Kopien sind fast so alt wie die Kunst. Der Wunsch, ein Meisterwerk selber zu besitzen, war schon in der Antike vorhanden und so gibt es heute deutlich mehr römische Kopien griechischer Bronzen als Originale. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde mit der Galvanoplastik ein Verfahren
entwickelt, das die (semi)industrielle Vervielfältigung auch sehr kleinteiliger Vorlagen erlaubte und die…mehrKopien sind fast so alt wie die Kunst. Der Wunsch, ein Meisterwerk selber zu besitzen, war schon in der Antike vorhanden und so gibt es heute deutlich mehr römische Kopien griechischer Bronzen als Originale. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde mit der Galvanoplastik ein Verfahren entwickelt, das die (semi)industrielle Vervielfältigung auch sehr kleinteiliger Vorlagen erlaubte und die Kunstkopie revolutioniert.
Daniela Maier untersucht in ihrer Dissertation die technische Geschichte der Galvanoplastik, insbesondere, welche Rolle die Kunstgewerbemuseen bei der Entwicklung spielten, welchen Stellenwert Reproduktionen in der Museumsdidaktik besaßen, wie sie den Sammlungsauftrag ergänzten und sich in der Folge neue Geschäftsfelder erschlossen.
Die öffentliche Rezeption der Galvanoplastik hat sich deutlich gewandelt. Während Mitte des 19. Jahrhundert die Kopie fast gleichberechtigt neben dem Original stand, ja sogar nicht einmal als solche gekennzeichnet war, gelten Kopien heute als minderwertig und „unecht“. Zu Beginn der Nutzung der neuen Technologie, so berichtet Maier, wurden Kopien nicht gemarkt, erst mit der breiten gewerblichen Vermarktung und dem Auftauchen von Kopien in Fälschungsabsicht gab es einen Kennzeichnungszwang. Sehr überraschend war für mich die Beobachtung, dass die Initiative galvanoplastischer Reproduktionen tatsächlich von den Kunstgewerbemuseen ausging, die einen ausgeprägt vermittelnden und gewerbefördernden Auftrag hatten. Die möglichst enzyklopädische Darstellung von Stilentwicklungen und Formvarianten war insbesondere bei Gold- und Silberschmiedearbeiten für viele Museen zu kostspielig und der Zugang über die Galvanokopien ein willkommener Ausweg. Die Belieferung (groß)bürgerlicher Privathaushalte kam später hinzu und wurde dann geschäftsmäßig eher (aber nicht ausschließlich) von Gewerbebetrieben ausgeführt, die mit den Museen bezüglich der Gutapercha-Gussformen kooperierten. Ebenfalls untersucht die Autorin, wie die Fälschungsdiskussion um 1900 die Wahrnehmung der (Galvano)kopie veränderte und wie sie später, als die Technologie bereits massentauglich war, auch zur nationalen Identitätsstiftung instrumentalisiert wurde.
Daniela Maier schreibt ausgesprochen anschaulich, ohne akademische Nebelkerzen zu werfen und kleidet einfache Sachverhalte nicht in kompliziertes Vokabular. Ihre Argumentation ist stets klar und nachvollziehbar, sehr strukturiert und mit wenigen Redundanzen. Sie hat einige Bildreferenzen in Archiven und historischen Gewerbekatalogen recherchiert und illustriert ihre Ausführungen entsprechend anschaulich. Das Thema ist überraschend komplex, vielschichtig und bietet nicht nur wissenschaftlich interessante Schlussfolgerungen, sondern auch dem Sammler wertvolle Hinweise zu Objektkategorien, Verarbeitungstechniken und Gewerbetreibenden.