der Zuschauer, daß es dem Film nicht gelingt, die Dreiecksgeschichte mit der Transplantationsgeschichte zu einem organischen Ganzen zu verbinden, weil sie einander wie Fremdgewebe abstoßen. "Heart" stirbt an inneren Blutungen, endet herz- und leblos. LARS-OLAV BEIER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Heart": Der Film von Charles McDougall will den Pulsschlag des Melodrams erhöhen
Ein Zug rast durch die Landschaft. Die Kamera hat es noch eiliger und fliegt ihm entgegen. Im Innern: Eine Frau nimmt Platz, stellt eine blutige Tüte ab. Schnitt: Die Frau kniet vor einem Grabstein, gräbt ein Loch, will den Inhalt der Tüte beerdigen - und wird von der Polizei festgenommen. Schon in den ersten Minuten hat der Film "Heart" die Pulsfrequenz eines Sprinters kurz vor dem Ziel. Dann holt er einmal tief Luft und läßt die unbekannte Frau anheben, ihre Geschichte zu erzählen. Kaum hat sie den ersten Satz gesagt, folgt ein Schnitt. Der Film springt in die Vergangenheit und startet von dort aus so schnell wieder Richtung Gegenwart, daß der Herzschlag kaum noch meßbar ist.
Ein junger Mann auf einem Motorrad gibt Gas; eine junge Autofahrerin im Drogenrausch beschleunigt; eine andere Frau schläft heftig mit ihrem Liebhaber; ihr Mann sitzt zu Hause im Rollstuhl und wartet fieberhaft. Raserei auf vier Spuren: In einer aberwitzig schnell geschnittenen Parallelmontage verbindet der Film seine Hauptfiguren über alle Distanzen zu einer Schicksalsgemeinschaft. Der Motorradfahrer verliert nach einem Zusammenstoß mit der Autofahrerin sein Leben. Sein Herz wird Gary (Christopher Eccleston), dem Mann im Rollstuhl, eingepflanzt. Der gewinnt daraufhin das Herz seiner Frau (Kate Hardie) zurück, doch deren Liebhaber (Rhys Ifans) will es nicht verlieren. Dieses Gefühl kennt Maria McCardle (Saskia Reeves), die Mutter des Verunglückten, nur zu gut. Sie glaubt, daß ihr eigen Fleisch und Blut im Körper eines fremden Mannes weiterlebt.
Der Regisseur Charles McDougall und sein Autor Jimmy McGovern mußten ihrem Melodram ein künstliches Herz einpflanzen, weil ein natürliches mit dem frenetischen Tempo heillos überfordert gewesen wäre. Ihre Figuren folgen wie Vektoren vorgezeichneten Bahnen, statt ihren eigenen Weg zu gehen. Sie treffen nur deshalb mit Wucht aufeinander, weil die Dramaturgie es so will. Immer wenn der Zuschauer meint, ihnen ein Stück näher zu kommen, sind sie schon wieder vorbeigerauscht. Die Exposition ist auf ein Minimum reduziert, die Gefühle - ob Liebe, Trauer, Verzweiflung, Eifersucht, Lust oder Haß - entwickeln sich im Zeitraffer. Einen Sympathieträger kann es in diesem Film nicht geben, weil er das Tempo drücken würde. So leidet "Heart" verstärkt unter einem Problem vieler britischer Produktionen: Die Figuren wachsen dem Zuschauer nicht ans Herz.
Nur im Mittelteil des 81 Minuten langen Films, seinem emotionalen Zentrum, sind die Figuren mehr als bloß Schemen. Dort konzentriert sich "Heart" auf Marias eigenartige, obsessive Mutterliebe und ist gelegentlich berührend, wenngleich nie ergreifend. Als sie erfährt, daß das Herz ihres Sohnes entgegen dem Versprechen des Arztes einem Mann gegeben wurde, der keine Kinder hat, nimmt der Film ihre tiefe Enttäuschung ernst und läßt sie den Zuschauer spüren. Um sie auch mitempfinden zu können, müßte man Maria und ihre Vorgeschichte jedoch weit besser kennen. Gary, der uns anfangs als eifersüchtig und jähzornig vorgestellt wird, scheint mit dem jungen Herzen in seinem Körper und dem großen Herzen Marias in seiner Nähe zu einem besseren Menschen zu werden. Doch der Film nimmt sich wenig Zeit für diese Verwandlung und behauptet sie nur.
Am Ende fällt Gary ohnehin wieder in alte Gewohnheiten zurück und geht mit einer Brechstange gegen den Liebhaber seiner Frau vor. Gleiches gilt für den Film: Er bricht im Finale viel übers Knie und mündet nach allerlei dramaturgischen und psychologischen Unstimmigkeiten in eine wirre Tötungsorgie. Die Ansätze von Subtilität gehen im Blutbad unter. Spätestens hier merkt der Zuschauer, daß es dem Film nicht gelingt, die Dreiecksgeschichte mit der Transplantationsgeschichte zu einem organischen Ganzen zu verbinden, weil sie einander wie Fremdgewebe abstoßen. "Heart" stirbt an inneren Blutungen, endet herz- und leblos. LARS-OLAV BEIER
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