"Die Ökonomie ist eine viel zu ernste Angelegenheit, um sie Ökonomen zu überlassen."
Paul Jorion, Wirtschaftsexperte und -kolumnist, liefert mit diesem Buch eine anschauliche Einführung in den Kapitalismus und dessen Abgründe. Arbeitnehmer, Boss und Kapitalist - wer nimmt welche Rolle ein, damit das System reibungslos funktioniert? Mit bitterbösem Humor erklärt Jorion, weshalb diese Gesellschaftsform die Menschheit in den Abgrund führen und die menschliche Spezies ausrotten wird. Und warum doch noch nicht alles verloren ist ...
Paul Jorion, Wirtschaftsexperte und -kolumnist, liefert mit diesem Buch eine anschauliche Einführung in den Kapitalismus und dessen Abgründe. Arbeitnehmer, Boss und Kapitalist - wer nimmt welche Rolle ein, damit das System reibungslos funktioniert? Mit bitterbösem Humor erklärt Jorion, weshalb diese Gesellschaftsform die Menschheit in den Abgrund führen und die menschliche Spezies ausrotten wird. Und warum doch noch nicht alles verloren ist ...
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.10.2014Das Kapital trägt Cut und Zylinder
Der belgische Ökonom Paul Jorion und der Zeichner Grégory Maklès analysieren den Kapitalismus in einem Comic-Buch
München – Lange hat es gedauert, doch nun hat die Menschheit endlich ihr Ziel erreicht! Sie steht am Abgrund und wundert sich über die Endzeitstimmung in den Nachrichten: steigender Meeresspiegel, Knappheit von Rohstoffen, atomare Katastrophen und Krieg. Schuld daran ist aber nicht die Spezies Mensch.
Schuld daran ist die Welt – oder vielmehr ihr Wirtschaftssystem. Zumindest wenn es nach dem Ökonomen Paul Jorion geht. Der Belgier schreibt als Wirtschaftskolumnist für Le Monde und hatte bereits 2004 die Subprime-Krise vorausgesagt. Gemeinsam mit dem Zeichner Grégory Maklès betrachtet Jorion in der Graphic Novel „Das Überleben der Spezies“ die vermeintliche Wurzel allen Übels: den Kapitalismus.
Die historische Entstehung des Kapitalismus fasst Jorion auf nur wenigen Seiten zusammen. Die kondensierte Formel lautet: Arbeit generiert Überschuss. Diesen Überschuss gilt es zu verteilen. Aber wer bekommt wie viel vom Kuchen?
Die Akteure in Jorions Kapitalismuskritik sind: ein Lego-Männchen, ein finsterer General und das Monopoly-Maskottchen. Das austauschbare Lego-Männchen symbolisiert die 99 Prozent. Eben jenen Teil der Bevölkerung, der die Arbeit leistet und das System am Laufen hält. Er bekommt fast nichts vom Kuchen. Der Arbeitgeber wird von Zeichner Maklès als skrupelloser General mit verspiegelter Sonnenbrille dargestellt, der die Arbeitnehmer antreibt und dafür abkassiert.
Der eigentliche Protagonist und Nutzniesser im perfiden Spiel von der Verteilung der Überschüsse ist das Kapital höchstselbst. Mit seinem schwarzen Zylinder und Cut und dem weißen Schnauzer verteidigt das kleine Männlein vehement seinen Anspruch. Das hat es spielend bei Monopoly gelernt: „Ich will alles”. Gemeint ist damit das Geld. Und es bekommt was es will. Die ungerechte Verteilung wird zur Nebensache.
Jorion kritisiert dieses Unrecht nicht, versucht es erst gar nicht zu korrigieren. Er interessiert sich allein für das Kapital, den kleinen gierigen Herrn in Anzug und Zylinder. Eine Tour durch die Welt der Spekulationen und Finanzprodukte beginnt, in der das Geld nicht ruhen darf. Das ist verboten. Das Geld muss arbeiten. Überschüsse müssen investiert werden. Auf Nahrungsmittel und Aktienkurse muss spekuliert werden. Politiker wollen bestochen und Lobbyisten finanziert werden.
Immer schneller und aberwitziger dreht sich das Finanzkarussell im Comic – ohne das jede einzelne Aktion für sich allein unrealistisch wirkt. Immer wieder versuchen Figuren mit dem Kapital zu räsonieren: Warum das Geld nicht sinnvoll und nachhaltig investieren? Eine überzeugende Antwort hat das Monopoly-Maskottchen nicht, es ist viel zu sehr damit beschäftigt, wild zu spekulieren.
