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The Diary of the Honeymoon. Together with Letters to the Families. Ed. by Peter Ward Jones. 280 p. w. partly col. ill. and music examples. (Text in German) Immediately after their marriage, Felix and Cecile Mendelssohn went up the Rhine for their honeymoon. This carefully edited and commented edition contains besides the written notes the drawings and coloured pictures recorded in the diary. All letters written to their families during this journey are included as well. Furthermore, three compositions by Felix Mendelssohn Bartholdy are published here for the first time.Unmittelbar nach der…mehr

Produktbeschreibung
The Diary of the Honeymoon. Together with Letters to the Families. Ed. by Peter Ward Jones. 280 p. w. partly col. ill. and music examples.
(Text in German)
Immediately after their marriage, Felix and Cecile Mendelssohn went up the Rhine for their honeymoon. This carefully edited and commented edition contains besides the written notes the drawings and coloured pictures recorded in the diary. All letters written to their families during this journey are included as well. Furthermore, three compositions by Felix Mendelssohn Bartholdy are published here for the first time.Unmittelbar nach der Hochzeit in Frankfurt am Main unternahmen Felix und Cécile Mendelssohn ihre erste gemeinsame Reise, die sie rheinaufwärts bis nach Freiburg und über Heidelberg zurück an den Main führen sollte. Kurz darauf mußte Felix zu einer Konzerttournee nach England aufbrechen, wobei ihn Cécile bis zur Abfahrt des Schiffes nach Düsseldorf begleitete. Beide Reisen sind in dem von den Eheleuten geführten Tagebuch dokumentiert, das sowohl Spiegelbild ihrer glücklich und schöpferisch verbrachten Zeit als auch ihrer engen Beziehungen zu Verwandten, Freunden und Bekannten ist. Der Leser erfährt Alltägliches, aber auch viel Aufschlußreiches über Landschaft, Kultur, Literatur und Geschichte und nicht zuletzt über Mendelssohns musikalisches Leben. Die sorgfältig edierte und detailliert kommentierte Ausgabe enthält neben den schriftlichen Aufzeichnungen alle im Tagebuch festgehaltenen Zeichnungen und weitere farbig ausgeführte Bilder sowie die während der Reisezeit geschriebenen Briefe an die Familien. Außerdem werden drei Kompositionen von Felix Mendelssohn Bartholdy erstmals veröffentlicht.
Der Herausgeber Peter Ward Jones ist Archivar an der Bodleian Library Oxford und verwaltet dort die Mendelssohn-Sammlung.
Ausgezeichnet mit dem Deutschen Musikeditionspreis 1997.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.11.1997

Wie der Bälgetreter das Weite suchte
Die Hochzeitsreise der Mendelssohns / Von Ellen Kohlhaas

Bei seinem Hang zum Mäkeln werde er weder ein Opernlibretto noch eine Frau finden - der Vorwurf, den Abraham Mendelssohn Bartholdy seinem Sohn Felix machte, wog schwer, bedenkt man die traditionelle Verantwortung eines Heiratsfähigen im großbürgerlichen Familienclan. Ganz gehorsamer Filius, ging Felix bald nach des Vaters Tod im November 1835 systematisch und diskret auf Brautschau, fand aber weder in der Berliner noch in der Leipziger Oberschicht die Geeignete. Der Zufall half. Der schwerkranke Freund Johann Nepomuk Schelble (1789 bis 1837), 1818 Gründer und seither Leiter des Frankfurter Cäcilienvereins, bat Felix, den Chor, den er seit 1829 kannte, im Sommer 1836 sechs Wochen zu dirigieren. Unter den Sopranistinnen entdeckte Felix die Zukünftige: Cécile Jeanrenaud, die achtzehnjährige Tochter der französisch reformierten Pfarrerswitwe Elisabeth Jeanrenaud. Schön und häuslich, geistig nicht allzu anspruchsvoll, vor allem musikalisch keine Konkurrenz wie Schwester Fanny, dazu gesellschaftlich ebenbürtig - so entsprach sie der patriarchalischen Tradition der Mendelssohns.

