Seit Sommer 2020 lässt die feministische Vernetzung »Claim the Space« in Wien keinen Femi(ni)zid mehr unbeantwortet und fordert damit kontinuierlich eine öffentliche Auseinandersetzung ein. Als Teil davon und anknüpfend an feministische Kämpfe in Lateinamerika und der Karibik diskutiert das österreichische Autor_innenkollektiv die Analysen von Femiziden und Feminiziden für den deutschsprachigen Raum. Dabei dient Femi(ni)zid als politischer Begriff der Benennung und Bekämpfung eines breiten Kontinuums patriarchaler Gewalt gegen Frauen, Lesben, inter, nichtbinäre, trans und agender Personen (FLINTA). Das Buch thematisiert die strukturellen und intersektionalen Gewaltverhältnisse, die den Morden zugrunde liegen. Die Autor_ innen nehmen Bezug auf historische und transnationale Protest- und Erinnerungsformen sowie in diesem Kontext angestoßene Debatten und diskutierte Begriffe wie Femi(ni)zid-Suizid oder Transizid. Somit werden Möglichkeiten eines kollektiven, solidarischen Kampfes gegen patriarchale Gewalt - nicht trotz, sondern aufbauend auf unterschiedlichen Erfahrungen - ausgelotet.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Leider zu akademisch geraten ist für die Rezensentin Nicole Opitz ein Buch über ein wichtiges Thema: Femizide, die Tötung von Frauen, weil sie Frauen sind, alle elf Minuten geschieht ein solcher Mord weltweit betrachtet, erfährt sie. Das Autorinnenkollektiv, deren kompliziertes Akronym für "Bis wir keinen einzigen Femi(ni)zid mehr politisieren müssen" steht, schreibt etwas allgemeiner auch über patriarchale Gewalt gegen FLINTA und möchte einen intersektionalen Zugang finden, der für Opitz aber nicht immer gelingt, ihr fehlt eine weitreichendere Perspektive zur Rolle von Behinderungsdiskriminierung. Dennoch lobt sie die kritische Auseinandersetzung auch mit bestehenden feministischen Praktiken und die Polizeikritik, die geübt wird. Dass der Text, ohne eine klare Adressatengruppe zu benennen, sich eher an fortgeschrittene Leser*innen widmet, merkt man auch der Rezensentin an, die viele der feministischen Fachbegriffe aufgreift, die sie zum Urteil bewegen, den Text zwar als "sehr verkopft" zu bezeichnen, aber für Interessierte dennoch einen Blick darauf zu empfehlen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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