Die Studie befaßt sich mit der Genese und Entwicklung der imperialistischen Bewegungen in England und Frankreich in der Zeit von 1871-1898. Sie ist ein Versuch, die spezifische Dynamik dieser Bewegungen zu rekonstruieren, indem sie das komplexe wechselseitige Bedingungsverhältnis aufzeigt, das zwischen außenpolitischer Krise und national motivierter Aggression besteht. Mit dem erneuten Aufkommen des britisch-französischen Kolonialantagonismus zu Beginn der 80er Jahre wurden auf beiden Seiten des Kanals überkommene Feind- und Selbstdefinitionen reaktiviert, die nicht nur unmittelbar die Interpretation dieser krisenhaften Situationen prägten, sondern auch langfristig neue Legitimationsgrundlagen schufen und dem imperialistischen Handeln neue Perspektiven eröffneten. Der traditionelle Rahmen der Diplomatiegeschichte wird also um eine geistes- und kulturwissenschaftliche Analyse erweitert: als primär strukturierende Elemente imperialistischer Politik werden nicht die Entscheidungen und Handlungen historischer Akteure rekonstruiert, sondern die nationalen Werthaltungen und Wahrnehmungsmuster, welche die Entscheidungen der Akteure prädeterminierten.