Über die Tatsache, daß die Berliner Familie dennoch der Hochzeit am 28. März 1837 in Frankfurt fernblieb, ist viel spekuliert worden. Ein gewisses Befremden darüber, daß Felix nicht im engeren familiären Umkreis fündig geworden war, ist aus der Korrespondenz herauslesbar. Doch Peter Ward Jones, Musikbibliothekar an der Bodleian Library Oxford, Verwalter der dortigen Mendelssohn-Sammlung und Herausgeber der Erstveröffentlichung des Tagebuchs der Hochzeitsreise, schlägt pragmatische Hinderungsgründe vor: Alter und Krankheit von Mutter Lea, unaufschiebbare Berufsverpflichtungen von Bruder und Familienoberhaupt Paul, Schwangerschaften der Schwestern Rebecca und Fanny.

Genaugenommen beschreibt das Tagebuch, das in Oxford aufbewahrt wird, zwei Reisen: Die eigentliche Hochzeitsreise vom 28. März bis zum 13. Mai 1837 führte von Frankfurt nach Straßburg mit längeren Aufenthalten in Freiburg und - auf der Rückreise - in Heidelberg. Die zweite Reise reichte dann vom 4. Juli bis 24. August 1837 von Frankfurt bis Düsseldorf, mit einer fast vierwöchigen Unterbrechung in Bingen. Die Schwiegermutter, die schwangere Cécile und deren ältere Schwester Julie kehrten von Düsseldorf aus nach Frankfurt zurück, während Felix nach England weiterreiste. In England übernimmt Felix, oft aus dem Gedächtnis oder nach Notizen, das Tagebuch, das bis dahin überwiegend Cécile geführt hatte - "so kurz und to the purpose", wie sie zu Felix' Genugtuung später auch den Leipziger Haushalt führt.

Daß Felix seinen Part weit anspruchsvoller ausfüllt, überrascht bei seinem bekannten schriftstellerischen Talent nicht. Dem Tagebuch hat der Herausgeber sämtliche erhaltenen, größtenteils ebenfalls erstveröffentlichten Briefe der Eheleute an die beiden Familien angefügt. Dadurch werden manche Episoden bis zu vierfach gespiegelt. Der englische Anteil von Tagebuch und Briefen geht dank Felix' beruflichen Interesses über die Alltäglichkeiten, Landschafts- und Städteeindrücke der süd- und nordwärts gerichteten Rheinreise hinaus. Geradezu spektakulär und von der Londoner Presse entsprechend ausgeschlachtet der Vorfall, als der Bälgetreter während Felix' Bach-Spiel in der St. Paul's Cathedral das Weite suchte und Felix sein Orgelkonzert abbrechen mußte. Peinlich die Verweigerung ausreichender Proben beim Birminghamer Musikfest und die nur fragmentarische Wiedergabe des Oratoriums "Paulus" in London. Daß Mendelssohn dagegen aufbegehrte, ist bereits ein Zeichen für den von ihm selbst heraufbeschworenen Historismus, der das Werkganze als unantastbar betrachtete, während Bruchstück-Aufführungen noch gang und gäbe waren. Der Eintrag vom 11. September 1837 verrät Jubel und Trauer in einem Atem: Gleich nach der Rückkehr von der "Paulus"-Aufführung findet der gefeierte Komponist den befreundeten Londoner Orientalistikprofessor Friedrich Rosen (1805 bis 1837) nicht mehr lebend vor.

