Die hier erstmals der Öffentlichkeit vorgestellten privaten Fotos von Johann Niemann gewähren neue Einblicke in die von den Nationalsozialisten eigentlich mit einem generellen Bilderverbot belegte Welt der Vernichtung der europäischen Juden. Sichtbar werden der Alltag von Akteuren der "Euthanasie"-Morde im Deutschen Reich der Jahre 1940 und 1941 sowie der Alltag an jenen Dienstorten, die für einige der Täter auf ihren Einsatz in der "T4"-Aktion folgten: die Vernichtungslager Belzec und Sobibor.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
In diesem späten Fund des bis zur Übergabe an die Forschung in Familienbesitz überdauernden Fotoalbums aus der NS-Zeit - genannt die Niemann-Sammlung - hat Rezensentin Ingeborg Ruthe mit Schrecken geblättert. Hier sei die ganze "Banalität des Bösen" in Szene gesetzt, die feucht-fröhlichen Feiern des Lagerpersonals, ihre kleinen, hübschen Villen, Einfamilienhäuser und Gärten. Nirgends sind auf den vom Lagerkommandanten beauftragten Aufnahmen etwa Gefangene zu sehen, so Ruthe, aber keine Vergasungshalle, kein Krematorium und kein Massengrab. Dafür kann man die Laufbahn des Johann Niemann nachzuvollziehen, des Lagerkommandanten von Sobibor, sein "machtgeiles" Sich-Spreizen vor SS-Vorgesetzten und hoch zu Ross. Bei dem verzweifelten Aufstand der Häftlinge 1943 ist er umgebracht worden. Die Fotografien der im Lager unter ihm Arbeitenden enthüllten posthum offenbar auch das Gesicht des 2011 verurteilten ukrainischen Wachmanns Iwan Demjanjuk - ein überraschender Nebenbefund, so informiert uns die betroffene Kritikerin.
© Perlentaucher Medien GmbH
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