Ohne zu verurteilen und ohne selbst die Antwort zu liefern, entlässt Jorion seine Leser. Er lässt sie mit dem Gefühl zurück, dass das Überleben der Spezies nicht von Ökonomen, Politikern oder Wirtschaftsweisen abhängt, sondern von jedem einzelnen Vertreter der Spezies Mensch.
DANIEL WÜLLNER
„Das Überleben der Spezies” (24,99 Euro) von Paul Jorion und Grégory Maklès erscheint am 06.11.2014 bei Egmont Graphic Novel.
Geld, Geld, Geld: Für den Kapitalisten ist alles ein großes Monopoly.
© 2012 Futuropolis et Arte Éditions
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Der belgische Ökonom Paul Jorion und der Zeichner Grégory Maklès analysieren den Kapitalismus in einem Comic-Buch
München – Lange hat es gedauert, doch nun hat die Menschheit endlich ihr Ziel erreicht! Sie steht am Abgrund und wundert sich über die Endzeitstimmung in den Nachrichten: steigender Meeresspiegel, Knappheit von Rohstoffen, atomare Katastrophen und Krieg. Schuld daran ist aber nicht die Spezies Mensch.
Schuld daran ist die Welt – oder vielmehr ihr Wirtschaftssystem. Zumindest wenn es nach dem Ökonomen Paul Jorion geht. Der Belgier schreibt als Wirtschaftskolumnist für Le Monde und hatte bereits 2004 die Subprime-Krise vorausgesagt. Gemeinsam mit dem Zeichner Grégory Maklès betrachtet Jorion in der Graphic Novel „Das Überleben der Spezies“ die vermeintliche Wurzel allen Übels: den Kapitalismus.
Die historische Entstehung des Kapitalismus fasst Jorion auf nur wenigen Seiten zusammen. Die kondensierte Formel lautet: Arbeit generiert Überschuss. Diesen Überschuss gilt es zu verteilen. Aber wer bekommt wie viel vom Kuchen?
Die Akteure in Jorions Kapitalismuskritik sind: ein Lego-Männchen, ein finsterer General und das Monopoly-Maskottchen. Das austauschbare Lego-Männchen symbolisiert die 99 Prozent. Eben jenen Teil der Bevölkerung, der die Arbeit leistet und das System am Laufen hält. Er bekommt fast nichts vom Kuchen. Der Arbeitgeber wird von Zeichner Maklès als skrupelloser General mit verspiegelter Sonnenbrille dargestellt, der die Arbeitnehmer antreibt und dafür abkassiert.
Der eigentliche Protagonist und Nutzniesser im perfiden Spiel von der Verteilung der Überschüsse ist das Kapital höchstselbst. Mit seinem schwarzen Zylinder und Cut und dem weißen Schnauzer verteidigt das kleine Männlein vehement seinen Anspruch. Das hat es spielend bei Monopoly gelernt: „Ich will alles”. Gemeint ist damit das Geld. Und es bekommt was es will. Die ungerechte Verteilung wird zur Nebensache.
Jorion kritisiert dieses Unrecht nicht, versucht es erst gar nicht zu korrigieren. Er interessiert sich allein für das Kapital, den kleinen gierigen Herrn in Anzug und Zylinder. Eine Tour durch die Welt der Spekulationen und Finanzprodukte beginnt, in der das Geld nicht ruhen darf. Das ist verboten. Das Geld muss arbeiten. Überschüsse müssen investiert werden. Auf Nahrungsmittel und Aktienkurse muss spekuliert werden. Politiker wollen bestochen und Lobbyisten finanziert werden.
Immer schneller und aberwitziger dreht sich das Finanzkarussell im Comic – ohne das jede einzelne Aktion für sich allein unrealistisch wirkt. Immer wieder versuchen Figuren mit dem Kapital zu räsonieren: Warum das Geld nicht sinnvoll und nachhaltig investieren? Eine überzeugende Antwort hat das Monopoly-Maskottchen nicht, es ist viel zu sehr damit beschäftigt, wild zu spekulieren.
Ohne zu verurteilen und ohne selbst die Antwort zu liefern, entlässt Jorion seine Leser. Er lässt sie mit dem Gefühl zurück, dass das Überleben der Spezies nicht von Ökonomen, Politikern oder Wirtschaftsweisen abhängt, sondern von jedem einzelnen Vertreter der Spezies Mensch.
DANIEL WÜLLNER
„Das Überleben der Spezies” (24,99 Euro) von Paul Jorion und Grégory Maklès erscheint am 06.11.2014 bei Egmont Graphic Novel.
Geld, Geld, Geld: Für den Kapitalisten ist alles ein großes Monopoly.
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