Den Mangel an solchen kulturgeschichtlichen Aufschlüssen im deutschen Teil der Reise kompensiert Jones mit akribischer, gleichwohl nie akademisch-trockener Detailfinesse im Anmerkungsapparat. Mit detektivischen Recherchen und im persönlichen Nachvollzug der Reise(n) hat er nicht allein Hunderte von Verwandten und Bekannten identifiziert, denen die Mendelssohns unterwegs begegneten; er schildert auch das Weiterleben von Orten und Unterkünften. Welche Verluste dabei oft zutage treten, erhellt er am Beispiel der Horchheimer Weingut-Villa des Bankier-Onkels Joseph Mendelssohn (1770 bis 1848), in der Felix öfter zu Besuch war: Kulturpolitischer Unverstand und Vandalismus führten 1970 zum Abriß des Gebäudes, das nach Felix' Zeichnung im Tagebuch ein Biedermeier-Idyll gewesen sein muß.

Die drei Dutzend meist gelenkigen Zeichnungen, mit denen Felix und Cécile ihre Beobachtungen illustrierten, geben dem Tagebuch mehr als nur zusätzliche Anschaulichkeit: Sie decken die ästhetischen Prämissen auf, unter denen hier zwei junge Glieder des großstädtischen Patriziats Natur und Architektur erleben. Naturbeobachtung wie Architekturverständnis entsprechen der Sicht der dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts: Natur wird rousseauisch erspürt, Erbautes lediglich im Ausschnitt romantischer Mittelalterverehrung in Romanik, besser noch Gotik (mit dem Straßburger Münster als Maßstab) erschaut.

Durch die Verlängerung der Zeitperspektive in die Gegenwart werden nicht nur die 160 Jahre seit Mendelssohns Hochzeitsreise (und die 150 Jahre bis zum kalendarischen Anlaß dieses Jahres) greifbar, sondern auch die Unterschiede in Lebenszuschnitt und Reiseweise. Die Strecke Frankfurt-Straßburg, im ICE in nicht einmal drei Stunden zu durchrasen, hielt die Mendelssohns in ihrer eigens für die Reise gekauften braunblauen Luxuskutsche mehr als eine Woche in Atem. Der Mangel an Komfort wird mehr als wettgemacht: Felix und Cécile befaßten sich in einem heute unvorstellbaren Ausmaß mit sich selbst, mit anderen Menschen und mit der kreativen Verarbeitung ihrer Eindrücke. Gegenseitiges Vorlesen, tägliches, durch die damals viel schnellere Postbeförderung beflügeltes Briefschreiben, Zeichnen und Komponieren gehörten für dieses freilich privilegierte Ehepaar zur selbstverständlichen Alltagsunterhaltung, trotz der Unbequemlichkeiten unterwegs. Tagebücher wie Briefe bezeugen so eine längst verlorengegangene Hochkultur des alltäglichen Sehens, Hörens und Mitteilens.

Dadurch, daß Felix Mendelssohn Bartholdy den heutigen Leser an seinem auch unterwegs fast besessenen Komponieren - darunter das für die Uraufführung in Birmingham am 21. September 1937 benötigte Klavierkonzert d-Moll op. 40 - teilnehmen läßt, bereichert er das Tagebuch auch noch um eine akustische Komponente. Drei in den Originalversionen bisher unveröffentlichte kurze Stücke sind dem Buch angefügt, darunter ein köstlich quellfrisches, am 22. April 1837 in Freiburg niedergeschriebenes Allegretto A-Dur vom Typ der "Lieder ohne Worte".

So tritt an diesen gewissermaßen multimedialen Äußerungen zwischen den Zeilen und inmitten der privaten Banalitäten doch noch ihr kulturhistorischer Reichtum zutage. Ganz und gar in den Zeilen, im Brief vom 15. Mai 1837 an die Mutter, findet sich ein künstlerisches Credo von Felix Mendelssohn Bartholdy, versteckt in einen Hymnus auf die Pianistin Fanny: "Da ist noch was anders drin, als Kunstgriffe." Felix fordert von jeder künstlerischen Äußerung "Geist und Leben" - die Elixiere auch des Hochzeitsreisetagebuchs.

Felix und Cécile Mendelssohn Bartholdy: "Das Tagebuch der Hochzeitsreise". Herausgegeben von Peter Ward Jones. Atlantis Musikbuch-Verlag, Mainz 1997. 250 S., geb., 78,- DM.

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