Dieses prächtige Buch erfoscht zum erstenmal eine ganz eigene Kultur, die auszusterben droht. Das über 30 Stämme umfassende Volk lebt in einem Gebiet, das sich vom Nordosten Indiens bis Burma erstreckt und als das "letzte große Geheimnis von Asien" gilt. In brillanten, bisher unveröffentlichten Fotos werden das Land und seine Bewohner und gleichermaßen die hochentwickelte Kunst und Kultur dieser stolzen Menschen gezeigt. Bilder ihrer religiösen Bräuche, der großen Feste und ihrer Kunstwerke wie Kostüme, Schmuck oder Musikinstrumente.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.03.2004Eine Welt hinter der Welt: Im Land der Naga
Es gibt ein Bild in diesem Buch, das den Betrachter erschaudern läßt: Ein abgeschlagener Kopf hängt an einer Holzwand, durchbohrt von Pfeilen, die in Stirn und Augenhöhlen stecken, abgeschossen von den besten Bogenschützen des Dorfs, deren Privileg es ist, auf den Schädel zielen zu dürfen. Es ist natürlich kein Menschenkopf, sondern eine Runkelrübe mit Perlen als Augen und den Körnern der Hiobstränen als Zähnen. Aber er sieht genauso aus, und vor nicht allzulanger Zeit hätte an der Holzwand tatsächlich der Kopf eines Feindes gehangen. Daß die Rübe eine der wenigen Konzessionen der Naga an die Zivilisationsstandards der globalisierten Welt ist, zeigt dieser Bildband auf eindrucksvolle Weise. Er stellt zum ersten Mal die Kultur dieses stolzen, selbstbewußten Volkes umfassend vor, das im unzugänglichen Hochland des indischen Nordostens zwischen den Flüssen Brahmaputra und Chindwin lebt. Mit ethnografischer Ernsthaftigkeit und frei von jeder Sensationsgier werden Architektur und Kunsthandwerk, Riten und Mythen, Musik und Webkunst, Tattoos und Essensbräuche der Naga erklärt, die ihren Reis zusammen mit Schweinefleisch in Blätter einrollen, diese in Bambusrohre stecken und das Ganze im offenen Feuer garen. Man lernt auch, daß es immer wieder zu Exzessen bei der Kopfjagd mit Hunderten Toten pro Jahr gekommen ist und daß bis heute manche Naga in diesem unfreundlichen Umgang mit den Feinden eine legitime Verteidigung gegen die Hungerflüchtlinge sehen, die aus Bangladesch in ihr Territorium eindringen. Nach der Lektüre nimmt man die Drohung ernst. - Unsere Abbildung zeigt einen Naga, der einen Kopfschmuck mit einem Affenschädel trägt.
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"The Hidden World of the Naga" von Aglaja Stirn und Peter van Ham. Prestel Verlag, München 2003. 192 Seiten, 333 Abbildungen. Gebunden, 75 Euro. ISBN 3-7913-2878-6.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es gibt ein Bild in diesem Buch, das den Betrachter erschaudern läßt: Ein abgeschlagener Kopf hängt an einer Holzwand, durchbohrt von Pfeilen, die in Stirn und Augenhöhlen stecken, abgeschossen von den besten Bogenschützen des Dorfs, deren Privileg es ist, auf den Schädel zielen zu dürfen. Es ist natürlich kein Menschenkopf, sondern eine Runkelrübe mit Perlen als Augen und den Körnern der Hiobstränen als Zähnen. Aber er sieht genauso aus, und vor nicht allzulanger Zeit hätte an der Holzwand tatsächlich der Kopf eines Feindes gehangen. Daß die Rübe eine der wenigen Konzessionen der Naga an die Zivilisationsstandards der globalisierten Welt ist, zeigt dieser Bildband auf eindrucksvolle Weise. Er stellt zum ersten Mal die Kultur dieses stolzen, selbstbewußten Volkes umfassend vor, das im unzugänglichen Hochland des indischen Nordostens zwischen den Flüssen Brahmaputra und Chindwin lebt. Mit ethnografischer Ernsthaftigkeit und frei von jeder Sensationsgier werden Architektur und Kunsthandwerk, Riten und Mythen, Musik und Webkunst, Tattoos und Essensbräuche der Naga erklärt, die ihren Reis zusammen mit Schweinefleisch in Blätter einrollen, diese in Bambusrohre stecken und das Ganze im offenen Feuer garen. Man lernt auch, daß es immer wieder zu Exzessen bei der Kopfjagd mit Hunderten Toten pro Jahr gekommen ist und daß bis heute manche Naga in diesem unfreundlichen Umgang mit den Feinden eine legitime Verteidigung gegen die Hungerflüchtlinge sehen, die aus Bangladesch in ihr Territorium eindringen. Nach der Lektüre nimmt man die Drohung ernst. - Unsere Abbildung zeigt einen Naga, der einen Kopfschmuck mit einem Affenschädel trägt.
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"The Hidden World of the Naga" von Aglaja Stirn und Peter van Ham. Prestel Verlag, München 2003. 192 Seiten, 333 Abbildungen. Gebunden, 75 Euro. ISBN 3-7913-2878-6.
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