Die Propagandaformel vom »Krieg gegen den Terror« ist seit geraumer Zeit nicht mehr in aller Munde, wirkt jedoch untergründig fort. Aber haben wir überhaupt jemals richtig begriffen, was damit gemeint ist, und vor allem, wie subtil und mit welchen Mitteln dieser Krieg geführt wurde und wird? In seinem neuen Buch erkundet der renommierte Bildtheoretiker W. J. T. Mitchell die Sprach- und Bildpolitiken im Jahrzehnt nach 9/11 und stößt auf eine so heikle wie mächtige Konstellation aus Metaphern und Bildern, die ihre eigene furchteinflößende Realität erschafft und enorme gesellschaftliche und politische Auswirkungen hat.Letztere werden noch verstärkt durch einen anderen Begriff, der praktisch zeitgleich die Bühne des öffentlichen Diskurses betrat: das Klonen. Das Klonen und der Terror, so eine zentrale These Mitchells, weisen beunruhigende strukturelle Ähnlichkeiten auf und verschmelzen zu einem Dispositiv aus Realem und Imaginärem, Fakten und Metaphern, Überzeugungen und religiösem Glauben - zu einer gefährlichen Allianz aus Biotechnologie, Biopolitik und realer Politik, die sich in Bildern reproduziert und ins kollektive Gedächtnis eingräbt.Mitchells Buch ist ein Meisterwerk politischer Ästhetik und zugleich eine düstere Bilanz der Bush-Ära: »Der Kapuzenmann von Abu Ghraib, des Terrors verdächtig, Opfer der Folter, ein anonymer Klon, gesichtsloser Menschensohn, wird auf absehbare Zeit die Ikone unserer Zeit bleiben.«
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Gibt es irgendeine historische Koinzidenz, die sich nicht zu poststrukturalistischem Schaumwerk aufschlagen ließe? W.J.T. Mitchell sieht George W. Bushs Krieg gegen der Terror und sein Verbot des Klonens als zwei Seiten einer Medaille, berichtet Ralph Ubl in einer nicht ganz unironischen Kritik, die sich dennoch brav an den mäandernden Argumentationen des Autors abarbeitet. Der Terrorist wirke in seiner unaffälligen Art wie ein Klon, der Klon werde zum Inbegriff der Angst in der Bush-Ära, auch Bilder seien Klone und Klone Bilder - und so weiter. Dann folgt offenbar noch eine längere Abhandlung über das Bild des "Kapuzenmanns" aus Abu Ghraib, das sich uns allen einbrannte -und das Mitchell, nicht ganz so originell, christologisch zu deuten scheint. Dann aber, so notiert der erschöpfte Rezensent, landet er doch in ungefährer Ironie und beim "Anything Goes".
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Mitchell denkt Klonen und Terror überzeugend zusammen. Sein Buch trägt dazu bei, Ängste zu rationalisieren, denn er betreibt Ursachenforschung, wenn er die Bilder zum Sprechen bringt. Ein mutiges, ein kluges Buch, das Details sichtbar macht - und das zeigt, was wir nicht sehen sollen, was wir aber dank Mitchell nun sehen können.«
Michael Opitz, Deutschlandradio Kultur 25.08.2011
Michael Opitz, Deutschlandradio Kultur 25.08.2011