In “Das Gegenteil von Erfolg”, dem Debütroman der australischen Autorin Eleanor Elliott Thomas (übersetzt von Claudia Voit) geht es um eine Frau, 39, namens Lorrie. Sie lebt mit ihrem Mann Paul in einer Vorstadt von Melbourne und arbeitet seit vielen Jahren bei der Stadtverwaltung. Sie hat zwei
Mädchen (2 und 6 Jahre) und eigentlich könnte ihr Leben glücklich sein. Aber das ist es nicht, denn sie…mehrIn “Das Gegenteil von Erfolg”, dem Debütroman der australischen Autorin Eleanor Elliott Thomas (übersetzt von Claudia Voit) geht es um eine Frau, 39, namens Lorrie. Sie lebt mit ihrem Mann Paul in einer Vorstadt von Melbourne und arbeitet seit vielen Jahren bei der Stadtverwaltung. Sie hat zwei Mädchen (2 und 6 Jahre) und eigentlich könnte ihr Leben glücklich sein. Aber das ist es nicht, denn sie versucht als Working Mom zwischen Job und Familie hin- und her zu jonglieren, wie so viele Frauen um die vierzig das müssen. Bei der Stadtverwaltung leitet sie ein Projekt namens “Green Cities”, wo es um Stadtbegrünung geht und dabei arbeitet sie mit dem zwielichtigen Geschäftsmann Sebastian Gulp zusammen, der das Projekt finanzieren soll. Das wiederum stößt ihrer besten Freundin, der Dokumentarfilmerin und Künstlerin Alex, sauer auf, die Kontakte zu einer radikalen Umweltgruppe hat, die es genau auf diesen Sebastian Gulp abgesehen hat. Und dann kommt es auch noch zu Liebesverwirrungen rund um Ruben, den Anwalt von Gulp und Lorries Ex-Freund und um dessen Frau Zoe…
Die eigentliche Handlung dieses Romans passiert an nur einem einzigen Tag. Allerdings geschieht das hier nicht auf die experimentell-kunstvolle “Ulysses”-Art und Weise. Die sehr karge und unspektakuläre, nach hinten raus auch sehr an den Haaren herbeigezogene, Handlung wird durch erzählte Erinnerungen der beiden Protagonistinnen Lorrie und Alex unterfüttert. Es wird also viel mehr erzählt als gezeigt, was ja eher ein Indikator für Trivialliteratur ist. Mich persönlich hat auch gestört, dass überhaupt nicht auf die Jahreszeit eingegangen wird, in der sich das Ganze abspielt. Aber das ist nur ein persönlicher Spleen von mir. Ich brauche einfach eine jahreszeitliche Einordnung des Geschehens, für andere mag das irrelevant sein.
Die Protagonistin Lorrie hat mich oft an eine australische “Mama-Version” von Bridget Jones denken lassen: Sie kämpft mit ihrem Gewicht, den Ungerechtigkeiten der Lohnarbeit, den Meinungen ihrer Mutter und ganz allgemein den gesellschaftlichen Erwartungen, hat aber anders als die “Ursprungs-Bridget” bereits die perfekte Familie, wie sie es nicht müde wird zu betonen. Ihr Erzählstrang ist bemüht witzig, manchmal habe ich zwar leicht geschmunzelt, oft war mir die versuchte Komik aber einfach unangenehm und eher was zum Fremdschämen (und ich mag Humor eigentlich, wenn er gut ist). Denn es geht ins Slapstickhafte, zum Beispiel wenn sie die ganze Zeit ihren “perfekten” Kollegen Harry wegen seiner “Minihände” bodyshamed - und das obwohl sie selbst von ihrer eigenen Mutter gebodyshamed wird und das gar nicht lustig findet. Außerdem hat mich ihre ganze Charakterisierung gestört: Als Kind hochbegabt (come on…), aber betont ständig, dass sie eine Versagerin ist, weil sie u.a. als Teenie nach kurzer Zeit aus ein paar Jobs geflogen ist, weil sie zu gutmütig und naiv war. Und eben (Spoiler) die Stelle als Teamleiterin bei der Stadtverwaltung nicht bekommt. Andererseits genießt sie es, Mutter zu sein und sagt, dass das ihrem Leben einen kompletten Sinn gäbe. Für mich haben sich ihre Positionen oft widersprochen, so als hätte die Autorin nicht aufgepasst was Lorrie in einem früheren Kapitel von sich gegeben hat.
Alex hingegen ist eher die bisexuelle Melbourne-Version von Carrie Bradshaw aus “Sex & the City” - ein künstlerischer Freigeist, der noch nach der richtigen Beziehung, Berufung und eigenen Identität sucht. Ihre Storyline hat mir etwas besser gefallen, weil sie weniger stark überzeichnet war und ihre Persönlichkeit nicht so widersprüchlich rüberkam wie Lorries.
Ich habe das Gefühl, in diesem Roman wurden Themenkomplexe wie Queerness und Klimawandel als Aufhänger benutzt, um im Grunde die Geschichte einer frustrierten “Normalo-Frau” (nichts gegen “Normalo-Frauen”) zu erzählen. Ich möchte jetzt nicht direkt Greenwashing und Queerbaiting unterstellen, aber das Ganze hat so ein “Gschmäckle”, wie man im Schwäbischen sagt. Leider kann ich euch den Roman nicht empfehlen. Selbst als leichte Chicklit, die ich früher durchaus öfter gelesen habe, hat es für mich nicht funktioniert, da im Ganzen zu bemüht und gewollt und literarisch eben einfach nicht gut.
Ein Wort muss ich leider noch über die Goldfolierung des Buchcovers verlieren. Leider hat sich diese bei mir sowohl vorne, als auch hinten, als auch am Buchrücken abgelöst. Deshalb die Warnung, das Lesen dieses Buches kann zu “goldenen Händen” führen, muss aber nicht (ich habe jetzt sowohl von mehreren Leser:innen gehört, bei denen es auch so war, als auch bei solchen, bei denen es nicht so war). Ein sehr freundlicher und positiver Austausch mit dem Dumont-Verlag zu diesem Thema fand ebenfalls statt. Herzlichen Dank dafür.