Magisterarbeit aus dem Jahr 1994 im Fachbereich Anglistik - Literatur, Note: 1, Ludwig-Maximilians-Universität München (Institut für Englische Philologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Betrachtet man die Darstellung der Stadt in der Literatur, so sollte man nie außer acht lassen, daß das literarische Bild der Stadt zu keiner Zeit mit der faktischen Stadt gleichsetzbar und auch kein getreues Abbild der herrschenden Verhältnisse ist, sondern in erster Linie als abhängig von der Einstellung und Persönlichkeit des Autors gesehen werden sollte. Dennoch ist der Einfluß der außerliterarischen Wirklichkeit nicht zu vernachlässigen und hat wohl jede fiktionale Stadt entscheidend mitgeprägt. Von alters her zeigten sich die Menschen fasziniert von der großen Stadt, wie bereits die frühen literarischen Belege aus den alten Epen wie der Ilias oder der Odyssee und der Bibel bestätigen. Die Stadt galt und gilt immer noch einerseits als Schutzraum und Kulminationspunkt von Wissen und Macht, andererseits wurde und wird sie immer wieder in den negativen Ausmaßen erfahren, die ein Zusammenleben vieler Menschen auf engem Raum mit sich bringt, und es ist es nicht weiter verwunderlich, daß die Stadt in der Literatur zu allen Zeiten in ambivalenten Bildern gezeigt wird. Das eindrucksvollste Beispiel dafür ist wohl zweifelsohne in der Offenbarung des Johannes zu finden, die der Stadt Babylon, der "Mutter der Hurerei und aller Greuel auf Erden" das "neue Jerusalem" gegenüberstellt, das sich durch reine Schönheit und Regelmäßigkeit auszeichnet.1 Ein Beispiel, das nicht nur die zwiespältige Einstellung der Stadt gegenüber wiedergibt, sondern auch zeigt, wie sehr sich literarisches Bild und reale Stadtkonzeption gegenseitig beeinflussen, da die Idealstadt des "Himmlischen Jerusalem" nicht nur zum Vorbild für die jenseitsgerichteten literarischen Stadtkonzepte des Mittelalters wie den Gottesstaat des Augustinus wurde, sondern selbst den faktischen mittelalterlichen Städtebau bestimmte. Nach dem Aufbrechen des jenseitsgerichteten Weltbildes des Mittelalters entwickelte sich in der Renaissance ein Interesse am Individuum und an der unmittelbaren Wirklichkeit. Der Roman, der sich dann seit dem 18. Jahrhundert in Europa zur führenden literarischen Form entwickelt, kommt dieser neuen Denkweise nahe und wird zum idealen Medium zur Darstellung der Stadt, da sich durch einen städtischen Schauplatz mit seinen vielfältigen Möglichkeiten und Erscheinungsformen auf plausible Weise die unterschiedlichsten Charaktere, Situationen und Handlungen zusammenführen lassen. Von Roman zu Roman kann sich die Bedeutung der Stadt für das Textganze allerdings erheblich unterscheiden.[...]
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