Im fruchtbaren Lavanttal, im Unterkärntner Land, liegt auf einem Felskegel das Stift St. Paul. Seine Grundmauern gehen auf eine mittelalterliche Burg aus dem 11. Jahrhundert zurück, die kurz darauf zum Kloster umgewidmet wurde. Nach einer Blüte im Hochmittelalter und einer Krise im 15. und 16.
Jahrhundert, als das Stift in zahlreiche Fehden und Kriege hineingezogen wurde, beginnt mit dem Abt…mehrIm fruchtbaren Lavanttal, im Unterkärntner Land, liegt auf einem Felskegel das Stift St. Paul. Seine Grundmauern gehen auf eine mittelalterliche Burg aus dem 11. Jahrhundert zurück, die kurz darauf zum Kloster umgewidmet wurde. Nach einer Blüte im Hochmittelalter und einer Krise im 15. und 16. Jahrhundert, als das Stift in zahlreiche Fehden und Kriege hineingezogen wurde, beginnt mit dem Abt Hieronymus Marchstaller zu Beginn des 17. Jahrhunderts ein Wiederaufstieg, begleitet von baulichen Veränderungen, die noch heute den barocken Charakter prägen. Mit der Säkularisation Josephs II. wurde das Kloster 1782 aufgehoben und seine Schätze in alle Winde verstreut. Erst 1806 wurde St. Paul von aus Süddeutschland vertriebenen Benediktinern wiederbelebt, deren mitgebrachte Objekte die neue Basis für den Kirchenschatz lieferten. Die Nationalsozialisten vertrieben die Mönche erneut und erst nach dem Krieg begann der kirchliche Wiederaufbau. Heute besitzt St. Paul einen bemerkenswert jungen und vitalen Konvent, der es schafft, durch zahlreiche Aktivitäten wirtschaftlich autark zu bleiben. Keine Selbstverständlichkeit und ein Zeichen, dass mönchisches Leben auch heute noch attraktiv sein kann.
Der Band „Schatzhaus Kärntens“ erzählt mit zahlreichen Illustrationen die bewegte Geschichte, wobei besonders die Baugeschichte im Zentrum steht. Fast 1000 Jahre alt, lassen sich in den barock überformten Räumen überall mittelalterliche Spuren erkennen, auch wenn sie mitunter Nachschöpfungen aus späterer Zeit sind. Von der Romanik über die Gotik und Renaissance bis in den Barock sind Architekturelemente, Malerei und (Grab)Ausstattung erhalten, die der Autor Gerfried Sitar (OSB) kenntnisreich ins Bild setzt und in einer auch für Laien gut verständlichen Sprache erklärt. Er nutzt zwar verschiedentlich architektonische Fachbegriffe, dies aber weder im Übermaß, noch zu speziell. Auch die modernen Ausstattungselemente, die in ihrer schlichten Formensprache einen Akzent setzen, gliedern sich sehr geschmackvoll in die alte Architektur ein - übrigens ein Zeichen für einen lebendigen Konvent, der mit der Zeit geht. Ein besonderer Fokus liegt auf St. Paul als Zentrum von Wissenschaft und Lehre. Im Mittelalter waren die Klöster die letzten Speicher des Wissens aus der Antike, heute zählt das dem Stift angeschlossene Gymnasium zu den größten Privatschulen Österreichs.
Etwa die Hälfte des Buches widmet sich den Glanzstücken des umfangreichen Kirchenschatzes, mit Beispielen mittelalterlicher Buchmalerei, Gold- und Silberschmiedearbeiten, Skulptur und Malerei aus fast 1000 Jahren, die der Autor kurz in den kunstgeschichtlichen Kontext setzt. Interessanterweise durchmischen sich dabei profane und liturgische Objekte in für einen Kirchenschatz ungewöhnlicher Freiheit.
„Schatzhaus Kärntens“ zeigt das Stift St. Paul als einen Hort der Tradition, der sich dem Neuen aber nicht verschließt. Die vielen Höhen und Tiefen in seiner fast 1000-jährigen Geschichte werden anschaulich und auch für Laien gut verständlich dargestellt, illustriert mit umfangreichem Bildmaterial. Ideal als Vorbereitung für einen Besuch mit offenen Augen und selbst für Kenner eine spannende Quelle qualifizierter Informationen zur Bau- und Kunstgeschichte des Stifts.
(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)