Bei Jean Renoir, einem der einflußreichsten Regisseure der Filmgeschichte, gehen Theater und Film eine enge Verbindung ein. Sein Filmschaffen begleitet zwei bedeutsame Medienumbrüche: den Übergang vom Stummfilm zum Tonfilm Ende der 20er Jahre und das Aufkommen des Fernsehens als Massenmedium Anfang der 60er Jahre. Seine "Theater/Filme" erkunden die vielfältigen Spielräume, Wechselbeziehungen und Kombinationen zwischen Bühne und Leinwand. Sie überführen die Traditionen und Gattungen des europäischen Schauspiels - vom Barock- bis zum Boulevardtheater - in Darstellungsformen des Kinos, in eine Art Meta-Theater. Die Leinwand fungiert dabei wie ein Theatervorhang, vor oder hinter dem sich das filmische Geschehen abspielt. Renoir unterläuft die Trennung zwischen hoher Filmkunst und Unterhaltungsbedürfnis, indem er Populärformen des Amüsements und der Zerstreuung (Revue, Music Hall, Varieté, Slapstick) einbezieht und neue Spielformen entwickelt, in denen Kategorien wie Sein und Schein, Realismus und Surrealismus austauschbar erscheinen. Der Band Jean Renoirs Theater/Filme verknüpft exemplarische Filmanalysen mit intermedialen Fragestellungen - mit dem Ziel, Bausteine einer kombinierten Theater- und Filmgeschichte zur Verfügung zu stellen. Die einzelnen Beiträge des Bandes beleuchten aus unterschiedlichen Perspektiven Renoirs Zeit-Bilder, in denen sich imaginäre und gesellschaftliche Rollenspiele, kulturelle Inszenierungsformen und historische Entwicklungen, Aktualität und Virtualität durchdringen.
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