Ein berührendes und aufrüttelndes Stück Literatur
Das Cover von „Leinwand ohne Gesicht“ lädt zum Träumen ein, aber der Schein trügt, denn dieser Roman geht an die Substanz! Autorin Doris Wiesenbach greift einige große gesellschaftliche Themen auf und zwingt uns Leser*innen zu einer (teils
unbequemen) Auseinandersetzung damit. Auf beeindruckende Weise gelingt ihr dies, ohne die vorherrschende…mehrEin berührendes und aufrüttelndes Stück Literatur
Das Cover von „Leinwand ohne Gesicht“ lädt zum Träumen ein, aber der Schein trügt, denn dieser Roman geht an die Substanz! Autorin Doris Wiesenbach greift einige große gesellschaftliche Themen auf und zwingt uns Leser*innen zu einer (teils unbequemen) Auseinandersetzung damit. Auf beeindruckende Weise gelingt ihr dies, ohne die vorherrschende leicht surreale Atmosphäre, die in poetischer Sprache gestaltet wird, zu durchbrechen.
Über die Handlung des Romans darf man gar nicht zu viel verraten, denn worum es wirklich geht, stellt sich erst nach und nach heraus. Lea, die junge Protagonistin, hat ihr Gedächtnis komplett verloren und ist seit zwei Jahren in einer Spezialklinik – bisher zeigen die sanften Methoden der Einrichtung jedoch keinen Erfolg. Am meisten enttäuscht davon ist Leas Ehemann Golo, der sie jeden Tage besucht und immer nachdrücklicher darauf besteht, sie mit nach Hause zu nehmen. Aber Leas Kopf ist wie leer gefegt, und sie spürt keine Verbindung zu diesem Mann. Zunehmend sorgt sie sich jedoch um das, was ihre Psyche vor ihr verstecken möchte. Was ist nur geschehen, was sie so aus der Bahn geworfen hat?
„Leinwand ohne Gesicht“ ist weder ein klassisches Psychodrama noch ein einfacher Spannungsroman. Spielerisch bewegt sich das Buch zwischen Genregrenzen hindurch und webt subtile phantastische Elemente ein, die die Situation bisweilen wie einen Traum erscheinen lassen. An anderen Stellen werden wir Leser*innen jedoch brutal und nüchtern mit der vollen Härte der Realität konfrontiert. Die literarische Gestaltung passt sich mit schlafwandlerischer Sicherheit der Entwicklung der Handlung an, was einen ganz besonderen Sog erzeugt.
Mit „Leinwand ohne Gesicht“ ist Doris Wiesenbach ein besonderes Kunststück gelungen: ein emotional bewegendes und sprachlich überzeugendes Stück Literatur, das zugleich die Spannungsentwicklung eines Kriminalromans und die Bildhaftigkeit eines Gedichts in sich trägt. Ein im positivsten Sinne ungewöhnliches Buch!