Lange Zeit galten Wanderstrophen in der Volksliedforschung als 'Störenfriede', die scheinbar unvermittelt in fremden Kontexten auftauchen und den eigentlichen Liedverlauf unterbrechen. Weil sie bei Liededitionen gerne unterschlagen wurden, greift die Verfasserin darum auf Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung zurück und macht bislang unveröffentlichtes Material des Deutschen Volksliedarchivs in Freiburg dem interessierten Leser zugänglich. Bei der Untersuchung der Liedüberlieferung aus den letzten beiden Jahrhunderten erweisen sich die Wanderstrophen als wichtige Funktionsträger: sie wirken struktur- und themenbildend in der Komposition sowie gedächtnisstützend in der mündlichen Tradierung. Ihre Klassifizierung in Liebesliedstereotypen liefert die Grundlage zu einer Gattungsbeschreibung.